Zwergflamingo


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Zwergflamingo

Zwergflamingo (Phoeniconaias minor)

Systematik
Klasse: Vögel (Aves)
Ordnung: Flamingos (Phoenicopteriformes)
Familie: Flamingos (Phoenicopteridae)
Gattung: Phoeniconaias
Art: Zwergflamingo
Wissenschaftlicher Name der Gattung
Phoeniconaias
George Robert Gray, 1869
Wissenschaftlicher Name der Art
Phoeniconaias minor
(Geoffroy Saint-Hilaire, 1798)

Der Zwergflamingo (Phoeniconaias minor) ist ein an Salzseen lebender Vogel aus der Ordnung der Flamingos (Phoenicopteriformes) und deren kleinster Vertreter. Er lebt vorrangig in Afrika, ernährt sich von kleinen Wirbellosen und kann über 50 Jahre alt werden.

Beschreibung

Fuß eines Flamingo

Der Zwergflamingo erreicht eine Scheitelhöhe von maximal einem Meter, wobei die stelzenartigen Beine und der lange Hals einen großen Teil dessen ausmachen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass bei dieser für Vögel außergewöhnlich großen Scheitelhöhe nur ein Gewicht von maximal zwei Kilogramm erreicht wird. Außer der Größe ist er auch durch andere Merkmale von den sich allgemein stark ähnelnden anderen Flamingos zu unterscheiden, unter anderem ist der dunkle Schnabel verhältnismäßig länger als der anderer Arten. Er ist jedoch wie der anderer Flamingoarten ein Verkehrtschnäbler, da die untere Schnabelhälfte starr ist, während die obere beweglich ist. Die Färbung der Tiere reicht von Weiß mit einem Hauch Rosa bis hin zu Dunkelrosa. Diese Färbung ist nicht genetisch bedingt, sondern wird durch rote Naturfarbstoffe aus der Gruppe der Carotine, die in der bevorzugten Beute der Flamingos enthalten sind, hervorgerufen. Die Farbstoffe lagern sich im Gefieder ab und verursachen dort die typische rosa Färbung, welche nachlässt und zum weißen übergeht, falls der Zwergflamingo keine Carotine zu sich nimmt. Die Flügel mit den schwarzen Flügelspitzen bedecken die beiden Körperhälften des kahnförmigen Körpers fast vollständig. Dieser kahnförmige Körper hat sich wahrscheinlich entwickelt, um in entenähnlicher Haltung schwimmen zu können. Tatsächlich schwimmen Zwergflamingos deutlich häufiger als andere Arten der Familie. Die Spitzen der Flügel sind schwarz, und Zwergflamingos haben auch wie alle anderen Flamingos keinen stark ausgeprägten Schwanz, wie ihn einige Greifvögel oder Schwalben haben. Die gelben, orangefarbenen oder roten Augen sind verhältnismäßig klein. Die Füße an den schlanken Beinen, die bei Flamingos im Verhältnis zur Körpergroße die längsten Vögelbeine der Welt sind, haben drei Zehen, die nach vorne zeigen, und einen, der nach hinten zeigt. Die drei vorderen Zehen sind durch Schwimmhäute verbunden, welche das Laufen auf flachem, schlammigen Untergrund stark erleichtern. Auch beim Schwimmen sind diese Schwimmhäute hilfreich.

Verbreitung und Lebensraum

Verbreitung

Die etwa 4 bis 6 Millionen Individuen der Zwergflamingo-Population leben fast ausschließlich in Süd- und Ost-Zentral-Afrika. Der Großteil des Bestandes ist auf das Ostafrikanische Grabensystem Rift Valley zentriert, doch sie finden sich auch an anderen Orten und an vier separaten Orten: In Mauretanien, in Senegal, in Botswana und in Namibia. Zwergflamingos kommen nur an wenigen Orten außerhalb Afrikas vor: An einigen Salzseen in Pakistan und Indien.

