Weißbartlangur



Steckbrief

Verbreitung

Weißbartlanguren (Trachypithecus vetulus) sind eine baumlebende, tagaktive Primatenart, die nur auf Sri Lanka vorkommt. Dort bewohnen sie gewachsene sekundäre Wälder, Nebelwälder, Sümpfe, baumlose Felsküsten und Buschsavanne. Früher wurde die Art als Semnopithecus senex oder Presbytis senex klassifiziert [5][6].

Aussehen

Weißbartlanguren (Trachypithecus vetulus) haben einen graubraunen bis schwarzen Rücken und eine hellbraune Krone. Die Kehle und der lange Backenbart sind weiß bis gelb. Der Schwanz ist braun bis schwärzlich mit einer leicht braunen oder gelben Spitze. Neugeborene sind grau mit einem Stich ins Braune, dunkeln mit zunehmendem Alter nach und sehen nach 6 Monaten aus wie die erwachsenen Affen [8]. Weibchen erreichen eine Körperlänge zwischen 48,4 und 54,0 cm und wiegen zwischen 5,1 bis 7,5 kg, ihr Schwanz ist 66,6 bis 82 cm lang. Männchen sind mit 49,5 bis 60,8 cm etwas gößer, was sich auch im Gewicht bemerkbar macht: Sie erreichen im Erwachsenenalter zischen 5,7 und 9,4 kg. Der Schwanz der Männchen ist zwischen 61,8 und 85,3 cm lang [8].

Ernährung

Weißbartlanguren (Trachypithecus vetulus) ernähren sich hauptsächlich von Blättern, fressen aber auch Früchte, Blüten und Samen [4]. Junge Blätter werden alten Blättern wegen ihres höheren Proteingehalts und niedrigen Ligningehalts bevorzugt. In einer Studie in Polonnaruwa hatten Blätter einen Anteil von 60% an der Gesamternährung, gefolgt von Früchten mit 28% und Blüten mit 12% [4]. Die Unterart Trachypithecus vetulus monticola ernährte sich gar zu 75% von jungen Blättern, gefolgt von lederartigen Blättern (16%) und Blüten und Früchte (10%). Die meisten Pflanzenteile, die von Weißbartlanguren (Trachypithecus vetulus) konsumiert wurden, stammten von 12 Baumarten. Die Affen wurden beobachtet, wie sie Erde von Termitenhügeln fraßen, vermutlich um mit ihr Mineralien aufzunehmen. Das Wasser, das sie benötigten, fanden sie in Baumhöhlen oder es wurde in Form von Regentropfen von Blättern und Zweigen geleckt [9]. Berichten zufolge fallen sie manchmal über Kartoffel- und Blumenkohlfelder her [8].

Gruppenleben

Die Gruppen der Weißbartlanguren (Trachypithecus vetulus) zählen in der Regel 6 bis 20 Affen [8]. Sie halten sich die meiste Zeit in den Bäumen auf, kommen aber für kurze Zeit auf den Boden, um baumlose Areale zu überqueren. Die Reviere umfassen zwischen 0,9 und 14,9 ha [8], wobei die Reviere von reinen Männchengruppen jene der Familiengruppen (mit nur einem Männchen) überlappen können. Die Reviere der Familiengruppen überschneiden sich untereinander aber fast nie [10].

Die sozialen Gruppen der Weißbartlanguren (Trachypithecus vetulus) bestehen aus einem Männchen (manchmal zwei) und bis zu sieben Weibchen sowie Jugendlichen und Kleinkindern [7][11]. Reine Junggesellengruppen können aus 2 bis 14 Männchen bestehen und haben ihre eigenen Territorien [7][10]. Manley (1986, 1978) berichtet von einer dritten sozialen Einheit, die "Wanderer" genannt wird. Dabei handelt es sich um Kleingruppen aus 1 bis 3 Individuen, die zu Ängstlickeit und Furcht neigen. "Wanderer" sind meist erwachsenene Männchen und Subadulte, die gerade ihre Geburtsgruppe verlassen haben und auf der Suche nach Weibchen sind, um ihren eigenen Harem zu gründen [7]. "Wanderer" können auch erwachsene Männchen sein, die nach einer Übernahme aus ihrer Gruppe verdrängt wurden. Ihnen folgen gelegentlich ein oder zwei Weibchen [7].

Bärenmakaken (Macaca arctoides)
Weißbartlangur in der Nähe der Stadt Galle im Süden Sri Lankas.

Weißbartlanguren (Trachypithecus vetulus) sind höchst territoriale Affen und die ansässigen Männchen verteidigen ihr Hoheitsgebiet aggressiv gegen Gruppen von Artgenossen [7][10][9]. Einen nicht unerheblichen Teil des Tages verbringen sie in den Kronen hoher Bäume, um nach Eindringlingen Ausschau zu halten [7]. Das Männchen eines Harems greift andere Männchen und sogar ganze Gruppen an, und versucht die Eindringlinge aus dem Revier zu verjagen. Dabei kommt es zu Ringkämpfen und es kann vorkommen, dass ein Eindringling getötet wird [7][10]. Erwachsene Weibchen beteiligen sich manchmal an solchen Revierkämpfen und jagen oder attackieren andere Weibchen [7].

