Euterpe oleracea



Kohlpalme

Bestand von Açaí-Palmen im Mündungsdelta des Amazonas

Systematik
Familie: Palmengewächse (Arecaceae)
Unterfamilie: Arecoideae
Tribus: Euterpeae
Gattung: Euterpe
Art: Kohlpalme
Wissenschaftlicher Name
Euterpe oleracea
Mart.

Die Kohlpalme (Euterpe oleracea) ist eine südamerikanische Palmenart. Vor allem in Brasilien werden die Früchte und die Palmherzen als Nahrungsmittel genutzt. Hier heißt die Palme „açaizeiro“, die Früchte „açaí“ ( Beschreibung?/i). Im deutschsprachigen Raum wird die Frucht unter dem Namen Acai-Beere vermarktet.

Merkmale

Euterpe oleracea ist eine mehrstämmige Palme mit bis zu 25 Stämmen. Die Stämme sind 3 bis 20 m hoch bei einem Durchmesser von 7 bis 18 cm. Sie sind meist von Flechtenbewuchs grau, an der Basis befindet sich ein Kegel von roten Adventivwurzeln. Die Art bildet auch Pneumatophoren (Luftwurzeln).

Die Krone besteht aus 8 bis 14 bogigen Blättern. Die Blattscheide ist 0,6 bis 1,5 m lang, dunkelbraun, purpurn, grün, rotgrün oder gelbgrün und besonders am kurzen Blatthäutchen mit wenigen braunen Schuppen besetzt. Der Blattstiel ist 17 bis 50 cm lang, die Rhachis 1,5 bis 3,7 m. An jeder Seite sitzen 40 bis 80 Fiederblättchen, die meist hängen, seltener waagrecht abstehen. Die Mittelrippe ist deutlich ausgeprägt, daneben gibt es je zwei bis drei seitliche Adern. Das unterste Fiederblättchen ist 40 bis 74 cm lang, die mittleren 0,6 bis 1,1 m, das apikale 24 bis 50 cm.

Der Blütenstand steht zwischen den Blättern und zur Blüte meist horizontal. Der Blütenstandsstiel ist 5 bis 15 cm lang, das Vorblatt 43 bis 66 cm. Das Hochblatt am Blütenstandsstiel ist 66 bis 95 cm lang und 11 bis 14 cm breit. Die Blütenstandsachse ist 35 bis 68 cm lang und dicht mit weißlich-braunen, verzweigten Haaren besetzt. Es gibt 80 bis 162 Seitenzweige, die 21 bis 75 cm lang sind und mit kurzen, angedrückten weißlich-braunen Haaren bedeckt. Die Blüten stehen in Triaden.

Kohlpalmen am Ufer des Rio Capim in São Domingos do Capim

Die männlichen Blüten sind 4 bis 5 mm lang. Die Kelchblätter sind dreieckig bis oval, 2 bis 3,5 mm lang und bewimpert. Die Kronblätter sind oval 3 bis 4 mm lang und purpurn bis purpurrot. Die Staubblätter stehen an einem kurzen Receptaculum. Die Staubfäden sind 1,5 bis 4 mm lang, die Antheren 2 bis 2,5 mm. Das Stempelrudiment ist 2 bis 3 mm lang und an der Spitze dreilappig. Die weiblichen Blüten sind 3 mm lang, ihre Kelchblätter 2 mm lang, breit dreieckig und bewimpert, die Kronblätter breit dreieckig und 2 bis 3 mm lang.

Die Steinfrüchte sind kugelig mit 1 bis 2 cm Durchmesser. Der Narbenrest sitzt seitlich. Das Exokarp ist purpur-schwarz, schwarz oder grün und mit kleinen Höckern besetzt. Die Samen sind kugelig, das Endosperm ist tief gefurcht. Das Primärblatt ist zweiteilig.

Verbreitung

Die Art kommt von Panama bis Brasilien vor: Panama (San Blas), Pazifikküste von Nord-Ecuador (Esmeraldas, Pichincha) wie von Kolumbien (Cauca, Chocó, Córdoba, Narino, Valle), Trinidad, Venezuela (Bolivár, Delta Amacuro, Sucre), Guyana, Suriname, Französisch-Guayana und Brasilien (Amapá, Maranhão, Pará, Tocantins). Sie wächst in großen Beständen in tiefliegenden, von den Gezeiten beeinflussten Gebieten in Meeresnähe und an feuchten Standorten in Flussnähe. Selten wächst sie weiter landeinwärts, dann stets an nassen Standorten in Flussnähe.

