Dreizähniges Knabenkraut
Dreizähniges Knabenkraut | ||||||||||||
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Dreizähniges Knabenkraut (Orchis tridentata) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Orchis tridentata | ||||||||||||
Scop. |
Das Dreizähnige Knabenkraut (Orchis tridentata) gehört zur Gattung Knabenkräuter (Orchis) in der Familie der Orchideengewächse (Orchideaceae). Es ist eine Art mit mediterraner Hauptverbreitung, die aber erstaunlicherweise in Mittel- und Ostdeutschland zwei isolierte Teilareale besiedelt. Bisher zählt man es zur Gattung der Knabenkräuter (Orchis). Nach neueren molekulargenetischen Forschungen wird die Art zur Gattung Neotinea gerechnet. Da diese Ergebnisse noch nicht in der Allgemeinbotanik akzeptiert sind, wird hier zunächst die bisherige Bezeichnung verwendet.
Name
Das Dreizähnige Knabenkraut wurde 1772 vom Botaniker Giovanni Antonio Scopoli als Orchis tridentata beschrieben und somit in die Gattung Orchis eingeordnet. Der Name leitet sich von griechisch όρχις orchis = Hoden und tridentata, von lateinisch tri- = drei und dentatus = gezähnt ab. Entsprechend lautet der deutsche Name Dreizähniges Knabenkraut. Der Name nimmt Bezug auf die gezähnten Ränder der Blütenlippe.
Beschreibung
Das Dreizähnige Knabenkraut ist eine ausdauernde, krautige Pflanze, die eine durchschnittliche Wuchshöhe von 15 bis 45 Zentimetern erreicht. Dieser Geophyt bildet kleine, kugelige bis eiförmige Knollen als Überdauerungsorgane. Die drei bis sechs Laubblätter sind bläulichgrün, ungefleckt und lanzettlich und stehen rosettig am Stängelgrund. Sie sind etwa 4 bis 12 Zentimeter lang und etwa 1,1 bis 2,1 Zentimeter breit. Die oberen Blätter umfassen den Stängel scheidig.
Der ährige Blütenstand trägt etwa 20 bis 50 Blüten. Zu Beginn der Blüte ist er kegelförmig, dann halbkugelig, bis er bei voller Blüte eine kugelige bis eiförmige Form entwickelt. Die Tragblätter sind häutig und etwa so lang wie der Fruchtknoten. Die Kronblätter (Petalen) und Kelchblätter (Sepalen) bilden einen 7 bis 8 Millimeter großen, flammenartig ausladenden Helm. Charakteristisch ist die deutliche, dunkelrosarote Nervatur der Sepalen und Petalen. Die Lippe (Labellum) ist circa 7 bis 12 Millimeter groß, etwas breiter als lang und tief dreilappig, wobei der Mittellappen nochmals gespalten ist und ein kleines Zähnchen zwischen den Enden trägt. Die Lippe ist weiß, manchmal leicht rosa überlaufen, und dunkelrosa gepunktet. Selten findet man auch Pflanzen mit rein weißen Blüten (Albinos). Der Sporn ist zylindrisch, abwärts gerichtet und etwa halb so lang wie der Fruchtknoten.
Die Blütezeit der Art erstreckt sich im Mittelmeergebiet etwa von März bis Mai, am Südalpenrand auch noch länger, in Mitteleuropa relativ einheitlich durch den Mai hindurch.
Genetik, Entwicklung
Das Dreizähnige Knabenkraut hat einen Karyotyp von zwei Chromosomensätzen und jeweils 21 Chromosomen (Zytologie: 2n = 42).
Der Same dieser Orchidee enthält keinerlei Nährgewebe für den Keimling. Die Keimung erfolgt daher nur bei Infektion durch einen Wurzelpilz (Mykorrhiza). Die Dauer von der Keimung bis zur Entwicklung der blühfähigen Pflanze konnte noch nicht hinreichend bestimmt werden.
