Bodenläuse
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Bodenläuse | ||||||||||||
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Zorotypus hubbardi
Zorotypus hubbardi | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name der Ordnung | ||||||||||||
Zoraptera | ||||||||||||
Silvestri, 1913 | ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name der Familie | ||||||||||||
Zorotypidae | ||||||||||||
Silvestri, 1913 | ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name der Gattung | ||||||||||||
Zorotypus | ||||||||||||
Silvestri, 1913 |
Die Bodenläuse (Zoraptera) sind eine der kleinsten Ordnungen der Insekten. Die etwa 30 rezenten Arten dieses Taxons werden in klassischer Systematik sämtlich der Familie Zorotypidae und der Gattung Zorotypus zugeordnet,[1] innerhalb der Insekten ist ihre systematische Position unklar.
Merkmale
Die Bodenläuse erreichen eine maximale Körpergröße von 2 bis 3 Millimeter. Bei einigen Arten sind die Männchen deutlich größer als die Weibchen. Der Körper ist je nach Art farblos, gelblich oder auch schwarz, die drei Brustsegmente sind unterschiedlich ausgeprägt und der Hinterleib besteht aus elf Segmenten. Die Tiere besitzen an ihrem verhältnismäßig großen Kopf 9-gliedrige, fadenförmige Antennen und kauend-beißende Mundwerkzeuge; Facettenaugen und Ocellen können je nach Form (Morphe) bei allen Arten vorhanden sein oder fehlen.
Die Beine sind als Laufbeine ausgebildet. Die Hinterschenkel sind auffällig verdickt und der Tarsus besteht aus zwei Gliedern mit zwei Krallen. Bei geflügelten Exemplaren sind sowohl Vorder- wie Hinterflügel ausgebildet. Die Flügeladerung ist stark reduziert, wobei die Vorderflügel nur zwei Längsadern besitzen und mit einem kräftigen Pterostigma ausgestattet sind,[2] der kleinere Hinterflügel enthält nur eine gegabelte Längsader.[2] Die Flügelfläche ist behaart und am Rande bewimpert, die Flügelbasis ist gestielt.[2] Weitere ordnungstypische Merkmale (Autapomorphien) sind die eingliedrigen Cerci beider Geschlechter sowie das Fehlen eines Legerohres (Ovipositor) beim Weibchen.[3]
Alle Arten treten in zwei Morphen auf: Einige wenige Individuen besitzen Augen und Flügel; diese dienen der Ausbreitung und der Gründung neuer Kolonien; nachdem sie einen Ort für eine neue Kolonie gefunden haben, werfen sie ihre Flügel ab. Die Mehrzahl der Individuen ist jedoch flügel- und augenlos und verlässt niemals die unterirdischen Verstecke.[4] Geflügelte Männchen sind erheblich seltener als geflügelte Weibchen.
Bodenläuse ähneln bei oberflächlicher Betrachtung sehr den Staubläusen, mit denen sie aber nicht näher verwandt sind.
Lebensweise
Alle Arten sind Saprophagen und Beutegreifer im Boden, sie ernähren sich vorwiegend von Pilzgewebe (Mycelien) und Milben. Sie leben unter der Rinde von abgestorbenen Bäumen oder in Termitenbauten. Sie bilden kleine Kolonien, die 15 bis 120 Einzeltiere umfassen und sich dort befinden, wo sie kein Sonnenlicht erreicht. Das Zusammenleben in Kolonien scheint für die Tiere förderlich, einzeln lebende gehen meist rasch zugrunde. Gegenseitige Körperpflege ("grooming") ist verbreitet, nicht aber gegenseitige Fütterung oder Hilfe bei der Jungenaufzucht. Weibchen der Bodenläuse legen relativ wenige, aber sehr große Eier, deren Durchmesser beinahe die Ausmaße des Hinterleibs des Weibchens erreicht. Die Eier benötigen etwa 6 bis 9 Wochen Entwicklungszeit. Bei der neotropischen Zorotypus gurneyi sind sowohl zweigeschlechtliche als auch rein weibliche Populationen gefunden worden, diese vermehren sich durch (thelytoke) Parthenogenese. Die Produktion von geflügelten Tieren soll dann einsetzen, wenn sich die Lebensbedingungen in der Kolonie, z.B. durch Nahrungsmangel, verschlechtern[5].
