Vielzellige Tiere
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Vielzellige Tiere | ||||||||
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oben: Schwämme, Seeanemone, Regenwurm; | ||||||||
Systematik | ||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||
Metazoa | ||||||||
Haeckel, 1874 |
Die vielzelligen Tiere (Metazoa) sind ein zoologisches Taxon, in dem alle mehrzelligen Tiergruppen zusammengefasst werden. Heute sind 1,2 Millionen Arten von vielzelligen Tieren bekannt. Mit den noch nicht beschriebenen wird geschätzt, dass es 10 bis 20 Millionen Arten sind. Von den bisher bekannten Arten machen die Gliederfüßer (Arthropoda) mit etwa einer Million über 80 % aus und innerhalb der Gliederfüßer stellen die Käfer und die Schmetterlinge zusammen die Hälfte der Arten. Gliederfüßer und Weichtiere, mit 100.000 Arten der zweitartenreichste Stamm, umfassen 90 % der heute lebenden Arten. Die Wirbeltiere stellen 5 % des Artenreichtums der Tierwelt.[1]
In wissenschaftlichen Veröffentlichungen werden die Metazoa heute oft synonym zu den Tieren (Animalia) verwendet, für die Metazoa und die einzelligen Vertreter aus ihrer Stammgruppe wurde 2004 das neue Taxon Holozoa gebildet.
Merkmale
Kennzeichen der Metazoa ist neben dem Umstand, dass sie aus mehreren Zellen aufgebaut sind, auch die Differenzierung und Spezialisierung dieser Zellen. So finden sich bereits bei den Schwämmen unterschiedliche Zelltypen, die beispielsweise dem Nahrungserwerb, der Atmung (Kragengeißelzellen) oder dem Skelettaufbau dienen. Weitere Kennzeichen sind eine spezialisierte Gametengenese, begeißelte Spermien, die Furchung (Zellteilung durch Abschnürung bei Zygoten (befruchtete Eizellen) am Beginn der Embryogenese) sowie das Genom der Mitochondrien.
Differenziertes Gewebe
Bedeutendstes Kennzeichen der Metazoa ist der vielzellige Körper, der aber keine Kolonie gleicher Zellen ist, die mehr oder weniger auch unabhängig voneinander existieren können, sondern in dem die Zellen spezialisiert und morphologisch und funktionell differenziert sind. Gleichartige Zellen kommunizieren mittels chemischer Signale untereinander, beeinflussen sich gegenseitig, arbeiten zusammen und bilden Gewebe. Die Kommunikation dient unter anderem dem Erhalt der Körperform und der Form der Organe.
Gewebegrundtypen sind das Epithel (Auskleidungsgewebe) und das Bindegewebe. Das Epithelgewebe besteht aus einem geschlossenen Zellverband, fast ohne interzelluläre Zwischenräume. Die Zellen sind in Funktion und Struktur oft asymmetrisch (polarisiert) und auf unterschiedliche Weise miteinander verbunden.
Bindegewebe sind dagegen lockerer aufgebaut, mit isolierten Zellen in der Extrazellulären Matrix. Die Extrazelluläre Matrix besteht aus netzartig angeordneten Kollagenfasern, Wasser und Glykoproteinen. Epithel und Bindegewebe sind durch die Basalmembran voneinander getrennt.
Cilien
Die Cilien der Spermien und anderer Metazoenzellen haben quergestreifte Wurzeln und senkrechte Zentriolen, von denen eines den Basalkörper der Cilie bildet. Ansonsten weisen sie den einheitlichen Aufbau aller Eukaryoten-Cilien auf.
Gametogenese
Zur geschlechtlichen Fortpflanzung produzieren mehrzellige Tiere Eizellen und Spermien. Ihre Gametogenese ist ähnlich. Aus einer diploiden Mutterzelle entstehen vier haploide Zellen, entweder vier Spermien oder die befruchtungsfähige Eizelle und drei Polzellen, die normalerweise schnell wieder vergehen. Es wird angenommen, dass die Produktion einer großen, mit Nährstoffen versehenen Eizelle zu aufwendig ist, als dass aus jeder der vier Zellen eine Eizelle entstehen kann.
Furchung
Nach der Befruchtung teilt sich die entstandene diploide Zygote zunächst, ohne dass ein Zellwachstum stattfindet, in viele kleine Tochterzellen (Blastomere). Bei dieser Furchung genannten Zellteilung entstehen die Grundachsen des künftigen Embryos und eine erste Differenzierung. Aus der Furchung entsteht die Blastula, die sich in der Gastrulation einstülpt. Im Zuge der weiteren Differenzierung teilen sich die Zellen teilweise asymmetrisch, aus einer Stammzelle entsteht eine Stammzelle und eine Zelle die sich weiter differenziert.
Die Arten der Furchung dienten lange als Merkmal, um die verschiedenen Tierstämme verwandtschaftlich einander zuzuordnen. Allerdings haben viele Stämme einen nur ihnen eigenen Furchungstyp entwickelt und die systematische Bedeutung der verschiedenen Furchungstypen ist nur schwer zu beurteilen.
