Roter Apollo


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Roter Apollo

Roter Apollo der a. rubidus-Gruppe auf einer Distelblüte (Südtirol)

Systematik
Ordnung: Schmetterlinge (Lepidoptera)
Familie: Ritterfalter (Papilionidae)
Unterfamilie: Parnassiinae
Gattung: Parnassius
Untergattung: Parnassius
Art: Roter Apollo
Wissenschaftlicher Name
Parnassius apollo
(Linnaeus, 1758)

Der Rote Apollo oder Apollofalter (Parnassius apollo) ist ein in Europa stark bedrohter und streng geschützter Schmetterling (Tagfalter) aus der Familie der Ritterfalter (Papilionidae). Der Gattungsname leitet sich vom Berg Parnass in Mittelgriechenland ab, der als Sitz der Musen gilt und dem Gott Apollon gewidmet ist. Der Apollofalter war 1995 in Deutschland das Tier des Jahres.

Merkmale

Imagines

Illustration von Jacob Hübner (um 1800)
Raupe des Roten Apollo, Illustration von F. Nemos (um 1895)

Die Falter erreichen eine Flügelspannweite von 60 bis 88 Millimetern. Der Thorax ist hellgrau bis schwarz und mit feinen haarartigen Schuppen besetzt. Die Flügel werden von einem weißlichen Grundton dominiert. Der Außenrand ist nicht beschuppt und glasig. Auf dem Vorderflügel sind ein oder mehrere schwarze Flecken erkennbar. Der Hinterflügel wird durch schwarz gefasste rote, zuweilen gelbliche Augenflecken (Ozellen) mit weißen Spiegeln geprägt. Die Ozellen fallen beim Weibchen besonders groß aus. Zusätzlich treten bei den Weibchen je nach Unterart mehr oder weniger häufig dunkel bestäubte Individuen auf. Die dunklere Färbung dient der Tarnung und der Erhöhung der Körpertemperatur in höheren Lagen bei Sonnenschein. Die Falter haben mit ihren wenigen Merkmalen eine sehr variable Erscheinung. Auch in der Postdiskalregion der Vorderflügel lassen sich zuweilen rote Flecken ausmachen sowie auf dem Innenwinkel der Hinterflügel. Die Flügelober- und unterseite ist gleich gefärbt bis auf zusätzliche rote Flecken im Basalbereich der Flügelunterseite.

Die Ozellen imitieren keine Augen sondern dienen als Warnung vor der Giftigkeit der Falter, die diese durch die Raupennahrung erhalten haben. In Ruhestellung, bei zusammengeklappten Flügeln, kommen die roten Flecken besonders gut zur Geltung. Sowohl Vögel als auch Eidechsen meiden die Falter als Nahrung.

Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zum Alpenapollo (Parnassius phoebus) stellen die Fühler da. Beim Roten Apollo sind sie einfarbig grau mit schwarzen Kolben und beim Alpenapollo sind sie schwarz weiß geringelt mit ebenfalls schwarzem Kolben.

Die Größe der Falter variiert stark und hängt zum einen mit der Höhe des Lebensraumes zusammen und zum anderen mit der Nahrungspflanze. Je höher der Lebensraum ist, desto kleiner werden die Falter. Bei Unterarten, die sich von rein sukkulenten Pflanzen ernähren, werden die Falter kleiner. Je sukkulenter die Pflanzen sind, desto mehr Wasser und weniger Nährstoffe enthalten diese. Dadurch sind die Falter in Mitteleuropa, wo die sukkulente Weiße Fetthenne (Sedum album) die bevorzugte Raupennahrung ist, kleiner, als Falter im Osten und Norden des Verbreitungsgebiets, in dem schwach sukkulente Arten der Gattung Orostachys bzw. Unterarten der Großen Fetthenne (Sedum telephium) die bevorzugte Nahrung der Raupen sind.

Merkmale der Präimaginalstadien

Die Eier sind weiß gefärbt und rundlich und haben eine körnige Oberfläche.

