Störe



Störe

Atlantischer Stör (Acipenser oxyrinchus)

Systematik
Überklasse: Kiefermäuler (Gnathostomata)
Reihe: Knochenfische (Osteichthyes)
Klasse: Strahlenflosser (Actinopterygii)
Unterklasse: Knorpelganoide (Chondrostei)
Ordnung: Störartige (Acipenseriformes)
Familie: Störe
Wissenschaftlicher Name
Acipenseridae
Bonaparte, 1831

Die Störe (Acipenseridae) sind eine Familie großer bis sehr großer, primitiver Knochenfische. Sie leben in Europa, Nord- und Zentralasien und Nordamerika. Primär sind sie Meeresfische, die als anadrome Wanderfische zum Laichen in Süßgewässer aufsteigen. Die nordamerikanischen Schaufelstöre (Gattung Scaphirhynchus) und einige Populationen anderer Störarten, zum Beispiel des Sterlets (Acipenser ruthenus) und des nordamerikanischen See-Störs (Acipenser fulvescens),[1] bleiben ständig im Süßwasser. Störe ernähren sich vor allem von wirbellosen Tieren, die beiden größten Arten als ausgewachsene Exemplare vor allem von Fischen.

Sie sind als Erzeuger von Kaviar bekannt, dem gereinigten und gesalzenen Rogen der Tiere.

Verbreitung

Störe leben ausschließlich auf der Nordhalbkugel der Erde. Die Störe der Unterfamilie Acipenserinae kommen in der Alten Welt in Europa (nicht in Italien unterhalb der Poebene, aber in der Adria), in den in das Schwarze Meer entwässernden Flüssen der Türkei, im Schwarzen, Asowschen und Kaspischen Meer, im angrenzenden Teil des Iran, in Westsibirien und dem nördlichen Ostsibirien (unteres Stromgebiet der Lena), im Stromgebiet des Amur, auf Sachalin und Hokkaido, in Korea und in den chinesischen Flüssen Jangtsekiang und Perlfluss vor.

In Nordamerika kommen sie östlich der Appalachen, in den Großen Seen, im Sankt-Lorenz-Strom, in der Hudson Bay und in den Flüssen des pazifischen Nordamerika (westlich der Rocky Mountains) von den Aleuten über Alaska bis Kalifornien vor.

Außerdem besiedeln sie küstennah die angrenzenden Meere, darunter auch die Nord- und Ostsee, die Biskaya, das Weiße Meer, die Karasee, das Ochotskische und Japanische Meer und die Beringsee.

Die Schaufelstöre der Gattung Scaphirhynchus kommen ausschließlich im Süßwasser, in Flüssen im Einzugsgebiet des Mississippi und im Rio Grande vor, ihre Verwandten aus der Gattung Pseudoscaphirhynchus sind auf die Flüsse Amudarja und Syrdarja in Zentralasien beschränkt.

Merkmale

Die meisten Störe werden zwischen einem und drei Meter lang, die kleinste Art, der Kleine Amu-Darja-Schaufelstör (Pseudoscaphirhynchus hermanni), erreicht eine Länge von 27,5 cm[2], die größten, der Europäische Hausen und der Kaluga-Hausen (Huso huso und Huso dauricus), werden maximal über fünf Meter lang und dabei zwischen einer und zwei Tonnen schwer[3][4]. Sie sind damit die größten auch in Süßgewässern vorkommenden Fische. Plausibel ist daher die Herleitung des Namens aus althochdeutsch stôr, altnordisch stór„groß“[5]

Störe sind variabel gefärbt, meist hell- bis dunkelbraun, auch schiefergrau oder fast schwarz bis blauschwarz. Bei den Weibchen können die Ovarien bis zu 20 % des Gesamtgewichts ausmachen. Sie liefern den berühmten Kaviar. Im unteren Teil des Mitteldarms ist eine Spiralfalte ausgebildet.