Verbreitung
Bodenläuse leben ausschließlich in den Tropen und Subtropen, wobei sowohl Amerika wie Asien besiedelt sind. Einige ozeanische Inseln, auch sehr isolierte wie Galapagos, Hawaii, Fiji und Mauritius besitzen jeweils eine eigene Art. Die nördlichsten Vorkommen reichen bis Tibet und in die USA. Die nördlichsten Populationen der amerikanischen Zorotypus hubbardi könnten auf Sägemehl-Haufen (mit interner Wärmeentwicklung durch den Rotteprozess) angewiesen sein[6]
Systematik
Die Position der Bodenläuse in der Systematik der Insekten ist weitgehend ungeklärt. Die verbreitete Ansicht sieht in den Tarsenspinnern die Schwestergruppe. Diese ebenfalls auf warme Klimazonen beschränkte und weitgehend unbekannte Insektengruppe teilt mit den Bodenläusen eine Vielzahl von Merkmalen, unter anderem anatomische Eigenschaften der Flügel, das Kolonienleben und das Auftreten geflügelter und ungeflügelter Morphen[4]. Starke Unterstützung erhält diese Gruppierung durch den besonderen Bau des Flügelgelenks, der nur diesen beiden Gruppen gemeinsam ist[7]. Hennig 1953, dem Klausnitzer folgt, stellen die Bodenläuse dagegen die Schwestergruppe der zu den Acercia zusammengefassten Gruppen (Staubläuse, Tierläuse, Fransenflügler und Schnabelkerfe) dar und bilden mit ihnen die Paraneoptera. Sie teilen mit ihnen als gemeinsame Merkmale ( mögliche Synapomorphien) eine Verschmelzung der Bauchganglienkette und eine Reduzierung der Malpighischen Gefäße und der Tarsenglieder. Im Gegensatz zu den Bodenläusen zeichnen sich diese Gruppen allerdings durch das Fehlen von Cerci sowie die Umbildung der Mundwerkzeuge in einen Stechapparat aus.[8]. Die Gruppierung mit den Paraneoptera wird auch aufgrund der Anatomie des Kopfes unterstützt[9]. Auf der Basis verschiedener molekularbiologischer Untersuchungen stehen die Bodenläuse wiederum in engerer Verwandtschaft zu den Schaben, Termiten und Fangschrecken[10]
Innerhalb der Bodenläuse werden etwa 30 Arten unterschieden, die alle einer einzigen Gattung zugeordnet werden:[11]
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Fossilbericht
Aus Funden im Bernstein sind Bodenläuse seit der frühen Kreide belegt[12]. Die damaligen Vertreter sahen den heutigen Bodenläusen bereits sehr ähnlich, so dass die meisten in die rezente Gattung Zorotypus gestellt worden sind. Auch sie traten ebenfalls in zwei Morphen auf und wurden nur in tropischen Gegenden gefunden, so dass davon ausgegangen wird, dass sich die Bodenläuse in den seither vergangenen Jahrmillionen so gut wie nicht verändert haben. Da Bernsteine mit Insekteneinschlüssen aus früheren Zeitaltern als der Kreide so gut wie nie gefunden werden, ist unbekannt, wann diese Tiergruppe erstmals aufgetreten ist.
Belege
- ↑ Zoraptera im [Integrated Taxonomic Information System] (ITIS)
- ↑ 2,0 2,1 2,2 Ordnung Zoraptera bei faunistik.net
- ↑ Merkmale (wenn nicht anders gekennzeichnet) nach Klausnitzer 1997.
- ↑ 4,0 4,1 Michael S. Engel: Zoraptera In: Tree of Life Web Project, abgerufen am 23. Juli 2009.
- ↑ Michael S. Engel (2007): The Zorotypidae of Fiji (Zoraptera). Fiji Arthropods VII. Edited by Neal L. Evenhuis & Daniel J. Bickel. Bishop Museum Occasional Papers 91: 33–38.
- ↑ Garland T. Riegel (1963): The Distribution of Zorotypus hubbardi (Zoraptera). Annals of the Entomological Society of America, Volume 56, Number 6: 744-747.
- ↑ Kazunori Yshizawa (2007): The Zoraptera problem : evidence for Zoraptera + Embiodea from the wing base. Systematic Entomology 32(2): 197-204.
- ↑ Klausnitzer 1997
- ↑ Rolf Georg Beutel & Daniela Weide (2005): Cephalic anatomy of Zorotypus hubbardi (Hexapoda: Zoraptera): new evidence for a relationship with Acercaria. Zoomorphology 124: 121–136. doi:10.1007/s00435-005-0117-z
- ↑ Ward C. Wheeler, Michael Whiting, Quentin D. Wheeler, James M. Carpenter: The Phylogeny of the Extant Hexapod Orders. Cladistics 17, 2001; S. 113–169. (PDF).
- ↑ Zorotypus im [Integrated Taxonomic Information System] (ITIS)
- ↑ Michael S. Engel & David A. Grimaldi (2002): The First Mesozoic Zoraptera (Insecta). American Museum Novitates No.3362: 1-20.
Literatur
- Bernhard Klausnitzer: Zoraptera, Bodenläuse. In Westheide, Rieger (Hrsg.): Spezielle Zoologie Teil 1: Einzeller und Wirbellose Tiere. Gustav Fischer Verlag, Stuttgart, Jena 1997; Seiten 646–647.
Weblinks
- Michael S. Engel: Zoraptera In: Tree of Life Web Project
- The Zoraptera Database
- Ordnung Zoraptera bei faunistik.net
- Michael D. Hubbard: A Catalog of the Order Zoraptera (Insecta). Center for Systematic Entomology, Gainesville (Florida) 1990. (PDF)