Die schwarzen Raupen sind an den Segmentgrenzen dunkelgrau beringt und kurz behaart. Sie haben seitlich pro Thoraxsegment zwei oder drei rote bis gelbe Flecken. Diese dienen, wie die roten Ozellen der Falter, der Warnung vor der Giftigkeit der Raupen. Unterschiede in der Größe und Farbe der meist drei Flecken können zur Unterscheidung von Unterarten dienen. Wie alle Raupen der Ritterfalter habe diese zwischen dem Kopf und dem ersten Thoraxsegment Nackengabel (Osmaterium).

Die Mumienpuppen sind schwarzbraun und bläulich bereift.

Lebensweise

Sphragis des Roten Apollo

Die Raupe überwintert in der Eihülle und verlässt diese im Frühjahr. Sie lebt einzeln an den Nahrungspflanzen, die je nach Region variieren. In Europa sind die Nahrungspflanzen Weiße Fetthenne (Sedum album) und Große Fetthenne (Sedum telephium ssp. telephium), seltener auch Felsen-Fetthenne (Sedum rupestre), Sedum tenuifolium oder Arten der Gattung Rhodiola aus der Familie der Dickblattgewächse (Crassulaceae) wie auch beim Alpenapollo Parnassius phoebus. In der Umgebung des Baikalsees frisst die Raupe an Großer Fetthenne oder an Arten der Gattung Orostachys (Dickblattgewächse) wie auch die Raupe des eng verwandten Parnassius nominon. Mit der Ausbreitung nach Westen fand ein auch Wechsel vom Flachland zu Gebirgslagen statt und damit einher ging ein Wechsel der Nahrungspflanze von Sedum telephium Unterarten zu Weißer Fetthenne und eng verwandten Arten. Dieser Wechsel ist in den Alpen, der Türkei und den Beskiden zu beobachten. Raupen aus dem östlichen Flachland verweigern die Weiße Fetthenne und gehen ein, wenn sie nicht ihre gewohnten Nahrungspflanzen bekommen, während die Raupen aus alpinen Regionen auch Sedum telephium Unterarten fressen. [1]

Die Raupe hält sich gerne unter Steinen auf und sonnt sich oft zum Aufwärmen auf der Nahrungspflanze. Sie verpuppt sich in einem lockeren Gespinst in eine Mumienpuppe an der Nahrungspflanze oder unter Steinen. Die Dauer der Puppenruhe variiert stark, von acht bis zehn Tagen bis zu mehreren Wochen, woraus die lange Flugzeit des Falters resultiert.[2] Kurz nach dem Schlupf der Falter paaren sich diese und beim Weibchen bildet sich nach der langanhaltenden Kopula die sogenannte Sphragis am Hinterleib, die eine weitere Paarung verhindert. Schon bald nach der Kopula kommt es zur Eiablage. Die Weibchen fliegen nur wenig, während die Männchen in ihrem Gebiet patrouillieren. Dadurch geht die Ausbreitung in neue Lebensräume nur langsam vonstatten. Die Falter bevorzugen trockene und warme, oft felsige, Lebensräume. Der ähnliche Alpenapollo ist dagegen an Quellfluren und die der Nähe von Gebirgsbächen anzutreffen.

Die Weibchen legen bis zu 100 Eier einzeln an den Nahrungspflanzen ab und die Raupen überwintern voll entwickelt in der Eihülle.

Als Falter besuchen die Tiere nicht nur die weißen Blüten von Sedum album, sondern vorzugsweise die roten und violetten Blüten von Disteln (bspw. Carduus nutans), Flockenblumen (Centaurea jacea u. a.) und Oregano (Origanum vulgare). Oft sitzen die Falter mit aufgeklappten Flügeln auf Steinen und sonnen sich.

Verbreitung und Lebensraum

Lebensraum

Zu den Lebensräumen des Roten Apollos zählen sonnige, trockene Standorte mit steinigem Untergrund, vor allem felsige Hänge, Geröllhalden und Felsabbruchkanten, auch Bahn- und Straßenböschungen sowie Abraumhalden von Steinbrüchen. Die Art ist insgesamt stark abhängig vom Vorkommen der Raupennahrungspflanzen (s. o.), an welchen auch die Eiablage erfolgt.

