Hatinh-Languren (Trachypithecus hatinhensis) sind baumbewohnende, tagaktive Primaten aus der Gruppe der Altweltaffen (Catarrhini). Obwohl in historischer Zeit weit verbreitet, scheinen die Affen heute auf Kalksteingegenden im westlichen Teil der vietnamesischen Provinzen Quang Binh und Quang Tri sowie auf den östlichen Teil der laotischen Provinzen Khammuan und Savannakhet beschränkt zu sein [4]. Von der lokalen Bevölkerung werden Hatinh-Languren (Trachypithecus hatinhensis) als langschwänzige oder schwarze Gibbons bezeichnet [5].


Lebensraum

Hatinh-Languren (Trachypithecus hatinhensis) trifft man in der Regel in bewaldeten Lebensräumen mit Karst / Kalk-Umgebungen an [7]. In Quang Binh und Quang Tri beschränkt sich ihr natürlicher Lebensraum heute auf einen Waldstreifen in der Nähe der Grenze zu Laos [4]. Die Wälder sind in den Bezirken Tuyen Hoa und Hoa Minh stark degradiert, also in einem sehr schlechten Zustand [6]. In Laos findet man sie oft an steilen Berghängen. Ihre Lebensräume reichen bis in Höhenlagen von ca. 1.500 m [9].


Aussehen

Die Fellfärbung ist insgesamt schwarz mit braun-weißen Haaren von den Mundwinkeln entlang der Backen bis hinter die Ohren, was sie schon auf den ersten Blick von den nahe verwandten Tonkin-Languren (Trachypithecus francoisi) unterscheidet. Auf dem Nacken verläuft ein Streifen aus weißen Haaren. An der Oberseite des Kopfes befindet sich ein für viele Haubenlanguren (Trachypithecus) typischer Haarschopf. Neugeborene haben ein gelbliches Fell, das jedoch bereits nach zwei Wochen anfängt nachzudunkeln. Nach drei Monaten ist der Säugling fast vollständig schwarz [5]. Der Schwanz ist lang und wird S-förmig über dem Rücken gehalten [3][2]. Die Körperlänge der erwachsenen Affen reicht von 50,0 bis 66,5 cm, der Schwanz ist zwischen 81,0 und 87,0 cm lang [2]. Als relativ große Primaten erreichen sie ein Gewicht zwischen 6 und 9 kg.


Ernährung

Da es sehr schwierig ist, Hatinh-Languren (Trachypithecus hatinhensis) in ihrer natürlichen Umgebung zu beobachten, gibt es kaum Informationen über Ihr Ernährungsverhalten [5]. Vermutlich ernähren sie sich aber wie alle Schlank- und Stummelaffen in erster Linie von Blättern, vor allem reife Blätter, aber auch von Früchten und gelegentlich Insekten. Diese Art der Ernährung liefert nur wenig Proteine und die Blätterfasern erfordern ein spezialisiertes Verdauungssystem. Sie haben daher einen sackförmigen Magen und vergrößerte Speicheldrüsen, um die Cellulose ihrer Blattnahrung aufzubrechen und zu verdauen. Hände und Füße sind schlank, die Daumen reduziert.[1].


Gruppenleben

Hatinh-Languren (Trachypithecus hatinhensis) sind in einer Reihe verschiedener sozialer Gruppenstrukturen beobachtet worden. In der Regel leben in den einzelnen Gruppen 2 bis 15 Individuen, es sind aber auch schon Gruppen mit bis zu 30 Individuen gesichtet worden. Die Gruppen bestehen meist aus einem Männchen und drei oder vier Weibchen plus deren Nachkommen, diese Zusammensetzung kann aber in Bezug auf Jagddruck und Qualität des Lebensraumes variieren [5].


Fortpflanzung

Paarungen finden das ganze Jahr über statt, Geburten häufen sich jedoch im Frühling und Sommer, da es zu dieser Zeit wärmer ist und weniger regnet. Die Weibchen bringen pro Geburt ein einzelnes Junges zur Welt [5].


