Trend-Hobby Imker



Bio-News vom 13.03.2014

Überfüllte Seminarräume, lange Wartelisten für Studienbewerber, steigende Mitgliederzahlen bei jungen Hobby-Imkern: Die Biene erfreut sich dieser Tage einer Beliebtheit, wie schon seit 30 Jahren nicht mehr. Das zeigt sich auch daran, dass die Zahl der Bienenvölker in den letzten Jahren weltweit wieder gestiegen ist. „Solange die Weltmarkt-Preise für Honig und Bestäubung stimmen, wird es auch Imker und Bienen geben“, so Dr. Peter Rosenkranz, Leiter der Landesanstalt für Bienen der Universität Hohenheim, auf der Pressekonferenz zur 50-Jahr-Feier am vergangenen Sonntag.


Stadtimkerei in Hannover am Waterlooplatz.

Publikation:


Dr. rer. nat. Peter Rosenkranz
Trend-Hobby Imker

Universität Hohenheim. Landesanstalt für Bienenkunde



In Deutschland kommt hinzu, dass immer mehr Menschen der Faszination der Bienenhaltung erliegen und zum Schutz der Natur beitragen möchten. Trotzdem warnt der Bienen-Experte: „Die Forschung und der Schutz zum Erhalt der Bienen muss weiterhin ernst genommen werden.“ Dazu gehören ein gesteigertes Verständnis für Pestizide, Parasiten und Krankheiten und die Förderung wichtiger Lebensräume wie Streuobstwiesen. Denn vor allem die Lebensräume der Bienen werden durch den Menschen immer kleiner und gefährden ihren Erhalt für die Zukunft. Und die von den Imkern gehaltenen Honigbienen sind ein unverzichtbarer Indikator für diese Fehlentwicklungen.

Eine Wirtschaftsleistung von geschätzten 2 Milliarden Euro pro Jahr allein in Deutschland und geschätzten 70 Milliarden Dollar weltweit, außerdem ein jährlicher Honigverzehr in Deutschland von fast 100.000 Tonnen: Das alles machen die fleißigen Bienen-Arbeiterinnen möglich und summen sich so an Platz 3 der wichtigsten Nutztiere in Deutschland hinter Schweinen und Rindern.

So nutzträchtig die kleinen Insekten auch sind, so gefährdet sind sie vor allem durch den Flächenverbrauch. Um auch weiterhin ihren Erhalt zu sichern, suchen die Wissenschaftler der Landesanstalt für Bienenkunde der Universität Hohenheim nach neuen Lösungsansätzen für das Überleben der Bienen in der heutigen Kulturlandschaft.

Deutschlands letzte Hochburg für universitäre Bienenkunde

Seit 50 Jahren gibt es die Landesanstalt, die Imkertradition existiert bereits seit fast 175 Jahren an der Universität Hohenheim. Als die letzte Einrichtung deutschlandweit, an der angewandte Bienenkunde noch an einer Universität gelehrt wird, ist sie nicht nur führend im Bereich der Bienenpathologie und dem Konfliktfeld Pflanzen- versus Bienenschutz.

Sie hat auch maßgeblich dazu beigetragen, den hohen Stellenwert der Biene für Wirtschaft und Umwelt wieder in den Fokus der Öffentlichkeit und der Politik zu rücken. Das zeigen auch die von der Landesanstalt betreuten Bienen, die Ministerpräsident Winfried Kretschmann seit zwei Jahren in seinem Garten hält.

Bienenzucht ist neues Mode-Hobby

Dr. Rosenkranz erinnert sich: „Damals, als ich mit meinem Studium begann, herrschte ein richtiger Hype um Bienenkunde, viele wollten besonders grün sein und Bienen haben. Das hat dann lange Jahre stark nachgelassen.“

Nun sei das Interesse wieder da, wie der Bienen-Kundler berichten kann: „Mittlerweile haben wir bis zu 150 Bewerbungen von Studieninteressierten, obwohl wir nur 50 aufnehmen können. Auch unsere Imker-Seminare sind so überfüllt, dass wir sie auf zwei Räume aufteilen müssen.“ Die Zeiten, in denen die Bienenkunde als exotisches Orchideenfach angesehen wurde, seien vorbei.