Mitochondrien
Die Mitochondrien der Metazoa haben ein vergleichsweise kleines Genom mit etwa 16.000 Nucleotiden auf 37 Genen. Im Vergleich dazu ist das Genom der Choanoflagellaten vier mal so lang. Zudem weist die Transfer RNA und die Ribosomale RNA eine ungewöhnliche Struktur auf.
Äußere Systematik
Die vielzelligen Tiere bilden zusammen mit den Pilzen (Fungi) und verschiedenen Einzellern das Taxon Opisthokonta. Ihre direkte Schwestergruppe sind die Kragengeißeltierchen (Choanoflagellata), deren Einzelzellen den Kragengeißelzellen der Schwämme gleichen. Folgendes vereinfachte Kladogramm gibt die wahrscheinlichen Verwandtschaftsverhältnisse wieder [2]:
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Innere Systematik
Die basalsten vielzelligen Tiere sind die Schwämme, die wahrscheinlich paraphyletisch sind, da zumindest die Kalkschwämme den höheren Metazoen, den Gewebetieren, näher stehen als den übrigen Schwämmen. Alle vielzelligen Tiere außerhalb der Schwämme sind durch echtes Zellgewebe gekennzeichnet. Sie werden als Gewebetiere (Eumetazoa) bezeichnet. Als ihre basalste Gruppe gelten heute nicht mehr die Nesseltiere, sondern die Rippenquallen, die systematische Stellung der Placozoa, früher mit den Schwämmen als Gewebelose vereint, ist unsicher. Eine Verwandtschaft mit den Nesseltieren wird vermutet. Folgendes Kladogramm gibt die wahrscheinlichen Verwandtschaftsverhältnisse wieder [3]:
Metazoa |
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Siehe auch: Systematik der Vielzelligen Tiere
Stammesgeschichte
Die ersten vielzelligen Tiere waren wahrscheinlich auf dem Meeresboden lebende Tiere – ob frei beweglich oder sessil, ist nicht zu beantworten – deren Oberfläche mit Zellen besetzt waren, die Nahrung mittels Phagozytose aufnahmen und Stammzellen im Körperinneren hatten. Diese Tiere waren wohl noch ohne Symmetrie, ohne Muskel- und Nervenzellen, ohne Sinnesorgane, ohne Verdauungstrakt und ohne Keimdrüsen.[4]
Zu Beginn des Kambriums vor ca. 540 Millionen Jahren lassen sich viele Stämme der vielzelligen Tiere zum ersten Mal sicher nachweisen. Das plötzliche gleichzeitige Auftreten und die Phase der schnellen Radiation der mehrzelligen Tiere, die ihm vorausgegangen sein soll, wird auch als Kambrische Explosion bezeichnet. Bekannte Fundstätten sind der Burgess-Schiefer in Kanada und der Maotianshan-Schiefer in China.
Viele Fossilien des jüngsten Präkambriums unterscheiden sich so deutlich von den Stämmen der vielzelligen Tiere, dass es sehr schwierig ist, sie überhaupt den Tieren, Pilzen, Algen, Flechten oder den Protisten zuzuordnen. Die Fauna des Ediacariums wird deshalb von einigen Wissenschaftlern auch einem eigenen Reich, den Vendozoa oder Vendobionta zugeordnet. Andererseits gilt es als sicher, dass viele Stämme der vielzelligen Tiere, z. B. die Gliederfüßer und die Chordatiere, bereits im Präkambrium aufgetreten sein müssen. Die Radiation der Bilateria soll, mit der Methode der Molekularen Uhr ermittelt, vor 920 bis 570 Millionen Jahren stattgefunden haben. Vernanimalcula, der früheste bekannte Vertreter der Bilateria, lebte vor etwa 600 bis 580 Millionen Jahren.[5] In Indien wurden Spurenfossilien wurmartiger Organismen mit einem Alter von einer Milliarde Jahren gefunden.[6]
Literatur
- Hynek Burda, Gero Hilken, und Jan Zrzavý: Systematische Zoologie. UTB, Stuttgart, 2008, ISBN 978-3-8252-3119-4
- Wilfried Westheide & Reinhard Rieger (Hrsg., 2007): Spezielle Zoologie - Teil 1: Einzeller und Wirbellose Tiere (2. Aufl.). Elsevier, Spektrum Akademischer Verlag, München. ISBN 3-8274-1575-6
Einzelnachweise
- ↑ Westheide & Reinhard Rieger (2007), Seite 69
- ↑ Hynek, et al. (2008), Seite 29
- ↑ Hynek, et al. (2008), Seite 42
- ↑ Hynek, et al. (2008), Seite 37
- ↑ Bengtson, S., Budd, G.: Comment on ‘‘small bilaterian fossils from 40 to 55 million years before the Cambrian.’’ In: Science. 306. Jahrgang, 2004, S. 1291a, doi:10.1126/science.1101338 (sciencemag.org).
- ↑ Seilacher, Bose, Pflüger: Triploblastic Animals More Than 1 Billion Years Ago: Trace Fossil Evidence from India. Science 2 October 1998, Vol. 282. no. 5386, pp. 80 - 83, doi:10.1126/science.282.5386.80