Treibnetzfischerei


Die Treibnetzfischerei ist eine Methode der passiven Fischerei, die in den Gewässern der EU und vielen anderen Gebieten illegal ist.

Als Fanggeräte finden Treibnetze Anwendung, die zu einer sog. Fleet vereinigt werden. Hauptfangobjekte der Treibnetzfischerei sind Hering, Lachs und Thunfisch. Trifft ein Schwarm auf ein im Wasser schwimmendes Treibnetz, so stoßen die Fische mit den Köpfen durch die Netzmaschen und können nicht weiter. Durch den Druck auf die Kehle spreizen sich die Kiemen, so dass sich der Fisch beim Zurückweichen aufhängt.

Das Treibnetz ist ein senkrecht schwimmendes, rechteckiges Netztuch. Die Ausmaße der Netze sind sehr unterschiedlich, sie reichen von 26 Metern Länge beim Heringsfang bis zu 100 Kilometern Länge beim Thunfischfang.

Deutsche Heringsfleet. 1: Wasseroberfläche 2: Fleetreep 3: Brails 4: Jonas (am Fleetende und nach jeweils einem Quartel entspr. ca. 15 Netzen) 5: Brailtau, 6m 6: Zeisinge, 8m 7: Sperreep mit Flotjes (Korken) und Staalen 8: Unterwant mit Bleien 9: Netz oder Want, 15x30m

Am Obersims der Netze sind Vereinigung von Auftriebskörper aus Kork oder ähnlichem Material angebracht. Die Anzahl der Auftriebskörper hängt von den Abmessungen der Netze, der voraussichtlichen Fangmenge, dem Gewicht der Leinen, der Auftriebskraft der Auftriebskörper und anderer Faktoren ab.

Auftriebskörper aus Glas

Die einfache Fleet besteht aus 10 bis 20 Netzen und findet nur bei Fang mit kleinen Schiffen in Küstennähe oder auf Binnenseen Anwendung. Zum Aussetzen wird das Schiff mit dem Bug in den Wind gedreht und treibt dann mit langsam drehendem Propeller rückwärts. Nach Aufnahme der Rückwärtsfahrt wird zuerst die Endmarkierungsboje ausgesetzt, der dann die Netze sowie die anderen Teile der Fleet folgen. Die Drift erfolgt gewöhnlich nachts und das Einholen morgens, sie umfasst 6 bis 8 Stunden.

Kritik

Mit Treibnetzen lässt sich kein selektiver Fischfang betreiben. Unzählige Wale (hauptsächlich Große Tümmler und andere Delfine) sterben in Treibnetzen, da auch sie sich verhängen und ersticken, ebenso Haie, Robben, Meeresschildkröten und Seevögel. Dies geschieht insbesondere bei der Jagd auf Thunfische. Umweltorganisationen wie der WWF, Greenpeace oder das Earth Island Institute (USA) gehen davon aus, dass die Zahl der unbeabsichtigten Beifänge jährlich mehrere Millionen Tiere betrug und protestierten Jahre lang gegen den Einsatz dieser auch Netze des Todes genannten Fischereigeräte.

Darüber hinaus werden auch Treibnetze verloren und treiben jahrelang herrenlos im Meer. Laut einer Schätzung gehen über 1.200 Kilometer Netze jedes Jahr allein im Nordostatlantik verloren.[1]

1991 gründete der Weltumsegler und Buchautor Rollo Gebhard eigens eine Organisation, um die Treibnetzfischerei aus den Weltmeeren zu verbannen.[2]

Rechtliche Situation

Weltweit

Treibnetze sind wegen ihrer immensen Beifangraten weltweit geächtet. Die UN verbot ihren Einsatz 1991 mit der Resolution A/RES/46/215[3].

Europa

In der EU galt bis Ende 2001 eine nur unzureichend überwachte Ausnahmeregelung für bis zu 2,5 km lange Treibnetze. Erst 2002 wurde ihr Einsatz verboten. Hiervon war allerdings die Ostsee ausgenommen, in der Treibnetze ohne Längenbeschränkung noch bis Ende 2007 für den Lachsfang eingesetzt werden durften.

Seit dem 1. Januar 2008 sind Treibnetze in allen EU-Gewässern ausnahmslos verboten.[4]

Wiedereinführung von Treibnetzen durch die EU

Am 21. Dezember 2006 erließ die EU die Verordnung des Ministerrates zu Managementmaßnahmen für eine nachhaltige Nutzung der Fischressourcen im Mittelmeer.[5]

Hierin werden Grundstellnetze, die eigentlich nur am Meeresgrund gestellt werden, umdefiniert. Als Grundstellnetze gelten jetzt auch alle am Boden verankerten Netze mit einer maximalen Höhe von 30 Metern, die entweder nahe dem Meeresgrund oder frei in der Wassersäule schwebend aufgespannt werden. Naturschützer sehen in diesen so genannten Schwebenetzen eine Wiedereinführung der Treibnetzfischerei, da Schwebenetze nicht von diesen zu unterscheiden sind und an oder nahe der Wasseroberfläche im Pelagial schwebend ähnliche Fangeigenschaften wie Treibnetze haben.[6][7]

Illegale Treibnetzfischerei

Heute werden Treibnetze vorrangig von illegal operierenden Piratenfischern eingesetzt. Nach Schätzungen der Umweltorganisation Greenpeace waren 2006 allein im Mittelmeer noch 400 bis 500 Treibnetzfischer unterwegs, die mit über 20 Kilometer langen Netzen insbesondere nach Rotem Thun und Schwertfisch fischen.

Die Western Fishboat Owners Association (WFOA), ein Zusammenschluss von US-Thunfischfängern mit Sitz in Kalifornien, beklagt, dass auch im Nordpazifik und im Indischen Ozean verstärkt illegale Treibnetzfischer beobachtet werden. Meist handelt es sich um unter der Flagge Georgiens operierende Schiffe, die vor allem Jagd auf Albacore und andere Thunfischarten machen.[8] Die WFOA will jetzt in Zusammenarbeit mit der US-Küstenwache und der Fischereiabteilung der Wetter- und Ozeanografiebehörde der Vereinigten Staaten NOAA verstärkt Jagd auf illegale Treibnetzfischer machen.

Alternativen beim Thunfischfang

Selektiver Thunfischfang mit Bambusangeln (Azoren)

Von Ausnahmen abgesehen, haben sich beim Thunfischfang heute andere Fangmethoden durchgesetzt:[9]

Pelagische Langleinen vor allem zum Fang von Rotem Thun, Großaugen-Thun oder Südlichem Blauflossen-Thun für den Frischfischmarkt vor allem nach Japan für Sushi und Sashimi sowie von Gelbflossen-Thun als Dosenthunfisch. Die Beifangrate (Seevögel, Meeresschildkröten, Haie und Rochen) ist hoch und liegt laut FAO bei ca. 20 Prozent der Gesamtfangmenge. Mit ihrer ähnlich verheerenden ökologischen Wirkung für Nicht-Zielfischarten sind Langleinen allerdings keine akzeptable Alternative zur Treibnetzfischerei .

Ringwaden, mit einer vergleichbar niedrigen Beifangrate von etwa 5 % des Gesamtfangs, was unter der weltweiten Durchschnittsbeifangrate aller Fischereimethoden von 8 % liegt.

Schleppangeln und Bambusangeln mit einer Beifangrate von durchschnittlich nur 0,7 % der Gesamtfangmenge.

Siehe auch

Quellen

Literatur

  • Peter C. Mayer-Tasch: Meer ohne Fische? Profit und Welternährung. 1. Aufl. Campus Verlag, 2007, ISBN 3593383500
  • Hans-Peter Rodenberg und Gudrun Pawelke: See in Not. Die größte Nahrungsquelle des Planeten: eine Bestandsaufnahme. 1. Aufl. Marebuchverlag, 2004, ISBN 3936384495

Weblinks