Inselverzwergung
Inselverzwergung ist ein biologisches Phänomen, bei dem die Körpergröße von Tierarten, die auf einer Insel ohne Fressfeinde oder menschliche Eingriffe leben, über Generationen hinweg deutlich abnimmt.
Beispiele für Inselverzwergung sind unter anderem:
- Madagassische Flusspferde und Flusspferde auf Mittelmeerinseln.
- Verschiedene, teils ausgestorbene Zwergelefantenarten, darunter der Borneo-Zwergelefant, Zwergformen von Elefant und Mammut auf einigen Mittelmeerinseln, wie der Sizilianische Zwergelefant.
- der ausgestorbene Honshu-Wolf in Japan.
- Homo floresiensis, ein auf der Insel Flores entdeckter Vertreter der Gattung Homo.
- das Zwergmammut, das auf den Kanalinseln von Kalifornien und in einer anderen Varietät auf der Wrangelinsel beheimatet war.
- der Insel-Graufuchs auf den kalifornischen Kanalinseln. Er hat sich aus dem Graufuchs entwickelt, nachdem Exemplare dieser Art auf die nördlichen drei Kanalinseln gelangten. Heute ist diese Art der Echten Füchse mit einer Körpergröße, die in etwa der einer Hauskatze entspricht, deutlich kleiner als die Stammform.
- Spitzbergen-Rentiere auf der Insel Spitzbergen sind nur 65 cm hoch, während Rentiere auf dem Festland eine durchschnittliche Schulterhöhe von ca. 110 cm haben.
Fossil wurde das Phänomen auch bei dem 2006 beschriebenen sauropoden Dinosaurier Europasaurus nachgewiesen, der während des späten Juras eine Insel im heutigen Norddeutschland bewohnte. Während nahe verwandte Formen auf dem Festland bis zu 40 Meter Länge und ein Gewicht von 50 bis 80 Tonnen erreichen konnten, war Europasaurus bereits bei etwa 6,20 Metern Länge und einer Tonne Gewicht ausgewachsen.
Die Tendenz zur Inselverzwergung lässt sich auch bei Waschbären, Kaninchen, Schweinen und Rotwild feststellen. Auch Schlangen neigen mit wenigen Ausnahmen zur Inselverzwergung. Kleine Nagetiere auf Inseln neigen dagegen zum Inselgigantismus, d. h. Inselformen der Tierordnung neigen dazu, deutlich größere Körperformen als auf dem Festland zu entwickeln. Die Neigung zum Riesenwuchs lässt sich auch bei Leguanen, Geckos, Skinken, Kanareneidechsen und Waranen wie beispielsweise dem Komodowaran beobachten.
Erste Forschungsarbeiten zur Inselverzwergung stammen von dem kanadischen Biologen J. Bristol Foster (* 1932). Für ihn sind die Anpassungsmechanismen bei Übervölkerung der ausschlaggebende Faktor, ob eine Tierart zur Verzwergung oder zum Gigantismus neigt.
Auf der Dodekanesinsel Tilos wurden bei Ausgrabungen in der Charkadio-Höhle die Knochen von zwei verschiedenen Zwergelefantenarten geborgen, die als jüngstes 14C-Datum 1300 v. Chr. ergaben. Damit sind diese Zwergelefanten erst in der Bronzezeit ausgestorben. Neolithische Daten stammen von anderen Mittelmeerinseln.
Literatur
- J. Bristol Foster: The evolution of mammals on islands. In: Nature. Vol. 202, 1964, S. 234–235.
- Robert H. MacArthur & Edward O. Wilson: The Theory of Island Biogeography. Princeton University Press, Princeton 1967.
- Ted J. Case: A general explanation for insular body size trends in terrestrial vertebrates. In: Ecology. 59, 1978, S. 1–18.
- Paul A. P. Durst & V. Louise Roth: Classification tree methods provide a multifactorial approach to predicting insular body size evolution in rodents. In: American Naturalist. Band 179, Nr. 4, 2012, S. 545–553, DOI:10.1086/664611
- M. R. Palombo: Endemic elephants of the Mediterranean Islands: knowledge, problems and perspectives. In: G. Cavarretta (Hrsg.): La terra degli elefanti. = The world of elephants. Atti del 1. congresso internazionale, Roma, 16 – 20 ottobre 2001. Consiglio nazionale delle ricerche, Rom 2001, ISBN 88-8080-025-6, S. 486–491, online (PDF; 45 KB).
Siehe auch
Weblinks
- The Observer, October 31, 2004: Strange world of island species (englisch, Zeitungsartikel über Inselzwergformen)