Im östlichen Amazonas-Becken ersetzt Euterpe oleracea die Euterpe precatoria. In der Küstenregion von Kolumbien und in im Regenwald von Peru und Ecuador überlappen sich die Areale der beiden Arten, sie kommen also sympatrisch vor. Allerdings wächst hier Euterpe oleracea stets an überfluteten Standorten, während Euterpe precatoria immer auf nicht überfluteten Standorten wächst.

Euterpe oleracea kann gestörte, sumpfige Standorte sehr aggressiv besiedeln. Die natürlichen Standorte sind allerdings durch Reisanbau und Shrimps-Farmen gefährdet.

Nutzung

Açaífrüchte auf dem Markt in Belém
Eine typische Portion Açaí-Pulp

Euterpe oleracea ist in ihrem ganzen Verbreitungsgebiet eine wirtschaftlich wichtige Art, da sowohl die Früchte wie die Palmherzen essbar sind. In Belém bilden die Früchte einen wichtigen Beitrag zur Ernährung der Bevölkerung. Das fleischige Mesokarp der Früchte wird – mit Wasser vermischt – zu einem Getränk verarbeitet, ebenso zu Eiscreme.[1]

Seit der starken Dezimierung von Euterpe edulis ist Euterpe oleracea die bedeutendste Art zur Gewinnung von Palmherzen. Verarbeitung und Verkauf von Palmherzen ergaben 1988 einen Umsatz von 120 Millionen US-Dollar.[1] Außer in Brasilien gibt es Palmherz-Konservenfabriken an der Pazifikküste von Kolumbien und Ecuador. Da die Palmen mehrstämmig sind, sterben sie durch die Gewinnung der Palmherzen nicht ab.

Seit 2005 wird die Frucht in den USA und Europa, im deutschsprachigen Raum unter der Bezeichnung Acai-Beere, vorwiegend als Schlankheitsmittel vermarktet.[2] Der Gehalt an Antioxidantien ist zwar hoch, aber nicht höher als in etlichen anderen Früchten.[2] Die versprochenen Wirkungen, von Gewichtsabnahme bis zur sexuellen Stimulation, sind nicht wissenschaftlich bewiesen.[3][2][4]

Jedoch gibt es andere Studien, die vermuten lassen, dass Acai durchaus einen positiven Effekt auf Gesundheit und Alterung hat. Probanden, denen ein Getränk auf Basis von Acai verabreicht wurde, zeigten z. B. eine signifikant erhöhte Fähigkeit zum Schutz ihrer Zellen gegenüber oxidativer Schädigung und eine signifikante Abnahme des Lipidperoxidationsspiegel, der ein Indikator für die Zellschädigung ist. Die Problematik bei den industriellen Anti-Aging Produkten besteht also nicht per se darin, dass Acai keine Wirkung hat, sondern darin, dass noch nicht erforscht ist, welche chemischen Zusammensetzungen der Antioxidantien für die positiven Effekte verantwortlich sind. Deshalb ist es entscheidend, zwischen natürlichem Acai und industriellen Acai Produkten (wie z. B. Acai Pillen) zu unterscheiden. [5]

Belege

  • Andrew Henderson, Gloria Galeano: Euterpe, Prestoea, and Neonicholsonia (Palmae: Euterpeinae). Flora Neotropica, Band 72, New York Botanical Garden Press, New York 1996, S. 1-90. (JSTOR)

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Andrew Henderson, Gloria Galeano: Euterpe, Prestoea, and Neonicholsonia (Palmae: Euterpeinae). Flora Neotropica, Band 72, New York Botanical Garden Press, New York 1996, S. 1–90. (JSTOR)
  2. 2,0 2,1 2,2 Center for Science in the Public Interest vom 23. März 2009, abgerufen 29. November 2009.
  3. Sciencedaily.com vom 17. Oktober 2008, abgerufen 29. November 2009
  4. Fragenseite der Mayo Clinic vom 23. Mai 2008, abgerufen 29. November 2009.
  5. [1] abgerufen am 2. April 2012

Weblinks

Commons: Euterpe oleracea – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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