Rundblättriger Sonnentau
Rundblättriger Sonnentau | ||||||||||||
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Rundblättriger Sonnentau (Drosera rotundifolia) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Drosera rotundifolia | ||||||||||||
L. |
Der karnivore Rundblättrige Sonnentau (Drosera rotundifolia), auch Himmelstau, Herrgottslöffel, Himmelslöffelkraut, Spölkrut oder Widdertod genannt, ist eine Art aus der Familie der Sonnentaugewächse (Droseraceae). Die Art ist wie alle in Deutschland vorkommenden Sonnentauarten durch die Bundesartenschutzverordnung geschützt.
Beschreibung
Der Rundblättrige Sonnentau ist eine mehrjährige krautige Pflanze. Die Pflanze erscheint aus einer Winterknospe, dem so genannten Hibernakel und bildet eine bodenständige Rosette mit einer Wuchshöhe von 5 bis 20 Zentimetern. Nach der Blüte setzt bereits im frühen Herbst die Winterruhe der Pflanze ein, indem sie erneut eine Winterknospe bildet und ihre Blätter komplett einzieht. Das weniger auf Nährstoffversorgung als auf Verankerung ausgerichtete Wurzelsystem der Pflanze ist schwach ausgeprägt und reicht nur wenige Zentimeter tief.
Blätter
Die Pflanzen tragen an 1 bis 7 cm langen Blattstielen stehende rundliche, horizontal ausgestreckte Fangblätter mit einem Durchmesser von 0,5 bis 1,8 Zentimeter. Die Blätter sind jeweils mit rund 200 haarfeinen rötlichen Tentakeln besetzt, die an ihrem Ende ein klebriges Sekret ausscheiden, das zum Fang der Insekten dient. Mit diesen Blättern fängt der Rundblättrige Sonnentau zumeist kleine Insekten wie z. B. Mücken oder Fliegen, gelegentlich aber auch größere Insekten wie Schmetterlinge oder Libellen, letztere mittels mehrerer Blätter zugleich.
Blüte
Der Rundblättrige Sonnentau blüht von Juni bis August an ein bis zwei, bis zu 30 cm hohen, einseitigen Trauben mit bis zu 25 weißen, knapp 1 cm großen, an 2 Millimeter langen Blütenstielen sitzenden Blüten, die sich nur bei ausreichendem Sonnenschein öffnen.
Frucht und Samen
Häufig werden vom Rundblättrigen Sonnentau durch Fremdbestäubung (Selbstbefruchtung ist aber möglich) in ungefurchten Kapseln große Mengen an etwa 1,5 mm langen, spindelförmigen, braun-schwarzen Samen produziert. Da die Samen sehr klein und leicht sind,werden sie zumeist durch den Wind an neue Standorte verbracht.
Ökologie
Der Rundblättrige Sonnentau ist eine ausdauernde, sommergrüne Rosettenpflanze und ein Hemikryptophyt, der durch achselbürtige Winterknospen überdauern kann. Seine Blätter sind zu Fangblättern umgestaltet. Die Drüsen darauf sind Emergenzen mit besonderen Leitbahnen für die aufgenommenen Stoffe. Es liegt Karnivorie vor. Der Tierfang dient vor allem der zusätzlichen Gewinnung von Stickstoffverbindungen auf Nährsalz armen Böden. Die Fangblätter sind am Rand mit lang gestielten, durch Eiweißstoffe reizbaren Drüsenzotten, den sogenannten Tentakeln besetzt. Diese scheiden an ihrer Spitze einen zähflüssigen, glänzenden, duftenden Tropfen ab, der u.a. Eiweiß spaltende Enzyme und Ameisensäure enthält. In der Blattmitte befinden sich kurzstielige Verdauungsdrüsen. Winzige Insekten, z.B. Mücken, werden von dem Fangschleim festgehalten. Nach etwa einer Stunde bewegen sich die gereizten Tentakeln durch eine Wachstumsbewegung zur Blattmitte. Schließlich beginnt sich nach etwa 2 Stunden das ganze Blatt einzukrümmen, so dass weitere Verdauungsdrüsen in Kontakt mit der Beute treten können. Nach etwa 8-12 Stunden ist der Vorgang abgeschlossen. Nach mehreren Tagen ist die Verdauung beendet, und die Blattspreiten werden wieder flach. Nur der Chitinpanzer der Beute wird nicht verdaut.
Die Blüten sind anfangs meist geschlossenblütig (kleistogam). Erst später werden normale Blüten ausgebildet, die meist nur morgens für kurze Zeit geöffnet sind. Ihr Pollen steht in Tetraden. Bestäuber sind kleine Zweiflügler. [Blütezeit ist von Juni bis August.
Die Früchte sind fachspaltige Kapseln, die den Winter überdauern. Die winzigen, nur 0,02 mg schweren Samen haben kein Nährgewebe, einen reduzierten Keimling und eine aufgeblasene Samenschale. Dadurch können sie als Körnchenflieger eine Flugweite über 10 km erreichen. Das erlaubt die schnelle Besiedlung frei gewordener, auch entfernter Standorte. Die Keimung ist wahrscheinlich nur mit Hilfe von Pilzen möglich. Außerdem sind die Samen Lichtkeimer und Frostkeimer. Fruchtreife ist von August bis Oktober. Die Vegetative Vermehrung erfolgt durch Brutknospen an absterbenden Blättern im feuchten Moos (Blattembryonie).
Verbreitung
Der Rundblättrige Sonnentau kommt fast überall auf der nördlichen Halbkugel vor, von Europa über Asien bis Nordamerika, selbst in Alaska und Grönland ist die Pflanze beheimatet. Die Pflanze bedarf vollsonniger Standorte auf nassen, nährstoffarmen und kalkfreien Böden mit einem pH-Wert zwischen neutralen 7 und sauren 3, dementsprechend wächst sie in der Regel in Mooren oder Feuchtgebieten, wo sie sich in Torfmoosteppichen der Moorschlenken oder als Pionierpflanzen auf regelmäßig freigelegten Torf- und Tonböden finden. Bedingt durch die Trockenlegung von Moorgebieten sowie den Torfabbau schwindet der Lebensraum des Rundblättrigen Sonnentaus immer mehr.
Systematik
In Höhenlagen findet sich gelegentlich eine Zwergform mit kleineren Blättern und nur 1-3 Blüten (Drosera rotundifolia f. pygmaea SAELAN ex HJELT, Drosera rotundifolia var. gracilis LAEST. ex HULTEN). Wo sie gemeinsam mit Drosera anglica vorkommt, hybridisiert sie oftmals zu Drosera x obovata.
Etymologie
Der botanische Name leitet sich wie der deutschsprachige von der Form der Blätter ab, das Epitheton rotundifolia bedeutet "rundblättrig".
Verwendung
Noch vor der Erkenntnis, dass der Rundblättrige Sonnentau karnivor ist, wurde die Pflanze im 12. Jahrhundert von Matthaeus Platearius, einem italienischen Arzt aus der Schule von Salerno, unter dem Namen „herba sole“ als Heilkraut gegen Reizhusten beschrieben. Später fand er auch Verwendung gegen jede Art von Lungenleiden, Schwindsucht, Epilepsie oder Geisteskrankheit.
Noch heute wird in der Homöopathie Sonnentau gegen Husten verwendet, allerdings ist die Verwendung des Rundblättrigen Sonnentaus wegen seines Status als geschützte Art zugunsten importiertem Drosera madagascariensis und Sonnentauarten aus Zuchten zurückgegangen.
Der Rundblättrige Sonnentau war als “lus-na-feàrnaich” in den schottischen Highlands ein traditioneller Farbstoff für die Farbe Purpur [1].
Sonstiges
1860 stieß Charles Darwin auf einer Heide in Sussex auf Vorkommen des Rundblättrigen Sonnentau und war über die große Anzahl der gefangenen Insekten erstaunt. Darwin begann daraufhin, die Pflanze in Hinsicht auf eine mögliche Karnivorie näher zu untersuchen und führte über Jahre ausgiebige Versuchsreihen an ihr durch. Zwar war die Idee der Karnivorie von Pflanzen nicht neu, wurde aber von den Botanikern der Zeit einhellig abgelehnt.
Mit dem 1875 in englisch und bereits im folgenden Jahr in deutsch vorliegenden Werk "Insectivorous Plants" ("Insectenfressende Pflanzen") bewies er die Existenz der Karnivorie für den Rundblättrigen Sonnentau und zugleich für zahlreiche weitere Gattungen und Arten. So durchbrach er das von Carl von Linné aufgestellte Dogma, dass die Karnivorie "wider die gottgewollte Ordnung der Natur" sei.
Der Rundblättrige Sonnentau wurde zur Blume des Jahres 1992 gewählt.
Literatur
- Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen, Stuttgart, 1876
- Diels, Ludwig: Droseraceae, in Engler, A. (Hrsg.): Pflanzenr. 4, 112 : 109, 1906
- Barthlott, Wilhelm; Porembski, Stefan; Seine, Rüdiger; Theisen, Inge: Karnivoren, Stuttgart, 2004, ISBN 3-8001-4144-2
- R. Düll/ H. Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands. 7. Auflage, Quelle & Meyer-Verlag, 2011, ISBN 978-3-494-01424-1
Einzelnachweise
- ↑ Dwelly, Edward; "Dwelly’s [Scottish] Gaelic Dictionary” (1911)