Lebensraum

Zwergflamingos leben vorrangig an seichten Salz- und Sodaseen, wo kaum andere Tiere leben. Sie ziehen je nach Bedingungen und Jahreszeit zwischen verschiedenen Salzseen her, etwa den südäthiopischen Salzseen, den kenianischen Nakuru-, Turkana-, Bogoria- und Magadisalzseen, den südlichen Seen im ostafrikanischen Grabenbruch bis hin zu den Salzseen in Namibia und Botswana. Zwergflamingos haben zahlreiche Anpassungen an diesen extremen Lebensraum entwickelt, den außer ihnen und ein paar anderen Flamingos kaum ein anderes großes Lebewesen gut zu nutzen weiß. Eine der wichtigsten Anpassungen daran sind die nackten Beine: Sie widerstehen dem ätzenden Wasser und sind lang genug, um die Flamingos weit über der Salzlauge zu halten. Tatsächlich vertragen Zwergflamingos große Mengen gelöster Chemikalien in ihrem Gewässer und überdies noch Wassertemperaturen von 70 °C, was aufgrund der tektonisch aktiven Lage vieler Flamingogewässer eine zwingende Anpassung ist, und auch direkt über dem See können Temperaturen von 50 °C erreicht werden. Hieraus schließen einige Zoologen, dass die urgeschichtlichen Flamingos (deren erste Vertreter, die den heutigen glichen, vor 30 Millionen Jahren lebten) sich nur so unverändert halten konnten, da sie sich schon früh an diese unwirtlichen Bedingungen anpassten und daher keine echte Konkurrenz hatten, welche die Evolution angeregt hätte.

Sozialstruktur

Zwergflamingos bilden große Schwärme, die nomadisch umherziehen. Die Brutkolonien der Zwergflamingos umfassen zum Teil mehr als 1 Million Vögel und gehören somit zu den größten Vogelansammlungen der Welt. Flamingos, auch der Zwergflamingo, gehören zu den geselligsten Vögeln der Welt, und sogar die Balz (Werbung der Männchen um die Weibchen) findet in Gruppen statt.

Zwergflamingos in der Nähe von Ngorongoro.

Ernährung

Der Schnabel der Zwergflamingos hat sich in einen hochspezialisierten Filterapparat gewandelt. Der Schnabel ist groß und in der Mitte nach unten geknickt. Innen befinden sich mehrere Reihen horniger Lamellen, die ihrerseits mit winzigen winzigen Borsten besetzt sind.

Gefressen werden von den Zwergflamingos Blaubakterien, Kieselalgen und ein paar wenige Wirbellose wie das Salinenkrebschen Artemia salina. Diese sind mit einem Durchmesser von 40 bis 200 Mikrometern zu klein, um für andere Vögel viel Nährwert zu haben. Der Zwergflamingo beansprucht diese Nahrungsquelle fast für sich allein und an geeigneten Seen kommt es entsprechend zu einer großen Ansammlung von Flamingos dieser Art.[1]

Flamingos wie der Zwergflamingo haben eine im Vogelreich, aber nicht im Tierreich einzigartige Art, diese winzigen Lebensformen zu fressen: Sie "filtern" ähnlich wie die Wale ihre Nahrung aus dem Wasser. Der Zwergflamingo hält beim Filtrieren den Schnabel verkehrt herum ins Wasser und öffnet den Schnabel so weit, dass ein kleiner Spalt entsteht. Daraufhin ziehen die Zwergflamingos ihre große Zunge zurück, wodurch ein Unterdruck entsteht, der das Wasser mit den Kleinstlebewesen einsaugt. Das Wasser mit den Cyanobakterien wird nun in den Schnabel des Flamingos gezogen, da die kleinen Borsten angelegt sind und somit die kleinen Lebewesen durchlassen. Dann führt er die Zunge in das Wasser im Schnabel, wodurch es wieder herausgepresst wird. Dabei sind die kleinen Borsten aufgestellt, die Kleinstlebewesen bleiben daran hängen und werden somit herausgefiltert. Wenn der Flamingo beim nächsten Filtervorgang die Zunge einzieht, zieht er den Fang des letzten Filterns, der noch an den Borsten hängt, mit der fleischigen Zunge ein. Während der Nahrungsaufnahme schwingt der Zwergflamingo den Schnabel im flachen Wasser schnell hin und her, 17 Mal pro Sekunde saugt er Wasser in den Schnabel wieder ein beziehungsweise presst es wieder heraus.[2] Auf diese Weise hält sich auch die Salzaufnahme in Grenzen. Der Flüssigkeitsbedarf wird durch das Trinken von schwach salzhaltigem Wasser, Süßwasser aus Quellen oder Regenwasser gedeckt.

