Titanenwurz
Titanenwurz | ||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Titanenwurz (Amorphophallus titanum) im United States Botanic Garden, Washington D.C., 20. November, 2005 | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
| ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Amorphophallus titanum | ||||||||||||
(Becc.) Becc. ex Arcang. |
Die Titanenwurz oder Titanwurz (Amorphophallus titanum) ist eine Pflanzenart, die zur Familie der Aronstabgewächse (Araceae) gehört. Sie bringt den größten unverzweigten Blütenstand im Pflanzenreich hervor.
Beschreibung
Vegetative Merkmale
Bei der Titanenwurz handelt es sich um eine ausdauernde krautige Pflanze. Welches Alter sie erreichen kann, ist nicht bekannt. Die Pflanze besteht aus einer Knolle als Überdauerungsorgan, die in regelmäßigen Abständen ein einziges Laubblatt bildet und im laubblattlosen Zustand einen Blütenstand ausbildet. Solange sie das Laubblatt besitzt - es bleibt 12 bis 20 Monate erhalten - werden Nährstoffe aufgebaut und in der Knolle gespeichert. Die Knolle nimmt dadurch deutlich an Masse zu. So hatte ein Exemplar, das Ostern 2011 im Botanischen Garten von Basel blühte, in der rund 15 Monate dauernden Vegetationsphase davor die Knollenmasse von 8 auf 24,5 kg erhöht. Nach einer Vegetationsphase folgt eine Ruhephase, in der das Blatt abstirbt und auch die Wurzeln der Knolle verkümmern. Es schließt sich dann wiederum eine Vegetationsphase an. Damit das Blütenstadium erreicht werden kann, muss die Knolle mindestens 20 kg wiegen.
Das einzige große Laubblatt ist in Blattstiel und Blattspreite gegliedert und erinnert in seiner Gestalt an einen kleinen Baum mit schirmförmiger Krone. Der lange Blattstiel besitzt weiße Flecken, um Flechtenbewuchs vorzutäuschen. Die Blattspreite ist mehrfach geteilt.[1]
Generative Merkmale
Die Titanenwurz ist einhäusig getrenntgeschlechtig (monözisch). Der Blütenstand der Titanenwurz ist aus blütenbiologischer Sicht die größte Blume der Welt. Die eigentlichen, relativ kleinen Blüten sitzen – weibliche unterhalb der männlichen – an der Basis des Blütenstandes und sind von einem einzelnen, sehr großen Hochblatt (Spatha) umhüllt. Der obere Teil des Blütenstandes (Spadix) ist stark verlängert und lockt durch den Geruch bestäubende Insekten (Osmophor) an.
Wurden keine Blüten bestäubt, verkümmert der Blütenstand nach drei Tagen wieder; die Pflanze geht über in eine Ruhephase, an welche sich dann eine Vegetationsphase anschließt. Wurden jedoch Blüten bestäubt, reifen innerhalb von 8 Monaten orangerote Beeren heran. Als Folge davon stirbt die Pflanze ab.
Indonesische Trivialnamen für diese Art sind bunga suweg raksasa oder allgemein bunga bangkai (Aas-, Leichenblume); sie kommt nur auf Sumatra vor. Viele botanische Gärten, wie etwa in Bogor auf Java, kultivieren diese Pflanzenart, allerdings tritt das Blühereignis nur sehr unregelmäßig alle neun bis zwölf Jahre auf.
Synökologie
Um Insekten wie Aaskäfer der Gattung Diamesus und Kurzflügler der Gattung Creophilus anzulocken, geben die Blütenstände einen für Menschen unangenehmen Aasgeruch ab. Die Tiere kriechen in die Spatha hinab, um dort ihre Eier zu legen und sichern auf diese Weise die Bestäubung. Die Larven müssen jedoch nach dem Schlüpfen verhungern. Für den üblen Geruch der blühenden Pflanze ist eine Reihe schwefelhaltiger Verbindungen und Amine verantwortlich, dazu zählen Dimethyldisulfid, Dimethyltrisulfid, Putrescin und Cadaverin.
