Gewöhnliche Sumpfbinse
Gewöhnliche Sumpfbinse | ||||||||||||
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Gewöhnliche Sumpfbinse (Eleocharis palustris) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Eleocharis palustris | ||||||||||||
(L.) Roem. & Schult. |
Die Gewöhnliche Sumpfbinse (Eleocharis palustris) ist eine Pflanzenart, welche zusammen mit weiteren Vertretern der Gattung zur weit verbreiteten Artengruppe Eleocharis palustris agg. innerhalb der Familie der Sauergrasgewächse gehört. Das formenreiche Sauergras wächst an nassen Standorten in Verlandungsgesellschaften an Ufern, in Nasswiesen und Sümpfen.
Systematik
Die Gewöhnliche Sumpfbinse ist innerhalb der Artengruppe E. palustris agg. die am weitesten verbreitete Art. Diese Gruppe ähnlicher Arten ist aufgrund unbeständiger Chromosomenstrukturen und -zahlen sowie innerartliche Hybridisierungen taxonomisch komplex und noch unzureichend erforscht. Zu dieser Gruppe gehören außerdem die Österreichische Sumpfbinse (E. austriaca Hayek), die Zitzen-Sumpfbinse (E. mamillata Lindb. f.), die Einspelzige Sumpfbinse (E. uniglumis) (Link) Schult.), E. macrostachya, E. ambigens, E. erythropoda, E. kamtschatica und weitere.
Das Basionym der Art ist Scirpus palustris L. Weitere Synonyme lauteten zum Beispiel Eleocharis intersita Zinserl [1] oder E. smallii Britton.
Es werden folgende Unterarten und Varietäten abgegrenzt[2]:
- Eleocharis palustris subsp. iranica Kukkonen
- Kleinfrüchtige Gewöhnliche Sumpfbinse, Eleocharis palustris subsp. palustris, Chromosomenzahl: 2n = (14-)16(-17)
- Eleocharis palustris var. vigens L.H.Bailey, Chromosomenzahl: 2n = 36
- Großfrüchtige Gewöhnliche Sumpfbinse, Eleocharis palustris subsp. vulgaris Walters, Chromosomenzahl: 2n = (33-)38-39(-40)
Verbreitung und Standort
Das Verbreitungsgebiet der Gewöhnlichen Sumpfbinse umfasst die gemäßigten bis kalt-gemäßigten Breiten der Nordhalbkugel. Am weitesten verbreitet (kosmopolitisch) ist die Kleinfrüchtige Gewöhnliche Sumpfbinse. Das Areal der Großfrüchtigen Sumpfbinse beschränkt sich dagegen auf Europa bis Zypern. Die Unterart E. palustris subsp. iranica kommt nur in Nordafrika und vom östlichen Mittelmeerraum bis Pakistan vor. Die Varietät E. palustris var. vigens ist ausschließlich in Nordamerika beheimatet[2].
Die Pflanzen besiedeln vorwiegend nasse Standorte in Verlandungszonen von Gewässern in nassen Wiesen und in Sümpfen auf überschwemmten bis zeitweilig trocken fallenden, nährstoff- und meist basenreichen, humosen Sand- und Schlickböden. Sie sind Wurzelkriech-Pioniere und bilden an geeigneten Standorten oft Reinbestände, welche in der Pflanzensoziologie als Sumpfbinsen-Röhricht (Eleocharietum palustris) bezeichnet wird. [3]. Ferner wachsen die Pflanzen an salzbeeinflussten (brackigen) Standorten in Küstennähe oder des Binnenlandes.
Merkmale
Wuchs- und Lebensform
Die wintergrünen, ausdauernden Pflanzen erreichen Wuchshöhen zwischen 10 und 100 Zentimetern. Die Sumpfpflanzen (Helophyten) und Hemikryptophyten mit Erneuerungsknospen nahe der Basis bilden mit langen, kräftigen unterirdisch kriechenden, monopodialen und unverzweigten Rhizomen dichte Matten. Die Rhizome messen 1,5 bis 4,5 Millimeter im Durchmesser. Die Internodien erreichen zwischen 10 und 35 Zentimeter Länge. Die häutigen, zuweilen faserigen Niederblätter werden zwischen 6 und 20 Millimeter lang.