Nach einer Gruppenübernahme und Verdrängung des bisherigen Harembesitzers kommt es oft zum Infantizid (Kindstötung) [10][6]. Mütter neigen dazu, durch das neue Männchen verletzte Säuglinge nach einer Übernahme im Stich zu lassen. Durch den Verzicht auf ihre Kinder wurden die Mütter bei Übernahmen weniger schwer verletzt [10].

Fortpflanzung

Paarungssaison bei Weißbartlanguren (Trachypithecus vetulus) ist während der Regenzeit von Oktober bis Januar. Geburten treten von Mai bis August auf, wobei sie im Juni mit 40% aller Geburten einen Höhepunkt erreichen. Dies hängt möglicherweise mit der reichlichen Verfügbarkeit von Nahrung in den jahreszeitlich geprägten Lebensräumen zusammen. Die Paarung wird vom Weibchen eingeleitet, indem es sich kopfschüttelnd dem Männchen nähert und sich präsentiert . Das Männchen besteigt daraufhin das Weibchen und es folgen in Schüben mehrere Kopulationen [11]. Nach Erreichen der Geschlechtsreife im Alter zwischen 3½ und 4 Jahren gebären die Weibchen alle 16 bis 24 Monate. Nach einer Tragzeit von 195 bis 210 Tagen kommt ein einzelnes Junges zur Welt [3][8].

Nach 12 bis 16 Wochen beginnt das Fell des Nachwuchses sich farblich langsam an das der Erwachsenen anzugleichen, dieser Wechsel in der Fellfärbung ist nach 28 Wochen vollständig vollzogen [11]. Im Alter zwischen 12 und 20 Wochen werden die Kleinen von der Mutter immer unabhängiger und beginnen an sozialen Spielen teilzunehmen, d.h. sie jagen hintereinander her und fechten kleine Rangeleien miteinander aus [11]. In diesem Alter fangen sie auch an, feste Nahrung zu sich zu nehmen und sich vollkommen selbstständig zu bewegen, außer in gefährlichen Situationen, in denen sie von der Mutter getragen und in Sicherheit gebracht werden. Nach 7 bis 8 Monaten sind die Säuglinge vollständig entwöhnt [11].

Taxonomie

Primatologen unterscheiden 4 Unterarten [2]:

  • Trachypithecus v. vetulus lebt in den Regenwäldern im Süden Sri Lankas südlich des Flusses Kalu Ganga. Die Fellfarbe ist insgesamt grau bis schwarz mit hellen Haarspitzen. Die Lenden- und Hüftbereiche sowie der distale Teil des Schwanzes sind hellbraun mit langen cremefarbenen Spitzen. Kopf und Backenbart sind braun oder graubraun.
  • Trachypithecus v. nestor ist nördlich des Flusses Kalu Ganga bis in die nördlichen Regenwälder verbreitet. Diese Unterart ist heller als T. v. vetulus. Der Steißfleck ist silbergrau, Unterarme und Schenkel sind fast schwarz. Krone und Nacken sind hellbraun, der Schwanz ist an der Spitze leicht buschig.
  • Trachypithecus v. philbricki lebt in der trockenen Zone im Norden und Osten Sri Lankas in Höhenlagen bis 1.500 m (East Matale und Madukelle Hills). Diese Unterart ähnelt T. v. nestor, außer dass sie einen weniger auffälligen Steißfleck hat. Die unteren Teile der Beine sind schwarz, die Schwanzspitze ist gelbbraun und nicht buschig.
  • Trachypithecus v. monticola lebt in Bergregionen in Höhen von 1.200 bis 2.000 m. Diese Unterart hat sehr dickes, braunes Fell. Die Backenhaare sind lang, weiß und verdecken die Ohren. Der Schwanz ist kürzer als bei den übrigen Unterarten.

Gefahren

Außer dem Menschen, der Jagd auf sie macht, können Leoparden (Panthera pardus) den Weißbartlanguren (Trachypithecus vetulus) gefährlich werden [9][12].

Weißbartlanguren (Trachypithecus vetulus) werden von der Weltnaturschutzunion (IUCN) als stark gefährdet (Endangered) eingestuft, da die Populationen in den vergangenen 36 Jahren schätzungsweise um mehr als 50% zurückgegangen sind und sich dieser Trend vorraussichtlich fortsetzen wird. Als Grund für den Abwärtstrend nennt die Organisation eine verhängnisvolle Kombination aus Bejagung und Verlust ihres Lebensraumes [1].

Systematik


Literatur

[1] Dittus, W., Molur, S. & Nekaris, A. 2008. Trachypithecus vetulus. In: IUCN 2010. IUCN Red List of Threatened Species. Version 2010.2. <www.iucnredlist.org>. Downloaded on 10 August 2010; [2] Groves, 2001; [3] Harvey et al., 1987; [4] Hladik, 1977; [5] Macdonald, 2001; [6] Manley, 1978; [7] Manley, 1986; [8] Rowe, 1996; [9] Roonwal und Mohnot, 1977; [10] Rudran, 1973a; [11] Rudran, 1973b; [12] Seidensticker, 1983