Kambrium


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vor 542–488,3 Millionen Jahren
Datei:Blakey 540moll.jpg
Atmosphärischer O2-Anteil
(Durchschnitt über Periodendauer)
ca. 12,5 Vol %[1]
(63 % des heutigen Niveaus)
Atmosphärischer CO2-Anteil
(Durchschnitt über Periodendauer)
ca. 4500 ppm[2]
(12-faches heutiges Niveau)
Bodentemperatur (Durchschnitt über Periodendauer)
ca. 21 °C[3]
(7 °C über heutigem Niveau)
System Serie Stufe ≈ Alter (mya)
höher höher höher jünger
Kambrium Furongium 10. Stufe 492–488,3
Jiangshanium 496–492
Paibium 499–496
3. Serie Guzhangium 503–499
Drumium 506,5–503
5. Stufe 510–506,5
2. Serie 4. Stufe 515–510
3. Stufe 521–515
Terreneuvium 2. Stufe 528–521
Fortunium 542–528
tiefer

Das Kambrium ist das unterste chronostratigraphische System und die älteste geochronologische Periode des Paläozoikums und damit des Phanerozoikums in der Erdgeschichte. Das Kambrium entspricht etwa dem Zeitraum vor etwa 542 bis 488,3 Millionen Jahren. Darunter bzw. davor liegt das Ärathem bzw. die Ära des Neoproterozoikums (Äon Proterozoikum) mit dem Ediacarium. Darüber folgt das System bzw. danach die Periode des Ordoviziums. Aus den Schichten, die älter sind als das Kambrium, sind nur sehr wenige Fossilien bekannt geworden. Der gesamte Zeitraum von der Entstehung der Erde vor etwa 4,56 Milliarden Jahren bis zur Entwicklung der Tierwelt im Kambrium wird in der älteren Literatur auch als Präkambrium bezeichnet.

Geschichte und Namensgebung

Adam Sedgwick

Der Name Kambrium für dieses System wurde von Adam Sedgwick bereits 1835 nach dem lateinischen Namen von Wales (Cambria) vorgeschlagen, da dort Schichten des Kambriums aufgeschlossen sind.[4]

Der Beginn des Kambriums

Lange Zeit nahm man den Beginn des Kambriums bei etwa 600 Millionen Jahren vor der Gegenwart an, mit dem scheinbar ersten Auftreten von Fossilien. Erst in jüngster Zeit konnten auch in älteren Schichten Fossilien gefunden und untersucht werden. Noch vor 20 Jahren war der Beginn des Kambriums vor 590 bis 570 Millionen Jahren festgesetzt, mit dem Auftreten der ersten Trilobiten und Archaeocyathiden (erste Schwämme mit Kalkskelett). Durch radiometrische Methoden wurde dieser Zeitpunkt in den letzten Jahrzehnten immer näher in Richtung Gegenwart verschoben. Vor 542 Millionen Jahren ergibt sich ein Einschnitt in der weltweiten Verteilung des Kohlenstoff-Isotops C-13, der mit einem grundlegenden Wechsel in der fossilen Fauna einhergeht. Durch Untersuchungen von Zirkonen in Vulkanasche-Schichten aus dem frühen Kambrium in Oman konnte der Zeitpunkt dieser C-13-Anomalie mit einer Genauigkeit von 0,3 Millionen Jahren bestimmt werden. Er wird nunmehr als Beginn des Kambriums und somit auch des Beginns des Erdzeitalters (Ära) Paläozoikum angenommen.

Ende des Kambriums

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden auch die Schichten, die direkt über den jüngsten Schichten des Kambriums liegen, noch als Silur bezeichnet. Nach Problemen bei der Grenzziehung wurde später für die basalen Schichten des Silurs in seinem ursprünglichen Umfang der Begriff Ordovizium geprägt, dieses wurde zwischen Kambrium und Silur eingeschoben. In der älteren Literatur kann deshalb das System des Ordoviziums fehlen bzw. können Schichten, die heute dem Ordovizium zugerechnet werden, als Untersilur bezeichnet werden.

Global Boundary Stratotype Section and Point (GSSP) des Kambrium, Terreneuvium und Fortunium im Fortune Head Ecological Reserve, Newfoundland, Kanada

Definition und GSSP

Der Beginn des Kambriums und damit des Phanerozoikums (und auch der Terreneuvium-Serie und der Fortunium-Stufe des Kambriums) wurde von der International Union of Geological Sciences (IUGS) mit dem Erstauftreten des Spurenfossils Trichophycus pedum definiert. Außerdem liegt die Grenze auch sehr nahe an einer negativen Kohlenstoff-Isotopen-Anomalie. Die Obergrenze (und damit auch der Beginn des Ordoviziums) ist das Erstauftreten der Conodonten-Art Iapetognathus fluctivagus, das wiederum knapp oberhalb der Basis der Cordylodus lindstromi-Conodonten-Zone liegt. Diese Grenze liegt nur wenig unter dem Erstauftreten von planktonischen Graptolithen. Zum globalen Referenzprofil (GSSP) für die Basis des Kambriums wurde 1992 ein Profil in der Chapel Island-Formation bei Fortune Head auf der Burin-Halbinsel auf Neufundland (Kanada) gewählt.

Untergliederung des Kambriums

Das Kambrium wird nach dem derzeitigen Stand der Chronostratigraphie in 4 Serien mit insgesamt 10 Stufen unterteilt, die jeweils aber z. T. noch nicht formal benannt sind. Der derzeitige Stand (2009) sieht aus wie folgt:

  • System: Kambrium (542–488,3 mya)
    • Serie: Furongium (499–488,3 mya)
      • Stufe: Kambrium 10. Stufe (492–488,3 mya)
      • Stufe: Jiangshanium (496–492 mya)
      • Stufe: Paibium (499–496 mya)
    • Serie: Kambrium 3. Serie (510–499 mya)
      • Stufe: Guzhangium (503–499 mya)
      • Stufe: Drumium (506,5–503 mya)
      • Stufe: Kambrium 5. Stufe (510–506,5 mya)
    • Serie: Kambrium 2. Serie (521–510 mya)
      • Stufe: Kambrium 4. Stufe (515–510 mya)
      • Stufe: Kambrium 3. Stufe (521–515 mya)
    • Serie: Terreneuvium (542–521 mya)
      • Stufe: Kambrium 2. Stufe (528–521 mya)
      • Stufe: Fortunium (542–528 mya)

Paläogeografie

Zu Beginn des Kambriums existierte ein großer Südkontinent Gondwana, der mit seinen nördlichen Ausläufern aber über den Äquator bis in nördliche Breiten reichte. Zu diesem Kontinent gehörten nicht nur die klassischen Gondwana-Kontinente (Afrika, Südamerika, Indien, Madagaskar, Australien, Antarktika, Saudi-Arabien u. a.), sondern auch einige kleinere Blöcke, die später mit den Nordkontinenten verschweißt wurden, wie der Kleinkontinent Avalonia (Teile von Mittel- und Westeuropa), die Armorica-Terrangruppe (Teile von West- und Südeuropa), der Tarim-Block, der Sino-Koreanische Kraton und der Jangtse-Kraton. Diesem Großkontinent im Süden standen drei kleinere Kontinente gegenüber. Laurentia (Teile Nordamerikas und Grönlands), Baltica (Nordosteuropa) und Sibiria (Sibirien) lagen alle etwas südlich des Äquators. Laurentia war von Baltica und Gondwana durch den Iapetus-Ozean getrennt. Zwischen Baltica und dem Gondwana vorgelagerten Avalonia lag der Tornquist-Ozean. Sibiria war durch den Aegir-Ozean von Baltica getrennt. Isoliert von diesen Kontinenten war auch ein kleiner Kontinent Kasachstania, der im Karbon an Sibiria angeschweißt wurde. Der Südpol befand sich im Unterkambrium im heutigen nördlichen Südamerika. Er verlagerte sich bis zum Ende des Kambriums nach Nordafrika bzw. Gondwana wanderte entsprechend über den Südpol hinweg. Der Nordpol lag zur Zeit des Kambriums im Meer.

Klima

Zu Beginn des Kambriums scheint eine globale Erwärmung eingetreten zu sein. Der Meeresspiegel stieg im Laufe des Unterkambriums beträchtlich an. Die Sauerstoffkonzentration in der Atmosphäre war zu Beginn des Kambriums niedriger als heute, hatte aber vom ausgehenden Präkambrium zum Kambrium etwas zugenommen und stieg während des Kambriums weiter leicht an. Die CO2-Konzentration stieg im Laufe des Kambriums stark an und erreichte an der Kambrium/Ordovizium-Grenze einen absoluten Höhepunkt, der während des gesamten Phanerozoikums nicht mehr erreicht wurde.

Entwicklung der Fauna

Datei:Cambrian sea.JPG
Diorama zum Leben im Kambrium im Museum Mensch und Natur in München

Der Beginn des Kambriums ist gekennzeichnet durch die sogenannte „kambrische Explosion“, bei der in einem erdgeschichtlich recht kurzen Zeitraum sehr viele mehrzellige Tiergruppen entstanden bzw. im Fossilbericht erscheinen, deren grundsätzliche Baupläne sich teilweise bis heute erhalten haben. Der Beginn des Kambriums markiert somit für die Entwicklung der Tierwelt einen sehr wesentlichen Einschnitt in der Erdgeschichte, mit dem auch das Äonothem des Phanerozoikums begann, jener große geologische Abschnitt, in dem sich die Lebewelt, so wie wir sie heute kennen, entwickelte.

Mit Ausnahme der Moostierchen (Bryozoa) waren bereits fast alle modernen Tierstämme im Kambrium vorhanden: Schwämme (Porifera), Nesseltiere (Cnidaria), Gliederfüßer (Arthropoda), Armfüßer (Brachiopoda), Weichtiere (Mollusca), Stachelhäuter (Echinodermata) und andere kleinere Stämme von Wirbellosen wie auch die Vorläufergruppen der Wirbeltiere. Im Kambrium entwickelten viele Arten erstmals harte Skelette und Gehäuse. Dies wird einerseits erklärt als Schutz vor den ersten großen Räubern, die auch zu dieser Zeit auftraten, andererseits durch das große Angebot von Kalziumkarbonat durch eine Veränderung in der chemischen Zusammensetzung des Meerwassers. Das Auftreten von Gehäusen und Skeletten aus Kalziumkarbonat, die natürlich ein wesentlich besseres Fossilisationspotenzial haben als lediglich Weichteile, macht erklärbar, warum im Kambrium plötzlich so viele Tierstämme auftreten, über deren Vorfahren nichts bekannt ist. Vermutlich muss die Aufspaltung (Radiation) der vielzelligen Tiere (Metazoen) weit ins Ediacarium zurück verlegt werden.

Als Leitfossilien zur biostratigraphischen Gliederung des Kambriums werden benutzt:

Die wohl zu den Schwämmen zählenden Archaeocyathiden bauten die ersten größeren Riffe der Erdgeschichte. Sie starben zu Beginn des Oberkambriums wieder aus.

Entwicklung der Flora

Aus der kambrischen Pflanzenwelt sind nur marine planktonische Algen bekannt. Das Land war noch nicht von Pflanzen besiedelt.

Das Kambrium in Mitteleuropa

In Mitteleuropa gibt es nur sehr wenige Aufschlüsse bzw. Gebiete, in denen Gesteine des Kambriums an die Erdoberfläche treten. Es ist in den meisten Gebieten von dicken jüngeren Sedimentschichten bedeckt und/oder auch bei späteren Orogenesen metamorphosiert worden. Europa setzt sich aus verschiedenen geotektonischen Platten (Laurentia, Baltica, Avalonia und die Armorica-Terranes) zusammen, die zur Zeit des Kambriums z. T. sehr weit auseinander lagen. Sie wurden erst bei späteren Orogenesen in dieser Position zusammengefügt. Entsprechend vielgestaltig sind die Fazies und der Fauneninhalt der kambrischen Schichten in Mitteleuropa.