Geschichte
Amorphophallus titanum ist eine der spektakulärsten Erscheinungen in der Pflanzenwelt. Im Westen wurde sie durch den florentinischen Botaniker Odoardo Beccari bekannt, der 1878 während einer Expedition im Atjer Mantior auf Sumatra am 6. August Blätter und eine fruchtende Pflanze, sowie am 5. September ein blühendes Exemplar sah. Beccari schickte einige Knollen und Samen nach Florenz. Die Knollen gingen zugrunde, aber einige wenige Samen keimten, und von diesen Sämlingen wurden einige an die Royal Botanic Gardens in Kew, London gesandt. Dort gelangte ein Pflanzenexemplar 1889, elf Jahre nach ihrer Entdeckung, zum ersten Mal außerhalb ihrer tropischen Heimat zur Blüte. Bereits im November 1878, dem Jahr der Entdeckung, gab Beccari seinen außergewöhnlichen Fund im Gardeners Chronicle bekannt und benannte die Pflanze Conophallus titanum. Giovanni Arcangeli gab dieser Art 1879 ihren derzeit gültigen wissenschaftlichen Namen.
Rekorde
Den Rekord der weltweit größten Blume hält derzeit die Titanenwurz der Wilhelma, des Zoologisch-Botanischen Gartens in Stuttgart, deren Blütenstand im Oktober 2005 eine Höhe von 2,94 Metern erreichte.[2] Den vorhergehenden Rekord hielt seit 2003 die Titanenwurz des Botanischen Gartens in Bonn mit 2,74 Metern.[3] Die Blüte der Titanenwurz der Wilhelma war 2008 auch via Webcam zu verfolgen, die im Minutentakt das Bild aktualisierte, genauso die Blüte ab 30. April 2009 im Botanischen Garten Berlin.[4] Im Botanischen Garten in Bonn gab es 2006 die erste Titanenwurz außerhalb ihrer Heimat, dem indonesischen Urwald, die drei Blütenstände gleichzeitig hervorbrachte. Eine nächste Blüte folgte 2009.[5] Zu Ostern 2011 blühte im Botanischen Garten der Universität Basel eine Pflanze, die auch per Webcam beobachtet werden konnte. Seit dem 8. Oktober 2012 trieb die gleiche Pflanze bereits wieder eine neue Blüte, die am 18. November 2012 aufging. Ein Wiedererblühen in so kurzem Zeitabstand wurde bisher noch nie beobachtet.[6] Im März 2012 war das Schauspiel im Botanischen Garten der Universität Kiel zu beobachten.[7]
Sonstiges
- Die deutsche Bezeichnung Titanenwurz wird zuweilen auch für andere, nahe verwandte Arten mit ebenfalls sehr großen Blütenständen gebraucht, beispielsweise für die Konjakwurzel (Amorphophallus konjac).
- Während die Titanenwurz als größte Blume der Welt bezeichnet wird, bildet die Pflanzenart Puya raimondii mit annähernd acht Metern Höhe den größten verzweigten Blütenstand, die größte Einzelblüte wird von der Art Rafflesia arnoldii erzeugt.
- Weltweit einmalig beobachtet war die Entstehung von drei Blüten aus einer Knolle im Mai 2006 im Botanischen Garten Bonn. Die etwa 117 kg schwere Knolle hatte zuletzt im Jahre 2003 eine rekordverdächtige Blüte hervorgebracht.
Quellen
- Die Titanenwurz Datenblatt der Botanischen Gärten Bonn. (Abschnitt Beschreibung)
- Blüte im Botanischen Garten Berlin Mai 2011. (Abschnitt Beschreibung)
Einzelnachweise
- ↑ Beschreibung mit Abbildungen auf Magic Seeds
- ↑ 27. April 2011
- ↑ 27. April 2011
- ↑ Blüte in Berlin 2009
- ↑ 30. Mai 2009
- ↑ Titanenwurz im Botanischen Garten der Universität Basel - Ostern 2011, November 2012 (mit Webcam)
- ↑ Titanenwurz im Botanischen Garten der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (mit Webcam)
Weblinks
- Blüte live im Botanischen Garten Kiel 2012.
- Titanenwurz im Botanischen Garten Basel (Ostern 2011)
- Webcam der Titanenwurz im Botanischen Garten Basel (November 2012)
- Video im Zeitraffer Titanenwurz Basel.
- Die Titanenwurz in dem Botanischen Garten Marburg.
- Bild des Blütenstandes und nach entfernen der Spatha Blick auf den Spadix mit eigentlichen Blüten der Titanenwurz.
- Blüte live im Botanischen Garten Berlin 2011.