Echter Lavendel



Echter Lavendel

Echter Lavendel (Lavandula angustifolia)

Systematik
Euasteriden I
Ordnung: Lippenblütlerartige (Lamiales)
Familie: Lippenblütler (Lamiaceae)
Unterfamilie: Nepetoideae
Gattung: Lavendel (Lavandula)
Art: Echter Lavendel
Wissenschaftlicher Name
Lavandula angustifolia
Mill.

Der Echte Lavendel (Lavandula angustifolia, Syn. Lavandula officinalis, Lavandula vera) ist eine Pflanzenart aus der Familie der Lippenblütler (Lamiaceae).[1] Die Pflanze findet hauptsächlich Verwendung als Zierpflanze oder zur Gewinnung von Duftstoffen.

Merkmale

Scheinähre des Echten Lavendels

Der Echte Lavendel ist ein graufilzig behaarter, aromatischer Strauch, der Wuchshöhen bis 100 (selten bis 200) Zentimeter erreicht. Die Zweige sind aufsteigend, aufrecht und stark verästelt, steif aufrecht und unverzweigt oder sie tragen Kurztriebe. Die Blätter sind ungefähr 40 bis 50 Millimeter lang, gegenständig angeordnet, lanzettlich, länglich oder linealisch und verschmälern sich an beiden Enden. Sie sind stumpf, ganzrandig und am Rand mehr oder weniger eingerollt. Im jungen Zustand sind die Blätter an Ober- und Unterseite graufilzig, später vergrünen sie.

Die Blüten sind violett gefärbt, fünfzählig und in 6 bis 10-blütigen Scheinquirlen angeordnet. Diese vereinigen sich zu einem bis zu 8 Zentimeter langen, ährigen Blütenstand. Die Hochblätter haben eine Länge von bis zu 8 Millimeter, sind meist breit rautenförmig, verkehrt-eiförmig, begrannt, häutig und braun oder violett gefärbt, die Nerven sind deutlich erkennbar. Die Blütenstiele sind sehr kurz, kleine linealische Tragblätter sind vorhanden oder nicht. Der Kelch ist grauviolett, kurz flaumig, eiförmig-röhrig, bis zu 7 Millimeter lang und 13-nervig. Die Kelchzähne sind ungleich, der obere an der Spitze ist verkehrt-herzförmig vergrößert. Die Blütenkrone ist schwach zweilippig, die Röhre ragt bis zu 12 Millimeter weit hervor. Die Oberlippe besteht aus 2, die Unterlippe aus 3 gleich großen, rundlichen, zusammengewachsenen Kronblättern. Die 4 Staubblätter sind herabgebogen und eingeschlossen, die beiden vorderen sind länger. Der Fruchtknoten ist oberständig und vierteilig. Blütezeit ist von Juni bis August. Die Nüsschen sind glänzend braun.[2]

Vorkommen

Die Heimat des Lavendel sind ursprünglich die Küstenregionen des Mittelmeerraums.[3][4] Dort kommt er an trockenen, warmen Hängen bis Dalmatien und Griechenland sowie in der Toskana in Italien weit verbreitet vor.[5] Er wächst vereinzelt bis zur Waldgrenze an trockenen und felsigen Hängen. Heute ist er in ganz Südeuropa verbreitet.[4] Benediktiner-Mönche führten ihn nördlich der Alpen ein.[3] Eingebürgert ist er bei Jena, Rudolstadt und Bad Blankenburg. Um 1800 existierte bei Laubenheim zwischen Bingen und Bad Kreuznach auf dem sogenannten Lavendelberg ein größerer Bestand, der Lavendelberg wurde jedoch um 1840 umgenutzt.[6] Dies geschah durch die Nutzung der Wurzelstöcke als Brennholz und Bepflanzung der Fläche mit Reben zur Nutzung als Weinberg. Ebenso auf dem Mont Vully nahe Murten in der Schweiz.[7] Sonst kommt er nur angepflanzt in Gärten als ausdauernde Staude vor und verwildert selten daraus. Lavendel ist die charakteristische Pflanze der Hoch-Provence.

Geschichte

Die Fachjury des Theophrastus-Naturheilvereins wählte den Echten Lavendel zur Heilpflanze des Jahres 2008.