Russischer Stör (Acipenser gueldenstaedtii) mit deutlich sichtbaren Knochenplatten

Der schwere, langgestreckte Körper ist mit fünf Längsreihen von gebuckelten Knochenplatten (Scuta) gepanzert. Eine Reihe erstreckt sich entlang der Mittellinie des Rückens, zwei entlang den Seitenlinien und zwei an den äußeren Bauchseiten zwischen den paarigen Flossen. Da die Knochenplatten entlang den Körperkanten liegen, ergibt sich ein abgerundet fünfeckiger Querschnitt. Die Knochenplatten der Jungfische sind rau, bei den älteren Individuen sind sie glatt. Bei einigen Arten können sie mit fortschreitendem Alter teilweise verschwinden [6]. Bei Scaphirhynchus bilden sie eine geschlossene Röhre um den Schwanzflossenstiel. Die restliche Haut ist nackt und körnig, mit kleinen Dentikeln oder Papillen (Ausstülpungen der Haut) versehen. Die Achse im oberen Schwanzflossenlobus (obere Flossenhälfte) ist mit schräg angeordneten, scharfen Ganoidschuppen (Fulcren) bedeckt.

Das Knochenskelett wurde sekundär weitgehend zu einem Knorpelskelett reduziert. Die Chorda dorsalis bleibt lebenslang erhalten, Wirbelkörper bilden sich nicht, sondern nur Neural- und Hämalbogen mit Zwischenstücken (Intercalaria). Die Intercalaria, die an die Hinterhauptregion anschließen, sind miteinander und mit dem hinteren Neurocranium verwachsen. Hier und noch ein Stück dahinter gibt es kurze Rippen. Störe haben eine größere Dichte als Süßwasser, die von einer dicken kollagenfaserreichen Wand umgebene Schwimmblase ist daher ziemlich groß. Wie im Grundbauplan der Actinopteri ist sie mit dem Vorderdarm dorsal verbunden. Luftatmung gibt es bei Stören aber nicht.

Die asymmetrische, mehr oder weniger gegabelte Schwanzflosse ist heterocerk (das Ende der Wirbelsäule biegt sich nach oben und stützt den oberen, größeren und fleischigen Teil der Schwanzflosse). In der Schwanzflosse lassen sich Hypuralia (Stützelemente des Schwanzflossenskeletts) und ventrale Schwanzflossenstrahlen unterscheiden. Eine einzelne Rückenflosse liegt weit hinten, vor dem Schwanzflossenstiel. Die Brustflossenbasis setzt niedrig an, die Bauchflossen befinden sich hinter der Körpermitte. Ein stachelartiger, erster Brustflossenstrahl, der bei einigen Arten verknöchert ist und auf einem gefensterten Brustflossen-Propterygium artikuliert, besteht aus zusammengewachsenen Flossenstrahlen. Die übrigen Flossenstrahlen sind fein gegliedert und viel zahlreicher als die sie stützenden Flossenträger (Pterygiophoren), die in drei Serien übereinander angeordnet sind.

Kopf und Schädel

Kopf des Sibirischen Störs mit nasenartigem Rostrum und Barteln vor dem Maul.

Der Kopf endet in einem harten verlängerten Rostrum, das konisch oder spatenförmig und oft etwas nach oben gebogen ist. Im Rostrum befinden sich Elektrorezeptoren. Es dient also als Sinnesorgan, außerdem hydrodynamisch als Auftriebshilfe. Einige Arten stöbern damit zur Futtersuche im Bodengrund. Die Kiefer der ausgewachsenen Tiere sind zahnlos. Auf dem Gaumen (unpaares „Palatinum“) stehen Querleisten, die funktionell Zähnen ähneln. Das unterständige Maul ist von fleischigen Lippen umgeben, durch die Homandibula weit vorstülpbar (protractil) und mit einer vor ihm liegenden Querreihe von vier Barteln ausgestattet, die von knorpeligen Stäben gestützt werden und als Tast- und chemosensorische Organe dienen. Ein Spritzloch ist bei der Unterfamilie Acipenserinae vorhanden, bei den Schaufelstören (Scaphirhynchinae) nicht. Störe haben weniger als 50 Kiemenreusenfortsätze (Spinae). Branchiostegalstrahlen sind bloß angedeutet.

Vorderkörper des Sibirischen Störs mit den stets etwas geöffneten Kiemen.

