Hageman-Faktor


Faktor XIIa

Eigenschaften des menschlichen Proteins
Masse/Länge Primärstruktur 596 = 353+243 Aminosäuren
Präkursor Faktor XII
Bezeichner
Gen-Namen F12; HAF
Externe IDs OMIM: 234000 UniProtP00748   MGI: 1891012
Enzymklassifikation
EC, Kategorie 3.4.21.38  Serinprotease
MEROPS S01.211
Substrat Arg-+-Ile in Faktor VII/XI
Produkte Faktor VIIa/XIa
Vorkommen
Homologie-Familie Trypsin
Übergeordnetes Taxon Lebewesen

Der Hageman-Faktor (Faktor XII) ist ein an der Blutgerinnung beteiligtes Enzym und gehört zur Gruppe der Serinproteasen. Er gehört außerdem zu den β-Globulinen und ist im Blutplasma als Monomer mit einer Konzentration von 15–45 mg/l vertreten. Seine Molekülmasse beträgt 80 kDa. Neben seiner Funktion für die Thrombusbildung bringt Faktor XII das Kallikrein-Kininsystem in Gang, was zur Bildung des Entzündungsmediators Bradykinin führt. Faktor XII wird hauptsächlich von Leberzellen (Hepatozyten) synthetisiert und nach Abspaltung des Propeptids als inaktive Enzymform (Zymogen) ins Plasma sezerniert.

Genetik

Das Gen des Hageman-Faktors liegt beim Menschen auf Chromosom 5 Genlocus q33-qter.

Funktion

Faktor XII wird auf der Oberfläche von prokoagulanten Thrombozyten aktiviert. Thrombozyten setzen Polyphosphate (langkettige Polymere aus Phosphatuntereinheiten) frei, die Faktor XII effizient aktivieren. Aktiver Faktor XII gibt dann über sein Substrat Faktor XI der intrinsischen Blutgerinnungskaskade den Anstoß, was zur Fibrinbildung führt.

Trifft der Hageman-Faktor auf negativ geladene Oberflächen (in vivo: Polyphosphate, Kollagen, Zellfragmente, bakterielle Endotoxine; in vitro: Glas, Kaolin, Asbest, Harnsäurekristalle, langkettige Fettsäuren), so wird er voraktiviert. Diese voraktivierte Form katalysiert die Umwandlung von Präkallikrein (Fletcher-Faktor) zu Kallikrein. Dieses wandelt nun hochmolekulares Kininogen (Fitzgerald-Faktor) zu Kinin um. Kallikrein und Kinin wandeln den Hageman-Faktor in seine aktivierte Form um; sie wird als Faktor XIIa bezeichnet. Hierbei erfolgt durch limitierte Proteolyse eine Spaltung einer einzigen Peptidbindung und es entsteht eine Zweikettenform. Beide Untereinheiten sind noch durch eine Disulfidbrücke kovalent miteinander verknüpft. Aktivierter Hageman-Faktor aktiviert durch Proteolyse Plasma thromboplastin antecedent (Faktor XI) und Plasminogen.

Erkrankungen

Ein schwerer Mangel an Hageman-Faktor tritt als seltene Erbkrankheit mit einer Häufigkeit von 1:1.000.000 auf, jedoch mit einer leichten Häufung bei Asiaten. Der Mangel verursacht keine erhöhte Neigung zu Blutungen, da die von Faktor XII gestartete Fibrinbildung in Gefäßen keine Bedeutung für die Blutstillung (Hämostase) hat. In genetisch veränderten Mausmodellen, bei denen das Gen für Faktor XII inaktiviert wurde, ist die Thrombusbildung defekt und diese Faktor XII-defizienten Tiere sind in erheblichem Umfang vor Hirnschäden nach Schlaganfall geschützt. Daher bietet sich eine pharmakologische Blockade dieses Faktors an, um die Thrombusbildung zu blockieren, ohne dass dies mit einer erhöhten Blutungsneigung erkauft wird, was mit aktuellen Antikoagulantien (Heparine, Cumarine) der Fall ist. Sowohl bei Menschen als auch bei Mäusen führt der Mangel von Faktor XII zu einer massiven Erhöhung der partiellen Thromboplastinzeit.[1]

Faktor XII wird durch Polyphosphate, die von Thrombozyten sezerniert werden, aktiviert (Kontaktphasenaktivierung). Die Polyphosphat-vermittelte Faktor XII-Aktivierung verbindet die primäre Hämostase (Bildung eines Thrombozytenaggregates) mit der sekundären Hämostase (plasmatische Gerinnungskaskaden). Defekte der Polyphosphate-vermittelten Faktor XII-Aktivierung reduzieren die Stabilität von Thromben und erhöhen so einerseits das Risiko für venöse Embolien und andererseits im arteriellen System die Bildung von Gerinnseln.[2]

Neben seiner Funktion für die Thrombusbildung startet Faktor XII das Kallikrein-Kininsystem, was zur Bildung des Entzündungsmediators Bradykinin führt. Eine einzige Punktmutation im Faktor XII führt zu einer seltenen erblichen Schwellungserkrankung, dem hereditären Angioödem Typ III.

Forschungsgeschichte

Der Hageman-Faktor wurde erstmals 1955 bei einem 37-jährigen Patienten namens John Hageman entdeckt, als bei einer Routineblutuntersuchung vor einer Operation bemerkt wurde, dass die Gerinnungszeit seines Blutes im Reagenzglas erhöht war, ohne dass er hämorrhagische Symptome hatte. Hageman wurde daraufhin von Oscar Ratnoff untersucht, der den Mangel eines bis dato unentdeckten Gerinnungsfaktors feststellte. Ratnoff entdeckte später bei der Untersuchung von Verwandten, dass dieser Mangel autosomal rezessiv vererbt wird.[3][4]

Weblinks

Hageman-Faktor. In: {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value). (englisch)

Quellen

  1. Renné T, Pozgajová M, Grüner S, et al: Defective thrombus formation in mice lacking coagulation factor XII. In: J. Exp. Med. 202. Jahrgang, Nr. 2, Juli 2005, S. 271–81, doi:10.1084/jem.20050664, PMID 16009717, PMC 2213000 (freier Volltext).
  2. Müller F, Mutch NJ, Schenk WA, et al: Platelet Polyphosphates are Proinflammatory and Procoagulant Mediators iIn vivo. In: CELL. 139. Jahrgang, Nr. 6, Dezember 2009, S. 1143–56, doi:10.1016/j.cell.2009.11.001, PMID 20005807, PMC 2796262 (freier Volltext).
  3. RATNOFF OD, MARGOLIUS A: Hageman trait: an asymptomatic disorder of blood coagulation. In: Trans. Assoc. Am. Physicians. 68. Jahrgang, 1955, S. 149–54, PMID 13299324.
  4. MARGOLIUS A, RATNOFF OD: Observations on the hereditary nature of Hageman trait. In: Blood. 11. Jahrgang, Nr. 6, Juni 1956, S. 565–9, PMID 13315514 (bloodjournal.org).

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