Nagelpilz


Klassifikation nach ICD-10
B35.1 Tinea unguium
ICD-10 online (WHO-Version 2019)
Nagelpilzbefall an beiden großen Zehen

Nagelpilz, auch Nagelmykose, Onychomykose oder Tinea unguium ist eine Dermatophytose (Pilzinfektion) der Zehen- oder Fingernägel durch Dermatophyten, also Sprosspilze oder Fadenpilze (Dermatophyten). Prädisponiert sind Patienten mit Diabetes mellitus, Durchblutungsstörungen, Nagelekzemen und Nagelpsoriasis. Begünstigend ist ferner ein feucht-warmes Milieu, Zehennägel sind daher häufiger als Fingernägel betroffen. Nagelpilz ist keine schwere, aber eine häufige Erkrankung. Fünf bis zwölf Prozent der Europäer tragen Dermatophyten in den Nägeln, die Häufigkeit steigt mit dem Alter.

Ursache

Verursacht werden Nagelpilzerkrankungen überwiegend durch Dermatophyten der Gattung

Nagelpilzerkrankungen können aber auch durch Hefepilze (Candida-Spezies) oder Schimmelpilze ausgelöst werden. Derartig verursachte Erkrankungen zählen aber nicht zu den Dermatophytosen und werden daher Onychomykose genannt. [1]

Übertragung

Die Übertragung der Nagelpilzerreger erfolgt wie auch bei den Fußpilzerregern per Schmier- oder Kontaktinfektion entweder direkt von Mensch zu Mensch oder über gemeinsam benutzte und nicht zwischendurch abgekochte beziehungsweise desinfizierte Gegenstände (Abtrocknungstücher) oder Kleidungsstücke (Strümpfe). Eine Ansteckung ist besonders überall dort möglich, wo Menschen barfuß gehen (beispielsweise Schwimmbad oder Sauna). Feuchte Umgebung durch Fußschweiß, ggf. unzureichende Fußdesinfektion und mangelndes Abtrocknen oder zu enges Schuhwerk fördert die Infektion. Dermatophyten wachsen gut in der feuchten Wärme lange getragener Schuhe. Sehr häufig geht einer Nagelpilzinfektion eine Fußpilzerkrankung (Tinea pedum) voraus, besonders wenn diese nicht oder nur unzureichend behandelt wurde.[2]

Krankheiten wie Diabetes mellitus, Durchblutungsstörungen, Entzündungen der Nägel und besonders Immunschwäche, beispielsweise durch hohes Alter, eine Erkrankung wie AIDS oder eine Chemotherapie schwächen die Körperabwehr und erhöhen damit die Infektionsgefahr.

Es werden neben anderen, vor allem zwei Haupttypen des Nagelpilzbefalls unterschieden: Eine subunguale Invasion, die ein Eindringen der Erreger von unterhalb des Nagels (subungual) bedeutet, und eine weiße superfizielle mycotische Infektion (leukonychia trichophytica), bei der die Erregerinvasion von der Nageloberfläche aus (superficial) stattfindet und die eine eher weiße Nagelverfärbung zur Folge hat.[1]

Symptome

Bei allen unterschiedlichen Nagelpilzbefallsarten treten vor allem im fortgeschrittenen Stadium in der Regel folgende Krankheitsanzeichen gemeinsam auf:

  • Glanzlosigkeit des Nagels
  • weiße oder gelbliche Verfärbungen am Nagelrand
  • weißliche, gelbe oder grau-braune Flecken im Nagel
  • Verdickungen der Nagelplatte

Komplikationen

Onycholysis des Nagels (Ausfallen) und Zerstörung des Nagelbettes. Befall weiterer Nägel.

Diagnostik

Zur zweifelsfreien Diagnostik einer von Pilzen verursachten Nagelerkrankung werden von dem auffälligen Nagel einige Hornteile abgeschabt und direkt mikroskopisch untersucht. Bei einer Pilzinfektion sind in der Regel die Hyphen im Untersuchungspräparat sichtbar und die Diagnose Nagelpilz kann unmittelbar gestellt werden. Für eine genaue Identifizierung der Erregerpilzart zur gezielten antimykotischen Wirkstoffauswahl ist jedoch eine dreiwöchige Anzüchtung in Zellkultur notwendig.

Differentialdiagnostisch ist der Nagelpilz von einer isolierten Nagelpsoriasis, von sogenannten Ekzemnägeln und gelegentlich auch von einem Lichen ruber planus des Nagelorgans abzugrenzen. Weiterhin muss die Möglichkeit einer angeborenen oder erworbenen chronischen Nageldystrophie mit berücksichtigt werden.[3]

Therapie

Die Therapie hängt vom Schweregrad der Infektion ab.

Lokale Behandlung

Bei Erkrankungen einzelner Nägel, bei der jeweils weniger als 70 % (nach anderer Quelle weniger als 50 % [2]) des Nagels betroffen ist, ist in der Regel eine lokale Therapie mit antimykotischen Wirkstoffen ausreichend. Zur Verfügung stehen hierzu Salben und Nagellacke, die regelmäßig auf den Nagel aufgebracht werden. Eventuell muss der Nagel vorher angeweicht oder angeraut werden.[4]

In Fällen, in denen eine ausschließlich externe Therapie (von der Nageloberfläche her) nicht erfolgsverheißend ist, wird der Nagel atraumatisch und damit in aller Regel völlig schmerzfrei mit einem Keratolytikum, beispielsweise Harnstoffsalbe, aufgeweicht und abgelöst, was etwa ein bis drei Wochen dauert. Bei schwerem Verlauf einer Onychomykose ist es ebenfalls möglich, den befallenen Nagel mittels Lasertherapie aufzulösen. Hierbei wird der befallene Nagel und zumeist auch die oberste Schicht des Nagelbettes durch einen Erbium-Laser in der Regel schmerzarm verdampft. In Deutschland werden jedoch die Kosten einer Laserbehandlung von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen.

Die operative Nagelentfernung durch Ziehen des befallenen Nagels wird nicht mehr empfohlen, da die damit verbundene zusätzliche Verletzung den Heilungsverlauf stört und anschließend auch zu einem anormalen Nagelwachstum führen kann.

Nach einer Nagelablösung oder -entfernung erfolgt in der Regel eine örtliche Behandlung (Lokaltherapie) von Nagelbett und nachwachsendem Nagel mit antimykotischer Creme oder antimykotischem Nagellack auf der Basis von Bifonazol, Clotrimazol, Ciclopirox oder Amorolfin.

Systemisch

Bei ausgedehntem Befall, in Sonderfällen (mehr als drei Zehennägel sind infiziert), jedoch gesunder Leber muss bisweilen auch eine systemische Therapie mit den oralen Antimykotika Griseofulvin, Itraconazol, Terbinafin oder Fluconazol durchgeführt werden. Wichtig ist die ausreichende Dauer der Behandlung, die insgesamt meist über drei bis sechs Monate geht; je nach Schwere der Infektion auch bis zu zwölf Monaten und länger (Intervalltherapie). Die Rezidivquote bei einer rein systemischen Therapie ist hoch (5-40 %), was zum Teil auf anatomische Gegebenheiten, langsames Nagelwachstum im Alter, schlechte Immunlage, aber vor allem auf eine schlechte Compliance des Patienten zurückzuführen ist. Eine weitere Ursache für eine erfolglose Therapie ist, dass immer mehr Pilzarten gegen Antimykotika unempfindlich werden. Auch können bei vielen der genannten Medikamente schädliche Nebenwirkungen auftreten, etwa ein klinisch signifikanter Transaminasenanstieg, was sich wiederum negativ auf die Compliance auswirkt.[4][5][6] Es gibt Hinweise darauf, dass eine Kombination von systemischen und topischen Wirkstoffen von Vorteil ist.[7]

Lasertherapie

2010 wurde von der FDA erstmals ein Laser zur direkten Bestrahlung von Nagelpilzen zugelassen. Dabei durchdringt ein gepulster Infrarotlaser die mit Pilzen befallenen Nägel und inaktiviert so die vorhandenen Pilzstrukturen, ohne den Nagel zu schädigen. Nach Angaben des Herstellerunternehmens Pinpointe USA, Inc berichten 68 bis 81 % der Patienten nach 6 bis 12 Wochen einer einzigen Behandlung von einer stärkeren Aufklärung der Nägel. Nach 12 Monaten war bei 81 % eine "nachhaltige Verbesserung" der Klärung zu verzeichnen.[8] Angeblich soll die Behandlung keine Nebenwirkungen haben und nur wenige Minuten dauern. Neben dem PinPointe Laser haben auch andere Laser einen Foot-Modus, so dass mittlerweile viele Hautärzte eine solche Therapie anbieten. Von den gesetzlichen Krankenkassen wird diese Behandlungsform jedoch in der Regel nicht erstattet.

Naturheilkunde

Naturheilkundlich, also ohne Einsatz von Medikamenten, wird alternativ der befallene Teil des Nagels abgeschliffen und der Bereich über viele Wochen morgens und abends mit 5-25%igem Essig betupft. Der Pilz benötigt ein basisches Milieu und soll sich durch die Essigbehandlung langsam zurückbilden, während der Nagel nachwächst. Portugiesische Forscher konnten zeigen, dass Lavendelöl bereits in geringen Konzentrationen verschiedene Hefe- und Fadenpilze abtötet, die beim Menschen Haut- und Nagelpilzerkrankungen verursachen können.[9][10][11] Auch bei äußerlicher Anwendung von Teebaumöl ist auf Grund seiner unter anderem fungiziden Wirkung von guten Behandlungserfolgen berichtet worden.[2]

Vorbeugung

Zur Vermeidung einer Nagelpilzinfektion gehören in erster Linie alle Maßnahmen zur Vorbeugung gegen Fußpilz beziehungsweise eine sofortige und konsequente Behandlung von bereits bestehendem Fußpilzbefall. Dabei ist grundsätzlich ein feuchtwarmes Klima im Schuh zu vermeiden. Zum Schutz vor Versprödung müssen Haut und Nägel durch regelmäßiges Auftragen einer geeigneten Creme geschützt werden. Möglichst offene und atmungsaktive Schuhe, die auch die Zehen nicht einengen, und Naturfasern für Strümpfe sind erforderlich.

Zur Verhinderung einer erneuten Ansteckung (Reinfektion) während und nach der Nagelpilzbehandlung sind Allgemeinhygienische Maßnahmen wie beispielsweise ein Desinfizieren der bislang benutzten Strümpfe und Abtrocknungstücher unbedingt notwendig.

Literatur

Peter Altmeyer, Martina Bacharach-Buhles: Enzyklopädie der Dermatologie, Venerologie, Allergologie, Umweltmedizin. Band 2: M – Z. 2., vollständig überarbeitete Auflage, Springer, Berlin/ Heidelberg 2010, ISBN 978-3-540-89543-5, Kapitel: Tinea unguium. (online).

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Irene Weitzman, Richard S. Summerbell: Dermatophytes. In: Clinical Microbiology Revies. (Clin. Microbiol. Rev.) Nr. 8, April 1995, S. 240–259. ((PdF)).
  2. 2,0 2,1 2,2 Peter Altmeyer, Martina Bacharach-Buhles: Enzyklopädie der Dermatologie, Venerologie, Allergologie, Umweltmedizin. Band 2: M – Z. Abschnitt: Tinea unguium.
  3. TINEA Unguium - Onychomykose. Auf: derma.de - Arbeitskreis Dermatologie im Internet der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG), abgerufen am 28. juni 2012.
  4. 4,0 4,1 Peter Altmeyer: Therapielexikon Dermatologie und Allergologie. Springer, Berlin/ Heidelberg 2005, ISBN 3-540-23781-X, S. 894.
  5. Eckart Haneke: Nagelpilz - Oft Begleiterscheinung anderer Erkrankungen. Auf: Pharmazeutische Zeitung online - Archiv, abgerufen am 27. juni 2012.
  6. Antibiogramm-Hefepilze. Auf: laborlexikon.de abgerufen am 27. Juni 2012.
  7. P. Rodgers, M. Bassler: Treating onychomycosis. In: American family physician (Am Fam Physician). 63. Jahrgang, Nr. 4, 2001, S. 663–72, 677–8, PMID 11237081 (aafp.org).
  8. http://www.marketwire.com/press-release/pinpointe-footlaser-erhalt-die-fda-freigabe-zur-behandlung-von-nagelpilz-onychomykose-1340155.htm
  9. Mónica Zuzarte, M. J. Gonçalves, C. Cavaleiro, J. Canhoto, L. Vale-Silva, M. João Silva, E. Pinto, L. Salgueiro: Chemical composition and antifungal activity of the essential oils of Lavandula viridis L'Hér. In: Journal of Medical Microbiology. (J Med Microbiol) published online: Februar 2011, doi:10.1099/jmm.0.027748-0; printed: Mai 2011, Vol. 60, Nr. 5, S. 612-618.
  10. A. Angioni, A. Barra, V. Coroneo, S. Dessi, P. Cabras: Chemical composition, seasonal variability, and antifungal activity of Lavandula stoechas L. ssp. stoechas essential oils from stem/leaves and flowers. In: Journal of agricultural and food chemistry. (J Agric Food Chem) 14. Juni 2006, Vol. 54, Iss. 12, S. 4364-70, PMID 16756368.
  11. Mónica Zuzarte, M. J. Gonçalves, C. Cavaleiro, A. M. Dinis, J. M. Canhoto, L. R. Salgueiro: Chemical composition and antifungal activity of the essential oils of Lavandula pedunculata (Miller) Cav. In: Chemistry & Biodiversity. (Chem Biodivers) August 2009, Vol. 6, Iss. 8, S. 1283-92, PMID 19697345.