Hettangium
System | Serie | Stufe | ≈ Alter (mya) |
---|---|---|---|
höher | höher | höher | jünger |
Jura | Oberjura | Tithonium | 150,8–145,5 |
Kimmeridgium | 155,6–150,8 | ||
Oxfordium | 161,2–155,6 | ||
Mitteljura | Callovium | 164,7–161,2 | |
Bathonium | 167,7–164,7 | ||
Bajocium | 171,6–167,7 | ||
Aalenium | 175,6–171,6 | ||
Unterjura | Toarcium | 183–175,6 | |
Pliensbachium | 189,6–183 | ||
Sinemurium | 196,5–189,6 | ||
Hettangium | 199,6–196,5 | ||
tiefer | tiefer | tiefer | älter |
Das Hettangium (im Deutschen oft verkürzt zu Hettang, seltener auch abgewandelt zu Hettangien) ist in der Erdgeschichte eine chronostratigraphische Stufe des Juras, die geochronologisch etwa dem Zeitraum vor 199,6 bis 196,5 Millionen Jahren entspricht und somit etwa zwei Millionen Jahre dauerte. Das Hettangium ist die erste (älteste) Stufe des Juras (bzw. der Unterjura-Serie) und folgt auf die Stufe des Rhaetiums der Obertrias. Auf das Hettangium folgt das Sinemurium.
Geschichte und Namensgebung
Das Hettangium wurde nach dem Ort Hettange-Grande (Dépt. Moselle) in Lothringen (Frankreich) benannt. Die Stufe und der Name wurden von Eugène Renevier 1864 vorgeschlagen.
Definition und GSSP
Der Beginn des Hettangiums wird durch das Erstauftreten der Ammoniten-Art Psiloceras spelae definiert. Der GSSP (= "Global Stratotype Section and Point", entspricht etwa einem Typprofil) befindet sich am Kuhjoch im Karwendel in Österreich.[1] Als Obergrenze wurde das Erstauftreten der Ammoniten-Gattungen Vermiceras und Metophioceras festgelegt.
Untergliederung des Hettangiums
Der höhere Teil der Stufe wird im weiteren Tethysbereich in drei gut definierte Ammonitenzonen (vom Hangenden zum Liegenden) unterteilt:
- Zone der Schlotheimia angulata
- Zone des Alsatites liasicus
- Zone des Psiloceras planorbis
Die Untergliederung des Unteren Hettangiums ist umstritten, zumal auch die exakte Basis des Jura noch nicht festgelegt wurde. Häufig werden diese Schichten als "Präplanorbis-Schichten" zusammengefasst. Andere Autoren scheiden zwischen den eigentlichen "Präplanorbis-Schichten" noch verschiedene biostratigraphische Horizonte aus, wie den Neophyllites antecedens- und den Neophyllites imitans-Horizont sowie den Psiloceras erugatum-Horizont. Möglicherweise liegt unter dem erugatum-Horizont noch der Horizont des Psiloceras tillmanni. Andere Autoren halten hier einen "Übergangshorizont" aus[2]. Es ist aber durchaus möglich, dass noch weitere Horizonte in diesem basalen Bereich des Hettangiums ausgeschieden werden können[3]. Vollständige Übergangsprofile zwischen Trias und Jura sind jedoch weltweit sehr selten.
Meeresspiegel
Unmittelbar zu Beginn des Hettangiums war ein drastischer Meeresspiegelrückgang erfolgt, die Regression He 1. Die regressiven Tendenzen hielten sich bis zur Mitte des Hettangiums und wichen erst dann einem allmählichen Anstieg.
Chemische Stratigraphie
Kohlenstoffisotopen
Die δ13C-Werte für das Hettangium bewegen sich zwischen 1 und 2 ‰ (PDB), wobei sie ihr Maximum im mittleren Abschnitt erreichen. Sie sind damit generell etwas niedriger als im restlichen Jura, d.h. die organische Kohlenstoffproduktion war geringer bzw. die herrschenden Bedingungen etwas anoxischer und restriktiver.
Sauerstoffisotopen
Die Werte für δ18O liegen bei − 2 ‰ (PDB) mit leicht ansteigender Tendenz. Sie sind mit Ausnahme des Toarciums niedriger als im restlichen Jura und sprechen für ein recht warmes Klima im Hettangium, welches sich jedoch allmählich abkühlte.
Strontiumisotopen
Das Verhältnis 87Sr/86Sr im Meerwasser war mit durchschnittlich 0.7077 sehr hoch. Es erreichte am Ende des Hettangiums einen Maximalwert und fiel dann bis zum Beginn des Toarciums stetig ab. Das Abfallen des Strontiumverhältnisses nach dem Hettangium wird durch erhöhten untermeerischen Vulkanismus korreliert und dürfte die zunehmende Öffnung des Nordatlantiks widerspiegeln (Aufbrechen von Pangäa und Verringerung des kontinentalen Sedimenteintrages).
Biostratigraphie
Dinoflagellaten
Das Hettangium bildet die untere Hälfte der Dinoflagellatenzone Dpr, benannt nach dem vorherrschenden Taxon im borealen Bereich Dapcodinium priscum. Als Zonenbezeichnung für das Hettangium ist auch DSJ1 im Gebrauch.
Kalkhaltiges Nannoplankton
Das kalkhaltige Nannoplankton war kurz vor Beginn des Hettangiums mit der endtriassischen Transgression zum ersten Mal in den Weltmeeren erschienen.
Das Hettangium gehört vollständig zur Nannoplanktonzone NJ1, die durch das erstmalige Auftreten (FAD) des Taxons Schizosphaerella punctulata gekennzeichnet wird. Diese endet mit dem Erstauftreten von Parhabdolithus liasicus.