Ein Zwergflamingo (Phoeniconaias minor) in einbeiniger Ruhestellung

Nahrungsverbrauch

Momentan sind über den Nahrungsverbrauch des Zwergflamingos nur Schätzungen vorhanden. Eine bekanntere Schätzung des österreichischen Zoologen Ekkehard Vareschi bezieht sich auf die Zwergflamingokolonie am Nakurusee, welche laut ihm täglich etwa 36 Tonnen Spirulina platensis aus dem Wasser filtert. Ekkehard Vareschis Schätzungen, wie viele Spirulina platensis insgesamt im See leben, belaufen sich auf 180.000 Tonnen. Die Verluste durch die Flamingos weiß das Bakterium Spirulina platensis nur durch seine hohe Vermehrungsrate auszugleichen.[3]

Zusammenleben mit dem Rosaflamingo

An einem Großteil der Orte, wo Zwergflamingos leben, finden sich auch Rosaflamingos. Die verschiedenen Arten leben dicht nebeneinander, machen sich jedoch keine Konkurrenz um Nahrung. Die Ursache hierfür sind zwei Gründe: Einerseits suchen Rosaflamingos ihre Nahrung in den schlammigen Gründen der Salzseen, anders als Zwergflamingos, die ihre Nahrung aus den Oberflächengewässern filtern. Außerdem sind die Filterschnäbel anders gebaut: Die des Zwergflamingos sind extrem fein, um das Cyanobakterium Spirulina platensis überhaupt aus dem Wasser filtern zu können. Artemia salina kommt hingegen selbst durch die "groben" Borsten, die anfangs aufgestellt sind, nicht durch. Zwergflamingos haben sich aber auf solch "große" Beutetiere spezialisiert, Spirulina platensis kommt selbst durch die feinen Lamellen, die später aufgestellt werden, durch, wogegen Artemia salina in diesen Lamellen hängen bleibt. So machen sich der Zwergflamingo und der Rosaflamingo keine Konkurrenz, obwohl sie direkt nebeneinander nach Nahrung suchen.

Konkurrenz mit Fischen

Ein besonderer Aspekt der Ernährung der Zwergflamingos ist die Konkurrenz um Nahrung, die von Fischen ausgeht. In fischreichen Gewässern gibt es keine Zwergflamingos, denn die Fische sind in der Lage, den Wettbewerb um die wirbellose Nahrung zu gewinnen. Daher leben Zwergflamingos auch fast ausschließlich in den Salzseen, wo nur wenige Fische leben können. Im Nakurusee wurde der Bestand der Zwergflamingos und das Ökosystem gestört, als der Mensch dort in den 1960er Jahren kleine Buntbarsche der Art Tilapia grahami aussetzte. Diese stammten aus dem Natronsee, wo die Fische schon seit langem lebten, und das Ökosystem dieses Sees daran angepasst war. Doch im Nakurusee vermehrten sich die kleinen Fische massenhaft, wodurch auch Fischfresser wie Kormorane, Scharben, Schlangenhalsvögel, Tauchervögel und Pelikane angezogen wurden. Dadurch wurde das Ökosystem am Nakurusee gestört, ein typischer Fall von Faunenverfälschung.

Zugverhalten

Das nomadische Zugverhalten der Zwergflamingos ist unberechenbar und bis heute nicht geklärt. Die Tiere ziehen wohl wegen stark variierender Bestände von Spirulina platensis nachts zwischen den Seen umher, denn meist haben die Organismen, von denen sich die Zwergflamingos ernähren, eine kurze Blütezeit, in der sie in Massen auftreten, um dann wieder stark abzunehmen. Dann sind die Zwergflamingos gezwungen, zu einem anderen See mit Organismenblüte zu ziehen. Einmal aufgesuchte Seen werden oft jahrelang nicht mehr besucht. Wichtige Faktoren in diesem Zugverhalten sind vielleicht auch noch die Tektonik, Trockenzeiten, Regenzeiten, Hochwasser, Dürren und wohl weitere andere Faktoren.