In Deutschland sind in folgenden Regionen Gesteine kambrischen Alters nachgewiesen worden: Schwarzwald, Spessart, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Nordthüringen, Thüringisch-fränkisches Schiefergebirge, Fichtelgebirge, Bayrischer Wald, Oberpfälzer Wald, Erzgebirge, Vogtland, Lausitz, u. a. sowie auch in einigen Bohrungen Norddeutschlands, wobei besonders die Bohrung „Adlersgrund” in der Ostsee von Bedeutung ist. Während die genannten anderen Aufschlussgebiete alle zu Avalonia und der Armorica-Terrangruppe gehören, also im Kambrium noch zu Gondwana gehörten, lag das Gebiet der Bohrung Adlersgrund im Kambrium auf Baltica.

Darüber hinaus sind kambrische Geschiebe in Norddeutschland weit verbreitet. Sie stammen aus den skandinavischen Vorkommen, beinhalten aber auch Fossilien, die im Ursprungsgebiet bisher nicht gefunden wurden, z. B. Xenusion.

Fossillagerstätten

Anomalocaris aus dem Burgess-Schiefer

Aus dem Burgess-Schiefer in den Rocky Mountains Kanadas sind viele gut erhaltene Fossilien aus dem Mittleren Kambrium bekannt, vor allem Gliederfüßer, Anneliden, Onychophora, Priapuliden neben Trilobiten, Schwämmen und Fossilien, die keinem der heutigen Stämme zugeordnet werden können. Noch etwas älter ist die berühmte Chengjiang-Faunengemeinschaft im Maotianshan-Schiefer in China (Prov. Yunnan). Auch diese Fossillagerstätte ist durch ihre hervorragende Erhaltung von Weichteilen bekannt. Weitere bemerkenswerte kambrische Fossillagerstätten sind die Orsten.[5] Orsten sind Kalkknollen, die in Alaunschiefer eingelagert sind. In diesen Kalkknollen wurden Chitinskelette in einer frühen Phase der Diagenese phosphatisiert und blieben dreidimensional erhalten. Mit schwacher Säure konnten diese hervorragend erhaltenen Chitinskelette von kambrischen Arthropoden und deren Larvenstadien aus dem Gestein herausgelöst werden. Der Begriff Orsten stammt aus Schweden, wo zwei derartige Fossillagerstätten bekannt sind. Inzwischen wurde eine „Orsten”-Fossillagerstätte auch im Kambrium Australiens entdeckt.

Literatur

  • M. Brasier, J. Cowie, M. Taylor: Decision on the Precambrian-Cambrian boundary stratotype. In: Episodes. 17(1/2), S. 95–100, Beijing 1994 ISSN 0705-3797.
  • L. R. M. Cocks, T. H. Torsvik: European geography in a global context from the Vendian to the end of the Palaeozoic. In: D. G. Gee, R. A. Stephenson (Hrsg.): European Lithosphere Dynamics. In: Geological Society London Memoirs. 32, S. 83–95, London 2006.
  • R. A. Cooper, G. S. Nowlan, S. H. Williams: Global Stratotype Section and Point for base of the Ordovician System. In: Episodes. 24(1), S. 19–28, Beijing 2001 ISSN 0705-3797
  • Olaf Elicki: Als das Leben „explodierte“ und eine völlig neue Welt entstand: Das Kambrium. In: Biologie in unserer Zeit. 33(6) 2003, S. 380–389, ISSN 0045-205X.
  • Steven M. Stanley: Historische Geologie. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, Berlin 2001, ISBN 3-8274-0569-6.
  • Stratigraphische Kommission Deutschlands: Stratigraphie von Deutschland II Ordovizium, Kambrium, Vendium, Riphäikum. 3 Bde. Courier Forschungsinstitut Senckenberg, 1997–2001, S. 200, 234, 235.
  • Roland Walter: Erdgeschichte Die Entstehung der Kontinente und Ozeane. 5. Aufl. de Gruyter, Berlin / New York 2003, ISBN 3-11-017697-1.

Weblinks

Allgemeine Informationen

Spezielle Medien

Commons: Kambrium – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Sauerstoffgehalt-1000mj
  2. Phanerozoic Carbon Dioxide
  3. All palaeotemps
  4. Peter Faupl: Historische Geologie: Eine Einführung. UTB 2003, ISBN 3-8252-2149-0, S. 52 (Auszug in der Google-Buchsuche)
  5. vgl. wiss. Arbeitsgruppe der Uni Ulm