Nutzung

Anbau bis Ernte

Häufiger noch als der Echte Lavendel wird in der Provence der Lavandin angebaut, eine natürliche Hybride von Echtem Lavendel und Speik-Lavendel (Lavandula latifolia). Diese ist sehr häufig die Basis für preiswerte Essenzen und Öle. Deren Duft ist jedoch schwächer als der von Produkten aus echtem Lavendel. Je kälter die Gegend, desto geruchärmer der Lavendel.

Vermehrung

Die Vermehrung der Pflanzen erfolgt durch Samen, Teilung größerer Stöcke und wurzelbildender Seitentriebe, Ableger oder Stecklinge.[8][3]

Ölgewinnung

Weiterhin wird aus den Blütenständen mit Stängel Lavendelöl hergestellt. Dies erfolgt durch Schleppdestillation, Wasserdampfdestillation oder indem die Blüten in Öl angesetzt werden, zum Beispiel in Olivenöl.[5][1] Um gehaltvolles Ausgangsmaterial zu bekommen wird am frühen Morgen geerntet oder kurz nach Regen, wenn die Blüten wieder abgetrocknet sind.[8] Aus Lavandula angustifolia werden „Lavendel fein“ und „Lavendel extra“ gewonnen. Als Destillationsgrundlage für „Lavendel extra“ dient wilder Berglavendel, der in einer geografischen Höhe bis zu 1.800 m wächst und durch Wildsammlung geerntet wird. „Lavendel Mont Blanc“ oder „Barreme“ sind Handelsbezeichnungen, denen ein standardisierter Esteranteil zugrunde liegt.[1]

Imkerei

In der Imkerei ist der Lavendel aufgrund des hohen Zuckergehalts seines Nektars (21–48 %) und seines hohen Zuckerwerts (bis zu 0,26 mg Zucker/Tag je Blüte) eine geschätzte Nebentracht.[9]

Lavendel in Form seiner Blütendroge

Pharmazie

Das Europäische Arzneibuch schreibt einen Mindestgehalt von 13 ml/kg ätherisches Öl für die Blütendroge vor. Es wird innerlich als Sedativum bei Unruhezuständen und Einschlafstörungen eingesetzt.[10]

Verwendung

Küche

Junge Blätter und weiche Triebe eignen sich zum angenehmen Verfeinern von Gerichten wie Eintopf, Fisch, Geflügel, Lammfleisch und in Soßen und Suppen,[3] in kleineren Mengen auch an Salaten. Besonders in der französischen, italienischen und spanischen Küche wird Lavendel oft verwendet. In der Avantgardeküche wird es auch in Desserts eingesetzt, z. B. in weißer Schokoladenmousse oder in Aprikosensorbet. Das Aroma ist dem des Rosmarins ähnlich und bitter bis würzig. Lavendel ist Teil der Gewürzmischung Herbes de Provence. Das getrocknete und luftdicht und lichtgeschützt verpackte Gewürz hält sich 6 bis 9 Monate.[4]

Duftstoff

Lavendel ist eine häufig in der Heilkunde und Parfümerie geschätzte Pflanzengattung. Dies gilt vor allem für den Echten Lavendel (Lavandula angustifolia).[11]

Medizinische Bedeutung

Als Droge dienen:

  • Die kurz vor der völligen Entfaltung gesammelten und getrockneten Lavendelblüten (Lavandulae flos)
  • Das durch Wasserdampfdestillation aus den frischen Blüten oder Blütenständen gewonnene ätherische Öl (Lavandulae aetheroleum).

Lavendelblüten haben leicht beruhigende, blähungswidrige und gallentreibende Eigenschaften. Man nutzt dies zur Milderung folgender Beschwerden: Innere Unruhe, nervöse Erschöpfung, Einschlafstörungen, Migräne, auch bei nervösen Magen- Darm und Gallenbeschwerden. Die beruhigende Wirkung wird auch in der Aromatherapie genutzt. Dort wirkt wohl das verdunstete Linalylacetat.

Einreibungen mit Lavendelöl wirken vorwiegend hautreizend und dienen deshalb zur Bekämpfung rheumatischer Beschwerden und als Badezusatz bei funktionellen Kreislaufstörungen. Wegen seiner antibakteriellen Eigenschaften ist Lavendelöl auch in Gurgellösungen enthalten.

Für insektenabweisende Effekte werden am besten alkoholische Lösungen eingesetzt oder es werden Lavendelblütensäckchen zwischen die Wäsche gelegt.

