Lippenblütler



Lippenblütler

Thymian (Thymus serpyllum), Illustration

Systematik
Eudikotyledonen
Kerneudikotyledonen
Asteriden
Euasteriden I
Ordnung: Lippenblütlerartige (Lamiales)
Familie: Lippenblütler
Wissenschaftlicher Name
Lamiaceae
L.

Die Lippenblütler oder Lippenblütengewächse (Lamiaceae oder Labiatae) bilden eine Pflanzenfamilie in der Ordnung der Lippenblütlerartigen (Lamiales). Sie sind weltweit in allen Klimazonen vertreten. Die Familie gliedert sich in sieben Unterfamilien und umfasst etwa 230 Gattungen und mehr als 7000 Arten.

Beschreibung

Die Lippenblütengewächse haben eine hohle, vierkantige Sprossachse, die ätherische Öle enthält.

Habitus und Laubblätter

Sie wachsen als einjährige bis ausdauernde krautige Pflanzen oder verholzende Pflanzen: Halbsträucher, Sträucher, Bäume oder Lianen. Oft enthalten sie ätherische Öle und duften aromatisch. Die Sprossachse ist oft vierkantig.

Die meist gegenständig, manchmal quirlständig oder selten wechselständig angeordneten Laubblätter sind gestielt bis ungestielt. Die einfache Blattspreite ist selten gefiedert, häufig einfach. Der Blattrand ist glatt, gekerbt, gezähnt oder gesägt. Nebenblätter fehlen.

Blütenstände und Blüten

Die Blüten stehen einzeln oder achselständig in dichten mono- oder dichasialen Scheinquirlen. Selten sind Arten zweihäusig getrenntgeschlechtig (diözisch).

Blütendiagramm von Lamium
Zygomorphe Blüten von Leucas aspera
Eine Holzbiene bei der Bestäubung einer Blüte von Salvia dominica

Die meist zwittrigen Blüten sind zygomorph und meist fünfzählig. Die fünf Kelchblätter sind röhrig verwachsen, mit fünf Kelchzähnen oder zwei Kelchlippen. Man kann Mitglieder dieser Pflanzenfamilie oft anhand der charakteristischen „Lippenblüten“ erkennen. Sie zeichnen sich durch eine „Oberlippe“ (oft zurückgebildet) und eine „Unterlippe“ der Blüte aus; In der Regel sind von den fünf Kronblättern zwei zur Oberlippe und drei zur Unterlippe verwachsen. Ähnliche Blütentypen kommen aber auch in anderen Familien der Ordnung der Lippenblütlerartigen (Lamiales) vor. Es ist nur ein Kreis mit ursprünglich fünf Staubblättern vorhanden; eines ist reduziert, so dass nur vier, manchmal auch nur zwei fertile Staubblätter vorhanden sind, die mit dem Grund der Kronröhre verwachsen sind. Zwei Fruchtblätter sind zu einem oberständigen Fruchtknoten verwachsen; er ist durch falsche Scheidewände in vier Kammern gegliedert. Der Griffel endet in zwei Narben. Die Bestäubung erfolgt durch Insekten (Entomophilie) oder durch Vögel (Ornithophilie). Die Lippenblütler haben teilweise hoch spezialisierte, an die Blütenbesucher besonders angepasste Bestäubungsmechanismen entwickelt[1].

Die Blütenformel lautet: $ \downarrow K_{(5)}\;[C_{(5)}\;A_{4-2}]\;G_{\underline {(|2)}} $

Früchte und Samen

Es werden typischerweise vierteilige Klausenfrüchte gebildet mit vier einsamigen Teilfrüchten. Aber es gibt auch Taxa mit Beeren oder Steinfrüchten (Viticoideae). Einige Arten bilden geflügelte Nussfrüchte.