Der Kiemendeckel kann die Kiemen nicht völlig bedecken, die Kiemenspalte bleibt stets ein wenig offen, es gibt daher auch keine Saugpumpenphase der Atmung - die Störe verbrauchen wenig Sauerstoff und können dank der offenen Kiemenspalte mit dem Maul in Ruhe den Grund auf Nahrung durchmustern [7]. Die Augen sind schwachsichtig, haben aber noch drei Sehpigmente wie die der wohl sehtüchtigeren Ahnenformen (von denen sehr wenig bekannt ist).

Der Kiemendeckel wird vor allem von einem starken Operculum gebildet (ein Suboperculum ist davon nicht abgegliedert), der Vorkiemendeckel (Präoperculum) besteht nur aus einigen Sinneskanalröhrchen. Das Praeoperculum ist funktionell ein wichtiger Teil des Suspensoriums. Acipenser hat aber kein Suspensorium im Sinne der Knochenfische, sein Kieferapparat gleicht sekundär wieder dem hyostyler Haie. Die Kiemenmembranen sind am Isthmus, dem vordersten Teil der unteren Rumpfmuskulatur zwischen Schultergürtel und Zungenbeinen, angewachsen. Wie sonst nur noch bei den Knochenhechten (Lepisosteidae) befindet sich eine große Opercularkieme innen am Kiemendeckel .

Kopf von Acipenser medirostris mit deutlich sichtbarem Dermatocranium

Der Schädel ist mit einer großen Zahl von Knochenplatten, dem Dermatocranium, gepanzert. Die hinterste dieser Knochenplatten, die unpaare Postoccipitale, ist gleichzeitig die erste Platte der Knochenplattenreihe auf dem Rücken. Auf dem Kopf folgen, von hinten nach vorne, das unpaare Dermosupraoccipitale, die paarigen Knochenplatten Supratemporale (manchmal mehrere auf jeder Kopfseite), Parietale, „Squamosum“, Postfrontalia und Frontalia. Zwischen den Frontalknochen befinden sich noch einige mittlere Knochenplatten (Medialia). Auf dem Rostrum findet man zahlreiche kleinere Knochenplatten (Rostralia), deren Anzahl sehr unterschiedlich ist.[6]

Karyotyp

Der Karyotyp der Störe gehört zu den kompliziertesten aller Wirbeltiere. Eine sehr große Zahl von Chromosomen ist vorhanden, die Hälfte davon sind Mikrochromosomen. Nach der Anzahl der Chromosomen lassen sich die Störe in zwei Gruppen unterteilen, diejenigen mit 120 Chromosomen, die wahrscheinlich diploid sind und die mit 240 Chromosomen, für die Tetraploidie angenommen wird.[8]

Lebensweise

Störe leben auf dem Gewässergrund und ernähren sich vor allem von kleinen, bodenbewohnenden Organismen (Würmer, Krebstiere, Weichtiere, Insektenlarven), einige Arten auch räuberisch von größerer Beute wie Fischen. Sie sind langsame Dauerschwimmer, die mit ihren tragflächenartigen Brustflossen, ähnlich wie Haie, Auftrieb erzeugen. Störe sind sehr langlebig, für den Hausen liegt das maximale veröffentlichte Alter bei 118 Jahren[3]. Ihre Geschlechtsreife erreichen sie erst nach einigen Jahren, und laichen viele Male während ihres Lebens. Die Fortpflanzungszeit liegt im Frühjahr und im Sommer. Alle Störe vermehren sich im Süßwasser. Während der Wanderung ins Süßwasser fressen sie wenig oder nichts. Sie laichen in fließenden Gewässern mit Kies- oder Steinboden. Die froschlaichähnlichen, klebrigen Eier sinken nach dem Ablaichen auf den Gewässerboden. Die Jungfische schlüpfen schon nach wenigen Tagen, verbringen einige Jahre im Süßwasser und wandern dann allmählich ins küstennahe Meer ab.

