Stubenfliege



Stubenfliege

Stubenfliege (Musca domestica)

Systematik
Klasse: Insekten (Insecta)
Ordnung: Zweiflügler (Diptera)
Unterordnung: Fliegen (Brachycera)
Familie: Echte Fliegen (Muscidae)
Gattung: Musca
Art: Stubenfliege
Wissenschaftlicher Name
Musca domestica
Linnaeus, 1758
Kopulierende Stubenfliegen
Larve einer Stubenfliege

Die Stubenfliege (Musca domestica von lat. musca „Fliege“, domus „Haus“), auch Gemeine Stubenfliege oder Große Stubenfliege (zur Unterscheidung von der Kleinen Stubenfliege), ist eine Fliege aus der Familie der Echten Fliegen (Muscidae).

Merkmale

Der Körperaufbau entspricht im Allgemeinen jenem der Familie Echten Fliegen. Als morphologische Unterscheidungsmerkmale zu anderen Arten dienen Größe, Färbung und Flügeladerung. Sie besitzen leckend-saugende Mundwerkzeuge. Erwachsene Stubenfliegen sind sechs bis sieben Millimeter lang, ihr Körper ist grau und hat vier Längsstreifen auf dem Thorax. Die Unterseite des Rumpfes ist gelblich, ihre Extremitäten sind schwarz, der Körper ist komplett mit Haaren bedeckt. Sie haben rote Facettenaugen. Die Körper der weiblichen Fliegen sind etwas größer und ihr Augenabstand ist meist etwas größer als bei männlichen Exemplaren. In Ruhestellung sind die Flügel in engem Winkel gespreizt. Aufgrund des ähnlichen Aussehens mit Gemeinen Stechfliegen können sie leicht mit diesen verwechselt werden.

Vorkommen

Musca domestica kommt fast überall auf der Welt vor (Kosmopolit), lediglich in Wüsten sowie polaren und hochalpinen Landschaften ist sie nicht zu finden. Ihre Verbreitung ist meist mit dem Menschen assoziiert, da dadurch das größte Nahrungsangebot vorherrscht.

Stubenfliegen werden unter anderem für Forschungszwecke und als Tierfutter[1] gezüchtet.

Lebensweise

Die Stubenfliege lebt 6 bis 42 Tage je nach Umgebungstemperatur und Nahrungsangebot, wobei Weibchen meistens etwas länger leben als Männchen. Die Fluggeschwindigkeit beträgt ungefähr 2,9 Meter pro Sekunde, die Fliege schlägt dabei etwa 180–330 mal pro Sekunde mit ihren Flügeln.[2] Fliegen können Buttersäure als Indiz für Fäulnis und Darmausscheidungen riechen. An den Fußendgliedern besitzen sie Chemorezeptoren, mit deren Hilfe sie Zucker schmecken können. Ihre Eier legen sie in faulenden Stoffen und Exkrementen (Koprophagie) ab, von denen sich die Larven ernähren. Die Imagines saugen an sämtlichen nahrhaften Flüssigkeiten und auch an festen, wasserlöslichen Stoffen, die sie mit Hilfe ihres Speichels auflösen können, wie beispielsweise Zucker. Ihr Verhalten und ihre Lebensdauer sind sehr stark von den Umgebungsbedingungen wie Temperatur und Feuchtigkeit abhängig, wobei die Optimaltemperatur zwischen 20–25 °C liegt und ab einer Minimaltemperatur von 15 °C eine Immobilisierung stattfindet. Dies erklärt auch die Entwicklung zu einem tagaktiven temporalen Spezialisten mit der größten Populationsgröße in den Sommermonaten.

Fortpflanzung und Entwicklung

Als holometabole Insekten durchleben die Stubenfliegen eine vollständige Metamorphose, welche eingeteilt wird in Ei, drei Larvenstadien, Puppe und Imago. Ihre Eier legen die Weibchen in sich zersetzendes organisches Material ab, beispielsweise Dung, Müll, Kompost und Nahrungsmittel. Dort entwickeln sich anschließend die Larven. In den Sommermonaten legen Weibchen mehrmals zwischen 150–400 Eier pro Eiablage mit einem Intervall von drei bis vier Tagen.[3] Durch gute Umgebungsbedingungen, welche beispielsweise in Ställen gegeben sind, sind bis zu 15 Generationen pro Jahr möglich (plurivoltin).[4] Die Larven brauchen etwa 12 bis 25 Stunden, bis sie in den Eiern zur Schlüpfreife herangewachsen sind. Die kopf- und beinlosen Fliegenmaden können sich mit Körperkrümmen unbeholfen fortbewegen, erreichen eine Größe von 12 mm und ernähren sich von dem organischen Material (Substrat), auf welchem sie geschlüpft sind. Die Ernährung wird durch Mundwerkzeuge mit zangenartigen Mundhaken ermöglicht, dies impliziert gleichzeitig eine Atmung über Hautatmung und Stigmen, welche sich am Körperende befinden. Nach zweimaliger Häutung im Laufe des Wachstums wird am Ende des dritten Larvenstadiums der Inhalt des Verdauungstrakts entleert und es beginnt eine durch genetische Veränderungen hervorgerufene Immobilisierung der Maden. Ihre Haut verhärtet sich und die Larven entwickeln sich zu Tönnchenpuppen, welche deutlich kleiner und dunkler sind als die Larven. Innerhalb einer solchen Puppe beginnt eine Verwandlung, die je nach Temperatur 3 bis 8 Tage dauert. Nach vollendeter Entwicklung wird durch Pressen aus der sogenannten Bogennaht an ihrem Kopf eine Blase für das Schlüpfen ausgebildet, welche es ermöglicht, dass die Imagines die Puppe durch eine Öffnung am Kopfende verlassen (Deckelschlüpfer). Schon 3 Tage nach diesem Schlüpfakt paaren sich die Stubenfliegen und anschließend sind die Weibchen zur ersten Eiablage bereit. Die Metamorphose vom Ei zur Fliege kann bei guten Umweltbedingungen in 7 Tagen abgeschlossen sein, in unseren Breitengraden dauert es aber durchschnittlich 2 bis 3 Wochen.[5] Eine Verpaarung ist bereits nach 3 Tagen möglich, wobei abgesehen von überwinternden Tieren die Lebensdauer nur einige Wochen beträgt.

Die Stubenfliege – Nutzen und Schaden

Die Stubenfliege als Krankheitsüberträger

Stubenfliegen gelten gemeinhin als Schädlinge, da sie trotz Putzens als Vektor für Krankheitserreger dienen. Beispielsweise sind sie Überträger diverser Infektionskrankheiten, wie Ruhr, Typhus, Cholera, Salmonellosen, Kinderlähmung, Maul- und Klauenseuche u. a. Aufgrund dessen sind insbesondere die Ausscheidungen der Fliegen zu erwähnen.

Ihre Funktion als Krankheitsübertrager ist durch ihre Nahrungsquellen zurückzuführen, da sie eine Vorliebe für menschliche und tierische Körperausscheidungen wie Schweiß und Kot sowie eiternde Wunden haben. Des Weiteren dienen verwesende menschliche oder tierische Kadaver (Nekrophagie) als proteinreiche Nahrungsquelle für die Eiablage und Larvenentwicklung. Eine großräumige Bekämpfung wäre aber (→ Insektenschutz) nicht unbedingt zielführend, da einerseits eine sehr schnelle Resistenzausbildung gegen Insektizide stattfindet und die Populationsgrößen ohnehin durch natürliche Fressfeinde eingedämmt wird.[6]

Um die Verbreitungsorte und Übertragung von Krankheiten einzuschränken, empfiehlt sich also bloß ein ausreichender Standard von Hygiene und sauberer Umgang mit Abfall- und Zersetzungsprodukten.

Fliegenmaden als Proteinlieferant

Als vollwertigen Ersatz des proteinreichen Fischmehls durch Protein aus Fliegenlarvenmehl züchtet ein Unternehmen auf dem agrarwissenschaftlichen Gelände der Universität Stellenbosch in Elsenburg (Südafrika) die Spezies Musca domestica millionenfach heran. Aus einem Kilo Fliegeneiern können in nur 72 Stunden ungefähr 380 bis 420 Kilogramm Protein entstehen. Bei entsprechender Großproduktion könnte ein Großteil der weltweiten Fischmehlproduktion eingespart und die Weltmeere vom industriellen Fischfang entlastet werden. Noch in 2012 will das Unternehmen Agriprotein in die Massenherstellung gehen.[1] 65 t Blut aus herkömmlichen Schlachtereien werden benötigt, um 100 t Fliegenlarven auf eine Länge von jeweils rund 12 mm heranzuziehen, aus denen wiederum im Wege der Trocknung, Vermahlung und anschließenden Pelletierung 20 t des Proteinprodukts gewonnen werden. Eine weitere Pilotanlage in Deutschland wird von der deutschen Regierung mit 50 % gefördert.[7]

Literatur

  • Jason H. Byrd & James L. Castner: Forensic Entomology. The Utility of Arthropods in Legal Investigations. Taylor & Francis Group, LLC 2010,ISBN 978-0-8493-9215-3
  • Wilfried Westheide & Reinhard Rieger (Hrsg): Spezielle Zoologie, Teil 1. Gustav Fischer Verlag, 1996, ISBN 3-437-20515-3

Siehe auch

Weblinks

Commons: Stubenfliege – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Züchter stellen alternatives Tierfutter her - Die Herren der Fliegen
  2. Wilfried Westheide & Reinhard Rieger (Hrsg): Spezielle Zoologie. Teil 1 Auflage. Gustav Fischer Verlag Jena, Jena 1996.
  3. Johannes Keiding: The housefly—biology and control. Training and information guide. World Health Organization, Vector Biology and Control Division, 1986.
  4. Wilfried Westheide & Reinhard Rieger (Hrsg): Spezielle Zoologie. Teil 1 Auflage. Gustav Fischer Verlag Jena, Jena 1996.
  5. Heiko Joachim Koch: [http://benecke.com/pdf/koch_fe.pdf. 2002 (Diplomarbeit).
  6. Katharina Schmitt: [http://benecke.com/pdf/Katharina_Schmitt_Facharbeit_Forensische_Entomologie_Benecke_Com.pdf. 2010 (Facharbeit).
  7. AgriProtein's managing director sees maggots as next protein alternative

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