Germergewächse



Germergewächse

Weißer Germer (Veratrum album),
Illustration aus Koehler 1887.

Systematik
Abteilung: Gefäßpflanzen (Tracheophyta)
Unterabteilung: Samenpflanzen (Spermatophytina)
Klasse: Bedecktsamer (Magnoliopsida)
Monokotyledonen
Ordnung: Lilienartige (Liliales)
Familie: Germergewächse
Wissenschaftlicher Name
Melanthiaceae
Batsch ex Borkh.
Mexikanisches Läusekraut (Schoenocaulon officinale), Illustration aus Koehler 1887.
Habitus und verzweigter Fruchtstand des Schwarzen Germer (Veratrum nigrum).

Die Germergewächse (Melanthiaceae), auch Schwarzblütengewächse genannt, sind eine Pflanzenfamilie in der Ordnung der Lilienartigen (Liliales). Es gibt 13 bis 16 Gattungen mit etwa 170 Arten. Nur wenige Arten werden durch den Menschen genutzt.

Beschreibung

Habitus und Laubblätter

Die immergrünen oder saisongrünen, meistens ausdauernde krautigen Pflanzen. Sie bilden häufig Rhizome oder Knollen als Überdauerungsorgane. Das Hypokotyl ist meist kurz.

Die wechselständig, schraubig oder in Wirteln am Stängel angeordneten Laubblätter sind einfach, flach, und ganzrandig. Die Blattnerven verlaufen entweder parallel, wie bei den Einkeimblättrigen üblich, oder bei den Parideae netzartig.

Blütenstände und Blüten

Es werden meistens verzweigte, traubige, ährigen oder rispige Blütenstände gebildet. Bei den Parideae ist nur eine Blüte je Stängel vorhanden.

Die Blüten sind fast immer zwittrig und meist radiärsymmetrisch, bei Chionographis zygomorph. Wie fast alle einkeimblättrigen Pflanzen haben auch die Melanthiaceae meistens dreizählige Blüten. Davon weicht die Gattung Einbeeren (Paris) mit ihren vier- bis elfzähligen Blüten ab. Die zwei Kreise mit meist drei Blütenhüllblätter vorhanden; sie sind in den beiden Kreisen unterschiedlich oder gleichgestaltet, dann sind es also ein Tepalen und bilden ein Perigon; sie können frei oder verwachsen sein. Die Farben der Blütenhüllblätter reichen von weiß über grün, von gelb bis bräunlich und von rot über rosa- bis purpurfarben. Es sind meist zwei Kreise mit je drei Staubblättern vorhanden. Die meist drei oberständigen Fruchtblätter sind frei oder zu einem Fruchtknoten verwachsen. In jeder Blüte gibt es meist drei freie Griffel.

Früchte und Samen

Meistens werden Balgfrüchte oder Kapselfrüchte gebildet; einige Einbeeren-Arten bilden Beeren; mit wenigen bis vielen Samen in jedem der drei Fruchtfächern. Die hellgefärbten Samen sind oft geflügelt oder mit Anhängseln.

Inhaltsstoffe und Chromosomen

An Inhaltsstoffen sind giftige Alkaloide, Flavonoide und Steroidsaponine häufig. Es werden Calciumoxalat-Kristalle eingelagert.

Die Chromosomen sind 1 bis 6 µm lang. Die Chromosomenzahlen sind bei den Parideae n = 5, Melianthieae oft n = 8, bei den Chionographideae oft n = 12, bei den Xerophylleae n = 15 und bei den Helionadeae n = 17.

Blütenstände von Chamaelirium luteum.
Habitus und Blütenstände von Helonias bullata.
Habitus und Blütenstand von Heloniopsis orientalis.
Ausschnitt eines Blütenstandes von Zigadenus paniculatus mit dreizähligen, radiärsymmetrischen Blüten und genagelten Blütenhüllblättern.
Paris japonica
Habitus und Blüte von Trillium luteum
Blüte von Trillium erectum mit deutlich unterschiedlichen Blütenhüllblättern in den zwei Kreisen.
Bärengras (Xerophyllum tenax).

