Doppelfüßer
Doppelfüßer | ||||||||||
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Trigoniulus corallinus auf Oʻahu (Hawaii) | ||||||||||
Systematik | ||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||
Diplopoda | ||||||||||
de Blainville in Gervais, 1844 |
Die Doppelfüßer (Diplopoda) sind eine Klasse der Gliederfüßer (Arthropoda) und werden bei den Tausendfüßern (Myriapoda) eingeordnet. Weltweit sind etwa 10.000 Arten dieser Tiere bekannt, damit stellen sie die größte Gruppe der Tausendfüßer dar. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass ein Vielfaches der bekannten Arten existiert.
Lebensweise der Doppelfüßer
Fast alle Diplopoden leben im Boden oder in zerfallenem Holz und ernähren sich dort von pflanzlichem Abfall, die überwiegende Mehrzahl lebt dabei in den Tropen. Nur sehr wenige Arten sind als Räuber bekannt.
Ein oft anzutreffender Vertreter ist der Tüpfeltausendfuß (Blaniulus guttulatus). Dieser legt im Frühjahr und im Sommer seine Eier in kleine Bodenhohlräume ab. Die Larven besitzen zur Zeit des Schlüpfens nur wenige Körpersegmente. Nach jedem Entwicklungsstadium, das mit einer Häutung abschließt, besitzt er mehr Segmente. Der Tüpfeltausendfuß ist etwa nach einem Jahr ausgewachsen und voll entwickelt. Er ist nachtaktiv, tagsüber hält er sich in feuchten dunklen Verstecken wie beispielsweise Laub und Mulch auf. Er ernährt sich vor allem von verwesenden organischen Substanzen, so ist er ein gerne gesehener Gast in jedem Komposthaufen. Auch wenn er sich manchmal durch Fraßlöcher an verschiedenen Pflanzen unbeliebt macht, ist er jedoch ein wichtiger Nützling.
Bau der Doppelfüßer
Wie alle Angehörigen der Myriapoden zeichnen sich die Doppelfüßer vor allem durch eine einheitliche Gliederung der Körpersegmente aus. Das auffälligste und namensgebende Merkmal der Gruppe ist eine Verschmelzung der Segmente (beginnend vom 4. Rumpfsegment) zu Doppelsegmenten, wodurch jedes dieser Diplosegmente zwei Beinpaare besitzt. Vor allem diese Gruppe wird mit der Bezeichnung "Tausendfüßer" gemeint, da sie von allen Gruppen der Myriapoden die meisten Beinpaare besitzt. Die maximale Anzahl liegt dabei allerdings auch "nur" bei 350 Paaren. Die ursprünglichsten Formen der Doppelfüßer (die Penicillata) besitzen allerdings nur maximal 17 Beinpaare und stellen sehr kleine, weichhäutige Formen dar. Bei den abgeleiteten Formen wird in die Chitinhaut Kalk zur Versteifung eingelagert.
Der stark gewölbte Kopf der Doppelfüßer besitzt sehr kleine Antennen, die nach unten gebogen werden und mit speziellen Sinnesorganen den Boden abtasten. Die Tiere besitzen an jeder Kopfseite Augenfelder, die aus Einzelaugen (Ocellen) bestehen, sowie ein Schläfenorgan (Tömösvárysches Organ) ebenfalls beiderseits des Kopfes, bei den Penicillata finden sich außerdem Sinneshaare (Trichobothrien) am Kopf. Die kräftige Mandibel ist dreiteilig, der Mundraum wird hinten durch eine von der 1. Maxille gebildeten Unterlippe (Gnathochilarium) abgeschlossen. Die 2. Maxille bleibt rudimentär und bildet nur den Hinterrand der Unterlippe.
Die Geschlechtsöffnung befindet sich bei allen Doppelfüßern hinter dem 2. Laufbein, wobei die Männchen zwei kompliziert gebaute Penes besitzen. Die Tracheenöffnungen liegen knapp oberhalb der Beinbasen, beginnend am 3. Laufbeinpaar. Viele Doppelfüßer der Gruppe Chilognatha besitzen Wehrdrüsen, die im Fall der Glomerida die Quinazonilone Glomerin und Homoglomerin enthalten. Julidae bilden in ihren Wehrdrüsen Benzochinone, die Polydesmida freie Blausäure und Benzaldehyd. Viele Arten können diese Sekrete über mehrere Zentimeter verspritzen.
Fortpflanzung und Entwicklung
Innerhalb der Doppelfüßer gibt es ursprüngliche Arten mit indirekter sowie weiter entwickelte Arten mit direkter Spermienübertragung.
Die Männchen der Penicillata spinnen ein Fadenkonstrukt, auf dem sie einen Spermatropfen platzieren. Mit Hilfe von Signalfäden finden die Weibchen das Gespinst und nehmen das Sperma auf. Diese Form der Befruchtung entspricht weitestgehend der der Wenigfüßer.
Bei allen anderen Doppelfüßern kommt es zu einer direkten Begattung der Weibchen durch die Männchen. Die Spermienübertragung erfolgt durch speziell ausgebildete Kopulationsorgane, die innerhalb der Gruppen auf unterschiedliche Weise aus Extremitäten entwickelt wurden. So haben die Vertreter der Pentazonia speziell umgebildete Endbeine, mit denen sie das Weibchen festhalten und begatten können. Die Männchen der Helminthomorpha besitzen mehrere vordere Laufbeine (im Bereich des 7. bis 11. Laufbeinpaares), die umgebildet wurden.
Auch Parthenogenese ist bei vielen Arten der Doppelfüßer nachgewiesen worden. Die Eier legt das Weibchen in Erdritzen ab oder platziert sie in Erdkämmerchen. Die Nematophora umgeben sie mit einem Gespinst und innerhalb der Colobgnatha findet man auch Brutpflege. Dabei rollen sich die Weibchen und (seltener) auch die Männchen um die Eier. Aus diesen Eiern schlüpft eine Larve mit drei Beinpaaren, weitere Beinpaare werden im Laufe der vielen Häutungen hinzugefügt.
Systematik der Doppelfüßer
Die Doppelfüßer bilden gemeinsam mit den Wenigfüßern die Dignatha aufgrund der Verschmelzung der basalen Glieder der 1. Maxille zu einer Unterlippe (Gnathochilarium), des Verlusts der 2. Maxille beziehungsweise der rudimentären Anlage derselben in der Embryonalentwicklung, der Genitalöffnungen im zweiten Segment, der Tracheenöffnungen nahe der Beine sowie eines Jungtiers mit nur drei Beinpaaren.
Mit den Zwergfüßern bilden die Dignatha das Taxon Progoneata aufgrund der Darm- und Fettkörperbildung innerhalb des Dotters sowie dem Aufbau der Mechanorezeptoren (Trichobothrien). Dieser Gruppe werden gemeinhin die Hundertfüßer als Schwestergruppe gegenübergestellt.
Intern werden die Doppelfüßer wie im Text bereits erwähnt in die ursprünglichen Penicillata sowie die abgeleiteten Chilognatha aufgeteilt. Innerhalb der Chilognatha gibt es eine weitere Aufspaltung in verschiedene Taxa. Die in Mitteleuropa vorkommenden Vertreter der Doppelfüßer werden wie folgt eingeordnet (Arten unvollständig):
- Penicillata
- Pinselfüßer - Polyxenida
- Pinselfüßer - Polyxenidae
- Polyxenus lagurus
- Pinselfüßer - Polyxenidae
- Pinselfüßer - Polyxenida
- Chilognatha
- Pentazonia
- Rolltausendfüßer - Glomerida
- Saftkugler - Glomeridae
- Geoglomeris subterranea
- Zweireihen-Saftkugler (Glomeris pustulata)
- Schrägstreifiger Saftkugler (Glomeris hexastica)
- Gerandeter Saftkugler (Glomeris marginata)
- Bunter Saftkugler(Glomeris conspersa)
- Glomeris undulata
- Glomeridellidae
- Glomeridella germanica
- Trachysphaeridae
- Tachysphaera costata
- Saftkugler - Glomeridae
- Rolltausendfüßer - Glomerida
- Helminthomorpha
- Saugfüßer - Polyzoniidae
- Polyzoniidae
- Polyzonium germanica
- Polyzoniidae
- Samenfüßer - Chordeumatidae
- Craspedosomatidae
- Craspodosoma rawlinsii
- Rhymogona alemannica
- Chordeumatidae
- Melogona voigti
- Melogona gallica
- Chordeuma sylvestre
- Mycogona germanica
- Craspedosomatidae
- Schnurfüßer - Julida
- Julidae
- Tachypodoiulus niger
- Ommatoiulus sabulosus
- Julus scandinavius
- Julus scanicus
- Pachypodoiulus eurypus
- Ophyiulus pilosus
- Leptoiulus proximus
- Xestoiulus laeticollis
- Unciger foetidus
- Enantiulus nanus
- Allajulus nitidus
- Allajulus groedensis
- Kryphioiulus occultus
- Cylindroiulus zinalensis
- Gepunkteter Schnurfüsser (Cylindroiulus punctatus)
- Cylindroiulus meinerti
- Cylindroiulus luridus
- Cylindroiulus fulviceps
- Cylindroiulus latestriatus
- Cylindroiulus britannicus
- Cylindroiulus boleti
- Cylindroiulus caeruleocinctus
- Cylindroiulus truncorum
- Megaphyllum unilineatum
- Brachyiulus pusillus
- Blaniulidae
- Blaniulus guttulatus
- Boreoiulus tenius
- Archiboreoiulus pallidus
- Nemasoma varicorne
- Proteroiulus fuscus
- Choneiulus palmatus
- Nopoiulus kochii
- Julidae
- Bandfüßer - Polydesmida
- Polydesmidae
- Brachydesmus superus
- Rotbrauner Bandfüßer (Polydesmus angustus)
- Polydesmus complanatus
- Propolydesmus germanicus
- Macrosternodesmidae
- Macrosternodesmus palicola
- Ophiodesmus albonanus
- Paradoxosomatidae
- Oxidus gracilis
- Strongylosoma stigmatosum
- Polydesmidae
- Saugfüßer - Polyzoniidae
- Pentazonia
Literatur
- Wolfgang Dohle: Progoneata. In: W. Westheide, R. Rieger (Hrsg.): Spezielle Zoologie Teil 1: Einzeller und Wirbellose Tiere. Gustav Fischer Verlag, Stuttgart/Jena 2006, ISBN 3-8274-1575-6, S. 592–600
- Harald Hauser; Karin Voigtländer; Deutscher Jugendbund für Naturbeobachtung (Hrsg.): Doppelfüßer (Diplopoda) Ostdeutschlands. Alle Diplopodenarten Ost- und Norddeutschlands mit Bestimmungsschlüssel, Artportraits, Verbreitungskarten. 2. Auflage. 2009, ISBN 978-3-923376-25-1 (formal falsche ISBN)