Systematik und Stammesgeschichte

Äußere Systematik

Die Familie der Störe gehört, als Schwestergruppe der nur zwei Arten umfassenden Familie der Löffelstöre (Polyodontidae), zur Ordnung der Störartigen (Acipenseriformes). Neben diesen beiden Familien werden noch zwei ausgestorbene Familien störartiger Fische zu der Ordnung gezählt, die Chondrosteidae, die die Schwestergruppe der beiden rezenten Familien ist, und die Peipiaosteidae. Die Störartigen werden mit einer Reihe ausgestorbener Fischgruppen zur Unterklasse der Knorpelganoiden (Chondrostei) innerhalb der Klasse der Strahlenflosser (Actinopterygii) zusammengefasst.

Zu den Knorpelganoiden wurden und werden zum Teil noch immer [9] alle Knochenfische gezählt, die ein den Stören vergleichbares Entwicklungsniveau erreicht haben. In dieser Zusammensetzung sind die Knorpelganoiden jedoch eine paraphyletische Gruppe, da sie nicht alle Nachkommen des jüngsten gemeinsamen Vorfahren beinhalten.

In der Kladistik wird nur noch ein Taxon Knorpelganoiden sensu stricto verwendet, zu dem nur die Störartigen und ihre engsten ausgestorbenen Verwandten gehören.

Die systematische Stellung verdeutlicht folgendes Kladogramm[10]:

Birgeria sp. ein ausgestorbener Störverwandter
  Strahlenflosser  

 Cladistia (Flössler (Polypteriformes) und ausgestorbene Formen)


  Actinopteri  

 ausgestorbene Gruppen


   

 der Knorpelganoiden sensu lato


   
  Knorpelganoide  

 Birgeriidae


  Störartige  

 Peipiaosteidae


   

 Chondrosteidae


   

 Löffelstöre (Polyodontidae)


   

 Störe (Acipenseridae)






   

 ausgestorbene Gruppen


   

 der Knorpelganoiden sensu lato


   

 Neuflosser (Neopterygii) (alle moderneren Knochenfische)








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Innere Systematik

Die Familie der Störe wird in zwei Unterfamilien mit je zwei Gattungen unterteilt. Die Gattung Huso, in die zwei besonders großwüchsige und piscivore (fischfressende) Arten zusammengefasst werden, ist aber möglicherweise polyphyletisch. Sowohl molekular- als auch zytogenetische Untersuchungen ergeben, dass die beiden Arten als Acipenser huso und Acipenser dauricus in die Gattung Acipenser eingeordnet werden sollten.[11] Insgesamt umfasst die Familie 26 rezente Arten.

Unterfamilie Acipenserinae

Rostrum konisch mit abgerundeten Kanten, Spritzloch gut entwickelt, Pseudobranchie vorhanden.