Systematik und Verbreitung

Die Heimat der Taxa sind hauptsächlich die gemäßigten Breiten der Nordhalbkugel (Holarktis). Verbreitungsschwerpunkte sind Ostasien und das östliche Nordamerika. Eine Ausnahme stellt die Gattung Schoenocaulon, die auch in Peru, Venezuela und im Karibischen Raum vorkommt. In Mitteleuropa gibt es die Einbeere (Paris quadrifolia) und den Weißen Germer (Veratrum album).

Der Familienname Melanthiaceae wurde 1797 von August Johann Georg Karl Batsch in Moritz Balthasar Borkhausen: Botanisches Wörterbuch, 2, 8 veröffentlicht. Die Typusgattung Melanthium wurde 1753 von Carl von Linné in Species Plantarum 1: 339 veröffentlicht, deren Gattungsname aus den griechischen Wörtern melas für schwarz und anthos für Blüte abgeleitet ist und sich auf die schwärzlichen Blütenhüllblätter bezieht (daher auch der Trivialname Schwarzblütengewächse). Bei Zomlefer et al. 2006 wurde auf Grund molekulargenetischer Untersuchungen die Familie um die Taxa der Trilliaceae und Xerophyllaceae erweitert und ergibt dann ein monophyletisches Taxon.

Die Taxa der früher eigenständigen Familien: Chionographidaceae Takht., Heloniadaceae J.Agardh, Paridaceae Dum., Trilliaceae Chevall., Veratraceae Salisb. und Xerophyllaceae Takht. werden heute in die Familie der Germergewächse (Melanthiaceae Batsch ex Borkh.) eingeordnet. Taxa dieser Familie wurden früher auch zur Familie der Liliengewächse (Liliaceae) gestellt, beispielsweise Melanthioideae.

Zur Familie der Germergewächse (Melanthiaceae) gehören 13 bis 16 Gattungen mit etwa 170 Arten. Die Familie wird in fünf Tribus gegliedert [1]:

  • Tribus Chionographideae: Mit zwei Gattungen und etwa sechs Arten:
    • Chamaelirium Willd.: Mit der einzigen Art:
      • Chamaelirium luteum (L.) A.Gray in Nordamerika in Höhenlagen zwischen 0 und 1100 Meter.
    • Chionographis Maxim.: Mit etwa vier Arten in Asien. Ihre Blüten sind zygomorph.
  • Tribus Helionadeae: Mit einer bis drei Gattungen und etwa ein bis neun Arten:
    • Helonias L.: Mit der einzigen Art:
      • Einhornwurzel (Helonias bullata L.) in den Blue Ridge Mountains und den nördlichen Küstenebenen in Nordamerika in Höhenlagen zwischen 0 und 1100 Meter.
    • Heloniopsis A.Gray: Mit fünf Arten in Asien.
    • Ypsilandra Franch.: Mit fünf Arten in Asien, alle fünf Arten kommen auch in China vor.
  • Tribus Melianthieae: Mit sechs bis sieben Gattungen und etwa 100 Arten:
    • Amianthium A.Gray: Mit der einzigen Art:
      • Amianthium muscitoxicum (Walter) A.Gray in Nordamerika in Höhenlagen zwischen 0 und 1500 Meter.
    • Melanthium L.: Mit vier Arten im östlichen Nordamerika.
    • Schoenocaulon A.Gray: Mit etwa 24 bis 25 Arten, mit einem Zentrum der Artenvielfalt in Mexiko [2]:
      • Mexikanisches Läusekraut (Schoenocaulon officinale)
    • Stenanthium (A.Gray) Kunth (Syn.: Veratrum subg. Stenanthium A.Gray): Mit vier Arten mit disjunktem Areal: in Nordamerika und östlichen Asien.
    • Germer (Veratrum L.): Mit etwa 27 (früher bis zu 50) Arten auf der Nordhalbkugel mit einem Zentrum der Artenvielfalt in China (14 Arten) und nur fünf Arten in Nordamerika. [3], [4]
    • Zigadenus Michx.: Mit etwa zehn Arten.
  • Tribus Parideae (Syn.: Trilliaceae): Sie besitzen Netznervatur und einzeln stehende Blüten. Mit etwa drei (bis fünf) Gattungen und etwa 80 Arten [5]:
    • Einbeeren (Paris L., inklusive der etwa 16 Arten von Daiswa Raf. und Kinugasa Tatew. & Sutô): Mit etwa 24 Arten. [6]
    • Pseudotrillium S.Farmer (gehört bei manchen Autoren zu Trillium): Mit nur einer Art:
      • Pseudotrillium rivale (S.Wats.) S.Farmer (Trillium rivale S.Wats.)
    • Waldlilien (Trillium L.): Mit 40 bis 70 Arten.
  • Tribus Xerophylleae: Mit einer Gattung und zwei Arten:
    • Xerophyllum Michx.: Mit nur zwei Arten im östlichen und westlichen Nordamerika.