Ökologie
Das Dreizähnige Knabenkraut wächst auf Trocken- und Halbtrockenrasen sowie Magerwiesen auf relativ trockenen basischen Böden, wobei für die mitteleuropäischen Vorkommen eine Affinität zu Zechsteinuntergrund unverkennbar ist. Dagegen wächst sie in ihrem mediterranen Hauptverbreitungsgebiet überwiegend auf Kalk, in den Südalpen mitunter aber auch auf Silikatböden.
Die Art gilt als sehr heliophil und tritt meist auf vollbesonnten Standorten mit sehr hohen Beleuchtungsintensitäten auf.
Es findet sich in den Pflanzengesellschaften
- Ordnung Festuco-Sedetalia,
- Verband Mesobromion
- Verband Molinietalia
(Aufschlüsselung siehe: Pflanzensoziologische Einheiten nach Oberdorfer)
Verbreitung
Das Verbreitungsareal des Dreizähnigen Knabenkrautes erstreckt sich vom ozeanisch beeinflussten Bereich des Mittelmeerraumes bis zum südlichen und östlichen Alpenrand. Außerdem besiedelt die Art zwei Teilareale in Mitteleuropa, eines in Mitteldeutschland und ein sehr kleines an der mittleren Oder.
Nach dem Orchideenkundler Karl-Peter Buttler ist es ein Florenelement der meridionalen, submeridionalen und temperaten Florenzone.
In Deutschland ist das Dreizähnige Knabenkraut vor allem in Nordosthessen, Thüringen und Südniedersachsen, außerdem am Rand seines Teilareals in Ostwestfalen und Südwest-Sachsen-Anhalt sowie im östlichen Brandenburg zu finden. Außerhalb dieser geschlossenen Gebiete wurden Funde in Südhessen, Sachsen, Unterfranken und Mecklenburg-Vorpommern bekannt, die jedoch wohl nur temporärer Natur waren.
In Österreich gibt es Funde in Niederösterreich, in der Schweiz am Südalpenrand Tessin, Wallis, Graubünden.
Naturschutz und Gefährdung
Wie alle in Europa vorkommenden Orchideenarten steht auch das Dreizähnige Knabenkraut unter strengem Schutz europäischer und nationaler Gesetze.
- Rote Listen:
- Rote Liste Deutschland: 3
- Rote Liste Bundesländer: Baden-Württemberg: -, Bayern: -, Berlin+Brandenburg: 1, Hamburg: -, Hessen: 4, Mecklenburg-Vorpommern: -, Niedersachsen+Bremen: 2, Nordrhein-Westfalen: 2, Rheinland-Pfalz: -, Saarland: -, Sachsen-Anhalt: 2, Sachsen: 0, Schleswig-Holstein: -, Thüringen: 2
Es gilt entsprechend in Deutschland insgesamt als gefährdet. Es ist insbesondere durch Brachfallen und Verbuschung seiner Standorte sowie durch Intensivierung von Landwirtschaft, lokal aber auch durch die Ausweisung von Bau- und Gewerbegebieten bedroht.
Systematik
Neben dem gültigen Erstbeschreibungsnamen, Orchis tridentata Scopoli 1772, dem Basionym, gibt es das erwähnte Synonym, Neotinea tridentata (Scop.) R.M.Bateman, Pridgeon & M.W.Chase 1997.
In einer Revision der Orchideenarten durch Bateman 1997 auf der Basis von genetischen Merkmalen wird das Dreizähnige Knabenkraut gemeinsam mit einigen weiteren Arten in die bis dahin monotypische Gattung Keuschorchis (Neotinea) als Neotinea tridentata eingeordnet. Dieser Name wird heute teilweise bereits als gültiger neuer Name benutzt, hat sich jedoch bislang nicht vollständig durchgesetzt und ist auch nicht ganz unumstritten bei Experten.
