Hallimasche
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Hallimasche | ||||||||||||
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Honiggelber Hallimasch | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Armillaria | ||||||||||||
(Fr.) Staude |
Die Hallimasche oder Honigpilze (Armillaria) zählen zur Familie der Rindenschwämme (Physalacriaceae).[1] Sie bilden eine Pilzgattung mit mehreren, schwer unterscheidbaren Arten beziehungsweise Kleinarten. Man spricht hier auch von einem Aggregat, dem Hallimaschkomplex. Viele Arten besitzen am Stiel einen wattigen Ring (Annulus, siehe Artname: lateinisch Armilla = Armband), der aber mit zunehmender Reife der Fruchtkörper durch Witterungseinflüsse und Schneckenfraß verloren gehen kann. Einige Arten befallen auch lebende Bäume, bringen diese zum Absterben und gelten deshalb als Forstschädlinge.
Die Typusart ist der Honiggelbe Hallimasch (Armillaria mellea).
Merkmale
Der bräunliche bis honiggelbe Hut ist mit dunklen, büscheligen und haarigen Schüppchen bedeckt, die zum Rand hin in ihrer Anzahl abnehmen, im Alter können sie auch ganz fehlen. Der Hut bleibt am Rand während des Wachstums lange eingerollt. Gerne halten sich in diesem geschützten Hohlraum die beiden Glanzkäfer Cychramus luteus und C. variegatus auf.[2] Diese verursachen auf den Lamellen bräunliche, unappetitliche Flecken. Später verflacht der Hut und kann im Alter manchmal auch eine niedergedrückte Form annehmen.[3] Die Lamellen stehen dicht und laufen ein wenig am Stiel herab. Sie sind weiß bis rötlichgelb gefärbt. Die Sporen sind farblos, weshalb tiefsitzende Exemplare durch das reichlich abgeschleuderte Sporenpulver weiß bestäubt erscheinen können. Der bis zu 20 Zentimeter lange Stiel[3] ist wegen büscheligen Hervortretens oft gekrümmt. Er ist gelblich-braun gefärbt und wird nach unten dunkler. Unterhalb der Manschette (Annulus) ist der Stiel häufig mit flockigen Schüppchen besetzt. Die Stielbasis ist bis auf den Honiggelben Hallimasch im engeren Sinne anfangs deutlich knollig verdickt. Das Fleisch des Hutes ist zart, der Stiel später zäh-faserig. Ein eindeutiges Erkennungsmerkmal der Hallimasche ist das kratzende Gefühl im Rachen, das bei einer Kauprobe nach etwa einer Minute einsetzt.[4]
Gattungsabgrenzung
Durch das weiße Sporenpulver lassen sich die Hallimasche gut von den ähnlich aussehenden Schüpplingen unterscheiden, die braunes Sporenpulver besitzen.
Ökologie
Die Hallimasche befallen mit ihren braunschwarzen Rhizomorphen und weißen Fächermyzelien lebendes wie totes Holz.[4] Im Inneren verursachen sie eine Weißfäule. Zunächst entziehen die parasitisch lebenden Pilze den Wirtspflanzen so viele Nährstoffe, dass sie schnell absterben. Danach können sich die Pilze noch viele Jahre lang saprotroph vom Totholz ernähren.[3]
Im Gegensatz zu den meisten anderen Pilzen bilden Hallimasche Rhizomorphen, die jährlich bis zu drei Meter wachsen können. Mit Hilfe dieser schnürsenkelartigen Hyphenbündel greifen sie selbst gesunde Bäume in ihrer Reichweite an und breiten sich dadurch stark aus. Einige Hallimasche zählen zu den gefährlichsten Forstschädlingen, da sie in der Wahl ihrer Wirte sehr flexibel sind. Sie können die allermeisten Gehölze (Laub- und Nadelholz, alle möglichen tropischen Plantagen-Bäume bis hin zu Ölpalmen, selbst Reben, Brombeeren und sogar Kartoffeln) besiedeln. In Europa zählen lediglich Weißtanne und Eibe zu den wenigen Ausnahmen, die nicht befallen werden. Oft werden zum Beispiel durch Dürre oder Borkenkäfer vorgeschädigte Bäume bevorzugt.