Gattungen die früher hier eingeordnet waren [1]:

  • Aletris L. ⇒ Nartheciaceae
  • Harperocallis McDaniel ⇒ Tofieldiaceae
  • Isidrogalvia Ruiz & Pav. ⇒ Tofieldiaceae
  • Japonolirion Nakai ⇒ Petrosaviaceae
  • Lophiola Ker Gawl. ⇒ Nartheciaceae
  • Metanarthecium Maxim. ⇒ Nartheciaceae
  • Narthecium Huds. ⇒ Nartheciaceae
  • Nietneria Klotzsch ex Benth. & Hook. f. ⇒ Nartheciaceae
  • Petrosavia Becc. ⇒ Petrosaviaceae
  • Pleea Michx. ⇒ Tofieldiaceae
  • Scoliopus Torr. ⇒ Liliaceae Unterfamilie Calochortoideae
  • Tofieldia Huds. ⇒ Tofieldiaceae
  • Triantha (Nutt.) Baker ⇒ Tofieldiaceae

Nutzung

Von mehreren Veratrum-Arten wurden die medizinischen und insektiziden Wirkungen untersucht; beachte die hohe Giftigkeit [7]. Blätter und junge Pflanzen werden von Chionographis japonica gegessen. Die medizinischen Wirkungen von Chamaelirium luteum wurden untersucht. Die Cherokee verwendeten Amianthium muscitoxicum bei Stichen und es wurden die Wirkungen auf die Haut untersucht. Die unterirdischen Pflanzenteile von Melanthium virginicum wurde gegen Endoparasiten eingesetzt, deshalb wurden die medizinischen Wirkungen untersucht. Die unterirdischen Pflanzenteile von Xerophyllum tenax werden gegart gegessen. [8]

Von einigen Trillium-Arten gibt es Sorten, die als Zierpflanzen in schattigen Bereichen von Parks und Gärten angepflanzt werden.

Quellen

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Eintrag bei GRIN (Germplasm Resources Information Network).
  2. W. B. Zomlefer, W. M. Whitten, N.H. Williams, & W. S. Judd: Infrageneric phylogeny of Schoenocaulon (Liliales: Melanthiaceae) with clarification of cryptic species based on ITS sequence data and geographical distributions., in Amer. J. Bot., 93, 2006, S. 1178-1192.
  3. W. B. Zomlefer, W. M. Whitten, N. H. Williams, & W. S. Judd: An overview of Veratrum s.l. (Liliales: Melanthiaceae) and an infrageneric phylogeny based on ITS sequence data., in Amer. J. Bot., 90, 2003, S. 250-269.
  4. W.-J. Liao, Y.-M. Yuan & D.-Y. Zhang: Biogeography and evolution of flower color in Veratrum (Melanthiaceae) through inference of a phylogeny based on multiple DNA markers, in Plant Systematics and Evolution, Volume 267, 2007.
  5. Susan B. Farmer & Edward E. Schilling: Phylogenetic Analyses of Trilliaceae based on Morphological and Molecular Data, in Systematic Botany, Volume 27 (4), 2002, S. 674-692: Online.
  6. Yunheng Ji, Peter W. Fritsch, Heng Li, Tiaijiang Xiao & Zheku Zhou: Phylogeny and Classification of Paris (Melanthiaceae) Inferred from DNA Sequence Data, in Annals of Botany, 98(1), 2006, S. 245-256: Online. doi:10.1093/aob/mcl095
  7. Veratrum bei Plants for a Future. (engl.)
  8. Eintrag bei Plants for a Future. (engl.)

Weblinks

Commons: Germergewächse (Melanthiaceae) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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