Rüsselspringer
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Rüsselspringer | ||||||||||
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Kurzohrrüsselspringer (Macroscelides proboscideus) | ||||||||||
Systematik | ||||||||||
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Wissenschaftlicher Name der Ordnung | ||||||||||
Macroscelidea | ||||||||||
Butler, 1956 | ||||||||||
Wissenschaftlicher Name der Familie | ||||||||||
Macroscelididae | ||||||||||
Bonaparte, 1838 | ||||||||||
Gattungen | ||||||||||
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Die Rüsselspringer oder auch Elefantenrüsselmäuse (Macroscelididae) sind eine Familie der Säugetiere. Sie sind kleine, langschnauzige Bodenbewohner, deren Hinterbeine verlängert sind und die sich vorwiegend von Insekten ernähren. Sie sind mit keiner anderen Säugetiergruppe näher verwandt und werden deshalb in einer eigenen Ordnung (Macroscelidea) geführt. Insgesamt umfasst die Gruppe 16 Arten in vier Gattungen, die alle auf dem afrikanischen Kontinent leben.
Merkmale
Äußere Anatomie
Rüsselspringer haben eine gewisse Ähnlichkeit mit Spitzmäusen, sind aber im Regelfall deutlich größer. Sie erreichen eine Kopfrumpflänge von 10 bis 31 Zentimetern, dazu kommt der 8 bis 25 Zentimeter lange Schwanz. Das Gewicht variiert üblicherweise von 25 bis 280 Gramm, die etwas größeren Rüsselhündchen können aber bis über 700 Gramm schwer werden. Die Färbung ihres Felles variiert an der Oberseite abhängig vom Lebensraum von gelbgrau bis rötlichbraun, Rüsselhündchen und Rüsselratten sind darüber hinaus mit Streifen oder Flecken gemustert. Die Unterseite ist heller, meist weißlich oder hellgrau gefärbt.
Die Tiere haben große, runde Augen und eine typische spitze und rüsselartige Schnauze, die am Vorderende sehr beweglich ist (Proboscis). Die Ohren sind verhältnismäßig groß.
Prägnant sind die langen und sehr schlanken Beine, wobei die Hinterbeine länger als die Vorderbeine sind. Die großen Zehen (Hallux) sowie der Daumen (Pollex) sind stark verkleinert oder fehlen vollständig. Die langen Hinterbeine sind auf eine hüpfende Fortbewegungsweise ausgerichtet. Wie viele andere Säuger laufen und stehen die Rüsselspringer vor allem auf den Zehen oder sogar nur den Zehenspitzen (Zehengänger bis Spitzengänger). Auffällig ist der lange, fast unbehaarte und damit rattenähnliche Schwanz. Mit dem Sekret einer Duftdrüse an der Schwanzunterseite sowie weiteren Drüsen an den Fußsohlen, der Brust und dem After markieren sie ihr Territorium. Die Weibchen besitzen zwei bis drei Paar Zitzen an der Bauchseite.
Skelett- und Schädelbau
Die wichtigsten Merkmale, die eine Abgrenzung der Rüsselspringer als eigene Ordnung begründen (Autapomorphien), finden sich wie bei den meisten Säugetiergruppen im Bau des Skeletts, speziell des knöchernen Schädels.
Eine Besonderheit im Bau der Extremitäten sind die langen Hinterbeine, insbesondere das Waden- und das Schienbein sowie die Mittelfußknochen sind verlängert. Die beiden Unterschenkelknochen sind im distalen Bereich zu zwei Dritteln miteinander verwachsen. Die Unterarmknochen sind bei einigen Arten knöchern verbunden, bei anderen liegen sie sehr nah aneinander. Die Wirbelsäule besteht aus sieben Hals-, dreizehn Brust-, sieben bis acht Lumbal-, drei Sakral- und 20 bis 28 Schwanzwirbeln.
Der Schädel entspricht im Wesentlichen dem typischen Säugerschädel. Die Gehirnkapsel ist relativ groß und breit. Zu den wichtigsten Gruppenmerkmalen zählen vor allem der sehr komplexe Aufbau der knöchernen Gehörkapsel (Bulla tympanica) und die sehr großen Augenhöhlen, die nach hinten nicht durch eine vollständig geschlossene Knochenspange (Postorbitalspange) abgeschlossen sind. Das Kiefergelenk ist sehr hoch angelegt und am Unterkiefer befindet sich ein deutlicher, häkchenförmiger Processus coronoideus.
Die Zahnformel der Rüsselspringer lautet 0 bis 3-1-4-2 / 3-1-4-2 bis 3. Die Tiere haben also im Oberkiefer null bis drei Schneide-, einen Eck-, vier Vorbacken- und zwei Backenzähne, im Unterkiefer drei Schneide- und ebenfalls einen Eck-, vier Vorbacken- und zwei (manchmal drei) Backenzähne. Die letzten Vorbackenzähne (Prämolaren) sind breit ausgebildet und übernehmen die Hauptfunktion beim Kauen, die letzten Backenzähne fehlen im Oberkiefer immer und sind im Unterkiefer nur sehr klein ausgebildet oder fehlen ebenfalls. Der obere Eckzahn (Caninus) ist ebenfalls breit und backenzahnähnlich ausgebildet (Ausnahme beim Goldenen Rüsselhündchen). Die Rüsselspringer haben, wie die meisten Säugetiere, einen Zahnwechsel, bei dem erst ein Milchgebiss und später ein dauerhaftes Zweitgebiss gebildet wird.
Weichteilanatomie
Kennzeichnende Besonderheiten in der Weichteilanatomie sind bei den Rüsselspringern nicht oder kaum vorhanden. Auffällig ist ein großer Blinddarm, der bei der Verdauung der pflanzlichen Nahrung eine große Rolle spielt. Die Weibchen besitzen eine zweihörnige Gebärmutter (Uterus bicornis), die Hoden bleiben bei den Männchen im Bereich der Nieren und wandern nicht, wie bei vielen anderen Säugern, abwärts (primäre Testicondie).
Verbreitung und Lebensraum
Rüsselspringer leben vorwiegend im zentralen, östlichen und südlichen Afrika, ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich vom südlichen Sudan und der Demokratischen Republik Kongo bis nach Südafrika. Lediglich eine Art, die Nordafrikanische Elefantenspitzmaus, ist im Nordwesten des Kontinents (von Marokko bis Libyen) beheimatet.
Diese Tiere bewohnen eine Vielzahl von Lebensräumen, von Wüsten und felsigen Gebieten über Savannen bis zu tropischen Regenwäldern.
Lebensweise
Rüsselspringer sind Bodenbewohner und meist tagaktiv, bei zu großer Hitze oder starker Verfolgung durch Räuber sind sie hingegen nur in der Nacht zu sehen. Als Verstecke suchen sie sich Bodennischen, Felsspalten, hohle Bäume, Termitenhügel oder auch verlassene Nagerbaue, da sie selbst nicht gut graben können. Abgesehen von einigen Arten der Elefantenspitzmäuse, die kleine Gruppen bilden, leben sie in Paaren zusammen. Dabei kommen mehrere Paare in einem Territorium vor, diese verteidigen selbiges jedoch gegen weitere Eindringlinge.
Ähnlich den Kängurus kennen sie zwei Fortbewegungsarten, die langsamere auf allen vieren und die schnelle, bei der sie beispielsweise auf der Flucht nur mit den Hinterbeinen weite Sätze machen. Dazu legen sie Schneisen durch das Unterholz an. Dieses Wegesystem ist teilweise sehr komplex aufgebaut und wird von den Tieren meistens paarweise auch gepflegt, um im Ernstfall als „Rennbahn“ zu dienen. Die rennenden Tiere erzeugen bei ihren Sprüngen ein trommelartiges Geräusch.
Ernährung
Rüsselspringer sind größtenteils Insektenfresser und ernähren sich vorwiegend von Ameisen, Termiten und Käfern. Vor allem die größeren Arten jagen auch kleine Wirbeltiere und fressen Weichtiere, vor allem Schnecken. Manchmal nehmen sie auch Früchte, Samen und anderes pflanzliches Material zu sich.
Fortpflanzung
Einige Arten der Elefantenspitzmäuse und der Kurzohrrüsselspringer zeigen in der Keimzellentwicklung bzw. der -entlassung als Besonderheit eine Superovulation (Polyovulation), bei der beim Eisprung zwar mehrere reife Eizellen die Eierstöcke verlassen und auch befruchtet werden, allerdings sich von diesen meistens nur zwei in den Uterus einbetten. Ein neuer Eisprung erfolgt bei den Tieren immer nach dem Wurf der Jungtiere (Postpartum-Östrus).
Nach rund sechs- bis zehnwöchiger Tragzeit bringt das Weibchen ein bis zwei, selten auch drei oder vier Jungtiere zur Welt. Unter günstigen klimatischen Bedingungen sind die Weibchen das ganze Jahr über fruchtbar und können drei bis vier Würfe jährlich austragen, in höheren Lagen kommt es zu einer saisonalen Unterbrechung.
Die Jungtiere sind bei der Geburt relativ groß, behaart und gut entwickelt. Sie sind Nestflüchter und können bereits kurz nach der Geburt laufen. Die Säugezeit ist mit zwei bis drei Wochen sehr kurz und schon nach fünf bis acht Wochen sind sie geschlechtsreif. Die Lebenserwartung dürfte relativ kurz sein und in freier Wildbahn selten ein bis zwei Jahre übersteigen. Das höchste bekannte Lebensalter eines Rüsselspringers in menschlicher Obhut betrug knapp 9 Jahre bei einer Trockenland-Elefantenspitzmaus.
Stammesgeschichte und Systematik
Stammesgeschichte
Fossile Vorfahren der Rüsselspringer sind nur aus Afrika bekannt. Die ältesten Fossilien stammen aus dem Oberen Eozän (vor etwa 35 Millionen Jahren), dabei handelt es sich um Vertreter der ausgestorbenen Gattungen Metoldobotes und Herodotius. Aus dem Miozän vor etwa 20 Millionen Jahren ist die Gruppe der Myohyracinae bekannt, deren spezielle Struktur der Backenzähne auf eine stärkere pflanzliche Ernährung schließen lässt.
Externe Systematik
Die Verwandtschaftsbeziehungen der Rüsselspringer zu anderen Säugetiergruppen waren lange Zeit umstritten, oft wurden sie in die Nähe der Insektenfressern oder der Hasenartigen gestellt. Genetische Untersuchungen zeigten jedoch ihre Zugehörigkeit zu den Afrotheria, einer äußerlich stark unterschiedlichen, aus Afrika stammenden Säugetiergruppe. Rüsselspringer tragen in ihren Genomen spezifische Retroposons, sogenannte AfroSINEs, die sie mit anderen Vertretern der Afrotheria gemein haben. Auch jüngste DNA-Sequenzanalysen bestätigen die Zugehörigkeit zu dieser Gruppe. Innerhalb der Afrotheria wird sowohl eine nähere Verwandtschaft mit den Erdferkel (Orycteropus afer) als auch mit den Tenrekartigen (Afrosoricida) diskutiert.
Interne Systematik
Die Familie wird in vier Gattungen mit 16 Arten unterteilt:
- Die Elefantenspitzmäuse (Elephantulus) umfassen zehn Arten, als einzige Gattung stellt sie auch einen Vertreter in Nordafrika.
- Kurznasen-Elefantenspitzmaus (Elephantulus brachyrhynchus)
- Kap-Elefantenspitzmaus (Elephantulus edwardii)
- Schwarzfuß-Elefantenspitzmaus (Elephantulus fuscipes)
- Dunkle Elefantenspitzmaus (Elephantulus fuscus)
- Trockenland-Elefantenspitzmaus (Elephantulus intufi)
- Klippen-Elefantenspitzmaus (Elephantulus myurus)
- Somali-Elefantenspitzmaus (Elephantulus revoili)
- Nordafrikanische Elefantenspitzmaus (Elephantulus rozeti)
- Rote Elefantenspitzmaus (Elephantulus rufescens)
- Westliche Klippen-Elefantenspitzmaus (Elephantulus rupestris)
- Der Kurzohrrüsselspringer (Macroscelides proboscideus) bewohnt trockene Regionen im südlichen Afrika.
- Die Rüsselratte (Petrodromus tetradactylus) zählt zu den größeren Arten und lebt in Wäldern.
- Die Rüsselhündchen (Rhynchocyon) umfassen vier Arten. Sie sind die größten Rüsselspringer.
- Goldenes Rüsselhündchen (Rhynchocyon chrysopygus)
- Geflecktes Rüsselhündchen (Rhynchocyon cirnei)
- Rotschulter-Rüsselhündchen (Rhynchocyon petersi)
- Graugesichtiges Rüsselhündchen (Rhynchocyon udzungwensis)
Die Rüsselhündchen unterscheiden sich in der Körpergröße und im Bau der Zähne deutlich von den anderen Gattungen und werden deshalb in eine Unterfamilie Rhynchocyoninae gestellt, während die anderen drei Gattungen die Unterfamilie der Macroscelidinae bilden.
Ein mögliches Kladogramm der Gattungen sieht folgendermaßen aus:
Rüsselspringer (Macroscelididae) |
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Menschen und Rüsselspringer
Gefährdung
Die meisten Arten der Rüsselspringer sind in ihrem Bestand nicht gefährdet, nur wenige Arten werden von der IUCN als gefährdet oder bedroht eingestuft. Die Vernichtung und Verinselung ihres Lebensraumes stellt für diese Arten die größte Bedrohung dar. Als bedroht werden drei Arten eingestuft: das Goldene Rüsselhündchen sowie das Rotschulter-Rüsselhündchen und die Somali-Elefantenspitzmaus. Alle drei Arten zeichnen sich durch ein räumlich sehr begrenztes Verbreitungsgebiet aus. Als gefährdet gilt weiterhin das Gefleckte Rüsselhündchen.
Kulturgeschichte
Rüsselspringer spielen in der menschlichen Kulturgeschichte keine erkennbare Rolle. Die Nordafrikanische Elefantenspitzmaus könnte allerdings als Vorlage für den Kopf des altägyptisches Gottes Seth gedient haben, was auf eine früher größere Verbreitung der Art hindeutet.[1]
Literatur
- Nikaido M., Nishihara H., Hukumoto Y., Okada N.: Ancient SINEs from African endemic mammals. In: Molecular biology and evolution 20 (4), 2003; S. 522–527.
- Gerhard Storch: Macroscelidea. Rüsselspringer und Elefantenspitzmäuse. In: W. Westheide und R. Rieger: Spezielle Zoologie. Teil 2: Wirbel- oder Schädeltiere. Spektrum Akademischer Verlag, München 2004; Seiten 547-549, ISBN 3-8274-0307-3.
Weblinks
- Porträt der Roten Elefantenspitzmaus der American Society of Mammalogists (englisch, pdf; 628 kB)
- Porträt der Rüsselratte der American Society of Mammalogists (englisch, pdf; 260 kB)
- Porträt des Goldenen Rüsselhündchens der American Society of Mammalogists (englisch, pdf; 471 kB)
- Bildergalerie einiger Arten
Einzelnachweise
- ↑ Nowak (1999), S. 1745.