Foraminiferen
Anhand der Foraminiferen lassen sich für das Hettangium drei Zonen ausweisen:
- Obere Zone mit den Taxa Vaginulina subporrecta und Ychtyolaria xyphoidea
- Mittlere Zone mit Lenticulina quadricosta
- Untere Zone mit den Taxa Lingulina striata, Lingulina collenoti und Lenticulina austroalpina.
Paläontologie
Massenaussterben
Die Wende Trias/Jura zählt zu den fünf bedeutendsten Massenaussterben der Erdgeschichte. Diesem Ereignis fielen die Conodonten zum Opfer, aber auch bei den Ammoniten und den Bivalvia kam es zu einem drastischen Rückgang der Artenvielfalt [4].
Fossilien
Die Meere waren während des Hettangiums von den räuberisch lebenden Ichthyosauriern mit dem Taxon Ichthyosaurus sowie von den Plesiosauriern mit Macroplata und Rhomaleosaurus bevölkert. Sie waren die Fressfeinde der Ammoniten, die sich nach der Regression wieder in den Ozeanen ausbreiteten.
Auf dem Festland waren die Dinosaurier vorherrschend, darunter die Vogelbeckensaurier (Ornithischia) mit den Taxa Abrictosaurus, Fabrosaurus, Heterodontosaurus, Lanasaurus, Lycorhinus, Scelidosaurus, Scutellosaurus und Stormbergia.
Der Luftraum wurde von den Pterosauriern wie beispielsweise Dimorphodon beherrscht.
Unter den frühen Säugetieren ist Haramiya zu nennen.
Protosuchus, ein frühes Krokodil trat im Hettangium erstmals auf.
An der Trias-Jura-Grenze fand ein großer Faunenschnitt statt. Wie viele andere Lebewesen waren die Ammoniten durch externe Ereignisse fast völlig ausgestorben.
Im Hettangium entwickelten sich jedoch die "Neoammoniten" relativ schnell, so dass bereits im mittleren Hettangium wieder eine größere Anzahl von Gattungen und Arten existierten. Im Gegensatz zu späteren Epochen waren offensichtlich die Fossilationsbedingungen nicht optimal, so dass weltweit nur wenige Fundstellen mit gut erhaltenen Hettangium-Ammoniten bekannt sind.
Vorkommen
Das Hettangium tritt in folgenden Sedimentationsräumen auf (einige Beispiele):
- Pariser Becken: Es enthält mit dem Grès d'Hettange den ursprünglichen (namengebenden) Stratotyp. Dieser keilt im Calcaire à gryphées aus.
- Aquitanisches Becken: Basale Transgressionssequenz des Hettangiums und Sinemuriums.
- England: Blue-Lias-Formation.
- Nordwestdeutschland: Psilonoten-Schichten und darüber die Angulaten-Schichten.
- Süddeutschland: Psilonotenton-Formation und im Hangenden die Angulatenton-Formation bzw. die Angulatensandstein-Formation (abgelöst durch die Bamberg-Formation und die Bayreuth-Formation).
- Schweizer Jura: Insektenmergel und darüber der Cardinienkalk.
- Nördliche Kalkalpen: Adneter Kalk (Schnöll-Formation) - Allgäu-Schichten.
- Indien: Kota-Formation
- Volksrepublik China: Lufeng-Formation
- Lesotho: Elliot-Formation
- Simbabwe: Forest Sandstone, Vulcanodon Beds
- Nordamerika: Newark-Supergroup
Einzelnachweise
- ↑ GSSP Table - Mesozoic Era; abgerufen am 20. August 2011.
- ↑ PDF - Jiarun Yin und Christopher A. McRoberts: Latest Triassic–Earliest Jurassic Bivalves of the Germig Formation from Lanongla (Tibet, China). Journal of Paleontology, 80(1): 104–120, Lawrence 2006
- ↑ Trias/Jura-Grenze - Die ersten Ammoniten des Juras
- ↑ Bloos, G.: Aspekte der Wende Trias/Jura. Hrsg.: N. Hausche & V. Wilde. Trias - Eine ganz andere Welt. Dr. Friedrich Pfeil, München 1999, S. 43–68.
Literatur
- Gert Bloos und Kevin N. Page: Global Stratotype Section and Point for base of the Sinemurian Stage (Lower Jurassic). In: Episodes. Band 25(1). Beijing 2001, S. 22–28. PDF
- Felix Gradstein, Jim Ogg, Jim & Alan Smith: A Geologic timescale. Cambridge University Press, 2005, ISBN 978-0-521-78673-7.
- Hans Murawski & Wilhelm Meyer: Geologisches Wörterbuch. 10., neu bearb. u. erw. Aufl., 278. Enke Verlag, Stuttgart 1998, ISBN 3-432-84100-0. .
- Eugène Renevier: Notices géologiques et paléontologiques sur les Alpes Vaudoises, et les régions environnantes. I. Infralias et Zone à Avicula contorta (Ét. Rhaetien) des Alpes Vaudoises. In: Bulletin de la Société Vaudoise des Sciences Naturelles. Band 8. Lausanne 1864, S. 39–97.
Weblinks
- Deutsche Stratigraphische Kommission (Hrsg.): Stratigraphische Tabelle von Deutschland 2002. Potsdam 2002 ISBN 3-00-010197-7 (PDF; 6,57 MB)
- Kommission für die paläontologische und stratigraphische Erforschung Österreichs der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Die Stratigraphische Tabelle von Österreich (sedimentäre Schichtfolgen). Wien 2004 (PDF; 376 KB)
- International Chronostratigraphic Chart 2012 (PDF)
- Hettangium-Ammoniten aus den Alpen, Peter Reiter