Unterarten, Varietäten, Hybriden
Diese Unterarten sind aufgestellt worden, heute aber als andere Arten definiert:
- Orchis tridentata subsp. commutata (Tod.) Nyman 1882
- Orchis tridentata subsp. conica (Willd.) O. Bolòs & Vigo 2001
- Orchis tridentata subsp. lactea (Poir.) Rouy, 1912
Folgende Varietäten sind bekannt:
- Orchis tridentata var. acuminata (Desf.) Maire & Weiller 1959
- Orchis tridentata var. aetnensis (Tineo) Nyman 1882
- Orchis tridentata var. gussonei (Tod.) Nyman 1882
- Orchis tridentata var. hanrici (Hénon) Maire & Weiller 1959
- Orchis tridentata var. parlatoris (Tineo) Nyman 1882
Als Hybriden wurden beschrieben:
- Orchis × dietrichiana Bogenh. 1860 (Orchis tridentata × Orchis ustulata)
Diese Hybride kommt auf gemeinsamen Wuchsorten der beiden nah verwandten Arten vor. Jedoch überlappen sich die Vorkommen der beiden Arten nur relativ selten.
Aus genetischen Gründen umstritten sind die folgenden Hybriden:
- Orchis × untchjii Schulze 1907 (Orchis tridentata × Orchis mascula)
- Orchis × canutii K. Richt. 1890 (Orchis tridentata × Orchis militaris)
- Orchis × huteri M. Schulze 1902 (Orchis tridentata × Orchis morio)
- Orchis × fuchsii Schulze 1916 (Orchis tridentata × Orchis purpurea)
- Orchis × genovae (Orchis tridentata × Orchis patens)
- Orchis tridentata × Orchis papilionacea
- Orchis tridentata × Orchis simia
Bildergalerie
Literatur
- Standardliteratur über Orchideen
- H. Baumann, S. Künkele:Die wildwachsenden Orchideen Europas. Frankh, 1982, ISBN 3-440-05068-8.
- Karl-Peter Buttler: Orchideen, die wildwachsenden Arten und Unterarten Europas, Vorderasiens und Nordafrikas. Mosaik Verlag 1986, ISBN 3-570-04403-3.
- Robert L. Dressler: Die Orchideen - Biologie und Systematik der Orchidaceae. (1996) - gutes Werk zum Thema Systematik [deutsch]
- Hans Sundermann: Europäische und mediterrane Orchideen. Brücke-Verlag, 2. Auflage: 1975, ISBN 3-87105-010-5.
- J. G. Williams: Orchideen Europas mit Nordafrika und Kleinasien. BLV Verlag, ISBN 3-405-11901-4.
- Spezielle Literatur zum Dreizähnigen Knabenkraut
- R.M. Bateman, A.M. Pridgeon, & M.W. Chase (1997): Phylogenetics of subtribe Orchidinae (Orchidoideae, Orchidaceae) based on nuclear ITS sequences. 2. Infrageneric relationships and reclassification to achieve monophyly of Orchis sensu stricto, Lindleyana 12: 113-141
- R.M. Bateman, P.M. Hollingsworth, J. Preston, Y.-B. Luo, A.M. Pridgeon, & M.W. Chase (2003): Molecular phylogenetics and evolution of Orchidinae and selected Habenariinae (Orchidaceae), Bot. J. Linn. Soc. 142:1-40, 2003.
Weblinks
- Orchis tridentata. FloraWeb.de
- Verbreitungskarten
- Regionale Links
- Die Orchideen der Rhön: Dreizähniges Knabenkraut Neotinea tridentata
- Orchideen der Südsteiermark: Orchis tridentata Dreizähniges Knabenkraut
- AGEO (Schweiz): Orchis tridentata
- Die Orchideen Deutschlands: Orchis tridentata
- orchis.de: Orchis × dietrichiana
- Siehe auch