Silberner Haubenlangur
Silberne Haubenlanguren (Trachypithecus cristatus) sind baumlebende, tagaktive Primaten aus der Teilordnung der Altweltaffen (Catarrhini). Sie leben in Indonesien und Malaysia. In Indonesien sind sie im Sultanat Brunei auf Borneo, im indonesischen Teil Borneos, auf Sumatra, den Natuna-Inseln und den Inseln des Riau-Archipels verbreitet. In Malaysia leben sie in den Provinzen Sabah und Sarawak auf Borneo und in einem Steifen entlang der Westküste der malayischen Halbinsel [2].
Taxonomie
Primatologen unterscheiden zwei Unterarten: Trachypithecus c. cristatus kommt vorwiegend in der oben beschriebenen Verbreitung vor, Trachypithecus c. vigilans kommt nur auf den Natuna-Inseln vor [2].
Lebensraum
Das meiste, was von Silbernen Haubenlanguren (Trachypithecus cristatus) bekannt ist, stammt von der malaiischen Halbinsel, die nur einen kleinen Teil der Gesamtverbreitung ausmacht. Dort und auf Borneo bewohnen sie meist Ufer- und Mangrovenwälder, während sie auf Sumatra in einer Vielzahl von primären und sekundären Waldtypen heimisch sind, z.B. in Flußwäldern, Mangroven, Sümpfen, Berg- und Küstenwäldern. Gelegentlich trifft man sie in Plantagen an [4].
Aussehen
Silberne Haubenlanguren (Trachypithecus cristatus) haben ihren Namen von der Färbung ihres Fells. Es gibt einige Variationen, z.B. braun, grau, bräunlich-grau oder schwarz, einige Haare sind jedoch immer grau oder weiß, was dem Fell einen silbernen Schimmer verleiht. Polymorphismen sind sehr selten, am bekanntesten ist eine rote Farbvariante, die auf Borneo verbreitet ist. Hände und Füße sind meist schwarz und unbehaart, was ihnen einen besseren Griff verleiht. Männchen und Weibchen sind schwer voneinander zu unterscheiden. Der einzige sichtbare Unterschied sind unregelmäßige weiße Flecken auf der Innenseite der Flanken der Weibchen. Männchen sind etwas größer als Weibchen, die etwa 89% des Körpergewichts der Männchen erreichen [1][6][9].
Neugeborene haben ein oranges Fell mit weißen Händen, Füßen und Gesicht. Die Haut verdunkelt sich jedoch innerhalb weniger Tage nach der Geburt und ist dann schwarz wie bei den Erwachsenen. Ihr oranges Fell gleicht sich innerhalb von 3 bis 5 Monaten der Fellfarbe der Erwachsenen an [9].
Erwachsenen Männchen erreichen eine Körperlänge von 52,4 cm bis 56,0 cm, somit sind sie etwas größer als die Weibchen, die etwa 46,5 cm bis 49,6 cm. Beide Geschlechter haben einen Schwanz, der mit 63 bis 84 cm länger als ihr Körper ist. Männchen erreichen ein durchschnittliches Körpergewicht von 7,1 kg, Weibchen sind mit 6,2 kg deutlich leichter. Neugeborene sind bei der Geburt etwa 20 cm lang und wiegen 400 g [9].
Ernährung
Silberne Haubenlanguren (Trachypithecus cristatus) ernähren sich in erster Linie von Blättern, wobei sie eine Vorliebe für junge Blätter haben. Sie fressen aber auch Früchte, Samen, Triebe, Blüten und Knospen. Ihr Verdauungssystem hat einige Anpassungen erfahren, um die Effizienz der Verdauung von pflanzlichen Materialien zu erhöhen. Die Backenzähne haben spitze Höcker und werden als bilophodont bezeichnet. Der Magen ist sackförmig und enthält Bakterien für die Fermentation der Pflanzen. Er ist vergrößert, um eine größere Menge an Nahrung aufzunehmen, da die Blätternahrung recht nährstoffarm ist. Die Speicheldrüsen sind vergrößert, um unter anderem die starke Magensäure zu neutralisieren, die gelegentlich aus dem Magen emporsteigt und Schäden verursachen kann [3][2].
Gruppenleben
Die Gruppen der Silbernen Haubenlanguren (Trachypithecus cristatus) sind polygyn geprägt und bestehen in der Regel aus einem Männchen und mehreren Weibchen. Darüber hinaus sind einzelgängerische und reine Junggesellengruppen beobachtet worden, die gelegentlich den Chef einer Familiengruppe herausfordern und vertreiben können. Gelingt dies, kommt es für gewöhnlich zum Infantizid (Kindstötung), indem das neue Männchen alle Säuglinge tötet, die vom vorherigen Chef abstammen. Innerhalb der sozialen Gruppe zeigen die Affen jedoch kaum Aggressivität [1][6][9].
Fortpflanzung
Die Fortpflanzung der Silbernen Haubenlanguren (Trachypithecus cristatus) ist noch nicht genauer untersucht worden, aber ein paar Fakten sind bekannt. Paarungen sind an keine bestimmte Jahreszeit gebunden und treten das ganze Jahr über auf, wobei die meisten Geburten von Dezember bis Mai stattfinden, wenn es reichlich Nahrung gibt. Der Sexualzyklus der Weibchen dauert 24 Tage. Nach einer Tragzeit von 6 bis 7 Monaten kommt in der Regel ein einzelnes Junges zur Welt, Zwillingsgeburten sind ebenfalls beobachtet worden, scheinen aber sehr selten zu sein [3].
