Fermentation


Gärbottiche zur Bierherstellung sind ebenfalls Bioreaktoren

Fermentation oder Fermentierung (lateinisch fermentum ‚Gärung‘) bezeichnet in der Biologie die enzymatische Umwandlung organischer Stoffe. Die Fermentation wird in der Biotechnologie bewusst angewendet. Dies geschieht entweder durch Zugabe der benötigten Enzyme oder durch Zugabe von Bakterien-, Pilz-, sonstige biologische Zellkulturen, die die Fermentation im Rahmen ihres enzymkatalysierten Stoffwechsels ausführen. Teilweise sind diese Mikroorganismen bereits natürlich auf den Ausgangsstoffen vorhanden, etwa bei der Spontangärung. Dennoch werden gerade in der industriellen Fermentation Reinzuchtzellkulturen zugegeben, um die Fermentation besser kontrollieren und unerwünschte Nebenprodukte ausschließen zu können.

Definition

Ursprünglich wurde mit Fermentation eine biotische Reaktion unter Ausschluss von Luft bezeichnet (« {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value) » (Pasteur)). Heute umfasst die Fermentation jegliche technische Bioreaktion. So lassen sich medizinische Produkte beispielsweise Insulin, Hyaluronsäure, Streptokinase und eine Vielzahl von Antibiotika, beispielsweise Penicillin, mit Hilfe von Mikroorganismen großtechnisch in Bioreaktoren synthetisieren. Mikroorganismen sind – gegebenenfalls nach gentechnologischer Veränderung – in der Lage, Stoffe zu bilden, die sich auf chemischem Wege nur schwer herstellen lassen. Geräte und Bioreaktoren für die Fermentation heißen Fermenter.

Die Gärung ist ein Teilbereich der Fermentation und läuft ausschließlich anaerob ab, also sauerstofffrei. Häufig wird Gärung als Synonym für Fermentation benutzt. Letztere schließt allerdings sowohl aerobe Vorgänge als auch gänzlich andere mikrobielle oder autolytische enzymatische Prozesse, wie die Matjesreifung ein. Aerobe Prozesse, wie die Essigsäuregärung, werden entsprechend als oxidative Gärung bezeichnet.

Einsatzgebiete

Fermentation in der Lebens- und Genussmittelherstellung

Dickete bei der Käseherstellung

In der Lebensmittelherstellung spielt die Fermentation eine zentrale Rolle bei der Produktion und Haltbarmachung von Lebensmitteln, wie die Herstellung von Sauerkraut, Gimchi, Tsukemono, Miso oder Natto. Des Weiteren entwickeln sich die Aromastoffe, wie bei Sojasauce und fermentierten Getränken oder die Gerbstoffe werden abgebaut bei Tee, Kakao, Kaffee, Marihuana und Tabak. Weitere Vorgänge sind die Herstellung von Milchprodukten, wie Käse oder Joghurt, die Herstellung von Tofu oder Rohwurst (beispielsweise Salami) und letztlich die Erzeugung von alkoholischen Getränken wie Bier, Wein, Whisky und Tequila.

Herstellung von Milchprodukten und lactofermentiertem Gemüse

Joghurt und andere Sauermilchprodukte basieren auf Milchsäuregärung.

Eine Reihe von Lebensmitteln werden direkt durch Milchsäuregärung hergestellt. Darunter fallen vor allem die Sauermilchprodukte wie Sauermilch, Joghurt, Kefir und Buttermilch. Diese werden durch Impfung von pasteurisierter Milch mit Starterkulturen der Milchsäurebakterien hergestellt. Weitere Produkte sind auch lactofermentierte Gemüse wie Sauerkraut, Borschtsch oder Gimchi sowie Sauerteig und entsprechende Sauerteigprodukte. Silagen, durch Vergärung haltbar gemachte Frischfuttermittel, basieren auf der Milchsäuregärung.[1]

Fermentation von Teeblättern

Unter Fermentieren von Tee verstand man in der älteren Teesprache das Aufschließen und Oxidieren der Teeblätter in einer feuchten Umgebung. Dies ist keine echte Fermentation, da dieser Prozess ohne Mikroorganismen abläuft. Heutige Teetechnologie spricht zunehmend korrekter von Oxidation, auch um eine Abgrenzung zur echten mikrobiellen Fermentation bei Pu-Erh-Tees zu gewährleisten.

Dafür werden die Teeblätter durch Rollen gequetscht und so die Pflanzenzellen teilweise zerstört. Die in der intakten Zelle getrennten Enzyme (vor allem Phenoloxidasen) und andere Inhaltsstoffe der Teepflanze (vor allem die Polyphenole) kommen zusammen und mit Sauerstoff reagieren die dunkel gefärbten Polyphenole und Aromastoffe. Der Vorgang dauert etwa drei Stunden. Im Gegensatz zum Schwarzen Tee wird der Oolong-Tee nur kurz und der grüne Tee gar nicht fermentiert.[2]

Fermentation von Rohtabak

Fermentation des Tabaks ist ein Gärungsprozess, mit dem aus getrocknetem Rohtabak ein verbrauchsfertiger Tabak hergestellt wird. Der Nikotingehalt wird vermindert und blatteigene Eiweißverbindungen, die beim Rauchen das charakteristische Aroma der einzelnen Sorten überdecken würden, werden abgebaut.