Stängel und Blätter
Die unbeblätterten, binsenartigen, gras- bis dunkelgrünen Halme wachsen starr aufrecht. Sie sind rund bis etwas abgeflacht, glatt, fest und kaum zusammendrückbar sowie im trockenen Zustand wenig gefurcht mit 8 bis 30 flachen Leisten. Sie sind von einem schwammigen Mark erfüllt und werden 30 bis 115 Zentimeter lang und 0,5 bis 1,5 Millimeter breit. Die spreitenlosen grundständigen Blattscheiden sind braun oder dunkelrot und glänzend. Die unteren sind derb oder hinfällig, geschlossen oder gespalten.
Blüten und Früchte
Der Blütenstand besteht aus einem endständigen, länglich-zylindrischen und zugespitzten 5 bis 30 Millimeter langen, 20 bis 70 blütigen Ährchen. Die Spelzen sind länglich-eiförmig, stumpf bis etwas zugespitzt. Sie sind bleich oder braun mit weiß-gelblichen Hautrand und grünem Mittelnerv. Sie erreichen 3 bis 5 Millimeter Länge. Die unterste Spelze umfasst den Stängel etwa zur Hälfte. Perigonborsten fehlen oder existieren zu 3 bis 5. Diese sind auf dem Rücken rau und etwas kürzer als die Frucht. Es sind drei dunkelgelbe Staubblätter und zwei bis drei Narben vorhanden. Die Griffel sind an der Basis eingeschnürt und meist etwas höher als breit. Die gelbe im Alter braune bis schwarze Achäne, eine Sonderform der Nussfrucht, ist im Querschnitt linsenförmig und bis zu 1,8 Millimeter lang.
Unterscheidungsmerkmale der Unterarten und Varietäten
Die Unterarten und Varietäten unterscheiden sich vor allem in der Zahl der Einzelblüten der Ährchen, der Form und Größe der Halme, der Ährchen, der mittleren Spelzen und der Früchte sowie an der Größe der Spaltöffnungen (Stomata).
- Die Halme der Kleinfrüchtigen Gewöhnlichen Sumpfbinse sind im Durchmesser 1,5 bis 2,5 Millimeter und bis zu 1 Meter lang mit 12 bis 15 Nerven. Die Ährchen sind 40- bis 70-blütig. Die mittleren Spelzen sind 2,7 bis 3,5 Millimeter lang und die Frucht misst 1,2 bis 1,4 Millimeter Länge. Die Länge der Spaltöffnungen beträgt zwischen 39 und 48 µm.
- Die Ährchen der Großfrüchtigen Sumpfbinse sind dagegen 20- bis 40-blütige; die mittleren Spelzen erreichen 3,5 bis 4,5 Millimeter, die Frucht 1,5 bis 2 Millimeter Länge. Die Stomata sind mit 54 bis 70 µm vergleichsweise groß.
- Die Früchte der etwa 1 Meter hoch werdenden nordamerikanischen E. palustris var. virgens erreichen zwischen 1,6 und 2 Millimeter Länge. Die mittleren Spelzen sind zwischen 3,5 und 4,5 Millimeter lang. Die Stomata sind mit 52 bis 65 µm etwas kleiner als jene der Großfrüchtigen Gewöhnlichen Sumpfbinse.
- Die Halme von E. palustris subsp. iranica erreichen im Durchmesser 1,5 bis 2 Millimeter und sind tief gerillt mit 10 bis 16 deutlichen Nerven. Die Spelzen erreichen zwischen 2,5 und 3 Millimeter Länge; die Frucht misst 1,3 bis 1,5 x 0,9 bis 1,1 Millimeter.
Phänotypen
Die Standort- und Umweltbedingungen beeinflussen das Erscheinungsbild der Pflanzen (Phänotyp). Im Wasser aber daraus hervorragend wachsen derbere und kräftigere Pflanzen. Diese Typen werden als „crassa“-Phänotyp bezeichnet. In spärlich bewachsenen, nicht permanent überstauten Habitaten wie Sümpfen und Nasswiesen entwickeln sich zarter gebaute Pflanzen. Sie werden als „meadow“- oder „grassland“-Phänotyp beschrieben.