Zeichnung eines Flamingokopfes

Fortpflanzung

Paarungsperiodik und Brutkolonien

Ebenso unberechenbar wie das Zugverhalten ist das Fortpflanzungsverhalten. Auch hier herrscht Unklarheit, welche Faktoren die Zwergflamingos wann zur Brut bewegen. Meist pflanzt sich ein Individuum alle 2 Jahre fort, in günstigen Zeiten jedoch auch jährlich, in schlechten Zeiten manchmal jahrelang nicht. Hieraus ergeben sich pro Flamingo 15-30 Bruten im Leben. Lange Zeit war unbekannt, wo der Zwergflamingo brütet, doch inzwischen ist bekannt, dass die Flamingos am Rift Valley und in der Umgebung am Natronsee, dem Hauptbrutgebiet der Zwergflamingos, brüten. Die anderen, separaten Vorkommen brüten an anderen Salzseen. Wie dies bekannt wurde, ist in Zwergflamingoforschung zu lesen. Insgesamt sind in Afrika nur drei Seen bekannt. an denen die Flamingos brüten

Die Balz

Die Männchen balzen in großen Verbänden zusammen, ein sehr ungewöhnliches Verhalten im Reich der Tiere. Die Balzrituale sind streng ritualisiert und mit einem ballettartigen "Tanz" zu vergleichen. Vollkommen synchron schlagen die Flamingos mit den Flügeln, nicken rhythmisch mit dem Kopf, marschieren in der Gruppe durch den See und geben Laute von sich. Wenn ein Weibchen sich ein Männchen ausgesucht hat, ist diese Partnerschaft monogam und hält über viele Jahre bis lebenslang.

Ein naher Verwandter des Zwergflamingos (Phoeniconaias minor), der Rosaflamingo (Phoenicopterus roseus), sitzt in einem Tierpark auf seinem Schlammnest.

Eier und Nester

Wenn der Wasserpegel des Natronsees sinkt, entstehen schlammige Inseln, auf denen die Zwergflamingos brüten. Dort legen sie auch ihre Nester an. Die Nester der Zwergflamingos sind 40 cm hohe, aus Schlamm bestehende Kegelstümpfe mit einer Mulde an der Spitze. In diese Mulde legt das Flamingoweibchen ihr einziges, längliches Ei. Die turmartige Bauweise hat mehrere Vorteile: steigt infolge starker Regenfälle das ätzende Wasser des Natronsees, sind die Nester nicht gleich überflutet und die gesamte Brut verloren. Der andere Grund sind die Temperaturen. Wäre das Nest des Zwergflamingos ein Bodennest, müssten die Eier mittags Temperaturen von zum Teil über 50 °C standhalten. Oben auf dem Nistkegel steigt die Temperatur jedoch selten über 35 °C. Männchen und Weibchen teilen sich das Brutgeschäft, bis nach 27 bis 31 Tagen ein Flamingoküken mit graubraunem Dunenkleid und grauen Beinen schlüpft.

Aufzucht der Jungen

Nach dem Schlupf werden die jungen Zwergflamingos mit einer Art Kropfmilch gefüttert, die in der Speiseröhre der Eltern gebildet wird, was der Jungtierfütterung von Tauben und Pinguinen ähnelt. Die Milch wird zusätzlich mit Karotin und Blut der Elterntiere vermischt, wodurch diese Kropfmilch dem Nährwert der Säugetiermilch in nichts nachsteht. Die Jungtiere verlassen nach einer Woche im Nest das Nest selbstständig, aber in Begleitung der Eltern. Das Flamingoküken, schließt sich einer Großgruppe von Küken an, den sogenannten "Krippen". Eine Krippe umfasst zum Teil mehr als 300.000 Zwergflamingoküken, die von einigen Elterntieren bewacht werden. Die Jungen werden immer noch von ihren Eltern gefüttert, und trotz der vielen Küken erkennen die Eltern an dessen Geschrei ihr eigenes Küken und füttern nur dieses mit ihrer nahrhaften Kropfmilch.

Nach etwa einer Woche in der Krippe beginnt der Schnabel, der bei dem Schlupf gerade war, die typische Krümmung der adulten Zwergflamingos anzunehmen. Mit einem Alter von 4 bis 6 Wochen beginnen die Küken mit der Nahrungssuche, doch sie werden noch immer gefüttert, da ihr Filterapparat noch nicht hinreichend ausgebildet ist, um genug Spirulina platensis zu fangen. Erst mit 10 Wochen sind sie dazu befähigt. Mit 11 Wochen können sie fliegen. Ihr Jugendkleid nach der graubraunen Phase ist rosabraun gescheckt, mit 3 bis 4 Jahren haben sie das prächtige Gefieder der Erwachsenen entwickelt, und mit 6 Jahren werden sie zum ersten Mal selber brüten. Zwergflamingos können über 50 Jahre alt werden.

Natürliche Feinde

Der Schreiseeadler (Haliaeetus vocifer) ist in der Lage, Zwergflamingos zu töten und zu verspeisen.

Zwergflamingos verfügen anders als andere Vögel weder über einen spitzen Schnabel (die Einsetzbarkeit des Schnabels als Waffe ging mit der Entwicklung des Filterapparats verloren) noch scharfe Krallen, mit denen sie sich gegen potentielle Angreifer zur Wehr setzen könnten. Die Körperkräfte von Zwergflamingos sind für ihre Größe unterdurchschnittlich, was Zwergflamingos aufgrund der relativ einfachen Möglichkeit, sie zu schlagen und dem dafür recht hohen Fleischertrag zu einer idealen Beute verschiedener afrikanischer Raubtiere macht. Allerdings frisst der Großteil dieser Räuber das Aas, welches die eigentlichen Flamingojäger zurücklassen: Die Schreiseeadler. Haliaeetus vocifer lebt auch in den Regionen, wo Zwergflamingos leben. Die einen möglichen Räuber, Schakale, Löwen und ähnliche, kommen nicht an die Zwergflamingos heran, da sie nicht die Möglichkeit besitzen, sich durch das ätzende Wasser der Natronseen zu kämpfen. Besonders dort, wo die Flamingos leicht angreifbar wären, in ihrem Brutsee, ist ein Durchwaten zu den Inseln mit den Kolonien unmöglich, da an diesem See das Wasser besonders ätzend ist. Der Schreiseeadler jedoch kann von Bäumen am Ufer den Zwergflamingos auflauern und mit einem Überraschungsangriff einen Zwergflamingo reißen. Der Zwergflamingo, meist ein Jungtier aus einer Krippe, wird von den kräftigen Krallen des Schreiseeadlers gepackt und zu den Bäumen am Ufer getragen. Falls der Zwergflamingo noch nicht tot ist, wird er jetzt getötet. Die Reste der Zwergflamingos werden von verschiedenen Aasfressern wie Geiern, Schakalen und Hyänen vertilgt. Ein Zwergflamingo kann somit einige afrikanische Beutegreifer ernähren.

Zwergflamingos (Phoeniconaias minor) und Rosaflamingos (Phoenicopterus roseus) am Nakurusee.