Imkerei wird schwieriger / Wildbienen stark gefährdet

Doch obwohl die nackten Zahlen zur Entwicklung der Imkerei durchaus positiv sind, kann noch lange keine Entwarnung gegeben werden, so Dr. Rosenkranz. „Alle Bienen sind immer noch vielen Gefahren ausgesetzt, vor allem im Bereich der Pestizide und der Parasiten.“

Es seien besonders Wildbienen, die stark gefährdet seien. „Honigbienen wird es immer geben, solange der Imker sie vor diesen Gefahren schützt und der Honigpreis stimmt. Wildbienen haben diesen Luxus allerdings nicht. Viele ihrer Lebensräume sind durch den Menschen und seiner Verbreitung in den letzten Jahren zerstört worden.“

Und Lebensräume, die der Mensch nutzt und die überlebenswichtig für die Wildbienen sind – wie z. B. die Streuobstwiesen – werden häufig nicht gepflegt. „Eine Streuobstwiese zu besitzen ist immer auch mit Aufwand verbunden“, so der Bienen-Experte aus Hohenheim. „Und viele sind nicht bereit, diesen Aufwand auf sich zu nehmen. Zum Leidwesen der Bestäuberinsekten.“

2,3 Millionen Euro Forschungsförderung durch FIT BEE

Um den Erhalt der Biene auch für die Zukunft zu sichern, versuchen die Wissenschaftler aus Hohenheim auch die Bedürfnisse der Landwirtschaft zu berücksichtigen und alternative Lösungen zu finden. Zwei EU Projekte und das mit 2,3 Mio. Euro geförderte Projekt „FIT BEE“ sind das Resultat dieses Engagements. „FIT BEE beschäftigt sich mit allen Aspekten der Bienengesundheit“, erklärt Dr. Rosenkranz. „Dazu gehören Umwelteinflüsse, Pflanzenschutzmittel, Bienenkrankheiten, jeweils in Bezug auf Einzelbienen und das ganze Bienenvolk.“

Mit Sexual-Duftstoff gegen die Varroa-Milbe

Eines der Teilprojekte von FIT BEE beschäftigt sich mit der für Bienen tödlichen Varroa-Milbe. Die Forscher haben den Sexual-Duftstoff identifiziert, mit dem man die männlichen Milben verwirren und sie so an der Fortpflanzung hindern kann. Bisher blieb den Imkern nichts anderes übrig, als die Bienenstöcke mit Ameisen-, Milch- und Oxalsäure zu behandeln. Zwar sei es noch ein langer Weg, bis der Duftstoff ausgereift ist, so Dr. Rosenkranz, die ersten Ergebnisse seien aber vielversprechend.

Bestandsaufnahme des Pestizid-Einsatzes in der Landwirtschaft

Auch dem Pestizid-Einsatz in der Landwirtschaft wollen die Bienen-Kundler nachgehen und Lösungsansätze vorschlagen. „Viele Pestizide töten Bienen zwar nicht sofort, langfristig können jedoch erhebliche Schäden entstehen.“

Im Zuge von FIT BEE erfassen die Hohenheimer Forscher inwieweit der Pestizid-Einsatz zum Bienensterben in Baden-Württemberg beiträgt. Hierfür testen sie, wie viele Wirkstoffe die Bienen vom Feld in den Bienenstock bringen und welche Auswirkungen das auf den Organismus „Bienenvolk“ hat.

Pestizidfreie Blüten dank neuer Spritztechniken

Zeitgleich entwickeln die Bienen-Kundler auch neue Möglichkeiten des Pflanzenschutzes, die von Landwirten genutzt werden können, ohne den Bienen zu schaden. „Ein Ansatz sind neue Spritztechniken, die die Pestizide von den Blüten fernhalten.“ Für die Landwirtschaft sei dies kein Schaden, denn Parasiten und Pilze befallen oft nur die grünen Pflanzenteile, „die Blüte selbst ist nicht betroffen“.

„Mit neuen Spritztechniken, die nur auf den grünen Stängel zielen, würde die Blüte und damit auch die Biene weitgehend pestizidfrei bleiben“, so die Prognose des Bienen-Experten. „Als Alternative arbeiten wir aber auch an einem Duftstoff, der die Bienen von bestimmten Pflanzen fernhalten soll, ohne sie zu schädigen.“

Text: Corinna Schmid / Florian Klebs


Diese Newsmeldung wurde via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.


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