Reiz
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Ein Reiz oder Stimulus (Mehrzahl: Stimuli) ist eine physikalische oder chemische Größe der inneren oder äußeren Umwelt, die durch Änderung ihrer Energiebeträge auf die lebenden Systeme einwirkt.
Im Sinne der Neurobiologie ist das demnach eine Einwirkung auf eine Sinneszelle, die eine überschwellige Veränderung des Membranpotentials der Zellmembran (Depolarisation oder Hyperpolarisation) bewirkt und so ein Aktionspotential auslöst.
Reizarten
Adäquate Reize
Diejenigen Reize, die mit der geringsten Energie ein Aktionspotential in der Rezeptorzelle auslösen, bezeichnet man als adäquate Reize. Sie beeinflussen beispielsweise Sinneszellen, die für solche Reize optimiert sind. Beispielsweise reagieren die Zapfen und Stäbchen im Auge auf Lichtreize.
Inadäquate Reize
Inadäquate Reize können ebenfalls eine Potentialänderung hervorrufen. Sie sind Reize, die der Sinneszelle nicht entsprechen und somit nur mit hoher Energie oder gar keine Erregung auslösen. Ein Beispiel ist dafür ein hoher Druck (Schlag) auf das Auge, der meist das Wahrnehmen von weißen Flecken bewirkt; auch das Anlegen einer direkten Spannung kann eine Empfindung im Zentralnervensystem auslösen.
Unterschwellige Reize
Bei solchen adäquaten Reizen reicht die Energiemenge nicht zur Erregung der Sinneszelle aus (Alles-oder-nichts-Prinzip). Treffen sie jedoch in geringen zeitlichen oder räumlichen Abständen ein, können sie durch Summation zu einem überschwelligen Reiz werden und den Rezeptor erregen. Beispiel: das anhaltende Tropfen eines undichten Wasserhahnes kann auf Dauer belastend sein.
Überschwellige Reize
Hierbei reicht die Energiemenge eines adäquaten Reizes aus, um die volle Reaktion zu erreichen. Es ist keine Steigerung möglich (Alles-oder-nichts-Prinzip).
Reizverarbeitung
Empfindungen und Sinneseindrücke entstehen erst im Zentralnervensystem und sind nicht mehr direkt messbar (Blackbox). Sie können nur mit psychologischen Methoden erfasst werden. Wahrnehmungen entstehen durch Verknüpfung der Sinneseindrücke mit Erfahrungen und der eigenen Person.
Lebewesen reagieren sowohl auf äußere (aus der Umwelt stammende) als auch auf innere (d. h. durch den Organismus selbst ausgelöste) Reize. Auf einen adäquaten Reiz folgt eine Reaktion (die allerdings durchaus durch nachfolgende Verschaltungen gehemmt werden kann; vgl. hierzu auch: Reizfilterung). Dieser Grundsatz ermöglicht die Interaktion zwischen den Teilsystemen eines Lebewesens sowie zwischen Lebewesen und Umwelt. Bei Tieren wird eine Sinneszelle angesprochen, die über Synapsen mit einem zentralen oder dezentralen Nervenknoten verbunden ist. In diesem wird der Reiz verarbeitet und führt evtl. zu einer Reaktion.
Reiz-Reaktionskette bei Tieren
Ein Reiz wirkt auf die Rezeptoren (Sinneszellen) oder Akzeptoren (Sinnesorgane) eines Organismus ein und wird afferent durch die sensorischen (sensiblen) Nerven weiter zum Zentralnervensystem (Rückenmark und/oder Gehirn) geleitet und dort verarbeitet. Die Information wird daraufhin efferent über die motorischen Nerven an den Effektor (Erfolgsorgan), z. B. Muskel oder Drüse weitergeleitet. Schließlich erfolgt hier die Antwort auf den eingewirkten Reiz, beispielsweise eine Muskelkontraktion.
Reizbarkeit bei Pflanzen
→ Hauptartikel: Pflanzenbewegung
Bei Pflanzen erfolgt die Signalweiterleitung fast ausschließlich chemisch, hier ist vor allem das Licht ein sehr wichtiger Reiz, aber auch die Temperatur, chemische Stoffe, Gravitation u. a. Einflüsse führen zu Reaktionen. Bei der Verarbeitung können unterschiedliche Reize aufeinander einwirken.
Wahrnehmungsarten und ihre Reize
Die Wahrnehmung ist an Spektrum und Intensität der benötigten Reize angepasst (z. B. Hörschwelle). So kennt der Mensch folgende Außensinne und die dazugehörigen Reize:
- Tasten (Haut) - Druck/Berührung, Temperatur
- Schmecken (Zunge) - salzig, sauer, süß, bitter, umami, fett
- Riechen (Nase) - Duftmoleküle (hat auch Anteil am Geschmackssinn)
- Sehen (Augen) - Helligkeit (Licht) und Farbe
- Hören (Ohren) - Schallwellen (Töne, Klänge)
Im Wirtschaftsleben - namentlich in der Konsumgüterwerbung und in der Handelspsychologie - wird das gesamte Reizspektrum eingesetzt, um Interesse an Waren zu wecken und darüber hinaus Kaufhandlungen auszulösen.
Hinzu treten die Sinne, die der Eigenwahrnehmung dienen (für eine Übersicht siehe Sensibilität (Medizin)):
- Propriozeption
- Entero- oder Viszerozeption
Allerdings existieren darüber hinaus noch unzählige andere Reizqualitäten wie z. B. Magnetismus und Ultraschall, die der Mensch nicht wahrnehmen kann.
Abgrenzung: Reiz und Erregung
Ein Reiz (z. B. Wärme, Druck, Schmerz etc.) ist eine äußere Einwirkung, die zum Beispiel in der Haut durch Sinneszellen (Rezeptoren) aufgenommen wird. Ein Reiz bewirkt an den nachgeschalteten Nervenzellen die Entstehung elektrischer Impulse, die als Erregung bezeichnet werden. Eine „Reizleitung“ gibt es nicht, da nur die elektrischen Impulse von den Fasern weitergeleitet werden können. Zur Erregungsbildung im Herzen und der Erregungsweiterleitung durch die Fasern des Erregungsleitungssystems ist jedoch kein Reiz notwendig.
Siehe auch
- Funktionelle Elektrostimulation
- Reizgeneralisierung, Reizfilterung, Reizüberflutung
- S-O-R Paradigma
- Bildwahrnehmung einer Werbeanzeige
- Konditionierung
Literatur
- Jörgen Markl: Biologie, Spektrum Akademischer Verlag, München 2006, ISBN 978-3-8274-1630-8
- Ulrich Weber: Biologie Oberstufe Gesamtband, Cornelsen, Berlin 2007, ISBN 978-3-464-17150-9