Neuer pflanzlicher Transkriptionsregulator steuert komplexe Entwicklungsvorgänge



Bio-News vom 05.11.2018

Die Pflanzenentwicklung wird durch komplexe regulatorische Wechselwirkungen gesteuert. Wie die Instrumente in einem Orchester müssen dabei tausende Gene miteinander orchestriert werden. Die Koordination solcher komplexer genetischer Netzwerke übernehmen in der Regel Transkriptionsfaktoren. Neben Veränderungen der eigentlichen Erbinformation können zusätzlich auch so genannte epigenetische Veränderungen am Erbmolekül beteiligt sein. In einer aktuellen Studie beschrieb ein Forscherteam unter Leitung von Wissenschaftlern des IPK Gatersleben einen bisher unbekannten Regulationsfaktor, den „Effektor der Transkription“ – „ET“.

Es brauchte fast 20 Jahre intensiver Forschung von der Entdeckung eines Proteins bis zur Aufklärung seiner Funktion. Entdeckt wurde das “Effektor der Transkription“, kurz „ET“ genannte Protein aufgrund seiner Fähigkeit, an DNA zu binden. Erst jetzt ermöglichte die Technologie der Hochdurchsatzsequenzierung die genomweite Analyse von Methylierungsmustern. Einmal mehr diente die Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) als Modellpflanze für die Aufklärung der Genfunktion. Die Entdeckung und der Hauptteil der Forschung erfolgten am Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) Gatersleben in der Arbeitsgruppe „Genregulation“ (Dr. habil. Helmut Bäumlein). Zur Funktionsaufklärung arbeiteten die Wissenschaftler, neben der durch das Interdisziplinäre Zentrum für Nutzpflanzenforschung (IZN) geförderten, unabhängigen Nachwuchsgruppe „Abiotische Stress Genomik“ (Dr. Markus Kuhlmann) am IPK, mit Teams des Max-Planck-Instituts für Entwicklungsbiologie in Tübingen und der Arbeitsgruppe Bioinformatik der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg zusammen.

Gene sind die wesentliche Grundlage für die Differenzierung und Entwicklung aller Organismen. Forschungsergebnisse der letzten Jahre zeigten jedoch, dass auch Umweltbedingungen direkten Einfluss auf die Funktion von Genen nehmen. Das sich daraus entwickelnde Forschungsgebiet ist die Epigenetik. Im molekularbiologischen Sinne geht es darum, dass die in der Reihenfolge der vier Bausteine der DNA (Adenin, Guanin, Thymin, Cytosin) kodierte Information durch eine Reihe von chemischen Veränderungen auf der Erbsubstanz verändert wird. Die bekannteste Modifikation ist die Anfügung einer Methylgruppe an das Cytosin.


Samen mit verfrühter Keimung: Während normalen Samen (WT-Wildtyp) in der Samenruhe verharren, zeigt sich in den Samen ohne ET-Funktion (et2-3) eine verfrühte Keimung, zum Teil noch in der Schote.

Publikation:


Francesca Tedeschi et al.
EFFECTOR OF TRANSCRIPTION factors are novel plant‐specific regulators associated with genomic DNA methylation in Arabidopsis
New Phytologist (2018)

DOI: 10.1111/nph.15439



Eine genomweite Analyse der DNA Methylierung zeigte, dass ET an der Verteilung dieses wichtigen epigenetischen Markers beteiligt ist. Die Pflanzen wiesen veränderte Methylierungsmuster auf. Diese führten zu Auffälligkeiten, so genannten homöotischen Veränderungen, wie die Entwicklung eines zusätzlichen Blütenblattes oder Veränderungen in der frühen Pflanzenentwicklung. So begannen die Pflanzen verfrüht zu Keimen, zum Teil schon in der Samenschale. Ein Vorgang, der zum Beispiel auch beim Weizen in kühlen und feuchten Jahren auftritt und zu Einbußen bei Qualität und Ertrag führt.

ET ist in der Lage, an die DNA zu binden und Markierungen auf der DNA zu entfernen. Hierfür wird ersten Ergebnissen zufolge der gleiche Reparaturmechanismus verwandt, der die Pflanze auch vor UV-Schäden schützt. Die unterschiedlich methylierten Bereiche in den Mutanten deuteten auf eine besondere Schutzfunktion von ET für die Gene hin.

Übertragen auf Kulturpflanzen wie Gerste oder Weizen, eröffnet das neu erworbene Wissen die Möglichkeit, gezielt neue Pflanzen herzustellen, welche nicht durch Änderungen der Gensequenz, sondern durch die Veränderung des DNA Methylierungsmusters geändert werden. So ließen sich zum Beispiel Pflanzen entwickeln, die auf eine größere Bandbreite von variablen Umweltbedingungen reagieren können.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt

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