Tharandter Wald


Büste des Heinrich Cotta, Förderer des Tharandter Waldes
Blick vom Kienberg auf Kurort Hartha und den Landberg
Porphyrfächer, geologischer Aufschluss bei Mohorn-Grund
Sandsteinbruch bei Niederschöna

Der Tharandter Wald, früher auch Grillenburger Wald genannt, ist eine Landschaft im Mittelpunkt von Sachsen und liegt südwestlich der Forststadt Tharandt, südlich der Stadt Wilsdruff, grob betrachtet zwischen Freiberg und Dresden. Administrativ zählt er heute fast vollständig zu Tharandt, mit den Gemarkungen Grillenburg und Tharandt, und trägt die rechtlich geschützte Wort-Bildmarke[1] mit dem Text: Tharandter Wald – schönster Wald Sachsens, die aus der touristischen Werbung in den 1920er Jahren hervorging.

Geschichte

Im 12. Jahrhundert bestand für kurze Zeit im Zentrum des Waldes der Ort Warnsdorf an der wasserreichen Warnsdorfer Quelle der Triebisch. Im benachbarten, nach wie vor völlig von dem Wald umgebenen Ort Grillenburg wurden die Grundmauern einer umfangreichen romanischen Anlage aus dem 13. Jh. gefunden. Durch den Tharandter Wald führte u. a. der Fürsten- oder Herrenweg. Während der Frühen Neuzeit diente der Wald der Jagd der Landesfürsten (Jagdschloss Grillenburg) sowie der Holz- und Holzkohlegewinnung für den Bergbau (Köhlerei) und die Residenzstadt Dresden (Flößerei). Auch Waldglashütten sind bei Hetzdorf (Glasergrund) und Kurort Hartha (Glasbruch) nachweisbar. Die in Fördergersdorf und Kurort Hartha angesiedelten Zeidler (Bienenzüchter und Waldaufseher) lieferten zudem Wachs und Honig. Kunstteiche im Wald dienen bis heute der Fischzucht.

Anfang des 18. Jahrhunderts befand sich im Tharandter Wald, im Tännichtgrund bei Naundorf, der Unterschlupf des in ganz Sachsen berüchtigten Räubers Lips Tullian und seiner Schwarzen Garde. An seinen Aufenthaltsort erinnert der nach ihm benannte Lips-Tullian-Felsen und die noch ältere Diebskammer.

Um 1800 war das Waldgebiet stark heruntergewirtschaftet und wurde von Heinrich Cotta nach wissenschaftlichen Grundsätzen wiederhergestellt. Dabei diente der Tharandter Wald als Modellfall der durch die Holznot geborenen nachhaltigen Forstwirtschaft. Daraufhin erfolgte die Gründung der Forstlehranstalt und des Forstbotanischen Gartens in Tharandt.

Vom 18. Jahrhundert an diente er der Erholung bürgerlicher Familien, vor allem aus Dresden, darunter zuletzt so bekannter Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Kunst wie Heinrich Ernemann und Eva von der Osten, die hier ihre Sommerresidenzen einrichteten. Zur Zeit des Nationalsozialismus wählte Sachsens Gauleiter und Landesjägermeister Martin Mutschmann das Jagdschloss Grillenburg zum Sitz des Sächsischen Jägerhofes. Dessen Gästehaus Neues Jägerhaus wurde von ihm auch selbst genutzt und diente in der DDR-Zeit als VdN-Genesungsheim Elsa Fenske für Opfer des Faschismus.

Der gesamte Wald ist seit langer Zeit ein Naherholungsgebiet und wurde bereits von der Zentralen Kurverwaltung des Gemeindeverbandes Tharandt sowie Helfern des Kulturbunds mit Wegweisern ausgeschildert und unter fachlicher Anleitung der TU Dresden, Fachrichtung Forstwissenschaften Tharandt, mit Naturlehrpfaden ausgestattet. Als geschlossener und verkehrlich gut erreichbarer Naturraum dient der Tharandter Wald weiterhin zur Naherholung für die Bewohner der umliegenden Regionen und ihrer Gäste. Es existieren Lehrpfade und Wege für Wanderungen, Reit- und Fahrradaktivitäten, die unter Anderem vom Staatsbetrieb Sachsenforst, Vereinen und Kommunen betreut werden. Auf einigen Strecken sind Kutsch- und Schlittenfahrten möglich.

Repräsentiert wird die Region rund um den Tharandter Wald seit 1997 durch die Tharandter-Wald-Königin, welche alle zwei Jahre neu öffentlich ausgeschrieben und z.B. im Rahmen des traditionellen Chortreffens am Tharandter Wald vom Verkehrs- und Verschönerungsverein "Tharandter Wald" e.V. vorgestellt und gekrönt wird.

Geografie

Landschaftlich ist der Tharandter Wald nicht eindeutig zuzuordnen. Nach einigen Auffassungen wird er zum sich südlich anschließenden Osterzgebirge gezählt, kann jedoch auf Grund seiner Höhenlage von rund 220 m ü. NN im Tal der Wilden Weißeritz bis zu einem Punkt 359 m NN nordwestlich von Klingenberg und Colmnitz zum nordöstlichen Teil des Erzgebirgsvorlandes gerechnet werden. Höchste Erhebungen sind der Tännicht im Südwesten mit 461 m NN und der Landberg am Nordrand mit 426 m NN.

Im Nordosten, am Zusammenfluss von Wilder Weißeritz und Schloitzbach, liegt die Stadt Tharandt. Zu ihr gehört auch der Kurort Hartha nördlich des Waldes. Im Nordwesten liegt der Ort Mohorn (Stadt Wilsdruff) mit dem Ortsteil Grund (am Fuße des Landberges), wo Räucherkerzen produziert werden. Durch diesen Ortsteil fließt die im Tharandter Wald entspringende Triebisch, die bei Meißen in die Elbe mündet. Im Südwesten liegt Niederschöna (Gemeinde Halsbrücke) und weiter südlich schließt sich am Rande des Waldes das zu Bobritzsch-Hilbersdorf gehörende Naundorf an.

Die weiter südöstlich gelegene Bahnhofssiedlung am Bahnhof Klingenberg-Colmnitz der Sachsen-Franken-Magistrale gehört zur Gemeinde Klingenberg. Der Bahnhof war einst wichtiger Knotenpunkt von Schmalspurbahnen. Südöstlich befindet sich eine Trinkwassertalsperre, die Talsperre Klingenberg, die unter anderem Dresden versorgt. Dorfhain und Höckendorf mit Edle Krone sind altes Bergbaugebiet. Kurz vor Edle Krone führt die Sachsen-Franken-Magistrale der Bahn aus dem Seerenbachtal in das Weißeritztal, die Strecke und der Ort wurden vom Hochwasser 2002 schwer betroffen. Diese Magistrale ist fast vollständig mit der südlichen Begrenzung des Tharandter Waldes identisch und zählt zu den steilsten Normalspurbahnstrecken Europas (1:39).

Naturraum Tharandter Wald

Blick aus dem All auf den Tharandter Wald

Der Tharandter Wald, der in einem alten vulkanischen Kessel – einer Caldera – liegt, hat eine submontane Höhenlage mit starken Klimaunterschieden und größtenteils kargen, sauren Böden. Er ist daher nur für die Forstwirtschaft nutzbar, wobei der Fichtenwald überwiegt, ein Mischwald jedoch zum Beispiel durch Unterbau der Fichtenbestände mit Eichen- und Buchensetzlingen angestrebt wird.

Für die Tharandter Forststudenten dient der Wald als grüner Hörsaal mit zahlreichen forstbotanischen Reizen und guten Wandermöglichkeiten, welche ihn auch als Naherholungsgebiet des gesamten mittelsächsischen Raumes auszeichnen. Er dient für die Studenten der nahen Bergakademie Freiberg und der TU Dresden als ein beliebtes Exkursionsziel.

Einen besonderen Ruf hat der Tharandter Wald als Quadratmeile der Geologen, da sich hier in unmittelbarer Umgebung gute Aufschlüsse aller Hauptgesteinstypen finden lassen. Im südöstlichen Teil des Waldes nördlich des Markgrafensteines befindet sich für Forschungszwecke ein immissionsökologisches Prüffeld, dessen Entstehen auf das Auftreten von Rauchschäden insbesondere durch die Rauchgasemission des Freiberger Bergbau- und Hüttenreviers und durch die Inbetriebnahme der Halsbrücker Esse zurückzuführen ist. Etwa 1,5 km östlich von Naundorf und etwa 4,5 km südwestlich von Grillenburg befindet sich der geografische Mittelpunkt von Sachsen an der so genannten Diebskammer, im Tännichtgrund, auf der Gemarkung Grillenburg des Kurortes Hartha.

Zu erwähnen ist ferner der Seerenteich am südlichen Rand des Tharandter Walds, ein ehem. Floßteich, welcher durch seine türkisfarbene Färbung beeindruckt.

Geologie

Die geologische Geschichte vom Untergrund des Tharandter Waldes ist im Wesentlichen durch drei Komponenten geprägt. Am Anfang stand der Einbruch eines vorzeitlichen Vulkans und somit die Bildung einer Caldera. Hierauf folgte eine lange Zeit sedimentärer Ablagerungen und schließlich ein junger Vulkanismus.

Der Porphyrfächer bei Mohorn-Grund ist ein interessanter geologischer Aufschluss. Der vor etwa 300 Millionen Jahre durch einen Vulkanausbruch entstandene Porphyr ist dort durch Abkühlungsprozesse und Volumenschwund senkrecht zu Zonen gleicher Temperatur gebrochen. An dem Aufschluss ist der Fächer (links) sowie Säulen (rechts) zu erkennen.

Niederschöna ist für seine kreidezeitlichen Sandsteinvorkommen bekannt, die sich bis zum Grillenburger Sandstein im Zentrum des Tharandter Waldes hinziehen, aus dessen Material viele Architekturteile für Bauten in der Freiberger Region und zuletzt Mühlsteine entstanden. Nach der Ortschaft Niederschöna als Typlokalität sind die Niederschönaer Schichten der Elbtalkreide benannt. Sie bestehen aus einer Abfolge von diagenetisch verdichteten Geröllen und Sanden aus dem Verlauf des prähistorischen Niederschönaer Flusses, der in Richtung Ost-Südost mäandrierend zum Kreidemeer abfloß. Er brachte Material aus entfernteren westlichen Regionen des heutigen Sachsens heran. Seine Gerölle führen beispielsweise Quarze, Rhyolithe, Lydite, Schiefer, Amethyste und Diabase, dementsprechend fallen sie vielfarbig aus. Diese Schotter können mit einer feinkörnigen Matrix verfestigt sein oder liegen relativ lose vor. Ihre Lagen bilden weiträumig die Basis aller nachfolgenden Kreideschichten.
Entsprechend der differenzierten Abläufe bei der Entstehung sind in dieser Schichtenabfolge äolische (sogenannter Dünensandstein), fluviatile und limnische (Binnenseeflächen) Sedimente enthalten. Erst später wurden diese Ablagerungen durch das Kreidemeer erfasst und dessen marine Sedimente (Unterquader-Sandstein / Oberhäslicher-Formation) überdeckt. Im Tharandter Wald wurde an mehreren Stellen Sandstein abgebaut. Die Werksteingewinnung erfolgte in den Sandsteinschichten der Fluss- und der Meeressedimente. In den feinkörnigen Sandsteinen sind Tonsteineinlagerungen, die viele versteinerte Pflanzenreste enthalten. Man nennt diese Lagen Credneria-Schichten, nach dem sächsischen Geologen Hermann Credner.

Die hier von Hanns Bruno Geinitz gesammelten paläontologischen Belegstücke der Oberkreide zählen heute zu den wissenschaftlich besonders wertvollen Beständen in den Naturhistorischen Sammlungen Dresdens. Sie gingen in seine überregional zitierten Standardwerke zur Geologie der Kreide ein und trugen maßgeblich zum Verständnis dieses Erdzeitalters bei.[2]

An der Westwand des Ascherhübels, am so genannten Hexenhäusl, zeigen sich imposante Säulen aus Nephelinit (Phänobasalt), welche von einer vertikalen Lagerung nach außen hin langsam in eine horizontale Lagerung übergehen. Es handelt sich hierbei um einen Magmendom aus der Zeit des Jungtertiärs vor etwa 14 mya (Miozän), wobei sich die Lagerung senkrecht zu den Abkühlungsflächen des Magmas zeigt, die vertikalen Säulen der Aufschlusswand als zum direkten Magmaschlot gehören. Der Nephilinit zeigt ein im Grunde sehr feinkörniges und dichtes Gefüge, erfuhr jedoch durch Wasseraufnahme an der Oberfläche eine Umwandlung und Volumenzunahme, was die dort letztendlich körnig-blasige Struktur bedingt (Sonnenbrennerbasalt).

Eine Besonderheit ist der so genannte Kugelpechstein von Spechtshausen. Das Naturdenkmal rund 300 Meter südlich der Ortschaft Spechtshausen, etwas nordwestlich von Kurort Hartha, stellt ein bei einer vulkanischen Extrusion im Oberkarbon (vor 250 bis 300 Millionen Jahren) glasig erstarrtes ignimbritisches Gestein mit rhyodazitischer Zusammensetzung dar.[3] Bemerkenswert ist dies dahingehend, dass der Aufschluss des tiefreichenden Lavadoms sich nur über wenige Quadratmeter erstreckt und das vulkanische Glas trotz seines Alters keine Entglasungserscheinungen zeigt.

Das Geologische Freilichtmuseum mit dem Geologischen Wanderweg verbindet diese Aufschlüsse zwischen Tharandt und Mohorn-Grund.

Galerie

Siehe auch

Literatur

  • Topografische Karte TK 25, Blätter 4946 Mohorn, 4947 Wilsdruff, 5046 Freiberg und 5047 Freital sowie die Geologische Karte GK 25, Blätter 4946 Tanneberg, 4947 Wilsdruff, 5046 Freiberg und 5047 Tharandt
  • Staatsbetrieb Geobasisinformation und Vermessung Sachsen, Wanderkarte Tharandter Wald, Blatt 31 (Topographische Karte, Ausgabe mit Wanderwegen, 1:25 000) 3. Auflage, August 2008, ISBN 978-3-86170-082-1
  • Albrecht Kirsche: Zisterzienser, Glasmacher und Drechsler, in: Cottbusser Studien zur Geschichte von Technik, Arbeit und Umwelt, Heft 27, Waxmann-Verlag, München 2005, ISBN 3-8309-1544-6
  • Rolf Böhm: Wanderkarte Tharandter Wald. Der erste Forst Sachsens. (1:20 000) 1. Aufl. Bad Schandau 2004. ISBN 3-910181-19-8
  • Ulrich Sebastian: Mittelsachsen. Geologische Exkursionen. Justus Perthes Verlag. Gotha 2001.
  • Wilfried Wagner: Aus der Geschichte des Tharandter Waldes. in: Sächsische Heimatblätter 10(1963)3, S. 222–227
  • Herbert Wotte, Joris Wotte: Tharandter Wald. Wanderheft, Nr. 17. 12. Auflage. Tourist-Verlag, Berlin und Leipzig 1990
  • Kulturbund der DDR, Ortsgruppe Tharandt (Hrsg.): Der Tharandter Wald, Forststadt Tharandt, Beiträge zur Heimatgeschichte, Heft 7, Tharandt 1982

Einzelnachweise

  1. Marken-Nr.: DE 39401066, eingetragen am 6. Juni 1995
  2. Eintrag: Hanns Bruno Geinitz (1814 - 1900). auf www.kreidefossilien.de
  3. W. Pälchen (Hrsg.)/ H. Walter (Hrsg.): Geologie von Sachsen. Geologischer Bau und Entwicklungsgeschichte. Stuttgart 2008. S. 286-287 ISBN 978-3-510-65239-6

Weblinks

Commons: Tharandter Wald – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 50° 57′ 32″ N, 13° 29′ 50″ O

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