Zwergflamingoforschung

Früher war fast nichts über das Zugverhalten und die Brutgebiete der Zwergflamingos bekannt. Vor etwas 60 Jahren begann Leslie H. Brown, ein in Kenia lebender Schotte, sich mit diesem Thema intensiv zu befassen. Er suchte beim unwirtlichen, großen Natronsee am Rande des Hochlandes von Ngorongoro nach den Brutgebieten der Zwergflamingos. Er erkundigte sich bei den Massai, was sie über den Zwergflamingo wüssten. Sie meinten, die Flamingoküken würden dem Wasser des Sees entspringen. Doch 1954 mietete er ein Flugzeug und überflog den Natronsee. Er entdeckte nach 10 Jahren Arbeit schließlich mittels des Flugzeugs eine Brutkolonie von 150.000 Brutpaaren. Dies war das erste Mal, dass eine Brut von Zwergflamingos gesichtet werden konnte, eine der größten ornithologischen Entdeckungen, wenn man bedenkt, dass damals in der großen Sammlung von Tieren und Pflanzen aus Kolonialgebieten des Zoologischen Museums London kein einziger nicht flügger Zwergflamingo und auch kein Zwergflamingoei enthalten war. Schließlich wollte Leslie Brown die Brutkolonie auch zu Fuß besuchen, was allerdings aufgrund der hohen Temperaturen und dem durch Soda ätzenden Wasser und Schlamm des Natronsees, welches 8 Kilometer lang durchwatet werden musste, verhängnisvoll endete. Trotz schwerer Verletzungen und Wunden überlebte Leslie Brown. Bis heute gilt er als einer der wichtigsten Zwergflamingoforscher. Doch trotz seiner Entdeckungen sind viele weitere Sektoren, vor allem das Zugverhalten, noch nicht ausreichend erforscht.

Zwergflamingos (Phoeniconaias minor) und Rosaflamingos (Phoenicopterus roseus) im Jurong Bird Park

Zwergflamingos und der Mensch

Gefährdung und Schutz

Bestände

Aufgrund der Größe der Zwergflamingobestände lassen sich nur Schätzungen machen, eine Schätzung datiert den Zwergflamingobestand auf 2.220.000-3.240.000 Exemplare mit ca. 650.000 Tieren in Asien [4], eine andere Schätzung spricht von 4.000.000-6.000.000 Tieren [5].

Bedrohung und Schutz

Obwohl Zwergflamingos mit 2 bis 6 Millionen Tieren eine große Population haben und in der IUCN Redlist "nur" als NT ("Near threatened") protokolliert sind, ist diese Art als gefährdet anzusehen, denn Zwergflamingos sind regional stark - auf ein paar wenige Salzseen - beschränkt: Daher kann eine Dürre einen großen Teil des Zwergflamingobestandes vernichten. Auch ist die Zukunft des Lebensraums der Zwergflamingos ungewiss. In letzter Zeit ist in den beiden Schlüsselseen in Ostafrika, dem Nakurusee und dem Bogoriasee der Bestand der Zwergflamingos negativ beeinflusst worden, vermutlich durch Vergiftungen infolge von Schwermetalleintrag. Dürren setzten dem Flamingobestand weiter zu. Eine beispielhafte Katastrophe für Zwergflamingos mit einer beispielhaften Schutzaktion fand 1962 statt, als der Natronsee, das Hauptbrutgebiet der Zwergflamingos, über seine Ufer trat. Die Flamingos brüteten daher am Magadisee, wo sie nie zuvor beim Brüten beobachtet wurden. Der Magadisee war auf seinem gewöhnliche Stand, doch dem Schlupf der Jungtiere folgte eine Katastrophe: Die Salzkonzentration war im Magadisee wesentlich höher als im Natronsee, und an den Füßen der Jungflamingos bildeten sich Salzklumpen, die dazu führten, dass die Jungtiere zahlreich in den Salzsee stolperten. Das Gefieder wurde mit der Salzlauge getränkt, was unweigerlich zum Tod der Jungen führte. Ein Zoologe und Tierfilmer aus Großbritannien, Alan Root, begann mit vielen Helfern, vor allem mit kenianischen Schulklassen, im Rahmen einer Rettungsaktion mit Hämmern die Salzklumpen an den Beinen der Küken zu zertrümmern, etwa 27000 gerettete Küken waren die Bilanz. Doch erst als die Flamingokolonie in den südlichen Teil des Sees gescheucht wurde, wo der Salzgehalt niedriger war, hatte sich die Lage entspannt. Durch diese Bemühungen wurden immerhin 400.000 Küken flügge. Es gab auch andere Ereignisse, denen viele Flamingos zum Opfer fielen. Beispielsweise wurde die Brutkolonie im Natronsee um 1997, kurz nach dem die Küken geschlüpft waren, von einer Hitzewelle überrascht. Das Wasser sank, und der Rest wurde eine hochkonzentrierte Salzlauge. Diesem Ereignis fielen ebenfalls etliche Küken zum Opfer.