Nach dem Zusammenstellen der jeweiligen Tabakcharge (mindestens 1000 Kilogramm) setzt der Fermentationsprozess von selbst ein oder wird durch Wärmezufuhr in Gang gesetzt. Die ideale Prozesstemperatur liegt zwischen 50 °C und 60 °C, höhere Temperaturen schaden der Tabakqualität. Bei einer natürlichen Fermentation werden die Tabakstapel vier- bis fünfmal umgeschichtet, jeweils vom Stapelrand in die Stapelmitte und umgekehrt. Bis alle Blätter gleichmäßig fermentiert sind vergehen vier bis sechs Monate.

Technische Fermentation

Bioethanolanlage in Burlington, Iowa.

Das Haupteinsatzgebiet der Fermentation ist die technische Biotechnologie zur Herstellung verschiedener Fermentationsprodukte. Die Erzeugnisse reichen von Bioethanol über Aminosäuren, Organische Säuren, wie Milchsäure, Zitronensäure und Essigsäure, bis zu Enzymen wie Phytase über Antibiotika und andere pharmazeutische Produkte bis hin zu Biomonomeren und -polymeren wie Polyhydroxyalkanoate. Solche technischen Produkte sind PHA oder Polyhydroxybuttersäure, PHB. Technisches Bioethanol, zur Nutzung als Biokraftstoff, stellt neben Bier und der Hefeproduktion sowie Biogas aktuell das Hauptprodukt der Fermentationsindustrie dar.

Rohstoffe sind vorwiegend Stärke und Saccharose Substrat zur Produktion durch Bakterien oder Pilze. Bioethanol wird in Brasilien vor allem auf der Basis von Zucker aus Zuckerrohr gewonnen, in den USA stellt Mais den Hauptrohstoff dar. Nach Angaben der deutschen Bioethanolwirtschaft werden in Deutschland knapp zwei Drittel des Bioethanols aus stärkehaltigen Pflanzen, vor allem Weizen, gewonnen.[3] Die Produktion läuft in der Regel unabhängig vom Substrat, bei fast allen Fermentationsprozessen können also sowohl Stärke als auch Saccharose und verschiedene andere zuckerhaltige Produkte genutzt werden, dabei insbesondere Dicksaft und Melasse). Auch Cellulose als Hauptbestandteil des Holzes ist ein Zuckerpolymer das als alternatives Substrat zur Diskussion steht für zukünftige Anwendungen, vor allem für Cellulose-Ethanol sowie bei der Verwendung in der Bioraffinerie.

Biogasherstellung

Fermenter einer Biogasanlage

Auch die Herstellung von Biogas durch Vergärung von Biomasse in Biogasanlagen ist ein Fermentationsprozess. Dieses Produkt wird zur Gewinnung von Bioenergie verwendet. Mit Hilfe von Bakterien wird in einem anaeroben Gärungsprozess ein Gasgemisch mit den Hauptkomponenten Methan (CH4) und Kohlenstoffdioxid (CO2) sowie Spuren von Stickstoff (N2), Sauerstoff (O2), Schwefelwasserstoff (H2S), Wasserstoff (H2) und Ammoniak (NH3) produziert. Zumeist wird über eine Biogasaufbereitung gereinigt. Für das Biogas ist der bei der Gärung entstehende Anteil von Methan wichtig, da seine Verbrennung die meiste Energie freisetzt.

Auch Deponiegas und Klärgas entstehen bei der als Vergärung oder Faulung bezeichneten anaeroben Zersetzung von organischem Material. Diese Gase werden gelegentlich unter den Bezeichnungen Faulgas oder Biogas zusammengefasst.

Bioreaktoren

Anlage zur Herstellung von Vakzinen

Vor allem Mikroorganismen können in sogenannten Bioreaktoren oder auch Fermentern kultiviert werden. Dieses sind Behälter, in denen die Reaktionsbedingungen gesteuert und optimiert werden. So produzieren die kultivierten Organismen die gewünschten Stoffe unter optimalen Bedingungen oder in höheren Konzentrationen. In den Reaktoren können verschiedene Parameter, wie pH-Wert, Temperatur, Sauerstoffzufuhr, Stickstoffzufuhr, Glukosegehalt oder Rührereinstellungen geregelt werden.

Da die einsetzbaren Organismen sehr unterschiedliche Ansprüche haben, stehen unterschiedlichste Fermentertypen zur Verfügung:

  • Rührkesselreaktoren
  • Schlaufenreaktoren
  • Airliftreaktoren
  • Photobioreaktoren zur Kultivierung von Algen und Pflanzen

Siehe auch

Literatur

  • R. Stürmer, M. Breuer: Enzyme als Katalysatoren. Chemie und Biologie Hand in Hand, in: Chemie in unserer Zeit 2006, 40, 104–111; doi:10.1002/ciuz.200600379.

Weblinks

Commons: Fermentation – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Rolf D. Schmid: Taschenatlas der Biotechnologie und Gentechnik. 2. Aufl. Wiley-VCH, Weinheim 2006; S.12-13. ISBN 978-3-527-31310-5.
  2. Hans G. Adrian, Rolf L. Temming, Arend Vollers: Das Teebuch. Geschichte und Geschichten. Anbau, Herstellung und Rezepte. VMA, Wiesbaden 1990, ISBN 3-928127-01-2
  3. Bundesverband der deutschen Bioethanolwirtschaft e. V. (BDBe): Marktdaten Abgerufen am 26. März 2011.

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