Agrafie
Der Ausdruck Agrafie (auch Agraphie, Dysgraphie, Dysgrafie) bezeichnet die Unfähigkeit, Wörter und Texte zu schreiben, obgleich die dafür notwendige Beweglichkeit der Hand (Handmotorik) und die Intelligenz und der Intellekt vorhanden sind.
Agrafien sind Folgen von Hirnschädigungen und treten oft gemeinsam mit einer Aphasie auf. Agrafie kann Folge von Isolationshaft sein. Viele Patienten haben nach einem Schlaganfall Schwierigkeiten mit dem Schreiben, weil sie unter einer Halbseitenlähmung (Hemiparese) leiden. Ist die Seite der Schreibhand betroffen, ist das Schreiben aufgrund dieser Lähmung oft mühsam oder unmöglich, so dass mit der anderen Hand geschrieben werden muss. Häufig ist dies ebenfalls nicht möglich, weil eine Lähmung der Schreibhand häufig mit einer Aphasie verbunden ist und diese für die Agrafie verantwortlich ist.
Es gibt verschiedene Formen von Agrafie, die bis zur kompletten Unfähigkeit zu schreiben reichen können:
- Lexikalische Agraphie: schwer unterscheidbare Wörter können nicht ausgesprochen werden, visuelle Wortbilder entstehen eher aus visuellen und weniger aus phonologischen Engrammen; Läsion im linken Gyrus angularis (Area 39 nach Brodmann)
- Phonologische Agraphie: korrekte schriftliche Wiedergabe seltener und vertrauter Wörter, aber Unfähigkeit sie auszusprechen; Läsion im Gyrus supramarginalis oder der perisylvischen Region
- Semantische Agraphie: bedeutungshaltiges Material kann nicht ausgesprochen und geschrieben werden; Störungen der Bahnen von semantischer Region zum Wernicke-Areal und Gyrus angularis oder subkortikale Läsion
- Apraktische Agraphie: meist mit Aphasie gekoppelt, können Feinmotorik nicht mehr zum Schreiben formen; gestört sind bei Rechtshändern links parietale Regionen
Der Begriff Agraphia wurde 1869 von John William Ogle (1824–1905) geprägt.
Siehe auch
- Dyslexie, Legasthenie, Dyskalkulie, Agnosie, Dyspraxie – weitere ähnliche Störungen
- sekundärer Analphabetismus, Illetrismus (funktionaler Analphabetismus) – Schreibschwäche mit nichtmedizinischen Ursachen