Kulturelle Bezüge

Zwergflamingos sind anders als viele andere afrikanische Tiere nicht in der Kultur und den Mythen der altafrikanischen Kulturen verankert. Allerdings blieben Zwergflamingos keineswegs unbeachtet, die Fortpflanzung erklärten sich die Massai etwa so: Da sie die Brutkolonien nicht sehen konnten, weil diese auf unzugänglichen Inseln in Sodaseen liegen, erklärten sie sich die Erhaltung der Zwergflamingopopulation damit, dass diese dem Wasser von Sodaseen entsteigen würden. Und sicher diente er den alten Völkern auch, wenn aber auch selten, als Nahrungsquelle.

Zwergflamingos (Phoeniconaias minor) und Rosaflamingos (Phoenicopterus roseus) in einem Zoo.

Zwergflamingos und der heutige Mensch

Heute werden Zwergflamingos nicht wegen ihres Fleisches gejagt und auch nicht zu anderen Zwecken oft getötet, jedoch sind Umweltverschmutzung durch den Menschen ein Grund für einen Abgang der Zwergflamingopopulation (siehe Gefährdung und Schutz). Zwergflamingos sind, wenn auch selten, eine Touristenattraktion, und dies dann aufgrund ihrer Farbenpracht und der zahlreichen Exemplare. In Angola wurden Briefmarken mit Zwergflamingomotiven hergestellt.

Namensgebung

Die Bezeichnungen in den vier Sprachen Deutsch, Niederländisch, Englisch, Französisch sind Zwergflamingo, kleine flamingo, Lesser Flamingo und Flamant nain. Sie haben alle den gleichen Ursprung und zielen auf die Größe des Zwergflamingos ab. Das englische Wort Lesser Flamingo kann etwa mit "kleiner Flamingo", "Zwergflamingo" übersetzt werden. Der französische Name Flamant nain bedeutet in etwa "Zwergflamingo", "zwergwüchsiger Flamingo" , "zwergartiger Flamingo" oder "zwergiger Flamingo".

Der wissenschaftliche Name des Zwergflamingos, Phoeniconaias minor, zielt ebenfalls auf die Kleinwüchsigkeit des Zwergflamingos ab. Manchmal wird der Zwergflamingo auch der Gattung Phoenicopterus zugeordnet.

Literatur

  • Robert Böttger, Dr. Heinz Gläsgen, Jens-Uwe Heins, Kurt Möbus, Ulrich Nebelsiek, Hans Oberländer, Udo Pini, Monika Rößiger, Claus M. Schmidt, Holger Schulz, Herman Sülberg und Beatrix Stoepel: Expeditionen ins Tierreich, HVK (?), ISBN 3-576-11062-3
  • David Burnie: Tiere, Dorling Kindersley, ISBN 3-8310-0202-9
  • Dominic Couzens: Seltene Vögel – Überlebenskünstler, Evolutionsverlierer und Verschollene. Haupt Verlag, Bern 2011, ISBN 9783258076294
  • Josep del Hoyo et al.: Handbook of the Birds of the World, Band 1 (Ostrich to Ducks). Lynx Edicions, 1992, ISBN 84-87334-10-5

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Couzon, S. 121
  2. Couzon, S. 120-121
  3. Aus: Robert Böttger, Dr. Heinz Gläsgen, Jens-Uwe Heins, Kurt Möbus, Ulrich Nebelsiek, Hans Oberländer, Udo Pini, Monika Rößiger, Claus M. Schmidt, Holger Schulz, Herman Sülberg und Beatrix Stoepel: Expeditionen ins Tierreich, ISBN 3-576-11062-3
  4. Aus: http://datazone.birdlife.org/species/factsheet/3771;
  5. Aus: Robert Böttger, Dr. Heinz Gläsgen, Jens-Uwe Heins, Kurt Möbus, Ulrich Nebelsiek, Hans Oberländer, Udo Pini, Monika Rößiger, Claus M. Schmidt, Holger Schulz, Herman Sülberg und Beatrix Stoepel: Expeditionen ins Tierreich, ISBN 3-576-11062-3