Pneumokokken



Pneumokokken

Streptococcus pneumoniae

Systematik
Abteilung: Firmicutes
Klasse: Bacilli
Ordnung: Lactobacillales
Familie: Streptococcaceae
Gattung: Streptococcus
Art: Pneumokokken
Wissenschaftlicher Name
Streptococcus pneumoniae
(Klein 1884) Chester 1901

Pneumokokken (eingedeutschter Plural aus dem latinisierten Singular Pneumococcus, der sich aus den beiden altgriechischen Bestandteilen {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value) pneúmōn ‚Lunge‘ und {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value) kókkos ‚Kern‘, ‚Korn‘ zusammensetzt)[1] sind grampositive Bakterien der Art Streptococcus pneumoniae, die morphologisch zu der Gruppe der Diplokokken gehören, also paarweise gelagert sind.

Krankheitsbild

Pneumokokken sind Bakterien, die schwere Infektionen verursachen. Bei Säuglingen, Kleinkindern, älteren Menschen und Personen mit chronischen Grundleiden können sie besonders gefährlich werden. Weltweit sterben jährlich etwa zwei Millionen Menschen an einer durch Pneumokokken verursachten Infektion, darunter mehr als eine Million Kinder unter fünf Jahren mit einer Lungenentzündung. In Deutschland fallen nach Angaben der Ärzte Zeitung jedes Jahr rund 75.000 Menschen einer Lungenentzündung zum Opfer. Trotz Antibiotika tritt die Hälfte dieser Todesfälle bereits innerhalb der ersten 48 Stunden ein. In der Akutphase liegt die Sterblichkeit bei etwa acht Prozent, in den darauffolgenden Monaten bei weiteren etwa fünf Prozent. Weltweit sterben jährlich geschätzt 826.000 Kinder unter 6 Jahre an Pneumokokkeninfektionen.[2]

Pneumokokken können eine Vielzahl von Krankheiten hervorrufen.

Die meisten Menschen, die an Lungenentzündung (Pneumonie) erkranken, sind über 50 Jahre alt. Diese ist auch deshalb besonders gefährlich, weil sie leicht übersehen wird. Typische Krankheitssymptome, wie plötzliches hohes Fieber, Schüttelfrost, Husten, eitriger Auswurf, sind im Alter seltener. Typischerweise beginnt die Lungenentzündung nach vorausgegangenem Infekt der oberen Atemwege. Säuglinge zeigen neben Husten oftmals untypische Symptome wie Trinkschwäche oder Schnupfen. Kleinkinder leiden unter Husten, schnellem Puls, sind blass und haben Fieber.

Der Hirnhautentzündung (Meningitis) geht meist eine Infektion der oberen Atemwege voraus. Im Säuglingsalter haben Kinder hohes Fieber, erbrechen, sind apathisch oder unruhig, verweigern die Nahrung oder erleiden Krampfanfälle. Sind die Kinder älter als ein Jahr, tritt die typische Nackensteifheit (Meningismus) auf, darüber hinaus Kopfschmerzen und Bewusstlosigkeit. Auch wenn das Kind die Infektion überlebt, kann es Hirnschäden zurückbehalten, taub sein oder schlechter sehen. Bei Kindern unter fünf Jahren sind Pneumokokken die zweithäufigste Ursache bei akuten bakteriellen Hirnhautentzündungen.

Eine Mittelohrentzündung (Otitis media) verursacht bei den betroffenen Kindern starke Ohrenschmerzen und Fieber. Manche Kinder leiden unter häufig wiederkehrenden Mittelohrentzündungen. In Deutschland erkranken nach Schätzungen jährlich 300.000 bis 600.000 Kinder unter fünf Jahren an akuter Mittelohrentzündung.

Bei der Nasennebenhöhlenentzündung (Sinusitis) treten Fieber und Kopfschmerzen auf, die Nebenhöhlen sind vereitert. Säuglinge erkranken nur selten an einer Entzündung der Kieferhöhlen, weil diese noch nicht vollständig ausgebildet sind. Das sogenannte Siebbeinzellensystem kann aber bei ihnen auch betroffen sein.

Eine Hornhautentzündung durch Pneumokokken verläuft oft rasch penetrierend und schmerzhaft (Ulcus serpens).

Infektionsweg

Pneumokokken werden selten durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch weitergegeben, sondern es handelt sich meistens um endogene Infektionen. Sie besiedeln die Schleimhäute des Nasenrachen (Nasopharynx). Träger und Überträger von Pneumokokken sind hauptsächlich Kinder in den ersten beiden Lebensjahren, Erwachsene ohne Kontakt zu Kleinkindern sind nur zu etwa 5 % besiedelt, eine Zahl die allerdings mit zunehmendem Alter (>65 Jahre) und schwächerem Immunsystem wieder ansteigt. Überträger werden meist von einem bis maximal drei verschiedenen Serotypen zugleich besiedelt, die jedoch immer wieder durch neue ersetzt werden.

Eine Besiedlung mit Pneumokokken ist meist symptomlos und ohne Krankheitsbild (eventuell leichte Erkältung). Sie binden jedoch die körpereigenen Abwehrkräfte, stören die Abwehrmechanismen und tragen dadurch zu erhöhter Infektionsgefahr bei vor allem durch Virusinfektionen mit chronischen Krankheiten, besonders im Alter, und fördern damit zusätzlich die Ausbreitung des Bakteriums. Mittelohr-, Nasennebenhöhlen-, Lungen- oder Hirnhautentzündung können dann die Folge sein, während ein Übergang in die Blutbahn (zumeist über vorherige Infektion der Lunge) zu Sepsis (Blutvergiftung) führt. Allerdings sind die genauen Gründe, warum bei manchen Menschen eine Besiedlung zu lebensbedrohlichen Krankheiten führt, während die meisten keinerlei Symptome zeigen, noch nicht vollständig erforscht. In hohem Maße gefährdet sind die am meisten besiedelten Bevölkerungsgruppen, wie Kinder in den ersten beiden Lebensjahren (noch nicht vollständig angepasstes Immunsystem) und alte Menschen.

Therapie

Trotz der weltweit steigenden Antibiotikaresistenzen sind Penicilline weiterhin Mittel der 1. Wahl zur Therapie von Pneumokokken-Infektionen.[3] Besonders in Deutschland ist die Resistenzsitutation der Pneumokokken gegenüber Schmalspektrumpenicillinen äußerst günstig, weswegen oftmals eine gezielte und leitliniengerechte Therapie z.B. mit Penicillin G indiziert ist.[4] Vorteile bietet auch die Verwendung von Aminopenicillinen, da sie auch gegen differenzialdiagnostisch wichtige Keime wie Haemophilus influenzae ebenfalls gut wirksam sind. Eine Ausnahme bildet die Pneumokokken-Meningitis, da hier mit den schlecht liquorgängigen Penicillinen keine ausreichend hohen Wirkstoffdosen am Entzündungsherd erreicht werden. Bei Verdacht auf Pneumokokken-Meningitis sollte unmittelbar eine Therapie mit Cephalosporinen begonnen werden. Als Reserveantibiotika bei penicillinresistenten Pneumokokken-Stämmen stehen Rifampicin und Vancomycin zur Verfügung.[5]

Impfung

Für die Impfung gegen Pneumokokken stehen zwei Impfstoffe zur Verfügung. Ein sogenannter Polysaccharid-Impfstoff steht seit vielen Jahren zur Verfügung und ist vor allem für ältere Kinder und Erwachsene bestimmt. Er wirkt gegen 23 verschiedene Pneumokokkentypen, die für 90 Prozent der Erkrankungen verantwortlich sind. Ein sogenannter Konjugat-Impfstoff wurde im Februar 2001 zugelassen und ist für Kleinkinder bestimmt. Der neue Impfstoff ist gegen die sieben für Kinder gefährlichen und häufigsten Typen der Pneumokokken gerichtet.

Bevor der Konjugatimpfstoff eingeführt wurde, gab es die Schutzimpfung gegen Pneumokokken nur für Kinder ab dem dritten Lebensjahr sowie Jugendliche und Erwachsene. Der für sie geeignete Polysaccharid-Impfstoff ist aber, weil er aus den unveränderten Zuckermolekülen der Kapsel besteht, bei Säuglingen und Kleinkindern nicht ausreichend wirksam. Daher konnten Kinder unter zwei Jahren zuvor nicht gegen Pneumokokken-Infektionen geimpft werden. Bei der Herstellung des Konjugatimpfstoffes hat man sich eines Kunstgriffs bedient. An die Kapsel-Zuckermoleküle wurde ein Eiweißmolekül gebunden, das es den weißen Blutkörperchen erleichtert, den Erreger zu erkennen. Seit März 2001 steht auch in Deutschland ein Konjugatimpfstoff zur Verfügung, der bei Säuglingen und Kleinkindern erfolgreich eingesetzt werden kann. In klinischen Studien wurden in den USA und in Finnland mehr als 37.000 Kleinkinder geimpft. Dabei ist die Wirksamkeit des neuen Impfstoffes bei der ausgewählten Zielgruppe belegt worden.[6]

Obwohl die Impfung gut verträglich ist, ist nur ein kleiner Teil der Menschen, für die sie empfohlen wird, geimpft. Insbesondere wird von der Impfung erhofft, das Entstehen von Antibiotika-Resistenzen einzudämmen, die das Behandeln von Pneumokokken-Infektionen weltweit erschweren. Daher wird von einigen Stellen gefordert, die Impfung sollte in größerem Umfang genutzt werden als bisher.

Empfehlungen für die Pneumokokken-Impfung

Die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut, STIKO, hat ihre Impfempfehlungen aktualisiert und im Epidemiologischen Bulletin 30/2006 veröffentlicht.[7] Darin wird die Impfung für folgende Personen empfohlen:

  • alle Personen ab 60 Jahre
  • alle Kinder ab dem vollendetem zweiten Lebensmonat bis zum zweiten Lebensjahr
  • Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge einer Grundkrankheit wie zum Beispiel:
    • chronische Erkrankungen der Lunge (einschließlich Asthma und COPD) und des Herz-Kreislauf-Systems
    • chronische Leber- oder Nierenerkrankungen
    • Diabetes mellitus und andere Stoffwechselerkrankungen
    • Krankheiten der blutbildenden Organe
    • angeborene oder erworbene Defekte des Immunsystems
    • Patienten mit funktionsuntüchtiger oder fehlender Milz
    • vor Beginn einer immunsuppressiven Therapie oder vor einer Organtransplantation
    • Patienten mit neoplastischen Erkrankungen
    • bei Krebserkrankungen
    • bei HIV-Infektionen
    • nach Knochenmarkstransplantation

Die Pneumokokken-Impfung schützt vor invasiven Infektionen durch Pneumokokken. Zur Kosten-Nutzen-Relation: Eine Forschergruppe der Universität Maastricht um Silvia Evers hat ausgerechnet, wie es um das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Pneumokokken-Vakzination mit einem 23-valenten Polysaccharid-Impfstoff bestellt ist. Als obere Schranke gelten dabei 50.000 Euro pro qualitätsgleichem Lebensjahr (QALY; 1 QALY entspricht, kurz gesagt, einem in völliger Gesundheit verbrachten Lebensjahr). Maßnahmen, die weniger als 50.000 Euro pro QALY kosten, gelten Gesundheitsökonomen als kosteneffizient. Evers' Analyse erstreckte sich auf zehn europäische Länder. Es ergaben sich Kosten-Nutzen-Verhältnisse zwischen 9.239 (Dänemark) und 23.657 Euro pro QALY (Schweden). Deutschland rangiert in diesen Berechnungen mit 17.093 Euro pro QALY im Mittelfeld. In Deutschland wird die Pneumokokken-Impfung für chronisch Kranke (Diabetiker, Asthmatiker, COPD- und Herz-Kreislauf-Kranke) sowie für über 60-Jährige empfohlen.[8]

Eine niederländische Forschergruppe stellte fest, dass trotz guter Wirksamkeit der Impfung, diese in den USA und den Niederlanden zu einer Ausbreitung des Serotyps 19A führt. Dieser bilde häufig Resistenzen gegen die von der Impfung verursachten Immunantwort.[9]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Wilhelm Gemoll: Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch. München/Wien 1965.
  2. O'Brien et.al. Burden of disease caused by Streptococcus pneumoniae in children younger than 5 years: global estimates. The Lancet, Volume 374, Issue 9693, Pages 893 - 902
  3. Reinert RR.: The antimicrobial resistance profile of Streptococcus pneumoniae. In: Clinical microbiology and infection. 3. Jahrgang, 15, S. 7–11, PMID 19366363.
  4. GERMAP 2010. Abgerufen am 15. Dezember 2011.
  5. http://www.zct-berlin.de/klinik.praxis/streptoPneumoniae.html
  6. Black S, Shinefield H, Fireman B, Lewis E, Ray P, Hansen JR, et al: Efficacy, safety and immunogenicity of heptavalent pneumococcal conjugate vaccine in children. Northern California Kaiser Permanente Vaccine Study Center Group. Pediatr Infect Dis J 2000;19(3):187-95. PMID 12352800
  7. Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO), Robert-Koch-Institut, Berlin 2006, PDF, 164 kB
  8. Mehr Nutzen als Kosten, Ärztliche Praxis, 5. August 2008, S. 6
  9. Elske J. M. van Gils, MD; Reinier H. Veenhoven, MD, PhD; Eelko Hak, PhD; Gerwin D. Rodenburg, MD et al. : Pneumococcal Conjugate Vaccination and Nasopharyngeal Acquisition of Pneumococcal Serotype 19A Strains, JAMA. 2010;304(10):1099-1106. doi:10.1001/jama.2010.1290, PMID 20823436

Weblinks

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