Neutrale Evolution prägt Lebenserwartung und Alterung



Bio-News vom 04.07.2019

Die kurze Lebensdauer bei afrikanischen Killifischen beruht auf dem Fehlen einer starken Selektion gegen schädliche Mutationen.

Die verschiedenen Arten der afrikanischen Killifische unterscheiden sich stark in ihrer Lebenszeit - von wenigen Monaten bis zu mehreren Jahren. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Biologie des Alterns in Köln haben untersucht, wie sich unterschiedliche Lebensspannen in der Natur entwickeln. Sie haben einen grundlegenden Mechanismus entdeckt, durch den sich schädliche Mutationen im Genom ansammeln. Diese führen dazu, dass die Fische schnell altern und kurzlebig sind. Auch beim Menschen häufen sich Mutationen vor allem in den Genen an, die im Alter aktiv sind.


Der afrikanische Killifsch (Nothobranchius furzeri) lebt nur einige Monate.

Publikation:


Rongfeng Cui, Tania Medeiros, David Willemsen, Leonardo N. M. Iasi, Glen E. Collier, Martin Graef, Martin Reichard, Dario Riccardo Valenzano
Relaxed Selection Limits Lifespan by Increasing Mutation Load
Cell, 21. Juni 2019

DOI: 10.1016/j.cell.2019.06.004



Tiere können in der Natur sehr verschiedene Lebenserwartungen haben - von wenigen Stunden bei erwachsenen Eintagsfliegen bis hin zu 200 Jahren bei Walen. Die natürliche Selektion sollte eine lange Lebensdauer begünstigen, denn im Prinzip führt ein längeres Leben zu mehr Nachkommen und damit zu einer höheren Wahrscheinlichkeit, Gene zu vermehren und an die nächste Generation weiterzugeben. Aber warum gibt es dann überhaupt kurzlebige Arten? Um diese Frage zu beantworten, hat Rongfeng Cui aus der Gruppe von Dario Valenzano am Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns die afrikanische Killifisch-Familie untersucht.

„Afrikanische Killifische leben in einer Vielzahl von Lebensräumen, von Regenwäldern bis hin zu trockenen Savannenwäldern. Je nachdem, wie viel Wasser in der Umgebung verfügbar ist, leben sie lang oder kurz. Diese Vielfalt in der Lebensdauer ist wie ein Experiment der Natur zu verschiedenen Überlebensstrategien. Das macht den Killifisch zu einem einzigartigen System, um die Evolution der Lebensgeschichte zu erforschen“, erklärt Dario Riccardo Valenzano.

Aufgeblähtes Genom mit schädlichen Mutationen

Die Forscher haben das Erbgut von 45 afrikanischen Killifischarten analysiert und das Genom von kurz- und langlebigen Arten miteinander verglichen. Sie fanden heraus, dass kurzlebige Arten ein aufgeblähtes Genom haben, das voller sich wiederholender DNA-Sequenzen ist. Darüber hinaus sammeln sich im Erbgut der kurzlebigen Fische schädliche Mutationen an. Diese treten im gesamten Genom auf, auch in Genen, die für zentrale Vorgänge in den Fischen zuständig sind, wie DNA-Reparatur, Stoffwechselkontrolle und die Energiegewinnung. Auch in Genen, die Alterungsprozesse steuern, treten diese Mutationen auf.

„Die Fische scheinen nicht kurzlebig zu sein, weil das gut für sie ist oder weil es eine Anpassung an ihre Umwelt ist. Tatsächlich könnten sie in längeren Regenzeiten länger leben und sich fortpflanzen”, sagt Valenzano. „Vielmehr funktioniert die natürliche Selektion für Gene, die im Alter wichtig sind, einfach nicht so effizient. Es spielt keine Rolle, ob eine Mutation die Fische im Alter ein wenig krank macht, denn sie haben sich bereits vermehrt und diese Mutation auf ihre Nachkommen übertragen. Dieses Grundprinzip erklärt das aufgeblähte Genom und die Ansammlung schädlicher Mutationen bei kurzlebigen Killifischen.“

Das menschliche Genom

Im menschlichen Genom konnten die Forscher beobachten, dass Gene, die schädliche Mutationen anhäufen, stark mit dem Altern verbunden sind. „Wir haben herausgefunden, dass die Häufigkeit von schädlichen Mutationen in einem Gen Hand in Hand damit geht, wann das Gen abgelesen wird. Mit anderen Worten, Gene, die im Alter abgelesen werden, tragen eher schädliche Genvarianten“, erklärt Valenzano. Die Forscher haben viele solcher Gene entdeckt, die aber noch nicht dafür bekannt sind, mit dem Alterungsprozess zusammenzuhängen. Diese Gene könnten in Zukunft für die Alternsforschung interessant sein.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt

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