Chinesischer Flussdelfin
- Seiten mit Skriptfehlern
- Wikipedia:Lesenswert
- Wale
- Neuzeitlich ausgestorbenes Säugetier
- Wikipedia:Artikel-Feedback Grundstock
Chinesischer Flussdelfin | ||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Illustration | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
| ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name der Gattung | ||||||||||||
Lipotes | ||||||||||||
Miller, 1918 | ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name der Art | ||||||||||||
Lipotes vexillifer | ||||||||||||
Miller, 1918 |
Der Chinesische Flussdelfin (Lipotes vexillifer), auch als Jangtse-Delfin oder Baiji (chinesisch {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value), Pinyin {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value)) bekannt, ist ein ausschließlich im Jangtsekiang beheimateter Flussdelfin. Er gilt seit den 1980er Jahren als eines der seltensten Säugetiere der Welt und ist vermutlich bereits ausgestorben.[1]
Der Name Lipotes leitet sich von dem griechischen Wort leipos ab, welches mit zurückgeblieben oder übriggeblieben übersetzt werden kann und sich auf das sehr begrenzte Verbreitungsgebiet der Art bezieht. Vexillifer leitet sich ab von den Silben vexillum für Fahne und fer für tragen, bedeutet also fahnentragend.
Merkmale
Der Chinesische Flussdelfin wird bis zu 250 Zentimeter lang und bis zu 160 Kilogramm schwer. Dabei bleiben die Männchen wahrscheinlich mit etwa 220 Zentimetern etwas kleiner als die Weibchen. Er ist oberseits blassgrau bis -bläulich und unterseits weiß gefärbt. Auch die Fluken und die Flipper tragen oberseits eine graue und unterseits eine weiße Färbung. Er hat eine kleine dreieckige Rückenfinne mit abgestumpfter Spitze.
Seine fast schnabelartige Schnauze ist deutlich vom Kopf abgesetzt und zur Spitze leicht aufwärts gebogen. Sie ist sehr schmal und hat pro Kieferhälfte zwischen 30 und 35 gleichartig geformte, kegelförmige Zähne. Die Stirn ist steil abfallend und die Augen sind verkümmert, aber nicht funktionslos.
Verbreitung
Ursprünglich glaubte man, dass der Chinesische Flussdelfin auf den Dongting-See beschränkt sei, ehe man in den 1970er Jahren erkannte, dass er auf einer Länge von 1900 Kilometer von der Mündung des Jangtsekiang aufwärts sowie im benachbarten ostchinesischen Fluss Qiantang zu finden war. Etwa alle vier Kilometer konnte ein Flussdelfin gefunden werden. Bei Hochwasser drangen die Tiere auch in Nebenarme des Flusses und Seen vor. Aus dem Dongting-See verschwand der Wal, nachdem sich in dem Gewässer durch die landwirtschaftliche Nutzung sehr große Mengen Sediment angesammelt hatten. Danach wurde er nur noch im breiten, langsam fließenden Mittelteil des Jangtsekiang gesichtet.
Lebensweise
Über die Lebensweise ist wenig bekannt. Wegen der verkümmerten Augen sind Chinesische Flussdelfine auf Echo-Ortung beim Beutefang angewiesen. Ihre Nahrung sind ausschließlich Fische, die sie auf nur zwanzig Sekunden währenden Tauchgängen erbeuten. Das Spektrum der Beutefische ist sehr groß, die Hauptbeute stellen dabei längliche Welse dar, die sie am Gewässerboden jagen.
Der Chinesische Flussdelfin lebt vor allem als Einzelgänger. Früher war er eher in Paaren oder Kleingruppen von drei bis sechs Tieren anzutreffen, gelegentlich wurden auch Gruppen bis zu zehn Tieren gesichtet. Die meiste Zeit hält sich der Flussdelfin knapp unter der Wasseroberfläche auf. Beim Auftauchen kommt zuerst der Kopf zum Vorschein und das Tier taucht mit einer buckelförmigen Krümmung wieder ab. Die Fluke tauchte dabei nicht auf.
Über das Fortpflanzungsverhalten der Chinesischen Flussdelfine ist so gut wie nichts bekannt. Die Jungtiere kamen mit weniger als 95 Zentimeter Körperlänge und 10 Kilogramm Körpergewicht auf die Welt.
In Gefangenschaft wurden nur zwei Tiere gehalten. Dabei handelte es sich um das männliche Tier Qiqi, das von einem Fischer verletzt und danach von 1980 bis 2002 im Wuhan Institute of Hydrobiology gehalten wurde, sowie um ein weiteres Tier, das ein Jahr lang (1996 bis 1997) im Shishou Semi-natural Baiji Dolphin Sanctuary lebte und dann verstarb. 1998 wurde außerdem ein Weibchen nahe Shanghai eingefangen, es verweigerte allerdings die Nahrung und starb einen Monat später.
Systematik
Nach Fossilfunden besiedelte der Flussdelfin den Jangtsekiang vor etwa 20.000 Jahren aus dem Pazifik. Er ist der einzige Vertreter der Gattung Lipotes.
Die Systematik der Flussdelfine ist umstritten. Während früher alle Vertreter dieser Gruppe als konvergent und nicht miteinander verwandt betrachtet wurden, geht man auch nach molekulargenetischen Untersuchungen heute davon aus, dass der Amazonasdelfin und der La-Plata-Delfin mit dem Chinesischen Flussdelfin verwandt sind.[2] Wilson & Reeder (2005) klassifizieren sie deshalb in einer gemeinsamen Familie, Iniidae. Die ebenfalls in asiatischen Süßgewässern lebenden Gangesdelfine sind hingegen nicht näher mit ihnen verwandt.
Bestand und Bedrohung
Die erste Beschreibung der Tiere stammt aus der Naturenzyklopädie Erya aus der Han-Dynastie (206 v. Chr. bis 220 n. Chr). Biologen schätzen, dass zu dieser Zeit noch etwa 5.000 Flussdelfine im Jangtsekiang lebten. 1978 wurde zur Erforschung der Tiere das Süßwasserdelfin-Forschungszentrum (淡水海豚研究中心) der chinesischen Akademie der Wissenschaften gegründet.
Im ostchinesischen Fluss Qiantang war der Flussdelfin schon seit den 1950er Jahren nicht mehr gesehen worden. Um 1980 wurde der Bestand im Jangtsekiang auf rund 400 Tiere geschätzt. Vor allem die chinesische Industrialisierung hatte dem Bestand dieser Tiere sehr zugesetzt. Die Verschmutzung des Jangtse, der übermäßige Schiffsverkehr sowie häufiges Verfangen in Fischernetzen („Beifang“) hatten die Art an den Rand des Aussterbens gebracht. Viele dokumentierte Todesfälle werden der Leinen- und Hakenfischerei auf Störe zugeschrieben, hinzu kamen häufige Kollisionen mit Motorbooten, deren Anzahl sich auf dem Jangtsekiang massiv vermehrte.
Obwohl die Volksrepublik China den Delfin bereits 1979 als gefährdete Art erkannte und 1983 unter strengsten Schutz stellte sowie ein Jagdverbot erließ, veränderten sich die für das Tier bedrohlichen Umstände nicht. 1986 wurden bei einer Zählung noch 300 Baijis festgestellt, 1990 lag die Population bei etwa 200 Tieren. Bis 1997 verringerte sich diese Zahl auf geschätzt höchstens 50; 23 Tiere wurden tatsächlich gezählt. 1998 waren es schließlich nur noch sieben Tiere. 2001 wurde ein gestrandetes Weibchen gefunden und 2002 wurde letztmals ein lebendes Tier fotografiert.
In den Jahren 2006 und 2007 wurden mehrere Versuche unternommen, lebende Exemplare des Chinesischen Flussdelfins zu finden. Diese waren jedoch erfolglos, weshalb die beteiligten Wissenschaftler davon ausgingen, der Flussdelfin sei endgültig ausgestorben[3][4]. Der Baiji-Delfin wäre damit die erste zu Menschenzeiten ausgestorbene Walart. Allerdings tauchten 2007 in der Presse auch Berichte auf, dass der Flussdelfin weiterhin von Einheimischen gesehen und sogar gefilmt worden sei[5].
Literatur
- Mark Carwardine: Wale und Delphine. Delius Klasing, Bielefeld 1996, ISBN 3-7688-0949-8 (hochwertiger Führer)
- Mark Carwardine: Delphine. Biologie, Verbreitung, Beobachtung in freier Wildbahn. Naturbuch, Augsburg 1996, ISBN 3-89440-226-1 (informativer Bildband)
- Ralf Kiefner: Wale und Delphine weltweit. Pazifischer Ozean, Indischer Ozean, Rotes Meer, Atlantischer Ozean, Karibik, Arktis, Antarktis. Jahr Top Special, Hamburg 2002, ISBN 3-86132-620-5 (Führer der Zeitschrift „tauchen“, sehr detailliert)
- R. R. Reeves, B. S. Stewart, P. J. Clapham, J. A. Powell: Sea Mammals of the World. A Complete Guide to Whales, Dolphins, Seals, Sea Lions and Sea Cows. Black, London 2002, ISBN 0-7136-6334-0 (Führer mit zahlreichen Bildern).
- Gérard Soury: Das große Buch der Delphine. Delius Klasing, Bielefeld 1997, ISBN 3-7688-1063-1 (detailreicher Bildband)
- M. Würtz, N. Repetto: Underwater world. Dolphins and Whales. White Star Guides, Vercelli 2003, ISBN 88-8095-943-3 (Bestimmungsbuch)
- Douglas Adams, Mark Carwardine: Die Letzten ihrer Art. Heyne, München 1992, ISBN 3-453-06115-2
- D. E. Wilson und D. M. Reeder: Mammal Species of the World. Johns Hopkins University Press 2005 ISBN 0-8018-8221-4
Quellen
- ↑ sueddeutsche.de: Vergebliche Suche nach dem Letzten seiner Art
- ↑ etwa Laura May-Collado und Ingi Agnarsson: Cytochrome b and Bayesian inference of whale phylogeny. In: Molecular Phylogenetics and Evolution 38 (2006), S. 344-354. PDF
- ↑ Nature, Band 440, S. 1096 (27. April 2006)
- ↑ First human-caused extinction of a cetacean species?
- ↑ Baiji im Jangtse gefilmt? (Quelle nicht mehr verfügbar)
Weblinks
- Lipotes vexillifer in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2006. Eingestellt von: Reeves et al, 2005. Abgerufen am 11. Mai 2006.
- Spiegel Online: Forscher finden keine Spur von Chinesischem Flussdelfin (mit Video)
- Convention on Migrating Species (englisch)
- Artikel zum Flussdelfin in der Süddeutschen Zeitung
- „River Dolphins of No Return“