Die Pflanzen zweier myko-heterotropher, also blattgrünloser Orchideengattungen in Asien bzw. Australien (Galeola, Gastrodia) gelten als Epiparasiten an Hallimaschen, das heißt, sie lassen sich von ihnen Nährstoffe zuführen, die diese wiederum ihren Wirtspflanzen entzogen haben.[5]
Verbreitung
Die Hallimascharten sind in gemäßigten bis tropischen Zonen weltweit verbreitet. Ihre Fruchtkörper sind bei uns von September bis Dezember auf lebendem oder totem Laub- oder Nadelholz zu finden, manchmal auch scheinbar auf bloßem Boden, weil aus unter der Oberfläche verlaufenden, befallenen Wurzeln hervorsprießend.
Arten
Von den derzeit über 30 bekannten Arten kommen 7 in Europa vor.[6]
Hallimasche (Armillaria) in Europa | ||
Deutscher Name | Wissenschaftlicher Name | Autorenzitat |
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Nördlicher Hallimasch | Armillaria borealis | Marxmüller & Korhonen 1982 |
Zwiebelfüßiger Hallimasch | Armillaria cepistipes (beschrieben als "cepaestipes") |
Velenovský 1920 |
Falscher Zwiebelfuß-Hallimasch | Armillaria cepistipes f. pseudobulbosa | Romagnesi & Marxmüller 1983 |
Moor-Hallimasch | Armillaria ectypa | (Fries 1821 : Fries 1821) Lamoure 1965 |
Fleischfarbener Hallimasch | Armillaria gallica | Marxmüller & Romagnesi 1987 |
Honiggelber Hallimasch | Armillaria mellea | (Vahl 1790 : Fries 1821) P. Kummer 1871 |
Dunkler Hallimasch | Armillaria solidipes syn. Armillaria ostoyae |
Peck 1900 (Romagnesi 1970) Herink 1973 |
Ringloser Hallimasch | Armillaria tabescens | (Scopoli 1772) Emel 1921 |
Bedeutung
Etymologie
"Ein bemerkenswert undeutlicher Name für einen Pilz" wird zum „Hallimasch“ gesagt.[7] Zur Herkunft des deutschen Namens gibt es widersprüchliche Angaben: Einmal soll er wegen seiner angeblich kurativen Wirkung bei Hämorrhoiden von „Heil im Arsch“[8] kommen. Eine andere etymologische Deutung leitet ihn von „hal (glatt, schlüpfrig) im Arsch“[9] ab, da die Hallimasche im rohen oder ungenügend gekochten Zustand eine stark abführende Wirkung haben, es wird auch eine lautmalerische Ableitung vom "Hall" durch erzeugte Blähungen unterstellt.[7]
Speisewert
In jedem Fall sind die Pilze in rohem Zustand giftig, manchmal sogar tödlich.[10] Auch können gelegentlich, trotz korrekter Zubereitung, Unverträglichkeitsreaktionen auftreten. Gründlich (zum Beispiel acht Minuten lang) gegarte Hallimasche sind aber in vielen Gegenden, beispielsweise dem nordostitalienischen Venezien, auf dem Gebiet der ehemaligen Tschechoslowakei und neuerdings im Raum Basel sehr beliebte, in Zentnermengen gesammelte und vermarktete Speisepilze. Der zähe Stiel wird meist entfernt. Die Angaben zum Speisewert treffen für alle Arten zu.[11]
Biolumineszenz
Eine Besonderheit der Hallimasche ist die Fähigkeit ihrer Myzelien zur Biolumineszenz, das heißt das Pilzmyzel und insbesondere frisch vom Myzel durchwuchertes Holz, kann – in völliger Dunkelheit mit bloßem Auge gut erkennbar – durch chemische Prozesse ein kaltes Leuchten erzeugen: „Leuchtendes Holz“. Als Ursache dafür gilt - ähnlich wie bei den Leuchtkäfern ("Glühwürmchen") - die Reaktion von Luciferin mit dem Enzym Luciferase unter Mitwirkung von Sauerstoff[12], welche Licht abgibt.
Wachstum, Alter und Größe von Hallimaschen
Das im Jahr 2000 aufgrund eines zunächst rätselhaften Waldsterbens entdeckte Myzel einer Hallimaschart (A. ostoyae) im Malheur National Forest (Oregon, USA) wurde wegen seiner Ausdehnung von über 880 Hektar, des errechneten Alters von mindestens 2400 Jahren und seiner Masse von etwa 600 Tonnen als das größte bekannte Lebewesen der Erde bezeichnet.[13] Es gibt aber wahrscheinlich noch ausgedehntere Bestände klonal wachsender Pflanzen wie Schilf, Heidelbeere, Bambus und ähnliches, die ein größeres Gesamtgewicht aufweisen. Der größte Hallimaschklon Europas – ebenfalls A. ostoyae – wurde 2004 in der Schweiz beim Ofenpass entdeckt. Er ist im Durchmesser 500 bis 800 Meter groß, bedeckt eine Fläche von 35 Hektaren und ist etwa 1000 Jahre alt.[14]
Quellen
Literatur
- Heinz Butin: Krankheiten der Wald- und Parkbäume. Diagnose, Biologie, Bekämpfung. 2 Sporentafeln. 3., neubearbeitete und erweiterte Auflage. Thieme, Stuttgart und New York 1996, ISBN 3-13-639003-2
- Helga Marxmüller, Ottmar Holdenrieder: Morphologie und Populationsstruktur der beringten Arten von Armillaria mellea s.l. In: Mycologia Bavarica 4. 2000. Seiten 9–32.
- Dagmar Nierhaus-Wunderwald: Die Hallimasch-Arten. Biologie und vorbeugende Massnahmen. In: Merkblatt für die Praxis 21. Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL), Birmensdorf (Schweiz). 1994. (PDF; 1,6 MB)
Einzelnachweise
- ↑ Andrew W. Wilson, Dennis E. Desjardin: Phylogenetic relationships in the gymnopoid and marasmioid fungi (Basidiomycetes, euagarics clade). In: Mycologia 97(3). 2005. The Mycological Society of America. Seiten 667–679. doi:10.3852/mycologia.97.3.667. (PDF; 206 KB)
- ↑ Andreas Kunze, (Frank Köhler): Hallimasch-Käfer. Im: Diskussionsforum auf Fungiworld.com. 12. September 2006. Abgerufen am 24. Juni 2011.
- ↑ 3,0 3,1 3,2 Ettore Bielli: Pilze. Ein umfassender Ratgeber zum Bestimmen und Sammeln von Pilzen. Ital. Originaltitel: Funghi. Kaiser Verlag, Klagenfurt. 2002. S. 76. ISBN 3-7043-2179-6.
- ↑ 4,0 4,1 Ewald Gerhardt: BLV-Bestimmungsbuch Pilze. Weltbild Verlag, Augsburg. 2003. S. 108. ISBN 3-8289-1673-2.
- ↑ M. Bidartondo: The evolutionary ecology of myco-heterotrophy. In: New Phytologist 167. 2005. Seite 335–352.
- ↑ Thomas J. Volk, Harold H. Burdsall, Jr.: Species accepted in Armillaria. In: A Nomenclatural Study of Armillaria and Armillariella species (Basidiomycotina, Tricholomataceae). Synopsis Fungorum 8. Fungiflora, Oslo (Norwegen). 1995. ISBN 8290724144.
- ↑ 7,0 7,1 Duden Newsletter vom 14. Oktober 2011
- ↑ Duden. 7. Auflage. 1963. Seite 245.
- ↑ Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 22. Auflage. 1989. Seite 289. ISBN 3-11-006800-1.
- ↑ Rita Lüder: Grundkurs Pilzbestimmung. Eine Praxisanleitung für Anfänger und Fortgeschrittene. 1. Auflage. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim. 2007. Seite 382. ISBN 3-494-01341-1.
- ↑ Andreas Gminder: Handbuch für Pilzsammler. 340 Arten Mitteleuropas sicher bestimmen. Kosmos, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-440-11472-8. Seite 120
- ↑ Atlant Bieri: Weshalb der Hallimasch im Dunkeln leuchtet. (HTML) DerBund.ch/Newsnetz, 7. August 2011, S. 1, abgerufen am 7. August 2011 (deutsch).
- ↑ Craig L. Schmitt, Michael L. Tatum: The Malheur National Forest. Location of the World’s Largest Living Organism. The Humongous Fungus. United States Department of Agriculture. 2008. (PDF; 1,14 MB)
- ↑ Grösster Pilz der Schweiz entdeckt. Auf: Neue Zürcher Zeitung Online. 24. September 2004. Abgerufen am 24. Juni 2011.
Weblinks
- Die Hallimasch-Arten – Biologie und vorbeugende Maßnahmen
- Informationen über den Pilz Armillaria gallica in Malheur National Forest von der Webseite der University of Wisconsin (englisch)