Verhalten

Hatinh-Languren Schlafplätze
Schlafplatz der Hatinh-Languren: Die Karstformation des Nationalparks Phong Nha-Ke Bang. Sie hat sich seit dem Paläozoikum (vor etwa 400 Millionen Jahren) entwickelt und ist die älteste bedeutende Karstregion in Asien. Das weite Gebiet zeigt eindrucksvolle Erscheinungen, darunter zahlreiche Grotten und unterirdische Flüsse auf über 65 km Länge.

Die Wahl der Schlafplätze ist eine der interessantesten Eigenschaften im Verhalten der Hatinh-Languren (Trachypithecus hatinhensis). Sie verwenden die gleichen Schlafplätze über viele Jahre hinweg, solange es keine Störungen gibt und die Affen nicht bejagt werden. Einige Gruppen im Phong Nha National Park haben ihre Schlafplätze seit 1998 nicht gewechselt. Es handelt sich meist um kleinen Höhlen und Spalten an Steilküsten, manchmal sogar um große Kalksteinhöhlen. Diese bieten Schutz vor Nässe während der Regenzeit und dem kalten Nordwind im Winter, vor allem aber auch vor ihren natürlichen Feinden. Der Schutz funktioniert aber nicht immer, so hat ein Jäger in Phong Nha von einem Buntmarder (Martes flavigula) berichtet, der einen weiblichen Hatinh-Languren (Trachypithecus hatinhensis) verspeiste, den er vermutlich vorher getötet hatte [5].

Hatinh-Languren (Trachypithecus hatinhensis) scheinen Klippen zu bevorzugen, die nach Westen oder Südwesten ausgerichtet sind, möglicherweise weil es dort nachmittags am wärmsten ist. Die Schlafhöhlen befinden sich in der Regel in ca. 20 m Höhe, manchmal in bis zu 50 m. Der bemerkenswerteste Aspekt einer typischen Schlafhöhle sind orange-gelbe oder dunkle Flecken unterhalb der Eingänge, das Ergebnis von Urin und Kot, die die Languren in der Nacht ausscheiden. Leider erleichtern es diese Schlafplätze vielen illegalen Jägern die Affen aufzuspüren und zu töten [5].


Bedrohungen

Die größte Bedrohung für Hatinh-Languren (Trachypithecus hatinhensis) geht daher von der Jagd aus, sie ist durchaus üblich im gesamten Verbreitungsgebiet dieser Primaten. Die Tiere werden entweder wegen ihres Fleisches getötet, ebenso zur Verwendung in der „traditionellen Medizin“, oder sie werden für den Haustierhandel gefangen [4]. Fallenstellen, so wird berichtet, ist seit 1996 die vorherrschende Jagdmethode [8], da Feuerwaffenbesitz offenbar seit 1995 durch die lokalen Behörden stärker kontrolliert wird und viele Waffen konfisziert wurden. Der Straßenbau rund um den Phong Nha-Ke Bang Nationalpark hat die Jagd und den illegalen Holzeinschlag verstärkt. Der Verlust des Lebensraumes in einigen Regionen ist ebenfalls ein großes Problem [4][9].

Die Weltnaturschutzunion (IUCN) stuft die Art als stark gefährdet ein, da die Populationen in den vergangenen 36 Jahren schätzungsweise um mehr als 50 % zurückgegangen sind, hauptsächlich wegen den Auswirkungen der Jagd und dem fortschreitenden Verlust an geeigneten Lebensräumen [9].


Systematik


Literatur

[1] Ankel-Simons, 2000; [2] Groves, 2001; [3] Lippold und Vu Ngoc Thanh, 1995; [4] Nadler et al., 2003; [5] Nguyen, 2006; [6] Pham Nhat et al., 1996; [7] Pham Nhat, 2002; [8] Timmins et al., 1999; [9] Xuan Canh, L., Khac Quyet, L., Thanh Hai, D. & Timmins, R.J. 2008. Trachypithecus hatinhensis. In: IUCN 2010. IUCN Red List of Threatened Species. Version 2010.2. <www.iucnredlist.org>. Downloaded on 09 August 2010.

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