Tonhöhe


Für den Begriff der Tonhöhe (englischer Fachbegriff: pitch) existieren unterschiedliche Definitionen:

  • Das American National Standards Institute [1] definiert die Tonhöhe als eine Eigenschaft der auditorischen Empfindung. Die Tonhöhe könne dabei auf einer Hoch-Tief-Skala eingeordnet werden. Die Tonhöhe hänge zum größten Teil von der Frequenzzusammensetzung des Geräuschs ab. Allerdings habe auch die Lautstärke und die Länge der Schallwelle einen kleinen Einfluss auf die Tonhöhe.
  • Ein Geräusch hat dann eine Tonhöhe, wenn ihm die Frequenz eines Sinustons zugeordnet werden kann.
  • Geräusche haben Tonhöhen, wenn es möglich ist, eine erkennbare Melodie aus ihnen zu bilden.

Geräuschen, die einen tonalen Charakter haben, kann das menschliche Gehör eine Tonhöhenempfindung zuordnen. Einen tonalen Charakter haben Schallsignale, bei denen sich die Zeitstruktur periodisch wiederholt (z. B. Schall von schwingenden Saiten). Einen tonalen Charakter haben aber auch nicht-periodische Schallsignale, bei denen eng umgrenzte Frequenzbereiche hervorgehoben sind (z. B. Windheulen oder der Ton von Pauken).

Für die Psychoakustik ist interessant, wie hoch oder wie tief Töne bestimmter Frequenz wahrgenommen werden. Hierzu wird eine eigene Tonhöhen-Skala aufgebaut, die wahrgenommene Tonhöhe. Die wahrgenommene Tonhöhe wird auch mit dem Begriff Tonheit bezeichnet.

Musikalische Tonhöhe

Zusammenhang von Frequenz, Halbton und Oktave
Frequenzen (in Hertz) des Kammertons a1 und seiner Oktavverwandten

Die Tonhöhe eines Tons ist in der Musik ein musikalischer Parameter und kann unabhängig von anderen Eigenschaften einzeln beurteilt werden. Bereits Pythagoras von Samos nahm die noch heute mit leichten Veränderungen geltende Einteilung der Oktave in zwölf Halbtonschritte vor, so dass es in der traditionellen Musik Mitteleuropas innerhalb einer Oktave zwölf verschiedene Tonhöhen gibt: C - Cis/Des - D - Dis/Es - E - F - Fis/Ges - G - Gis/As - A - Ais/B - H (siehe dazu auch: enharmonische Verwechslung). Diese Töne wiederholen sich in entsprechenden Oktavlagen nacheinander; die Frequenz verdoppelt sich, wenn ein Ton eine Oktave höher erklingt. Dies gilt auch in der mikrotonalen Musik, nur mit dem Unterschied, dass dabei die Oktave in mehr als 12 Intervalle (Mikrointervalle) geteilt wird.

Der Charakter einer Melodie ist unabhängig von der absoluten Tonlage. Eine Melodie kann als Ganzes um beliebige Intervalle verschoben werden. Die absolute Tonhöhe, mit der ein Musikstück vorgetragen wird, beruht auf individueller Vereinbarung der Musiker untereinander und ist von vielen Faktoren abhängig:

  • Im einfachsten Fall bestimmt beim Gesang die Stimmlage die verwendete Tonhöhe. Die anderen Instrumente passen sich dem an.
  • Üblicherweise gibt das heutige Notenbild eine absolute Tonhöhe wieder. Ursprung ist die Internationale Stimmtonkonferenz von 1939 in London, auf der der Kammerton mit a1 = 440 Hz festgesetzt wurde. Jedoch sind auch davon Abweichungen üblich, vor allem bei der Notation von transponierenden Musikinstrumenten bedarf es einer genauen vorherigen Übereinkunft.
  • Bei Musikinstrumenten mit aufwändigen Systemen zum Stimmen wie bei der Orgel, dem Klavier oder Akkordeon bestimmen diese beim gemeinsamen Musizieren die verwendete Tonhöhe. Eine Verschiebung ist bei ihnen nur halbtonweise durch das Transponieren möglich. Andere Musikinstrumente besitzen meist eine einfache Möglichkeit, ihre Grundstimmung in begrenztem Umfang an vorgenannte Instrumente stufenlos anzupassen.
  • Für musikalische Zwecke sollen aufeinander folgende oder zusammen erklingende Töne „gut klingen“. Dies ist aber nur der Fall, wenn diese Töne bestimmte Frequenzverhältnisse einhalten, nämlich die von musikalischen Intervallen. Die für musikalische Zwecke sinnvollen Frequenzverhältnisse fasst man in Tonleitern zusammen. Wird zusätzlich noch die Frequenz eines Referenztons angegeben, kann man einen beliebigen Ton einem Tonleiter-Ton zuordnen. Die Bezeichnung des Tonleiter-Tons wird dann als Bezeichnung der musikalischen Tonhöhe verwendet.

Wahrgenommene Tonhöhe

Zusammenhang zwischen Frequenz und wahrgenommener Tonhöhe (siehe auch Bildtext)

Die Tonhöhe ist in der Psychoakustik eine Empfindungsgröße mit der Maßeinheit Mel, anhand derer man Schallereignisse bezüglich ihrer empfundenen Tonlage ordnen kann. Im Bild rechts ist dargestellt, wie sich anhand von Hörversuchen der Zusammenhang zwischen der Frequenz eines Tons und der wahrgenommenen Tonhöhe ergibt.

Die Wahrnehmung der Tonhöhe ist eng verbunden mit der Physiologie des Innenohres und des auditorischen Gehirns. Das Innenohr führt eine Frequenzanalyse des gehörten Signals durch. Unterschiedliche Frequenzen führen an unterschiedlichen Orten des Innenohrs zu einer Erregung von Nervenzellen. Der Ort, an dem Nervenzellen verstärkt angeregt werden, kann so zur Bestimmung der Tonhöhe benutzt werden.

  • Sind die Frequenzen der Schallsignale nicht zu hoch (je nach Gehör unterhalb 800 bis 1600 Hz), kann das Gehör aus der Struktur der Nervensignale die Periode des Schallsignals rekonstruieren und hieraus die Tonhöhe bestimmen. Dieses Verfahren wird vom Gehör bevorzugt angewandt. In dem Frequenzbereich, in dem dieser Mechanismus benutzt wird, entspricht die wahrgenommene Tonhöhe der musikalischen Tonhöhe. Tonintervalle und Melodien klingen in unterschiedlichen Tonlagen gleichartig.
  • Oberhalb von Frequenzen 800 bis 1600 Hz (entspricht dem Ton g2 bzw. g3) kann das Gehör der Zeitstruktur der Signale nicht mehr folgen, die Tonhöhe wird aus dem Ort des Erregungsmaximums im Innenohr bestimmt. Im Innenohr ist die Verteilung der Frequenzen über den Ort aber nicht mehr synchron zu den musikalischen Tonhöhen. Bei hohen Frequenzen steht für eine Oktave weniger Platz zur Verfügung als bei niedrigen Frequenzen. Das heißt: Intervalle werden bei sehr hohen Frequenzen kleiner wahrgenommen als bei niedrigeren Frequenzen. Tonintervalle und Melodien klingen in unterschiedlichen Tonlagen unterschiedlich.
  • Bei der Wahrnehmung der Tonhöhe spielt die Zusammensetzung des Tons aus Grundton und Obertönen eine wichtige Rolle. Da für die Tonhöhenwahrnehmung die Periode des Tons wichtig ist, bestimmen bei zB. nicht hörbarem Grundton die wahrnehmbaren/hörbaren Anteile der Obertöne die empfundene Tonhöhe. Dies steht im Zusammenhang mit dem Residualton, den das menschliche Ohr aus einem Frequenzgemisch bildet. So bleibt die Periode eines Tons nur dann erhalten, wenn der größte gemeinsame Teiler der Obertonfrequenzen wieder den Grundton abbildet. Dies passiert zwar selten in einer natürlichen Umgebung, ist aber grundsätzlich möglich. Besteht zb ein Ton aus Grundton und seinen ersten 2 Obertönen und werden dann Grundton und 1. Oberton unhörbar, erscheint der Ton eine Oktave und eine Quinte höher. Das kann mit dem ggT ganz gut berechnet werden. Ist der Grundton zB. 100 Hz, liegen die ersten 2. Obertönen auf 200 Hz und 300 Hz. Der ggT von 100,200,300 ist dann 100. Fehlt der Grundton, errechnet sich die Tonhöhe als ggT von 200 und 300, was immer noch 100 ist. Fehlt aber auch der 1. Oberton ist klar, dass der ggT von 300 eben 300 ist. Dieser Effekt kann dann auftreten wenn zB. ein Instrument gefiltert wird oder von anderen Klängen so überlagert wird, dass bestimmte Frequenzen maskiert bzw. anderen Klängen zugeordnet werden. Auch spielt bei der Empfindug der Tonhöhe das Wissen, das Gedächtnis und Erwartungen des Hörers eine Rolle. So würde man zB. Oktaven immer als ein Ton interpretieren, da der ggT (oder eben die Periode) in so einem Frequenzgemisch eben immer den untersten Grundton ergeben würde. Dies kann das Gehirn aber anhand des Timbres - also die Gewichtung, Zusammensetzung und Veränderung der Obertöne (ein)schätzen. Je trainierter/eingestellter der Hörer auf einen bestimmten Klang ist, desto eher nimmt er dabei mehrere Tönhöhen wahr. Das steht auch im Zusammenhang im Erkennen und Wahrnehmen von Akkorden, da das Timbre von dem ggT bei Akkorden selten bei monotonen Klangerreignissen vorkommt, da sehr viele der ersten Obertöne fehlen würden und die Periode sehr lang wäre. Deswegen interpretiert das Gehirn in diesen Fällen mehrere Klänge anstatt einen sehr tiefen Ton (auch wenn es ihn trotzdem wahrnimmt). Es ist zu beachten dass das Gehirn nicht mathemathisch exakt den ggT ermittelt, es hat da auch seine Toleranzen. Der ggT ist nur ein mathemathisches Hilfsmittel um anzunähern, wie lang die Periode mehrerer Frequenzen sein wird.

Literatur

  • Ernst Terhardt: Zur Tonhöhenwahrnehmung von Klängen:
  1. Psychoakustische Grundlagen. In: Acustica. International Journal on Acoustics, Bd. 26 (1972), S. 173–186, ISSN 0001-7884.
  2. Ein Funktionsschema. In: Acustica. International Journal on Acoustics, Bd. 26 (1972), S. 187–199, ISSN 0001-7884
  • Ernst Terhardt, Gerhard Stoll, Manfred Seewann: Algorithm for extraction of pitch and pitch salience from complex tonal signals. In: Journal of the Acoustical Society of America, Bd. 71 (1982), Heft 3, S. 679–688, ISSN 0001-4966
  • Ernst Terhardt: Calculating Virtual Pitch. In: Hearing Research. An international Journal, Jg. 1 (1979), S. 155–182, ISSN 0378-5955
  • Ernst Terhardt: Akustische Kommunikation. Grundlagen mit Hörbeispielen. Springer Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-540-63408-8 (+ 1 CD-ROM).
  • Eberhard Zwicker, Hugo Fastl: Psychoacoustics. Facts and Models (Springer series in informations sciences; 22). 2. Aufl. Springer Verlag, Berlin 1999, ISBN 3-540-65063-6.
  • William M. Hartmann: Signals, Sound, and Sensation. Springer, New York 1998, ISBN 1-563-96283-7.
  • Christopher J. Plack, Andrew J. Oxenham, Richard R. Fay, Arthur N. Popper: Pitch. Neural Coding and Perception (Springer Handbook of Auditory Research; 24). Springer, New York 2005, ISBN 0-387-23472-1.

Siehe auch

Weblinks

Commons: Pitch (sound) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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