Flugzeit

Die Flugzeit der einzigen Jahresgeneration beginnt Ende Mai und dauert bis etwa Ende August. Die lange Flugzeit resultiert aus einer stark unterschiedlichen Puppenruhe der einzelnen Tiere, denn die Lebensdauer der Falter beträgt nur etwa zwei bis drei Wochen.

Verbreitung

Seine Verbreitung reicht von der Iberischen Halbinsel über alle europäische Bergregionen, die Karpaten, den Kaukasus und den Ural das Ursprungsgebiet der Art am Baikalsee bis nach Jakutien im Osten, oft in isolierten Populationen. Die nördliche Verbreitung reicht bis nach Fennoskandinavien, südliche Grenze ist die Sierra Nevada, Sizilien, Südtürkei. Auf den Britischen Inseln und Dänemark fehlt er ganz.

Die vertikale Verbreitung beginnt bei etwa 400 Metern von der kollinen Stufe und reicht bis auf etwa 2000 Meter in das hochmontane und subalpine Gebiet.

Unterarten

Roter Apollo (Parnassius apollo testoutensis), untypischer, aberrativer Falter mit stark reduzierter Zeichnung
Moselapollo (P. a. vinningensis)
P. a. testoutensis in den Savoyer Alpen
Schaukasten mit verschiedenen Unterarten des Apollofalters

Der standorttreue Falter lebt oft in klar umrissenen Gebieten in isolierten Populationen, was durch den daraus folgenden mangelnden Genaustausch zur Bildung von vielen Unterarten, Halb-Unterarten (Semi-subspecies) und Halbarten (Semispecies) geführt hat. Innerhalb der Art und auch der Unterarten ist der Falter in seinem Erscheinungsbild außerordentlich variabel und kann deshalb nicht allein aufgrund morphologischer Unterschiede einer Unterart zugeordnet werden. Zur Zuordnung muss auch der Fundort hinzugezogen werden. Es wurden schon etwa 290 Unterarten beschrieben, von denen aber heute viele als Synonyme eingestuft werden. Möhn (2005) gibt noch etwa 250 Unterarten an und erwartet eine weitere Reduktion aufgrund genetischer Untersuchungen. Selbst innerhalb der Gattung Parnassius ist die Einordnung der Arten nicht geklärt und schwankt zwischen 38 (UNEP-WCMC, 2006) und 47 (Weiss, 1991). Diese werden wiederum in acht Untergattungen aufgeteilt, in denen der Rote Apollo der Typus für die Untergattung Parnassius ist.[1][3]

Auswahl europäischer Unterarten:[1]

  • P. apollo apollo Linnaeus, 1758, Schweden. Der große Falter mit Spannweiten von 76 bis 88 Millimetern lebt im südlichen schwedischen Flachland. Auf den Hinterflügeln haben die großen Augenflecken oft deutliche weiße Spiegel. Die Raupe ernährt sich hauptsächlich von Sedum telephium, frisst aber auch Weiße Fetthenne (Sedum album).
  • P. apollo nevadensis Oberthür 1891, Spanien. Der Falter lebt auf 1700 bis 2500 Metern Höhe in der Sierra Nevada (Betische Kordillere) und wird mit zunehmender Höhe deutlich kleiner.
  • P. apollo filabricus de Sagarra y Castellarnau 1933, Spanien, Betische Kordillere. Der Falter lebt auf 2000 bis 2100 Metern Höhe in der Sierra de los Filabres
  • P. apollo gadorensis Rougeot & Capdeville 1969, Spanien, Betische Kordillere. Der Falter lebt auf 1900 bis 2000 Metern Höhe in der Sierra de Gádor

Diese drei spanischen Unterarten sind sehr eng miteinander verwandt und unterscheiden sich kaum. Wie bei allen spanischen Unterarten sind die Vorderflügel der frischen Falter deutlich schwarz-weiß gescheckt. Bei beiden Geschlechtern sind die Ozellen orange-gelb statt rot. Die Weibchen sind dunkel bestäubt und haben häufig einen orange-gelben Vorderrandfleck und Analfleck. Die Raupen der spanischen Unterarten fressen Sedum amplexicaule, Sedum micranthemum und Scharfen Mauerpfeffer (Sedum acre).

  • P. apollo hispanicus Oberthür 1909, Spanien. Der Falter lebt auf 1600 bis 1800 Metern Höhe in der Sierra de Albarracin in Aragonien. Die Männchen sind hell und haben nur kleine Ozellen. Die Weibchen sind, wie alle in Spanien, dunkel bestäubt. Die Ozellen sind im Gegensatz zu den vorher genannten Unterarten nur selten orange-gelb und haben einen großen weißen Spiegel.
  • P. apollo testoutensis Eisner 1957, Frankreich. Diese kleine, helle Unterart, deren Weibchen nur schwach bestäubt sind, hat ein sehr großes Verbreitungsgebiet in den Savoyer Alpen mit dem Haute-Savoie, den Grajischen Alpen und den Dauphiné-Alpen.
  • P. apollo pumilus Stichel 1906, Süditalien. Der Falter ist mit 60 bis 63 Millimeter Flügelspannweite der kleinste aller Unterarten und kommt im Aspromonte und Kalabrien vor. Er wird als Halbart eingestuft, die sich von P. apollo abspaltet. Sein Lebensraum hat nur spärliche Vegetation in Höhen von 1200 bis 1900 Metern. Die Raupen ernähren sich von Sedum tenuifolium. Die Männchen unterscheiden sich deutlich von P. apollo apollo und ähneln mit ihren hellen Flügeln mit kleinen Flecken und hellen Ozellen mehr dem Alpenapollo (Parnassius phoebus) während die Weibchen dunkel bestäubt sind.
  • P. apollo rhodopensis Markovic 1909, Bulgarien. Diese Unterart ist die Verbindung von den nordtürkischen zu den Balkan-Unterarten. Sie hat markante Flecken und teilweise haben die bestäubten Weibchen in der unteren Ozelle einen Doppelspiegel.
  • P. apollo vinningensis (Moselapollo) Stichel 1899, Deutschland. Die Unterart ist nach Winningen benannt und kommt im unteren Moseltal von Güls bei Koblenz bis Traben-Trarbach vor. Sie unterscheidet sich deutlich von P. apollo meridionalis in den Vogesen. Der Falter ist kreideweiß und hat häufig in der Wurzelbestäubung außerhalb der Zelle einen weißen Fleck. Ein besonderes Merkmal sind die nierenförmigen unteren Ozellen. Die Nahrungspflanze Sedum album wächst hier an den natürlichen Steilufern der Mosel und an den schon in der Römerzeit von Winzern errichteten Steinmauern. Die Hauptflugzeit ist von Mitte Juni bis Mitte Juli.
  • Der Alpenapollo Parnassius phoebus hat bei manchen Autoren den Status einer Halbart und fliegt in den Zentralalpen in höheren Lagen als P. apollo (ökologische Allopatrie) und seine Raupen haben zu Steinbrech (Saxifraga) gewechselt.

Stammesgeschichte

Die Gattung Parnassius entstand im sibirisch-mongolischen Raum in der Umgebung des Baikalsees. Dort leben noch heute viele mit P. apollo nahe verwandte Arten wie P. nominon, P. phoebus und P. bremeri. Mit der vikarianten Art P. nominon bildet P. apollo immer wieder Hybriden ohne dass diese eine Zone ausbilden, an denen zwei Verbreitungsgebiete der Arten aneinander stoßen, wie dies bei einer Artbildung der Fall wäre. Vom Ursprungsgebiet breitete sich die Gattung nach Ost und West aus. Schon im Oberen Pliozän (Gelasium) besiedelte die Art große Teile des heutigen Verbreitungsgebietes. Das Klima war dort dem heutigen ähnlich, während es im vorangegangenen Miozän noch tropisch bis subtropisch war und dies damit als Lebensraum für den Apollofalter ungeeignet war.

Ausbreitung nach Osten

P. apollo hat seine östlichste Verbreitung in Jakutien, während der Vikariant zu P. phoebus, P. bremeri sich weiter nach Nordosten ausbreitete und über die Beringstraße den nordamerikanischen Kontinent in Alaska und das nördliche Yukon-Territorium besiedelte. Die heute nur 60 Meter tiefe Beringstraße fiel während des Altquartärs trocken und stand damit der Ausbreitung nicht im Weg. Weitere Gebiete Nordamerika besiedelt die Gattung mit P. bremeris Vikariant P. smintheus über die Rocky Mountains im Westen bis zum Tamaulipas in Nordost-Mexiko im Süden. P. smintheus konnte während der Eiszeiten entstehen, als die südlichen Populationen durch Eisschilde von den Populationen in den eisfreien Regionen Alaskas getrennt wurden.

Ausbreitung nach Westen

Die Hauptausbreitung von P. apollo geht nach Westen und findet in Spanien seinen westlichsten Punkt. Es gibt mehrere Ausbreitungslinien nach Westen die einerseits Gebirgsketten folgen oder über Flachland mit Waldsteppen verlaufen.

Die südlichste Ausbreitungslinie geht über viele Gebirgszüge vom Changai-Gebirge in der Mongolei über Süd-Sibirien (Sajangebirge, Tannu-ola-Gebirge), das Altai, Salairrücken, Tarbagatai-Gebirge, Saur-Gebirge, Dsungarischer Alatau, bis zum Tianshan in Usbekistan. Hier endet die südliche westliche Verbreitung. An den Südhängen des Tianshan-Gebirges geht sie hier nach Osten zurück über das Hissar-Gebirge und Kunlun-Gebirge bis nach China ins Xinjiang-Gebirge mit der Unterart P. apollo khotanensis.

Der Weg zu den Alpen

Eine zweite Verbreitung nach Westen erfolgte unterhalb des 60. Breitengrades über die Waldsteppen zum südlichen Ural. Dieser stellte mit seinen niedrigen Bergen und Pässen kein Hindernis für eine weitere Ausbreitung nach Westen über die westliche Taiga bis nach Süd-Skandinavien dar. Dort wurden das südliche Finnland, Schweden und Norwegen besiedelt. Eine andere Linie breitete sich nach Süden über den Kaukasus in die Türkei aus und ging dann Richtung Nordwesten zu den Rhodopen in Bulgarien und nach Westen über die damals trockene Ägäis nach Griechenland. Von den Rhodopen ging es nach Norden über das Balkangebirge, die Südkarpaten und nach Nordwesten über Karpaten. Von dort folgte die Ausbreitung den westlich anschließenden Gebirgen Hohe Tatra, Riesengebirge, Erzgebirge, Fichtelgebirge, Fränkische Alb, Schwäbische Alb bis sie im Schwarzwald endete. Die Oberrheinebene stellte ein unüberbrückbares Hindernis dar und die Linie endete hier. Von der Hohen Tatra nach Südwesten über die Kleinen Karpaten und den Wienerwald wurden die Ostalpen erreicht. Die nördlichen Alpen wurden anschließend bis zum Bregenzer Wald besiedelt. Der Weg zu den Südalpen verlief von den Rhodopen über den westlichen Balkan. Der Alpenhauptkamm stellte ein unüberwindbares Hindernis dar und die beiden Linien entlang der Alpen trafen erst in den westlichen Schweizer Alpen wieder aufeinander.

Die Mosel, Italien und Spanien

Die französischen Alpen oder der Jura waren der Ausgangspunkt für die Eroberung weiterer Lebensräume im Norden, Westen und Süden.

Vom Jura nach Norden über die Burgundische Pforte wurden die Vogesen besiedelt, das Gebirge das fast parallel zum Schwarzwald entlang der Oberrheinebene verläuft und nicht von diesem aus besiedelt wurde. Von hier aus erreichte die Art die Mosel, in der noch heute eine geschützte und stabile Population existiert.

Über die französischen Alpen und die daran anschließenden Meeralpen und Ligurische Alpen ging eine Ausbreitungslinie über die Apenninen nach Kalabrien im Süden Italiens und nach Nord-Sizilien.

Die Besiedlung Spaniens erfolgte vom Jura nach Westen über das Zentralmassiv. Von dort über die südlichen Cevennen zu den östlichen Pyrenäen. In Spanien verlief die Ausbreitung entlang der Nordküste über das Kantabrische Gebirge und dann nach Süden zum Kastilischen Scheidegebirge in Zentralspanien. Schließlich wurden noch die Betischen Kordilleren im Süden über einen heute noch unbekannten Weg besiedelt.

Der Einfluss der Eiszeiten auf die Artentwicklung

Nachdem im Oberen Pliozän eine ähnliche Verbreitung des Falters wie heute bestand, hatten die Eiszeiten im nachfolgenden Pleistozän durch die Gletscher in den Alpen und den Eisschilden in Nordeuropa und Nordasien die dortigen Populationen ausgelöscht. Südeuropa und der Osten des Verbreitungsgebietes waren von den vier Eiszeiten Elbe- (Günz-), Elster- (Mindel-), Saale- (Riss-) und Weichsel-Eiszeit (Norddeutschland), bzw. Würmeiszeit (Alpenraum) nicht betroffen. Dort konnten sie den gesamten Zeitraum überleben und sich stärker differenzieren und gefestigte Unterarten bilden. Die stärkste Vergletscherung fand während der Saale- bzw. Risseiszeit statt, als die gesamten Alpen bis ins Vorland und Westrussland und der Ural vergletschert waren. In der nachfolgenden Würmeiszeit vor etwa 115.000 bis 10.000 Jahren waren die Täler der Ostalpen eisfrei. In der darauf folgenden Warmzeit, in der wir heute noch leben, bildeten sich durch Waldsteppen mit den Nahrungspflanzen der Raupen ideale Bedingungen für die Ausbreitung der Art. Dieser Zeitraum ist aber zu kurz, um gefestigte neue Unterarten auszubilden, daher muss man diese in den betroffenen Gebieten als Halb-Unterarten einstufen. [1]

Gefährdung und Schutz

Datei:DBP 1962 376 Jugend Schmetterlinge.jpg
Briefmarke der Deutschen Bundespost (1962)
Aserbaidschanische Briefmarke (1995)
Kirgisische Briefmarke (2000)

Die Gefährdungssituation dieser Art wird in einigen Roten Listen gefährdeter Arten dargestellt. Die Weltnaturschutzunion IUCN listet sie als gefährdet (Vulnerable). Die Rote Liste Deutschlands[4] sieht sie als vom Aussterben bedroht (Kat. 1), die Rote Liste der Schweiz und ebenso die Österreichs weist die Art als gefährdet (Kat. 3) aus; die Gefährdungssituation in den Bundesländern Österreichs wird sehr unterschiedlich angegeben und reicht von nicht gefährdet bis zu ausgestorben. [5] Der Apollofalter ist in vielen europäischen Regionen stark gefährdet oder akut vom Aussterben bedroht.

Seit 1936 steht der Rote Apollo in Deutschland unter Naturschutz. Nach dem Washingtoner Artenschutzabkommen, Appendix II gilt er als weltweit geschützt und ist die einzige weltweit geschützte nichttropische Schmetterlingsart (Stand 1990). Weiters wird diese Art auch im Anhang II der Berner Konvention gelistet, ist auch einer der wenigen Schmetterlingsarten im Anhang IV der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und somit als streng geschützt ausgewiesen.

In Deutschland kommt der Rote Apollo außerhalb der Alpen nur noch an der Mosel, auf der Schwäbischen Alb und der Fränkischen Alb vor. In Baden-Württemberg hat er von über 60 Fundstellen um 1900 alle bis auf eine auf der Schwäbischen Alb im Jahr 1988 eingebüßt, im Schwarzwald kommt er nicht mehr vor.[6] Dieses Biotop wird heute intensiv geschützt und die Population hat sich nach einem Rückgang auf rund ein Dutzend Falter Ende der 1980er-Jahre mittlerweile erholt und stabilisiert, es hat sich sogar eine zweite Population gebildet.[7] Im Fichtelgebirge ist P. a. ancile Fruhstorfer 1909 seit 1909 ausgestorben. P. a. posthumus Fruhstorfer 1925 ist im nördlichen Frankenwald und Saaletal seit 1905 ausgestorben.[1] In Bayern ist er auf der Fränkischen Alb und dort vor allem im Altmühltal und in den Bayerischen Alpen mit einem Schwerpunkt in den Berchtesgadener und Chiemgauer Alpen zu finden.[8]

Der Moselapollo war in den 1970er bis zum Anfang der 1980er Jahre durch den Einsatz von Insektiziden, die im Weinbau eingesetzt wurden und mit Hubschraubern versprüht wurden, kurz vor der Ausrottung. Die Insektizide gingen nicht nur auf den Weinbauflächen, sondern auch auf weit entfernten natürlichen Flächen nieder und töteten die Raupen ab. Im gleichen Zeitraum wurden außerdem Flurbereinigungsmaßnahmen durchgeführt, bei denen viele der alten Weinbergsmauern mit Sedum album entfernt wurden. Brachliegende ehemalige Weinberge verbuschten und die Nahrungspflanze verschwand durch die Verschattung. Heute ist das Ausbringen von Insektiziden mit dem Hubschrauber verboten. Die Habitate werden seit 1987 gepflegt und von Gebüsch und Stauden freigehalten. Der Einsatz von Insektiziden ist seit den 1980er Jahren stark zurückgegangen, da gezielter oder im Fall von Biowein gar nicht mehr gespritzt wird. Die Bestände haben sich wieder erholt und an Flugplätzen, an denen Anfang der 1980er Jahre nur fünf bis zehn Falter zu sehen waren, waren es 20 Jahre später über 100 Falter.[9] Die Vorkommen werden heute im Tourismus beworben und in der Ortsgemeinde Valwig wurde der etwa 7,5 Kilometer lange Apolloweg Valwig für Fußgänger eingerichtet.

In Österreich ist vor allem P. apollo cetius Fruhstorfer 1909 als Unterart im Flachland bedroht, die Unterart P. apollo brittingeri Rebel & Rogenhofer 1893 im Gebirge ist deutlich weniger gefährdet.[10] Zu den heute noch individuenreichsten Populationen von Parnassius apollo cetius gehört die Population auf der Hohen Wand bei Wien.[11] Außeralpine Vorkommen, etwa im Strudengau sind großteils seit vielen Jahrzehnten erloschen.[12]

In Frankreich ist P. a. meridionalis in den Vogesen ausgestorben. Wiederansiedlungsversuche scheiterten hier ebenso wie in Forez und im Massif de la Sainte-Baume. Dagegen war eine Wiederansiedlung am Puy de Dôme im Zentralmassiv erfolgreich.

In Schweden war der Rote Apollo im südlichen Flachland verbreitet, heute ist er nur noch an der Ostküste zu finden. In Finnland begann der Rückgang in den 1930er-Jahren, und 30 Jahre später war er in vielen ursprünglichen Gebieten verschwunden. In den letzten Jahren hat sich der Falter im Südwesten des Landes wieder ausgebreitet und mit den Inseln zwischen der Insel Kemiö und der Halbinsel Hankoniemi ursprüngliche Gebiete wieder besiedelt. Es scheint ein Zusammenhang zwischen der Schwermetallbelastung der Nahrungspflanzen und dem Erlöschen der Populationen zu bestehen, da die Raupen bei belasteter Nahrung absterben. Diese ging in den letzten Jahren zurück und die Raupen haben damit wieder bessere Überlebenschancen.[13]

In Spanien gingen die Bestände von P. apollo filabricus in der Sierra de los Filabres innerhalb von 20 Jahren trotz Schutz bis 2005 sehr stark zurück. Die Lebensräume, in denen die Falter einst zu Tausenden flogen, wurden entweder mit Unterstützung der Naturschutzbehörden mit Kiefern aufgeforstet oder durch intensive Schafbeweidung vernichtet.[14]

Die Hauptursachen für den Rückgang der Art ist die Zerstörung der Lebensräume durch Verbuschung oder Aufforstung und der Einsatz von Herbiziden in der Landwirtschaft und im Weinbau. Der Straßen- und Schienenverkehr fordert ebenfalls viele Opfer, etwa an der Mosel. Schwache Populationen können durch natürliche Feinde wie Meisen und Eidechsen weiter geschwächt werden, besonders wenn zusätzlich Nisthilfen für Meisen angeboten werden.[15] Der Einfluss von Sammlern auf geschwächte Populationen ist nicht geklärt, könnte aber bedrohte weiter geschwächt haben. Heute ist eine Gefahr durch Sammler kaum noch relevant.[10][6][9] Die Art scheint gegenüber geringen Klimaveränderungen sehr empfindlich zu reagieren.[16]