Es gibt wenig Informationen über die Aufzucht des Nachwuchses, aber als Säugetiere und insbesondere als Primaten investieren Silberne Haubenlanguren (Trachypithecus cristatus) viel Zeit und Sorgfalt in ihre Nachkommen. Die Neugeborenen sind bereits gut entwickelt, haben geöffnete Augen und ihre Arme sind bereits so kräftig, dass sie sich im Fell der Mutter festklammern können [1][9]. Männchen erreichen die Geschlechtsreife im Alter von 4 bis 5 Jahren, Weibchen mit 4 Jahren [9].
Allomothering ist dokumentiert worden und ist ein häufiges Merkmal bei asiatischen Schlankaffen (Colobinae). Dabei gibt die säugende Mutter ihre Kleinkinder kurzfristig zur Pflege an andere Weibchen der Gruppe ab, um ungestört nach Nahrung suchen zu können. Weiterhin vermutet man, dass diese Form der Pflege die mütterlichen Kompetenzen jugendlicher Weibchen verbessert, dass die neuen Kinder besser in die Gruppe integriert werden und dass es die Chancen von Adoption erhöht, falls ein Weibchen mit Nachwuchs getötet wird. Bei Silbernen Haubenlanguren (Trachypithecus cristatus) kann es vorkommen, dass hochrangige Weibchen nachrangigen Müttern das Kind gewaltsam entreißen, um Allomothering zu praktizieren [10].
Verhalten
Über das sonstige Verhalten der Silbernen Haubenlanguren (Trachypithecus cristatus) ist ebenfalls wenig bekannt. Wie alle Primaten sind sie sehr soziale Tiere. Die die Größe der Gruppen variiert von Ort zu Ort, sie bestehen aus einem Männchen und 9 bis 48 Weibchen. Bei Erreichen der Geschlechtsreife verlassen junge Männchen ihre Geburtsgruppe, ebenso einige Weibchen [10]. Die Affen sind sehr scheu, obwohl sie manchmal in der Nähe menschlicher Ansiedlungen anzutreffen sind. Sie ziehen sich jedoch sehr schnell zurück, wenn sie sich bedroht fühlen [1][6][8][9].
Obwohl die Art sehr friedlich ist, gibt es gelegentlich territoriale Konflikte mit benachbarten Gruppen. Sind diese erst einmal ausgestanden, leben die Gruppen oft in nächster Nähe in Frieden nebeneinander. Generell gibt es nur innerartliche Konflikte. So sieht man sie oft gemeinsam mit anderen Arten bei der Nahrungssuch, wie etwa Javaneraffen (Macaca fascicularis), die die gleichen Regionen bewohnen [3][6][8][9].
Silberne Haubenlanguren (Trachypithecus cristatus) bewegen sich in erster Linie vierbeinig oder hangelnd (Brachiation) in den Bäumen fort, obwohl sie beim Umherstreifen mit der Gruppe gelegentlich auch auf den Boden herabsteigen und sich dort hüpfend im hohen Gras fortbewegen. Das Territorium einer Gruppe umfasst bis zu 20 ha, innerhalb dessen Grenzen legen die Affen bei der Suche nach Nahrung täglich zwischen 350 und 530 m zurück [10]. Das Männchen führt die Gruppe dabei mit Lautäußerungen an [6].
Kommunikation
Silberne Haubenlanguren (Trachypithecus cristatus) sind eine der stillsten Arten innerhalb der Unterfamilie Colobinae. Forscher beschreiben die Affen als würdevoll, ernst, ausdruckslos und sich langsam bewegend. Es gibt 13 verschiedene Vokalisationen, die am häufigsten in der Abenddämmerung und im Morgengrauen zu hören sind und als Angstsignale Warn- und Alarmsignale, Drohgebärden und als Begrüßung dienen. Zusätzlich zu diesen Lautäußerungen haben Männchen spezielle Vokalisationen, um zu drohen. Kinder und Jugendliche haben eigene Vokalisationen während sie spielen oder nach ihren Müttern rufen. Zusätzliche nonvokale Kommunikation umfasst Spielen, soziale Fellpflege (Grooming) und spielerische Rangeleien [1][6][9].
Gefahren
Die Lebenserwartung von Silbernen Haubenlanguren (Trachypithecus cristatus) wird in Berichten nur selten erwähnt. In Gefangenschaft wurden einzelne Affen 29 Jahre alt. Tiere in freier Wildbahn leben in der Regel etwa 20 Jahre, obwohl dort aufgrund der Beobachtungsschwierigkeiten die exakte Lebensdauer nicht bekannt ist [3][8].
Zu den Fressfeinden der Silbernen Haubenlanguren (Trachypithecus cristatus) gehören die bekannten Raubtiere in den Wäldern Südostasiens, Thailands und Indonesiens, darunter Schlangen, Tiger, Leoparden und Schakale. Die Baumkronen sind für die Affen der sicherste Platz, da es in ihrem Verbreitungsgebiet keine Raubvögel gibt, die Jagd auf baumlebende Affen machen [5][11].
Das Verschwinden von geeigneten Lebensräumen durch Rodung (vor allem für Palmölplantagen) und Waldbrände sind eine große Gefahr für das Überleben der Art, vor allem auf der Malaiischen Halbinsel und auf Borneo. Silberne Haubenlanguren (Trachypithecus cristatus) werden in der Provinz Sarawak (Borneo) gejagt, während sie auf Sumatra beliebte Haustiere sind und der Handel mit ihnen eine große Bedrohung darstellt [7].
Angesichts des umfangreichen Verlusts von Lebensräumen gibt es laut Weltnaturschutzunion (IUCN) Grund zu der Annahme, dass sich die Populationen im Niedergang befinden. Sie führt Silberne Haubenlanguren (Trachypithecus cristatus) daher auf ihrer Vorwarnliste (Near Threatened) [7].