Gattung Acipenser (17 Arten)
Deutscher Name Wissenschaftlicher Name Verbreitung Gefährdungsstufe
Rote Liste der IUCN
Anmerkungen Bild
Sibirischer Stör Acipenser baeri
Brandt, 1869
Verbreitungsgebiet
EN (Endangered - stark gefährdet)[12]
bis 2 Meter Länge Sibirischer Stör
Kurznasen-Stör Acipenser brevirostrum
Lesueur, 1818
Küstenflüsse des östlichen Nordamerika
VU (Vulnerable – gefährdet)[13]
bis 1,3 Meter Länge Kurznasen-Stör
Jangtse-Stör Acipenser dabryanus
Duméril, 1869
endemisch im Jangtsekiang
VU (Vulnerable – gefährdet)[14]
bis über 1,3 Meter Länge Jangtse-Stör
See-Stör Acipenser fulvescens
Rafinesque, 1817
Sankt-Lorenz-Strom, Mississippi River und angrenzende Gewässer
LC (Least Concern – nicht gefährdet)[15]
bis 2,5 Meter Länge See-Stör
Russischer Stör oder Waxdick Acipenser gueldenstaedtii
Brandt & Ratzeburg, 1833
Schwarzes Meer, Asowsches Meer, Kaspisches Meer und angrenzende Gewässer
CR (Critically Endangered – vom Aussterben bedroht)[16]
bis 2 Meter Länge Russischer Stör
Grüner Stör Acipenser medirostris
Ayres, 1854
Nordamerikanische Pazifikküste
NT (Near Threatened - gering gefährdet, Vorwarnliste)[17]
bis 2,5 Meter Länge Grüner Stör
Sachalin-Stör Acipenser mikadoi
Hilgendorf, 1892
Russische Pazifikküste, Japan
CR (Critically Endangered – vom Aussterben bedroht)[18]
bis 2 Meter Länge Sachalin-Stör
Adriatischer Stör Acipenser naccarii
Bonaparte, 1836
Adriatisches Meer
CR (Critically Endangered – vom Aussterben bedroht)[19]
bis über 2 Meter Länge Adriatischer Stör
Glattdick Acipenser nudiventris
Lovetzky 1828
Schwarzes Meer, kaspisches Meer, Aralsee
CR (Critically Endangered – vom Aussterben bedroht)[20]
bis 2 Meter Länge Glattdick
Atlantischer Stör Acipenser oxyrinchus
Mitchell, 1815
Nordamerikanische Atlantikküste
NT (Near Threatened - gering gefährdet, Vorwarnliste)[21]
bis 3 Meter Länge Atlantischer Stör
Persischer Stör Acipenser persicus
Borodin, 1897
Kaspisches Meer
CR (Critically Endangered – vom Aussterben bedroht)[22]
Sterlet Acipenser ruthenus
Linnaeus, 1758
Zuflüsse des Schwarzen, Asowschen und Kaspischen Meeres
VU (Vulnerable – gefährdet)[23]
bis 1 Meter Länge, kleinste Acipenser-Art Sterlet
Amur-Stör Acipenser schrenckii
Brandt, 1869
endemisch im Amur
CR (Critically Endangered – vom Aussterben bedroht)[24]
bis 3 Meter Länge
Chinesischer Stör Acipenser sinensis
Gray, 1835
Chinesisches Meer und angrenzende Gewässer
CR (Critically Endangered – vom Aussterben bedroht)[25]
bis 6 Meter Länge, größte Acipenser-Art Chinesischer Stör
Sternhausen Acipenser stellatus
Pallas 1771
Schwarzes, Asowsches und Kaspisches Meer
CR (Critically Endangered – vom Aussterben bedroht)[26]
bis 2,2 Meter Länge Grüner Stör
Europäischer Stör Acipenser sturio
Linnaeus, 1758
Europäische Atlantikküste, Mittelmeer und Schwarzes Meer
CR (Critically Endangered – vom Aussterben bedroht)[27]
bis über 3 Meter Länge Europäischer Stör
Weißer Stör Acipenser transmontanus
Richardson, 1836
Nordamerikanische Pazifikküste
LC (Least Concern – nicht gefährdet)[28]
bis 5,5 Meter Länge Weißer Stör
Gattung Huso (Hausen, 2 Arten)
Deutscher Name Wissenschaftlicher Name Verbreitung Gefährdungsstufe
Rote Liste der IUCN
Anmerkungen Bild
Kaluga-Hausen Huso dauricus
(Johann Gottlieb Georgi, 1775)
endemisch im Amur
CR (Critically Endangered – vom Aussterben bedroht)[29]
bis 4,5 Meter Länge Kaluga-Hausen
Europäischer Hausen Huso huso
(Linnaeus, 1758)
Schwarzes, Asowsches und Kaspisches Meer
CR (Critically Endangered – vom Aussterben bedroht)[30]
bis 5 Meter Länge Europäischer Hausen

Unterfamilie Scaphirhynchinae (Schaufelstöre)

Bei den Schaufelstören ist das Rostrum spatenförmig mit scharfen Kanten, das Spritzloch geschlossen oder nur schwach entwickelt und die Pseudobranchie rudimentär.

Gattung Pseudoscaphirhynchus (3 Arten)
Deutscher Name Wissenschaftlicher Name Verbreitung Gefährdungsstufe
Rote Liste der IUCN
Anmerkungen Bild
Syrdarja-Schaufelstör Pseudoscaphirhynchus fedtschenkoi
(Kessler, 1872)
endemisch im Syrdarja
CR (Critically Endangered – vom Aussterben bedroht)[31]
bis 27 Zentimeter Länge, wahrscheinlich ausgestorben Syrdarja-Schaufelstör
Kleiner Amudarja-Schaufelstör Pseudoscaphirhynchus hermanni
(Kessler, 1877)
endemisch im Amudarja
CR (Critically Endangered – vom Aussterben bedroht)[32]
bis 27 Zentimeter Länge, wahrscheinlich ausgestorben
Großer Amudarja-Schaufelstör Pseudoscaphirhynchus kaufmanni
Kessler ex. Bogdanov, 1877
endemisch im Amudarja
CR (Critically Endangered – vom Aussterben bedroht)[33]
bis 75 Zentimeter Länge
Gattung Scaphirhynchus (3 Arten)
Deutscher Name Wissenschaftlicher Name Verbreitung Gefährdungsstufe
Rote Liste der IUCN
Anmerkungen Bild
Weißer Schaufelstör Scaphirhynchus albus
(S. A. Forbes & R. E. Richardson, 1905)
Verbreitungsgebiet
EN (Endangered - stark gefährdet)[34]
bis 2 Meter Länge Weißer Schaufelstör
Schaufelstör Scaphirhynchus platorynchus
(Rafinesque, 1820)
Mississippi und Missouri River
VU (Vulnerable – gefährdet)[35]
bis 1 Meter Länge Schaufelstör
Alabama-Schaufelstör Scaphirhynchus suttkusi
J. D. Williams & Clemmer, 1991
Alabama River
CR (Critically Endangered – vom Aussterben bedroht)[36]
bis 0,8 Meter Länge Alabama-Schaufelstör

Fossilbericht

Peipiaosteus-Fossil im Hong Kong Science Museum

Neben den rezenten Gattungen ist mit Protoscaphirhynchus auch eine ausgestorbene Gattung aus der Oberkreide von Montana bekannt. Weitere fossile Störartige, teilweise schon aus dem Jura, wurden in eigenständigen Familien eingeordnet (Peipiaosteidae, Chondrosteidae). Die Chondrosteidae sind die primitivere fossile Schwestergruppe aller rezenten Störartigen.[37]

Gefährdung

Die atlantischen Störe (Acipenser oxyrinchus und Acipenser sturio) waren bis Ende des 19. Jahrhunderts weit verbreitet und kamen in großen Beständen vor. Während des 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts nahmen die Bestände rapide ab. Ursachen für den Rückgang waren neben der immer effektiver werdenden Fischerei, Veränderungen der Gewässerstrukturen, die Unterbrechung der Durchwanderbarkeit und Beeinträchtigung der Fischwanderung sowie Gewässerbelastungen durch Abwässer aus Kommunen, Industrie und Einträge aus der Landwirtschaft. Der Europäische Stör, Acipenser sturio steht bis auf eine Reliktpopulation in Frankreich in seinem gesamten historischen Verbreitungsgebiet vor dem Aussterben. Weltweit gelten fast alle Störartigen laut IUCN als "endangered" oder "critical endangered".[38]

Nutzung

Stör im Angebot auf einem Markt in Türkmenbaşy (Turkmenistan).

Störe werden des Kaviars und ihres wohlschmeckenden Fleisches wegen befischt. Aus der Schwimmblase kann Fischleim gewonnen werden[39]. Fast alle Arten sind in ihrem Bestand gefährdet[40]. Die meisten Störe werden im Kaspischen Meer gefangen, in weitem Abstand gefolgt vom Asowschen Meer, dem Schwarzen Meer und allen anderen Fanggebieten. Einige Störe werden inzwischen in Aquakulturen gehalten, darunter der Sibirische Stör[41] und der Bester, ein raschwüchsiger Hybride von Sterlet und Hausen[42].

Etymologie

Die Familie erhielt ihren wissenschaftlichen Namen Acipenseridae 1831 durch Charles Lucien Bonaparte nach der Typusgattung Acipenser Linnaeus, 1758. Die Etymologie von acipenser gilt bisher als unklar.[43] Auf Grund der dünnen Quellenlage ist es nicht sicher, ob acipenser, acupensis u. Ä. im Alten Rom wirklich der Stör war, er wird ja nirgends genauer oder mit einer charakteristischen Eigenschaft beschrieben.

Man deutete das lat. Wort acu-, acipensis oder -penser[44] als „mit spitzen (acu- [45]) Flossen“ (pesna, wegen leichterer Aussprache *pensa > penna, pinna[46]) oder „mit schnellen (oci-, vgl. ociter, (gr.) ὠκύς „schnell“ [47]) Flossen, d.h. schnellschwimmend". Aber Störe haben weder spitze Flossen noch schwimmen sie besonders schnell.

Marinelli (1973) bringt ein, dass die Schwanzflosse der Störe vorne mit scharfkantigen Ganoidschuppen bedeckt ist, die man bei Naturvölkern sogar als Angelhaken verwendet hat.[48] Trägt man einen Stör am Schwanz, so können diese Fulcren (Ganoidschuppen) unerwartet Schmerzen hervorrufen - also könnte es sein, dass der Wortteil -pens- gar nicht auf zur leichteren Aussprache umgestelltes pesn- zurückgeht, sondern mit pensum „Last“ (von pendere „hängen“) zusammenhängt.[49]

Eine andere Deutung bringt A. Guasparri[50] ins Spiel: Vor dem Maul hängen die vier mitunter recht steifen, dünnen (abgeflachten) Barteln herab, die er mit acus (pl, „Nadeln“) vergleicht – acupensis ist hier der „Fisch, an dem vorne Borsten nach unten hängen“ (acuum pensum). Pensum bedeutet im Speziellen aber auch eine "Zuteilung" einer bestimmten Menge - hier also vielleicht von Spitzen ("von Spitzem"). Guasparri bemerkt auch wie schon Varro, dass die Italer die Namen von Tieren ohne Wissen über deren Lebensweise bildeten, während etwa „Stör“ (Mittellatein sturio) mit „Stöbern“ (im Bezug auf die Nahrungssuche am Gewässergrund) zusammenhängen kann.[51] Angesichts der Tatsache, dass Störe zu den größten Süßwasserfischen gehören, ist auch die Herleitung des Namens aus althochdeutsch stôr, altnordisch stór„groß“[52]plausibel.

Kultur

Ein Stör ist im Wappen von Bahrenfleth und von Bekmünde zwei Gemeinden im Kreis Steinburg in Schleswig-Holstein zu sehen. Beide Gemeinden liegen an der Stör, einem rechten Nebenfluss der Elbe. Die russische Stadt Belosersk in Nordwestrussland zeigt auf ihrem Wappen zwei Störe in Form eines Schrägkreuzes.

Quellen

Literatur

  • Joseph S. Nelson: Fishes of the World. John Wiley & Sons, 2006, ISBN 0-471-25031-7
  • Kurt Fiedler: Lehrbuch der Speziellen Zoologie, Band II, Teil 2: Fische. Gustav Fischer Verlag, Jena 1991, ISBN 3-334-00339-6
  • Leonid I. Sokolov & Lev S. Berdischevskii: Acipenseridae. Seite 150-152, in Juraj Holcik: The Freshwater Fishes of Europe, 9 Vols., Vol. 1/2 : General Introduction to Fishes, Acipenseridae. Aula-Verlag, Wiesbaden 1989, ISBN 3-891-04431-3
  • The living marine resources of the Western Central Atlantic. Volume 2: Bony fishes part 1 (Acipenseridae to Grammatidae). In: K.E. Carpenter (Hrsg.): FAO Species Identification Guide for Fishery Purposes and American Society of Ichthyologists and Herpetologists Special Publication. Band 5. FAO, Rom 2002, S. 670–671 (Volltext [PDF]).
  • Peter Bartsch: Chondrostei, (Acipenseriformes), Störe und Löffelstöre Seite 232-236 in Wilfried Westheide & Reinhard Rieger: Spezielle Zoologie Teil 2: Wirbel- oder Schädeltiere, 1. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg/Berlin 2004, ISBN 3-8274-0307-3
  • Günther Sterba: Süsswasserfische der Welt. Urania-Verlag, 1990, ISBN 3-332-00109-4
  • Wilhelm Marinelli und Anneliese Strenger: Vergleichende Anatomie und Morphologie der Wirbeltiere. IV: Acipenser ruthenus. Wien (Deuticke) 1974.

Einzelnachweise

  1. Peter Bartsch (2004), Seite 235
  2. Pseudoscaphirhynchus hermanni auf Fishbase.org (englisch)
  3. 3,0 3,1 Huso huso auf Fishbase.org (englisch)
  4. Huso dauricus auf Fishbase.org (englisch)
  5. Jacob Grimm/Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, 10. Band 3. Abt., Leipzig: S. Hirzel 1957, Sp. 359
  6. 6,0 6,1 Sokolow & Berichevskii, S. 150 in Holcik (1989)
  7. Wilhelm Marinelli, Anneliese Strenger: Vergleichende Anatomie und Morphologie der Wirbeltiere, Band 1. Acipenser ruthenus L., Superklasse: Gnathostomata (Kiefermäuler). Klasse; Osteichthyes (Knochen- bzw. Kiemendeckelfische). Lfg. 4. Franz Deuticke, Wien 1973, ISBN 3-7005-4397-2.
  8. Sokolow & Berichevskii, S. 151–152 in Holcik (1989)
  9. Nelson (2006), Seite 90-95.
  10. Michael J. Benton: Paläontologie der Wirbeltiere. Seite 187, 2007, ISBN 3899370724
  11. E. D. Vasil’eva, V. P. Vasil’ev, S. V. Shedko, G. V. Novomodny: The Revision of the Validity of Genus Huso (Acipenseridae) Based on Recent Morphological and Genetic Data with Particular Reference to the Kaluga H. dauricus. In: Journal of Ichthyology. Band 49, Nr. 10, 2009, S. 861–867 (febras.ru [PDF]).
  12. Acipenser baerii in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2010. Eingestellt von: Ruban, G. & Bin Zhu, 2009. Abgerufen am 11. November 2012.
  13. Acipenser brevirostrum in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2010. Eingestellt von: Friedland, K.D, 2004. Abgerufen am 11. November 2012.
  14. Acipenser dabryanus in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2010. Eingestellt von: Qiwei, W, 2010. Abgerufen am 11. November 2012.
  15. Acipenser dabryanus in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2010. Eingestellt von: St. Pierre, R. & Runstrom, A., 2004. Abgerufen am 11. November 2012.
  16. Acipenser gueldenstaedtii in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2010. Eingestellt von: J. Gesner, J. Freyhof & M. Kottelat, 2010. Abgerufen am 11. November 2012.
  17. Acipenser medirostris in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2010. Eingestellt von: St. Pierre, R. & Campbell, R.R., 2006. Abgerufen am 11. November 2012.
  18. Acipenser mikadoi in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2010. Eingestellt von: Mugue, N., 2010. Abgerufen am 11. November 2012.
  19. Acipenser naccarii in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2012. Eingestellt von: Bronzi, P., Congiu, L., Rossi, R., Zerunian, S. & Arlati , G., 2011. Abgerufen am 11. November 2012.
  20. Acipenser nudiventris in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2010. Eingestellt von: Gesner, J., Freyhof, J. & Kottelat, M., 2010. Abgerufen am 11. November 2012.
  21. Acipenser oxyrinchus in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2010. Eingestellt von: St. Pierre, R. & Parauka, F.M., 2006. Abgerufen am 11. November 2012.
  22. Acipenser persicus in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2010. Eingestellt von: Gesner, J., Freyhof, J. & Kottelat, M., 2010. Abgerufen am 11. November 2012.
  23. Acipenser ruthenus in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2010. Eingestellt von: Gesner, J., Freyhof, J. & Kottelat, M., 2010. Abgerufen am 11. November 2012.
  24. Acipenser schrenckii in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2010. Eingestellt von: Ruban, G. & Qiwei, W., 2010. Abgerufen am 11. November 2012.
  25. Acipenser sinensis in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2010. Eingestellt von: Qiwei, W., 2010. Abgerufen am 11. November 2012.
  26. Acipenser gueldenstaedtii in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2010. Eingestellt von: Qiwei, W., 2010. Abgerufen am 11. November 2012.
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  52. Jacob Grimm/Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, 10. Band 3. Abt., Leipzig: S. Hirzel 1957, Sp. 359

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