Biologie und Ökologie
Die Gewöhnliche Sumpfbinse vermehrt sich vor allem vegetativ über ein kriechendes, weit reichendes und stark vernetztes Rhizomsystem der einzelnen Klone (Rameten). Auf diese Weise kann sie dichte Reinbestände mit Durchmessern bis zu 2 Metern bilden. Aus bodennahen Erneuerungsknospen treibt die Pflanze im Frühjahr aus; die Hauptwachstumszeit liegt im Sommer. Der generativen Vermehrung kommt eine geringere Bedeutung zu. Die Blütezeit beginnt im Frühling und reicht von Mai bis August, zuweilen auch bis zum Frühherbst. Die windblütigen Pflanzen produzieren erst im Alter von zwei bis drei Jahren zwischen Juli und August Früchte in großer Zahl. Deren Entwicklungsfähigkeit ist gering, denn nur wenige gelangen zur Reife. Die Verbreitung der Diasporen erfolgt über Wasser, durch Anhaften im Fell und Gefieder von Tieren und durch den Wind.
Die Gewöhnliche Sumpfbinse ist eine Halblicht- bis Volllichtpflanze und erträgt daher nur eine geringe Beschattung. Ihre Wuchsorte sind daher in Verlandungsbereichen an Gewässern wasserwärts einem Röhricht oder Seggengürtel vorgelagert oder befinden sich an vegetationslos gewordenen ausreichend besonnten Störstellen in Nasswiesen oder Sümpfen, welche sie als Pioniere rasch besiedeln können. Als Wechselwasserzeiger gedeiht die Pflanze zum Teil bis in Wassertiefen bis zu 1 Meter, auf permanent überstauten sowie an zeitweilig trocken fallenden Standorten, bei einem Wasserspiegel maximal 30 Zentimeter unter der Geländeoberfläche. Sie erträgt Sauerstoffmangel im Wurzelbereich und wächst auf fein sandigen bis hin zu schlammigen, nährstoffreichen Böden mit einem pH-Toleranzbereich von 4 bis 8.
Die Samen, Wurzeln und Sprosse sind eine wichtige Nahrungsquelle insbesondere für Wasservögel. Für kleine Säugetiere ist die Pflanze dagegen als Nahrung von geringerem Wert. Ferner dienen die Bestände der Gewöhnlichen Sumpfbinse etlichen Tieren als Versteck- oder Brutmöglichkeit. Besonders für Libellenlarven und andere Wasserinsekten, welche zur letzten Häutung zum adulten Tier das Wasser verlassen, sind die Halme der Sumpfbinsen, an denen sie hochkriechen können, von Bedeutung.
Quellen und weiterführende Informationen
Die Informationen dieses Artikels entstammen den unter Literatur und Weblinks angegebenen Quellen, darüber hinaus liegen folgende Einzelnachweise zugrunde:
Einzelnachweise
- ↑ nach Germplasm Resources Information Network (GRIN), abgerufen am 22. Juni 2007
- ↑ 2,0 2,1 nach R. Govaerts (2004): World Checklist of Monocotyledons Database in ACCESS: 1-54382. und L. Boulos (2005). Flora of Egypt 4: 1-617. Al Hadara Publishing, Cairo. The Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew, abgerufen am 22. Juni 2007
- ↑ E. Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora. Ulmer, Stuttgart 1994. ISBN 3-8252-1828-7
Literatur
- H. Haeupler & Th. Muer: Bildatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Ulmer Verlag, Stuttgart, 2000. ISBN 3-8001-3364-4
- J. Grau, B. P. Kremer, B. M. Möseler, G. Rambold & D. Triebel: Gräser, Mosaik-Verlag, München 1996, ISBN 3-576-10702-9
- Heinz Ellenberg, H. E. Weber, R. Düll, V. Wirth, W. Werner & D. Paulißen: Zeigerwerte von Pflanzen in Mitteleuropa. Scripta Geobotanica 18, Verlag Erich Goltze, 1992. ISBN 3-88452-518-2
Weblinks
- Gewöhnliche Sumpfbinse. FloraWeb.de
- Flora of North America, abgerufen am 22. Juni
- Flora of Pakistan, abgerufen am 22. Juni
- Hauser, A. Scott. 2006: Eleocharis palustris. [1] In: Fire Effects Information System, http://www.fs.fed.us/database/feis/plants/graminoid/elepal/all.html U.S. Department of Agriculture, Forest Service, Rocky Mountain Research Station, Fire Sciences Laboratory (Producer)., abgerufen am 22. Juni 2007
Verbreitungskarten
- Arealkarte von Hultén zur weltweiten Verbreitung nach Den virtuella flora
- Verbreitung in Nordamerika nach Flora of North America