Quellen

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 Edwin Möhn: Papilionidae XII: Parnassius apollo. Text. In: Erich Bauer und Thomas Frankenbach (Hrsg.): Schmetterlinge der Erde, Tagfalter. Band 23. Goecke & Evers, Keltern 2005, ISBN 3-937783-16-4.
  2. Thomas C. Emmel: Wunderbare und geheimnisvolle Welt der Schmetterlinge. Bertelsmann Lexikon-Verlag, Gütersloh und Berlin 1976, ISBN 3-570-00893-2, S. 192 f.
  3. Parnassius Latreille, 1804 von Vazrick Nazari. In: Tree of Life Web Project. The University of Arizona College of Agriculture and Life Sciences and The University of Arizona Library, abgerufen am 8. Oktober 2007.
  4. Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): Rote Liste gefährdeter Tiere Deutschlands. Landwirtschaftsverlag, Münster 1998, ISBN 3-89624-110-9.
  5. Umweltbundesamt Österreich: Rote Liste gefährdeter Tierarten Österreichs. In: Österreichisches Artenschutz-Informationssystem OASIS. Abgerufen am 1. Januar 2010.
  6. 6,0 6,1 Tagfalter I (Ritterfalter (Papilionidae), Weißlinge (Pieridae), Edelfalter (Nymphalidae)). In: Günter Ebert, Erwin Rennwald (Hrsg.): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 1. Ulmer Verlag, Stuttgart 1993, ISBN 3-8001-3451-9.
  7. Apollofalter. Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg, abgerufen am 27. Oktober 2007.
  8. Markus Schwibinger: Parnassius apollo (Apollo). In: Die Tagfalter Oberbayerns. Abgerufen am 22. Oktober 2007.
  9. 9,0 9,1 Helmut Kinkler: Insecta – Zeitschrift für Entomologie und Naturschutz. Hrsg.: NABU-Bundesfachauschuss Entomologie. Nr. 7. NABU, 2001, ISSN 1431-9721, S. 31 (PDF, 3,5 MB [abgerufen am 24. Oktober 2007]).
  10. 10,0 10,1 Naturschutzbund Österreich
  11. Forschungsgemeinschaft Lanius, Projekt Parnassius apollo
  12. Karl Puchberger, Gedanken zur Verödung der Schmetterlingsfauna des Strudengaues, Steyrer Entomologenrunde - Beiträge zur Kenntnis der Insektenfauna von Oberösterreich, 1984
  13. Marko Nieminen, Pekka Nuorteva, Esa Tulisalo: The Effect of Metals on the Mortality of Parnassius Apollo Larvae (Lepidoptera: Papilionidae). In: Journal of Insect Conservation. Band 5, Nr. 1. Springer Netherlands, März 2001, ISSN 1366-638X, S. 1–7.
  14. Artenschutz. In: Schmetterlinge und Wein. NABU, , abgerufen am 27. Oktober 2007.
  15. Ministerium für Umwelt und Forsten Rheinland-Pfalz (Hrsg.): Apollofalter in Rheinland-Pfalz. 2003 (PDF, 5 MB [abgerufen am 27. Oktober 2007]).
  16. Gerfried Deschka, Josef Wimmer: Die Schmetterlingsfauna der Kreuzmauer., Beitr. Naturk. Oberösterreichs, 2000, Seite 101 pdf

Literatur

  • Tom Tolman, Richard Lewington: Die Tagfalter Europas und Nordwestafrikas, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co, Stuttgart 1998, ISBN 3-440-07573-7.
  • Hans-Josef Weidemann: Tagfalter: beobachten, bestimmen, Naturbuch-Verlag Augsburg 1995, ISBN 3-89440-115-X.

Weblinks

Commons: Roter Apollo – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien