Das Klima wandelt sich schneller, als sich die Tierwelt anpassen kann



Bio-News vom 23.07.2019

Obwohl Tiere häufig auf den Klimawandel reagieren, sind solche Reaktionen im Allgemeinen unzureichend, um das rasante Tempo des Temperaturanstiegs zu bewältigen und gehen manchmal in die falsche Richtung.

Der Klimawandel bedroht das Überleben von Tierarten überall auf der Erde. Ihr Aussterben kann die Gesundheit der Ökosysteme beeinträchtigen, in denen sie leben. Daher ist es von großer Bedeutung zu beurteilen, inwieweit Tiere auf sich verändernde Umweltbedingungen – zum Beispiel durch eine Verschiebung der Brutzeiten bei Vögeln – reagieren können und ob diese Veränderungen ein langfristiges Fortbestehen der Bestände ermöglichen. Um diese Fragen zu beantworten, hat ein internationales Team von 64 Forschern unter der Leitung von Viktoriia Radchuk, Alexandre Courtiol und Stephanie Kramer-Schadt vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) mehr als 10.000 veröffentlichte wissenschaftliche Studien ausgewertet.


Kohlmeise (Parus major)

Publikation:


Radchuk V et al.
Adaptive responses of animals to climate change are most likely insufficient

Nature Communications

DOI: 10.1038/s41467-019-10924-4



Die Ergebnisse ihrer Analyse sind beunruhigend: Obwohl Tiere häufig auf den Klimawandel reagieren, sind solche Reaktionen im Allgemeinen unzureichend, um das rasante Tempo des Temperaturanstiegs zu bewältigen und gehen manchmal in die falsche Richtung. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift "Nature Communications" veröffentlicht.

In der Tierwelt ist eine zeitliche Veränderung biologischer Ereignisse wie Winterschlaf, Fortpflanzung oder Migration (phänologische Merkmale) die am häufigsten beobachtete Reaktion auf den Klimawandel. Veränderungen der Körpergröße, der Körpermasse oder anderer morphologischer Merkmale wurden ebenfalls mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht, zeigen aber – wie in dieser Studie bestätigt – kein systematisches Muster. Die Forscher untersuchten die wissenschaftliche Literatur auf Hinweise und Belege, die die Klimaveränderungen im Laufe der Jahre mit möglichen Veränderungen der phänologischen und morphologischen Eigenschaften in Verbindung bringen.

Basierend darauf bewerteten sie, ob beobachtete Merkmalsänderungen mit einem höheren Überleben oder einer erhöhten Anzahl von Nachkommen verbunden waren. „Unsere Forschung konzentrierte sich auf Vögel, weil vollständige Daten über andere Tiergruppen knapp waren“, sagt die Hauptautorin Viktoriia Radchuk (Leibniz-IZW). „Wir zeigen, dass in gemäßigten Regionen die steigenden Temperaturen mit der Verschiebung des Zeitpunkts biologischer Ereignisse hinzu früheren Zeiten verbunden sind."

Co-Autor Steven Beissinger (University of California in Berkeley) sagt: „Dies deutet darauf hin, dass Tierarten durchaus in der Lage sind, sich an Umweltveränderungen anzupassen. Solange sie sich schnell genug verändern, um den Klimawandel zu bewältigen, könnten sie daher in ihrem Lebensraum bleiben, auch wenn dieser sich erwärmt.“

Der Senior-Autor Alexandre Courtiol (Leibniz-IZW) fügt jedoch hinzu: „Das Entscheidende ist die Geschwindigkeit der Anpassungen und unsere Auswertung legt offen, dass selbst Tierarten, die sich an die veränderte Umwelt anpassen, dies nicht schnell genug tun, um ihr Überleben zu garantieren.“ Co-Autor Thomas Reed (University College Cork, Irland) erklärt: „Diese Schlussfolgerungen wurden ermöglicht, indem wir die beobachtete Reaktion auf den Klimawandel mit derjenigen verglichen, die zu erwarten wäre, wenn eine Population in der Lage wäre, ihre Eigenschaften in idealer Weise an den Klimawandel anzupassen.“

Noch beunruhigender ist die Tatsache, dass die analysierten Daten überwiegend gewöhnliche und häufige Arten wie die Kohlmeise (Parus major), den Trauerschnäpper(Ficedula hypoleuca) oder die Elster (Pica pica) umfassten, von denen bekannt ist, dass sie mit dem Klimawandel relativ gut umgehen. „Vergleichbare Anpassungen bei seltenen oder gefährdeten Arten müssen noch analysiert werden. Wir befürchten, dass die Prognosen zum Überleben für solche Arten, die für den Naturschutz von Belang sind, noch pessimistischer sein werden“, schließt Stephanie Kramer-Schadt (Leiterin der Abteilung für Ökologische Dynamiken des Leibniz-IZW). Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hoffen, dass ihre Analysen und die zusammengestellten Datensätze weitere Forschung zur Widerstandsfähigkeit von Tierpopulationen im globalen Umweltwandel stimulieren und zu einem besseren Vorhersagemodell beitragen werden, um zukünftige Maßnahmen des Naturschutzmanagements zu unterstützen.


Diese Newsmeldung wurde via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.

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