Inhaltsstoffe

Es setzt sich zusammen aus Linalylacetat, Linalool, Campher und Cineol. Seine Inhaltsstoffe sind 40 – 50 % Ester, 25 – 35 % Monoterpenole, Monoterpene, Sesquiterpene, Ketone und Oxide.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 M. Bährle-Rapp: Springer Lexikon Kosmetik und Körperpflege. 3. Ausgabe, Springer, 2007, ISBN 3-540-71094-9, S. 316.
  2. Gunter Steinbach (Hrsg.): Strauchgehölze (Steinbachs Naturführer). Mosaik Verlag, München 1996, ISBN 3-576-10560-3.
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 Marie-Luise Kreuter: Kräuter und Gewürze aus dem eigenen Garten. BLV Buchverlag, München, 2009, ISBN 978-3-8354-0324-6, S. 168.
  4. 4,0 4,1 4,2 B. Hlava und D. Lanska: Lexikon der Küchen- und Gewürzkräuter. NovaPart Verlag, München 1977, S. 168.
  5. 5,0 5,1 D. Stuck, D Wabner und C. Beier: Aromatherapie: Grundlagen - Wirkprinzipien - Praxis Elsevier, Urban & Fischer-Verlag, 2005, ISBN 3-437-56990-2, S. 204.
  6. von Naunheim: Durch das Nahetal. In Österreichische Botanische Zeitschrift 14(2), 1864: S. 45, (3): S. 78.
  7. W. D. J. Koch: Taschenbuch der deutschen und Schweizer Flora, enthaltend die genauer bekannten Pflanzen, welche in Deutschland, der Schweiz, in Preussen und Istrien wild wachsen und zum Gebrauche der Menschen in grösserer Menge gebauet werden. 5. Auflage. Verlag Gebhardt und Reisland, Leipzig 1860, S. 381 (Vorschau in der Google-Buchsuche)
  8. 8,0 8,1 L. F. Dietrich: Enzyklopädie der gesamten niederen und höheren Gartenkunst. Arnold, 1860, S. 514.
  9. Helmut Horn, Cord Lüllmann: Das große Honigbuch, Kosmos, Stuttgart 3. Aufl. 2006, S. 31. ISBN 3-440-10838-4
  10. B. Rahfeld: Mikroskopischer Farbatlas pflanzlicher Drogen. 1. Aufl. 2009, Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg, ISBN 978-3-8274-1951-4, S.158
  11. A. Hummel: Arzneimittellehre - Lehrbuch Altenpflege. Vincentz Network, 2004, ISBN 3-87870-482-8, S. 37.

Literatur

  • Janina Drostel: Lavendel, Zimt und Rosenholz. Die Welt der sinnlichen Düfte. Ostfildern, Thorbecke Verlag, 2006, ISBN 978-3-7995-3522-9
  • H. G. Scholz: Verborgenes im Lavendel. Vorder- und Hintergründiges in der Provence. Impressionen aus der turbulenten Geschichte einer grandiosen Landschaft. Kehl, Morstadt Verlag, 1996, 346 S., 24 s/w und 100 farb. Abb., 1 Karte, Gebunden, ISBN 3-88571-299-7
  • D. Cremer: Poetische Wanderungen durch die Provence. Wo Licht gesät ist und Lavendelträume blühen. Maria Laach, Ars liturgica 1991, 144 S., 65 farb. Abb., Gebunden, ISBN 3-9802451-4-4
  • A. Blaufuß, H. Reichert: Die Flora des Nahegebietes und Rheinhessens. Pollichia-Buch, Nr. 26, Selbstverlag der Pollichia, Bad Dürkheim 1992,
  • Ingrid Schönfelder, Peter Schönfelder: Das neue Handbuch der Heilpflanzen. Franckh-Kosmos Verlagsgesellschaft, 2004, ISBN 3-440-09387-5
  • K. Hiller, M. F. Melzig: Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen. 2. Auflage. 2010, Spektrum Akademischer Verlag, ISBN 978-3-8274-2053-4

Film

  • „Lavendel: Blume zwischen Himmel und Hölle.“ Dokumentation, 45 Min. Ein Film von Christian und Dorlie Fuchs, Produktion: Saarländischer Rundfunk, Erstsendung: 15. Oktober 2006 (Inhaltsangabe vom SR)

Weblinks

Commons: Echter Lavendel – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien