Östlicher Wollmaki



Östliche Wollmakis (Avahi laniger) bewohnen den östlichen Regenwald Madagaskars vor der südlichen Küste Afrikas.

Lebensraum

In diesen tropischen Regionen bewohnen die Populationen im Westen Madagaskars (A. occidentalis) trockene, verschieden hoch gelegene Wälder. A. laniger ist im Osten Madagaskars verbreitet und bewohnt dort feuchte Küstenwälder in tieferen Lagen. Die beiden Arten sind sich so ähnlich, dass einige Forscher bezweifeln, dass es sich um getrennte Arten handelt, trotz der Verhaltensunterschiede, die man bei beiden Primaten beobachtet hat [1][2].

Verbreitung

Aussehen

Östliche Wollmakis (Avahi laniger) erreichen in der Regel ein Gewicht zwischen 600 und 1.300 g. Die Kopf-Rumpflänge variiert zwischen 30,0 und 45,0 cm.

Steckbrief

Östliche Wollmakis sind in der Regel von grau-brauner oder rötlich-brauner Farbe, die innerhalb der beiden Arten variiert. Die Unterarme, Hände, Beine und Füße sind weiß und der Schwanz ist rötlich-orange. Im Gegensatz zu anderen Mitgliedern der Familie Indriidae, deren Fell eher seidig ist, haben Wollmakis ein dichtes und wolliges Fell (daher auch ihr Name). Wollmakis haben ein rundes Gesicht, das von kurzen Haaren bedeckt ist, ihre Ohren sind klein und oft unter dem wolligen Fell verborgen. Avahi laniger hat große Augen und eine kurze Schnauze. Ein charakteristischer weißen Streifen verläuft entlang des Oberschenkels. Die Geschlechter sehen sich sehr ähnlich, daher ist es nahezu unmöglich,Männchen und Weibchen aus der Ferne zu unterscheiden. Männchen haben etwas größere Backenzähne und ihr Schädel ist wuchtiger. Die unteren Schneidezähne der Wollmakis sind zu einer kammartigen Struktur umgewandelt (Zahnkamm der Lemuren) [3][4].

Östlicher Wollmaki (Avahi laniger) - biologie-seite.de
Östlicher Wollmaki (Avahi laniger) im Ranomafana National Park, Ifanadiana, Fianarantsoa, Madagaskar

Fortpflanzung

Wie viele andere Primaten auf Madagaskar scheinen sich männliche und weibliche A. laniger für ein ganzes Leben zusammenzuschließen. Diese Paare bilden zusammen mit ihren Jungen die sozialen Familiengruppen der Wollmakis [4].

Die Paarungen finden von März bis Mai statt, gefolgt von einer Tragzeit von etwa 135 Tage. Östliche Wollmakis werden im August und September geboren und entwickeln sich recht langsam. Das Neugeborene bleibt bei seiner Mutter bis es entwöhnt ist, und noch in der darauffolgenden Regenzeit. Junge Wollmakis werden im Schnitt im Alter von 6 Monaten entwöhnt. Im Vergleich dazu werden bei anderen Mitgliedern der Familie Indriidae die Jungen erst nach ca. 2 Jahren unabhängig [3][5].

Obwohl sich nur die Mutter um die Ernährung und den Schutz des Nachwuchses kümmert, bleiben die Väter immer in der Nähe. Es wurde jedoch noch kein einziger Wollmaki-Vater beobachtet, der seine Kinder herumträgt.

Die Säuglinge von Avahi laniger sind solange von der Mutter abhängig, bis sie vollständig in der Lage sind, sich selbst zu ernähren und auf eigene Faust herumzustreifen. Von der Geburt bis zum Alter von ca. 2 Monaten wird das Junge Bauch an Bauch von der Mutter herumgetragen, und 3 bis 4 mal täglich in langen Sitzungen gesäugt. Die Mutter begibt sich dabei in eine bequemen Position und hält ein Mittagsschläfchen, während die Säuglinge trinken. Wenn der Nachwuchs älter wird, wechselt er vom Bauch auf den Rücken der Mutter und fängt langsam an, sich weiter zu entfernen und seine Umgebung zu erkunden.

Den Jungen werden Ernährungsweisen spielerisch beigebracht. Sie spielen erst mit der Nahrung, die ihre Mutter sonst zu sich nimmt. Diese kaut und nagt oft an Zweigen und Früchten, ohne sie zu verschlucken, nur um dem Nachwuchs beizubringen, welche Lebensmittel ungiftig und gut verdaulich sind.

In diesem Alter entwickeln die Jungen auch ein stärkeres Bewusstsein für die Umgebung, indem sie immer wieder nach nahe gelegenen Ästen und Zweigen greifen. Im Alter von 6 Monaten lernt der Nachwuchs, nun endlich entwöhnt und ihrer Mutter folgend, von Ast zu Ast zu springen. Gelegentlich fallen sie dabei fast 10 Meter in die Tiefe und sterben. Sie lernen jedoch schnell, Distanzen einzuschätzen, und trauen sich auch schwere Sprünge zu. Nach einem Jahr ist der Nachwuchs der Wollmakis vollkommen unabhängig, aber die Mutter hält sich immer noch in der Nähe der Sprößlinge auf. Selbst nach zwei Jahren sind die Beziehungen zwischen Mutter und Kind relativ eng [6][5][3][7][8].

Lebenserwartung

Über die Lebenserwartung von Avahi laniger ist wenig bekannt. Es gibt nicht bestätigte Berichte, dass sehr junge Wollmakis in Gefangenschaft, also in Zoos, kaum älter als drei Monate werden. Jedoch weiß man von anderen Mitgliedern der Familie Indriidae, dass sie in Gefangenschaft bis zu 23 Jahre alt werden können. Es ist deshalb davon auszugehen, dass A. laniger eine ähnlich lange Lebensdauer hat [4][3][9].

Verhalten

Wollmakis sind nachtaktive Primaten. Sie halten sich aufrecht (vertikal) im Astgeflecht fest und bewegen sich durch weite Sprünge im Blätterdach fort. Wenn sie aus den Bäumen herabsteigen, stehen sie aufrecht und springen mit beiden Beinen gleichzeitig herum. Dabei halten sie wie die Sifakas ihre Arme in die Luft.

Aufgrund des geringen Nährwerts ihrer Nahrung, sind Avahi laniger nicht in der Lage, ein hohes Maß an Energie freizusetzen. Sie verbringen viel Zeit mit Schlafen. Avahi laniger sind wie alle Primaten sehr soziale Tiere, sie bilden besonders enge und dauerhafte Beziehungen zu ihren Artgenossen [6][3][7].

Die Reviere der östlichen Wollmakis (A. laniger laniger) sind etwa 1 bis 2 ha groß und überschneiden sich nicht. Das lässt darauf schließen, dass es ein gewisses Maß an Territorialverhalten gibt. Dies ist ist jedoch nicht bei den westlichen Wollmakis (A. laniger occidentalis) beobachtet worden, wo Reviere eine Fläche von 4 ha erreichen können [7][3].

Kommunikation

Wie bei allen Primaten ist davon auszugehen, dass Wollmakis (Avahi laniger) eine Vielzahl von Kommunikationsarten verwenden. Es gibt Berichte über Lautäußerungen. Darüber hinaus ist taktile Kommunikation (Berührungen), besonders innerhalb der Familie, sicherlich ein Mittel der Kommunikation. Visuelle Kommunikation in Form von Körperhaltungen und Gesten kommt wahrscheinlich auch vor.

Ernährung

Die Ernährungsgewohnheiten bei Avahi laniger sind wahrscheinlich sehr ähnlich wie die der eng verwandten Indris (Indri indri). Beide Arten leben in der gleichen Gegend und teilen sich die gleiche Nahrung. Dies ist nur möglich, weil sie ganz unterschiedliche Aktivitätszeiten haben. Avahi laniger ist nachtaktiv, während die Indris eine tagaktive Art sind. Obwohl man Wollmakis dabei beobachtet hat, wie sie Blüten und Früchte fressen, besteht ihre Ernährung hauptsächlich aus jungen Blättern. Sie fressen nur die Blattspreite , wobei die Mittelrippe und der Blattstiel übrig gelassen wird.

Ein männlicher Avahi laniger der von Harcourt (1991) bei der Nahrungssuche beobachtet wurde, zeigte einige interessante Verhaltensweisen. Das Männchen ging oft an das Ende eines Zweiges um Blätter zu pflücken, kehrte dann zum Stamm zurück, um sie erst dort zu fressen. Dieser Primat wurde auch beobachtet, wie er Teile aus den Blättern herausbiß, ohne sie ganz abzureißen [10][6].


Systematik

Gefahren

Wollmakis sind klein und leben im Verborgenen, um sich vor Raubtieren zu schützen. Trotzdem fallen viele vor allem dem Madagaskarhabicht (Accipiter henstii) zum Opfer, der sie während ihrer Ruhephasen tagsüber auf exponierten Zweigen ausfindig macht [1][11][12].

Wollmakis fungieren als Beutetiere für mehrere Raubtiere, einschließlich des Menschen. Durch seine teilweise Ernährung von Früchten hat Avahi laniger möglicherweise Einfluß auf die Pflanzenvielfalt in den Wäldern, in denen sie leben [1][13].

Obwohl Wollmakis zu den bedrohten Tierarten gehören, werden sie manchmal immer noch von den madagassischen Einheimischen gejagt [11]. Es gibt große Anstrengungen, die Art zu erhalten. Die Sorge der Naturschutzorganisationen liegt vor allem darin, dass die tropischen Regenwälder auf Madagaskar sehr rapide und in beträchtlichem Umfang schrumpfen. Madagaskars Wälder sind Heimat vieler endemischer Primaten und viele Menschen arbeiten hart daran, diese Lebensräume zu erhalten. Trotzdem werden ihre Zahlen immer geringer und die Jagd auf diese seltenen Lemuren zum Zwecke der der menschlichen Ernährung hält immer noch an ([11][3].


Literatur

[1] Flannery, 2000; [2] Tattersall & Sussman, 1975; [3] Nowak, 1991; [4] Parker, 1990; [5] Jolly, 1984; [6] Harcourt, 1991; [7] Harcourt und April, 1991; [8] Jolly, Oberle, und Albignac, 1984; [9] Tattersal und Sussman, 1975; [10] Cowlishaw & Dunbar, 2000; [11] Harcourt & Thornback, 1990; [12] Wolfsheim, 1983; [13] Wisconsin Regional Primate Research Center und University of Wisconsin - Madison, 2001