Inhaltsstoffe

Die wichtigsten Inhaltsstoffe sind ätherische Öle: beispielsweise giftige wie Kampher, Perillaketon, Pinocamphon, Pulegon, Thujon. Oft kommen auch nichtflüchtige, diterpenoide Bitterstoffe vor wie Carnosol (Pikrosalvin, Marrubin) und Carnosolsäure.[2]

Nutzung

Viele der Pflanzenarten dieser Familie zeichnen sich durch ätherische Öle aus, weshalb sie als Gewürz- oder Heilpflanzen genutzt werden[3]. Mehr als 60 Arten werden allein in den gemäßigten Gebieten angepflanzt, und viele Arten – etwa Minzen (Mentha), Basilikum (Ocimum basilicum), Lavendel (Lavandula) oder Salbei (Salvia) – werden gewerbsmäßig kultiviert. Zwei Pogostemon-Arten aus Südostasien, (Indisches Patschuli und Javanisches Patschuli), liefern das Patschuli-Öl, das ein wertvoller Grundstoff für schwere Parfüme ist. Einige Arten der Lippenblütler haben vor allem regionale Bedeutung. Gliedkräuter (Sideritis) dienen im östlichen Mittelmeergebiet als Teekraut, im Iran würzt man Joghurt mit Ziziphora und in Indien und Südostasien dienen die Knollen von Coleus rotundifolius als Kartoffelersatz. Die Früchte des Mönchspfeffer (Vitex agnus-castus) werden als Gewürz verwendet.

Viele Arten werden als Zierpflanze genutzt, darunter Ajuga, Monarda, Nepeta, Physostegia, Phlomis, Salvia, Scutellaria, Stachys und Teucrium.

Systematik

Synonyme für Lamiaceae Martinov und Labiatae Juss., nom. cons. sind: Aegiphilaceae Raf., Chloanthaceae Hutch., Dicrastylidaceae J.Drumm. ex Harv., nom. nud., Menthaceae Burnett, Nepetaceae Bercht. & J.Presl, Salazariaceae F.A.Barkley, Scutellariaceae Döll, Symphoremataceae Wight, Viticaceae Juss.[4] Der botanische Name der Typusgattung (Lamium) der Familie Lamiaceae ist aus dem griechischen Wort lamós für Schlund, Rachen abgeleitet und der Name Labiatae ist aus dem lateinischen Wort labium für Lippe abgeleitet.

Die Familie gliedert sich in sieben Unterfamilien und umfasst etwa 230 Gattungen und 5000 bis mehr als 7000 Arten. Hier sind die Unterfamilien mit einer Auswahl an Gattungen und Arten:

Unterfamilie Lamioideae: Colquhounia coccinea
Unterfamilie Lamioideae: Der Halbstrauch Stenogyne microphylla
  • Unterfamilie Lamioideae Harley: Mit 63 Gattungen und 1210 Arten, siehe Hauptartikel Lamioideae.
Unterfamilie Nepetoideae: Orthosiphon aristatus
Unterfamilie Ajugoideae: Caryopteris divaricata
  • Unterfamilie Ajugoideae Kostel. (Syn.: Teucrioideae): Mit etwa 23 bis 26 Gattungen und etwa 1115 Arten:
    • Acrymia Prain: Mit einer Art, A. ajugiflora Prain, auf der malaiischen Halbinsel
    • Aegiphila Jacq.: Mit etwa 120 Arten.
    • Günsel (Ajuga L.): Mit 40 bis 50 Arten.
    • Amasonia L.f.: Mit etwa fünf Arten im tropischen Amerika
    • Amethystea L.: Mit nur einer Art, A. caerulea L., die in Asien von der Türkei bis Japan vorkommt
    • Bartblumen (Caryopteris Bunge): Mit etwa acht Arten in Asien
    • Losbäume (Clerodendrum L. ): Mit etwa 400 bis 500 Arten (polyphyletisch). Wenn Gattungen wie Cyclonema und Konocalyx ausgegliedert werden wird sie monophyletisch.
    • Cymaria Benth.: Mit zwei Arten in Südostasien
    • Faradaya F.Muell.: Mit etwa sieben Arten in Ostasien, Neuguinea, Australien und Polynesien
    • Garrettia H.R.Fletcher: Mit nur einer Art, G. siamensis H.R. Fletcher, in Thailand und Java
    • Glossocarya Wall. ex Griff.: Mit etwa 10 Arten in Südostasien und Australien
    • Holocheila (Kudô) S.Chow: Mit nur einer Art, H. longipedunculata S. Chow, in China
    • Hosea Ridl.: Mit nur einer Art in Südostasien
    • Karomia Dop: Mit etwa neun Arten
    • Monochilus Fisch. & C.A.Mey.: Mit etwa zwei Arten
    • Oncinocalyx F.Muell.; Mit nur einer Art, O. betchei F.Muell., in Australien
    • Oxera Labill.: Mit etwa 20 Arten in Neukaledonien und Melanesien
    • Peronema Jack: Mit nur einer Art, P. canescens Jack, in Südostasien
    • Petraeovitex Oliv.: Mit etwa acht Arten
    • Rotheca Raf.: Mit etwa 50 bis 60 Arten
    • Rubiteucris Kudô: Mit nur zwei Arten
    • Schnabelia Hand.-Mazz.: Mit etwa fünf Arten
    • Spartothamnella Briq.: Mit drei Arten in Australien
    • Teucridium Hook. f.: Mit nur einer Art in Neuseeland
    • Gamander (Teucrium L.): Mit etwa 250 Arten.
    • Trichostema L.: Mit etwa 18 Arten in Nordamerika
Unterfamilie Scutellarioideae: Tinnea barteri
  • Unterfamilie Scutellarioideae (Dum.) Caruel: Mit vier bis fünf Gattungen und etwa 380 Arten (allerdings die meisten in der Gattung Scutellaria, drei Gattungen sind monotypisch):
    • Holmskioldia Retz.: Mit der einzigen Art:
      • Holmskioldia sanguinea Retz.: Die Heimat ist das Himalaja-Gebiet. Sie wird in frostfreien Gebieten als Zierpflanze verwendet und ist in einigen Gebieten verwildert.
    • Renschia Vatke: Mit der einzigen Art:
      • Renschia heterotypica Vatke: Die Heimat ist das nördliche Somalia.
    • Helmkräuter (Scutellaria L.): Mit etwa 350 bis 360 Arten. Sie hat eine weltweite Verbreitung, aber nur wenige Arten im tropischen Afrika; in China gibt es beispielsweise 98 Arten.
    • Tinnea Kotschy ex Hook. f.: Mit etwa 19 Arten im tropischen und südlichen Afrika.
    • Wenchengia C.Y.Wu & S.Chow: Mit der einzigen Art [5]:
      • Wenchengia alternifolia C.Y.Wu & S.Chow: Es ist ein Endemit in tropischen Wäldern in Höhenlagen von etwa 400 Meter in der chinesischen Provinz Hainan.
Unterfamilie Prostantheroideae: Prostanthera cuneata
Unterfamilie Prostantheroideae: Westringia fruticosa
  • Unterfamilie Prostantheroideae Luerss., (Syn.: Chloanthoideae): Mit zwei Tribus, 16 Gattungen und etwa 317 Arten, alle in Australien:
    • Tribus Chloantheae:
      • Chloanthes R.Br.: Mit 4 Arten
      • Cryphia R.Br., wird auch zu Prostanthera gestellt
      • Cyanostegia Turcz.: Mit fünf Arten
      • Dicrastylis J.Drumm. ex Harv.: Mit etwa 26 Arten
      • Hemiphora (F.Muell.) F.Muell.: Mit einer Art in West-Australien
      • Lachnostachys Hook.: Mit etwa sechs Arten
      • Mallophora Endl.: Mit zwei Arten in West-Australien
      • Newcastelia F.Muell.: Mit etwa 12 Arten
      • Physopsis Turcz.: Mit zwei Arten in West-Australien
      • Pityrodia R.Br.: Mit etwa 45 Arten.
    • Tribus Westringieae (Syn.: Prostanthereae):
      • Hemiandra R.Br.: Mit etwa sieben Arten
      • Hemigenia R.Br.: Mit etwa 50 Arten
      • Microcorys R.Br.: Mit etwa 16 Arten
      • Prostanthera Labill.: Mit etwa 100 Arten
      • Westringia Sm.: Mit etwa 25 Arten
      • Wrixonia F.Muell.: Mit zwei Arten
Unterfamilie Symphorematoideae: Congea tomentosa
  • Unterfamilie Symphorematoideae Briq.: Mit drei Gattungen und 30 Arten:
    • Congea Roxb., mit 12 Arten
    • Sphenodesme Jack, mit 15 Arten
    • Symphorema Roxb., mit drei Arten
Unterfamilie Viticoideae:Vitex lucens
  • Unterfamilie Viticoideae Briq.: Mit zehn bis 14 Gattungen und 376 bis 526 Arten:
    • Adelosa Blume, mit nur einer Art, A. microphylla Blume, in Madagaskar
    • Archboldia E.Beer & H.J.Lam, mit nur einer Art, A. ericoides E.Beer & H.J.Lam in Neuguinea
    • Cornutia L.: Mit etwa zwölf Arten in der Neotropis.
    • Gmelina L.: Mit etwa 33 Arten von Asien bis Australien, beispielsweise:
    • Hymenopyramis Wall. ex Griff., mit sieben Arten in Asien
    • Neorapinia Moldenke: mit nur einer Art, die aber auch zu Vitex gestellt wird
    • Paravitex H.R.Fletcher: Mit der einzigen Art:
      • Paravitex siamica H.R.Fletcher: Die Heimat ist Thailand.
    • Petitia Jacq.: Mit zwei Arten auf den Bahamas und den Großen Antillen.
    • Premna L.: Mit etwa 50 bis 200 Arten im tropischen und subtropischen Asien, Afrika, Australien und auf Pazifischen Inseln.
    • Pseudocarpidium Millsp.: Mit etwa acht Arten auf den Bahamas, Kuba und Hispaniola.
    • Teijsmanniodendron Koord.: Mit etwa 14 Arten in Südostasien.
    • Tsoongia Merr.: Mit der einzigen Art:
      • Tsoongia axillariflora Merr.: Mit Vorkommen von China bis Südostasien.
    • Vitex L.: Mit etwa 250 Arten. Weitverbreitet, hauptsächlich pantropisch, wenige Arten in den Gemäßigten Zonen.
    • Viticipremna H.J.Lam: Mit etwa fünf Arten in Australasien.
Chinesische Schönfrucht (Callicarpa giraldii)
Teakbaum (Tectona grandis)
  • Vorerst zehn Gattungen sind keiner Unterfamilie zugeordnet, unter anderem:
    • Callicarpa L.: Mit etwa 140 Arten.
    • Tectona L. f.: Mit etwa drei bis vier Arten, z. B.:

Quellen

  • Die Familie Lamiaceae s.l. bei der APWebsite. (Abschnitt Beschreibung und Systematik)
  • Xi-wen Li, Ian C. Hedge: Lamiaceae in der Flora of China, Volume 17, 1994, S. 50: Online. (engl.)
  • Raymond M. Harley, S. Atkins, A. Budantsev, P. D. Cantino, B. Conn, R. Grayer, M. M. Harley, R. de Kok, T. Krestovskaja, A. Morales, A. J. Paton, O. Ryding, T. Upson: Labiatae. In: K. Kubitzki (Herausgeber) The Families and Genera of Vascular Plants, Band 7, Springer Verlag, Berlin 2004, S. 167–275.
  • David John Mabberley: The plant-book. A portable dictionary of the higher plants. Cambridge University Press 1987. ISBN 0-521-34060-8

Einzelnachweise

  1. Wissenschaft-Online-Lexika: Eintrag zu „Lippenblütler“ im Lexikon der Biologie. Abgerufen am 5. Oktober 2011.
  2. R. Hänsel, K. Keller, H. Rimpler, G. Schneider(Hrsg.): Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis. Band 6, Drogen P–Z, 5. Auflage, Springer, 1994, ISBN 3-540-52639-0, S. 496–500, 551–557
  3. Wissenschaft-Online-Lexika: Eintrag zu „Lamiaceae“ im Kompaktlexikon der Biologie. Abgerufen am 29. September 2011.
  4. Eintrag bei GRIN.
  5. Xi-wen Li & Ian C. Hedge: Lamiaceae in der Flora of China, Volume 17, 1994, S. 70: Wenchengia – Online.

Weblinks

Commons: Lamiaceae – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien