Legionellose


Klassifikation nach ICD-10
A48.1 Legionellose mit Pneumonie (Legionärskrankheit)
A48.2 Legionellose ohne Pneumonie (Pontiac-Fieber)
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Bei einer Legionellose handelt es sich um eine Infektionskrankheit, die durch Bakterien der Gattung Legionella (Legionellen) hervorgerufen wird. Der mit Abstand häufigste Erreger (90 % bis 95 % der Fälle[1]) ist Legionella pneumophila.

Es können mehrere Formen der Legionellose unterschieden werden. Die beiden wichtigsten Formen sind die Legionärskrankheit, die durch eine von einer Tröpfcheninfektion hervorgerufene Lungenentzündung (Pneumonie) gekennzeichnet ist und einen lebensgefährlichen Verlauf annehmen kann, sowie das seltenere, ohne Lungenentzündung und meist mild verlaufende Pontiac-Fieber. Darüber hinaus können Legionellen in seltenen Fällen auch Infektionen außerhalb der Atemwege wie Wund-, Herzinnenhaut- (Endokarditiden) und Nierenbeckenentzündungen (Pyelonephritiden) verursachen.

Geschichte

Die Legionärskrankheit wurde 1976 zum ersten Mal beschrieben. Ihren Namen erhielt sie nach einem Treffen der US-Kriegsveteranenvereinigung „American Legion state convention“, das vom 21. bis 24. Juli 1976 in einem Hotel in Philadelphia stattfand. Damals waren 181 Personen an der lebensbedrohlichen Lungenentzündung erkrankt. Sie alle waren entweder Besucher des Kriegsveteranentreffens oder Besucher des Hotels. Die Epidemie mit damals unbekannter Ursache alarmierte die amerikanischen Gesundheitsbehörden sowie die Centers for Disease Control and Prevention in Atlanta, so dass mit der Erforschung der Krankheitsursache begonnen wurde. 1978 waren es Charles C. Shepard und Joseph E. McDade, die Legionella pneumophila als Erreger identifizieren konnten. Dieser hatte sich in der Klimaanlage des Hotels angesiedelt. Nachträglich wurden einige andere Epidemien auf die Legionärskrankheit zurückgeführt, wie beispielsweise eine am St. Elisabeth's Hospital in Washington, bei der 1965 acht Menschen starben.[2]

Das Pontiac-Fieber wurde bereits im Jahre 1968 beschrieben. Die Erkrankung erhielt ihren Namen nach einem Ausbruch in der Stadt Pontiac in Michigan.[3]

Ursachen für Legionellenprobleme

Eine erhöhte Koloniezahl im Trinkwasser beruht zumeist auf fehlender Wasserzirkulation und Wassertemperaturen im Bereich von 25-50°C. In zu großen Warmwasserspeichern oder Rohrleitungen verbleibt das Wasser länger und die Organismen haben mehr Zeit zum Wachstum. Auch bei zeitweise geringer oder fehlender Wasserentnahme kommt es zu stehendem Wasser und damit zu Wassertemperaturen, die das Koloniewachstum zusätzlich begünstigen.

Maßnahmen gegen die Ausbreitung von Legionellen

Bauvorschriften

In Deutschland müssen Kunststoffe die Wasservorschriften der DVGW W 270 erfüllen, damit keine Nährstoffe aus den Rohren oder Geräten ins Wasser gelangen.

Das DVGW-Arbeitsblatt W 551 fordert am Wasseraustritt eine Temperatur des Warmwassers von 60 °C, dadurch soll das Wachstum der Bakterien durch ungünstige Bedingungen behindert werden. Auch bei Wassertemperaturen unter 20°C tritt so gut wie keine Legionellenvermehrung auf. Neben dem § 37 des Infektionsschutzgesetzes fordert auch die Trinkwasserverordnung (TrinkwV 2001, novelliert 2011) in §6 die Freiheit des Trinkwassers von Krankheitskeimen, hinzu kommen die anerkannten Regeln der Technik die in der DIN-Vorschrift 1988 und in DVGW-Vorschriften festgeschrieben sind. Das sind die Arbeitsblätter W 551 Technische Maßnahmen zur Verminderung des Legionellenwachstums und W 553 Bemessung von Zirkulationssystemen in zentralen Trinkwassererwärmungsanlagen und die VDI-Vorschrift 6023 Hygiene in Trinkwasser-Installationen. Zulässige Stoffe und Verfahren zur Abwehr sind in einer aktualisierten Liste des Umweltbundesamtes nach § 11 TrinkwV 2001 beschrieben.[4] So sind Totleitungen wegen des stagnierenden Wassers zu beseitigen; enthärtetes Wasser bietet den Legionellen weniger Nährstoffe. Die 1. Novellierung der TrinkwV wurde im Mai 2011 verkündet und trat am 1. November 2011 in Kraft.[5]

Thermische Desinfektion

Dazu sind alle Zapfstellen für drei Minuten mit heißem Wasser von 70 °C zu betreiben.

Chemische Desinfektion

Meist wird mit Chlor, Chlordioxid oder Natrium- und Calciumhypochloritlösungen desinfiziert, seltener wird Ozon wegen des Aufwandes in der Trinkwasserhygiene genutzt. Eine Spülung der Leitung soll den Vorrang haben vor dem Einsatz von Chemikalien.

UV-Desinfektion

Durch Bestrahlen mit UV-C-Licht (Wellenlänge 254 nm) werden Bakterien inaktiviert, allerdings können Legionellen in Amöben überleben. Zur Verbesserung der Wirkung kann zusätzlich Ultraschall genutzt werden.

Membrantechnik

Zunehmend werden auch Membranen zur Entfernung von Mikroorganismen benutzt. Mit Mikro- und Ultrafiltration lassen sich bei einer Porengröße von kleiner als 0,2 µm auch Bakterien, teilweise sogar Viren ausfiltern. (siehe auch Wasserfilter in der Haustechnik).

Gesetzlich vorgeschriebene Entnahme von Proben

In Deutschland gilt seit dem 1. November 2011 eine neue Trinkwasserverordnung. Sie schreibt vor, dass in nicht vom Eigentümer genutzten Wohnungen bzw. Häusern (größer 2 Wohneinheiten mit einer Anlage zur Vernebelung von Trinkwasser), die einen Warmwasserspeicher (Boiler) von mehr als 400 Litern Inhalt haben oder die Warmwasserleitungen mit mehr als drei Liter Inhalt zwischen dem Trinkwassererwärmer und der entferntesten Entnahmestelle haben, einmal jährlich Wasserproben entnommen und untersucht werden müssen.[6]

Epidemiologie

Die Legionärskrankheit befällt als schwere Form der Lungenentzündung vor allem starke Raucher sowie Menschen, die an Niereninsuffizienz oder Immunsuppression leiden. Obwohl die Infektion in jedem Alter erfolgen kann, tritt die Erkrankung bevorzugt im mittleren Lebensalter auf. Männer erkranken zwei- bis dreimal so häufig wie Frauen.

Die Übertragung geschieht dabei nicht über Kontaktpersonen, sondern durch Einatmung der Legionellen. Da sich die Legionellen bevorzugt in warmem Wasser (18–50 °C, Optimum bei 36–43 °C) vermehren, bergen insbesondere Schwimmbecken, Whirlpools, Klimaanlagen und Duschen ein erhöhtes Infektionsrisiko. Bei der Infektion werden zerstäubte Wassertröpfchen zusammen mit den Legionellen eingeatmet (aerogener Übertragungsweg); auch eine unabsichtliche Einatmung von geschlucktem Wasser (Aspiration) ist möglich. In der Folge ist vor allem im Sommer epidemisches Auftreten möglich, aber auch in der restlichen Zeit sind Infektionen wie jene 1999 in Stede Broec (Holland) nicht ausgeschlossen.

In Deutschland werden zirka 400 Fälle der Legionärskrankheit pro Jahr gemeldet. Von den bekannt gewordenen Krankheitsfällen mit Legionella-Pneumonie endete die Erkrankung bei vorher gesunden Menschen in etwa 15 % der Fälle tödlich, bei Menschen mit Immunschwäche und vorbestehenden Herz-/Lungenerkrankungen in bis zu 71 %. Bei der milden Verlaufsform des Pontiac-Fiebers ohne Lungenentzündung sind bisher keine Todesfälle bekannt.

Erreger und Pathogenese

Der Erreger, der diese Erkrankung auslöst, ist ein im Süßwasser vorkommendes, stäbchenförmiges Bakterium und wird nach dem betroffenen Organ, der Lunge, Legionella pneumophila (pneuma Atem, phil liebend) genannt.

In stehendem Wasser in haustechnischen Installationen (vor allem Klimaanlagen und wenig benutzten Wasserleitungen) mit Temperaturen zwischen 20 und 45 °C bestehen ideale Voraussetzungen für die Vermehrung des Erregers. Die Infektion erfolgt durch Einatmen von zerstäubtem Wasser, beispielsweise unter der Dusche oder aus einem Luftbefeuchter. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist bisher nicht bekannt geworden und gilt als unwahrscheinlich. Der Erreger ist insbesondere für Menschen mit geschwächtem Immunsystem gefährlich und befällt die Lungenbläschen (Alveolen).

Die Legionellen überleben in der Regel Temperaturen nicht, die dauerhaft über 60 °C oder kurzzeitig über 70 °C liegen. Durch vorübergehende Aufheizung des Wassers auf 70 °C und aerosolarme Duschköpfe wird bei Neuinstallationen in Westeuropa der Infektionsgefahr entgegengewirkt.

Auf Reisen in Gebiete mit geringem Hygienestandard empfiehlt es sich, bei Bezug eines Hotelzimmers heißes Leitungswasser (Dusche/Waschbecken) für etwa 10 Minuten durchlaufen zu lassen. In dieser Zeit sollte man sich allerdings nicht in der Nähe aufhalten, um das Aerosol nicht einzuatmen.

Der Krankheitsverlauf wird durch virulenzassoziierte Epitope bestimmt.

Klinisches Erscheinungsbild

Legionärskrankheit

Nach einer Inkubationszeit von 2 bis 10 Tagen kommt es bei der Legionärskrankheit zu einem relativ raschen Krankheitsbeginn, meist aus völligem Wohlbefinden heraus. Die Symptome, mit der sich die Erkrankung präsentiert, sind unspezifisch und sehr variabel. Bei den meisten Patienten beginnt die Erkrankung mit relativ hohem Fieber und Schüttelfrost (nicht selten werden Körpertemperaturen von über 40 °C erreicht), mit Muskelschmerzen (Myalgien), die vor allem im Bereich des Brustkorbs lokalisiert sind (Thoraxschmerz), sowie mit anfangs trockenem Reizhusten, der nach einigen Tagen in Husten mit mäßigem Auswurf übergehen kann. Der Auswurf kann blutig tingiert sein (Hämoptysen) und in Kombination mit Thoraxschmerzen leicht zur Fehldiagnose einer Lungenembolie führen. Darüber hinaus kann es zu Atemnot, Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen, Durchfällen sowie vielfältigen neurologischen Ausfallerscheinungen kommen.

Die Letalität bei vorher gesundem Personenkreis beträgt bei dieser Verlaufsform etwa 15 %. Bei Menschen mit Immunschwäche oder vorbestehenden Herz- und Lungenerkrankungen beträgt die Letalität bis 70 % (aufgrund des Alters damit auch bei den Mitgliedern des Veteranentreffens, die der Krankheit den Namen gaben).

Pontiac-Fieber

Der milde Krankheitsverlauf mit Legionella wird als Pontiac-Fieber bezeichnet. Benannt ist es nach dem Ort der ersten dokumentierten Epidemie, der Stadt Pontiac im US-Bundesstaat Michigan. Dabei treten leichte, grippeähnliche Symptome ohne Lungenentzündung auf. Bisher führte das Pontiac-Fieber in keinem bekannten Fall zum Tod.

In Deutschland besitzen etwa 1 % der Bevölkerung Antikörper gegen Legionellen, diese bleiben ein Jahr im Körper. Legionellen kommen natürlicherweise weltweit im Süßwasser vor, entscheidend für den krankmachenden Faktor ist die Menge der Erreger. Die ist im normalen Umgebungswasser zu gering, aber unter günstigen Bedingungen können sich die Erreger explosionsartig vermehren, beispielsweise in Klimaanlagen. Daraus folgt, dass man mit 800.000 Menschen pro Jahr rechnen muss, die Kontakt mit dem Erreger hatten. Davon verläuft die Mehrzahl ohne Krankheitserscheinungen. Manifest wird die Erkrankung nur in 10 % der Fälle (etwa 80.000); nur etwa 9.600 davon sind „echte“ Legionellosen, das heißt, Legionella-bedingte Pneumonien (12 %), beim Rest verläuft die Erkrankung mit grippeähnlichen milden Symptomen. Bei einer Letalität von 15–20 % bei vorher gesunden Menschen ist daher mit 1.400 bis 1.900 Todesfällen pro Jahr zu rechnen. Allerdings ist zu beachten, dass, wie oben erwähnt, für schon kranke und geschwächte Menschen die Erkrankung an Legionella-Pneumonie in bis zu 70 % tödlich endet. Legionella verursacht etwa 1–10 % aller Pneumonien und gehört damit zu deren häufigsten Ursachen.

Therapie

Eine Legionellose muss antibiotisch behandelt werden, da die Erkrankung lebensbedrohlich sein kann. Lange Zeit galt Erythromycin, z. B. in einer Dosierung von 3×1 g i. v. täglich als Antibiotikum der ersten Wahl. Weitere bei Legionellose wirksame Antibiotika sind die Makrolide Azithromycin, Clarithromycin, Roxithromycin und Breitspektrum-Fluorchinolone (z. B. Ciprofloxacin, Levofloxacin). Auch Rifampicin und Tetracycline wie Doxycyclin und Tigecyclin sind wirksam, gelten aber nicht als Mittel der ersten Wahl.[7][8]

Meldepflicht

In der Bundesrepublik Deutschland ist nach § 7 Infektionsschutzgesetz der direkte oder indirekte Nachweis einer akuten Infektion durch Legionella sp. durch das diagnostizierende Labor meldepflichtig. Seit 2001 werden meldepflichtige Erkrankungen vom Robert Koch-Institut erfasst, das für das Jahr 2004 insgesamt 475 gemeldete Legionellosen angab. Zur Meldung angehalten ist der Leiter der Untersuchungsstelle, in der der Nachweis geführt wurde. Noch ist eine Verpflichtung nicht eindeutig bestimmt. Auf jeden Fall ratsam ist die Meldung, wenn zwei Personen mit möglichem Kontakt zur gleichen Quelle eine Legionellen-Infektion aufweisen.

Literatur

  • Stout JE et al.: Legionellosis. N Engl J Med. 1997 Sep 4;337(10):682–7. PMID 9278466
  • Pedro-Botet ML et al.: Epidemiology and pathogenesis of Legionella infection. UpToDate v15.3, 2007
  • Pedro-Botet ML et al.: Clinical manifestations and diagnosis of Legionella infection. UpToDate v15.3, 2007
  • Pedro-Botet ML et al.: Treatment and prevention of Legionella infection. UpToDate v15.3, 2007
  • Classen, Diehl, Kochsiek: Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2006, 5. Auflage, S. 989–991. ISBN 3-437-44405-0
  • W. Köhler et al.: Medizinische Mikrobiologie. Urban & Fischer, München/Jena 2001, 8. Auflage, S. 354–355. ISBN 3-437-41640-5
  • Flemming, Hans Curt et al.: Erkenntnisse aus dem BMBF-Verbundprojekt „Biofilme in der Trinkwasser-Installation“, Version 2.1 (PDF-Datei; 0,5 MB).

Weblinks

Legionärskrankheit und Pontiac-Fieber Informationen zur Geschichte & Infektionswege

Einzelnachweise

  1. Screening von Legionellen im Trinkwasser, Laborwelt Nr. 2/2005, abgerufen am 26. September 2009
  2. I. W. Müller u. a.: Die Chronik der Medizin. Chronik-Verlag 1993, S. 560. ISBN 3-611-00273-9
  3. Smeeks FC et al.: Legionnaires Disease. Emedicine, 10. Oktober 2006 Online Version
  4. Heinz Röttlich: Maßnahmen gegen Legionellen im Wasser. In: Umwelt-Magazin. Heft 1/2 2010, Springer-VDI-Verlag, Düsseldorf 2010
  5. Bundesgesundheitsministerium
  6. Änderung der Trinkwasserverordnung
  7. Pedro-Botet ML, Yu VL: Treatment strategies for Legionella infection. Expert Opin Pharmacother. 2009;10(7):1109-21. PMID 19405787
  8. Diederen BMW: Legionella spp. and Legionnaires' disease. J Infect. 2008;56(1):1–12. PMID 17980914