Rohrkolben
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Rohrkolben | ||||||||||||
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Breitblättriger Rohrkolben (Typha latifolia), fruchtend | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Typha | ||||||||||||
L. |
Die Rohrkolben (Typha), regional auch als Lampenputzer, Schlotfeger, Pompesel, Bumskeule oder Kanonenputzer bezeichnet, sind eine der beiden Gattungen der Familie der Rohrkolbengewächse (Typhaceae) innerhalb der Ordnung der Süßgrasartigen (Poales).
Sie sind Wasser- und Sumpfpflanzen, welche in Feuchtgebieten dichte Bestände entwickeln können. Besonderes Kennzeichen der Rohrkolben ist der auffallend zweiteilige Blütenstand aus einem rein weiblichblütigen und darüber befindlichem rein männlichblütigen Kolben.
Beschreibung
Erscheinungsbild und Laubblätter
Rohrkolben-Arten sind sommergrüne, ausdauernde krautige Pflanzen. Es sind Wasser- und Sumpfpflanzen (Hydrophyten, Helophyten) mit kräftigen unterirdisch kriechenden Rhizomen. Sie sind in der Lage dichte Bestände zu entwickeln (Polykormone).
An den stets unbehaarten Stängeln sind die Blätter wechselständig und streng zweizeilig (distich) angeordnet. Die ungestielten, einfachen Laubblätter wachsen steif aufrecht, können eine Länge von bis zu 4 Meter erreichen, sind linealisch grasartig und bestehen aus einem schwammartig-zusammendrückbaren Schwimmgewebe. Die parallelnervigen Blattspreiten sind nach außen gewölbt und innen flach, so dass sich im Querschnitt ein Halbkreis ergibt - im Gegensatz zu den Igelkolben mit dreieckigem Blattquerschnitt. Die Blattscheiden sind stets offen. An den Scheidenmündungen im Übergang zur Spreite sind keine Blatthäutchen (Ligulae) entwickelt.
Blütenstände, Blüten und Früchte
Rohrkolben-Arten sind einhäusig getrenntgeschlechtig (monözisch). Der Gesamtblütenstand (Infloreszenz) der Rohrkolben besteht aus einem dickeren, rein weiblichblütigen und einem darüber befindlichen, durch einen artspezifisch langen Sprossabschnitt getrennten, dünneren rein männlichblütigen Teilblütenstand. Diese sind als walzenförmige oder kugelige Kolben ausgebildet, in denen die Einzelblüten dicht gedrängt stehen. Der Blütenstand ist nie von Hochblättern (Brakteen) durchsetzt - im Gegensatz zu den Arten der Igelkolbengewächse. Die eingeschlechtigen, dreizähligen Einzelblüten sind spelzenlos. Die weibliche Blüte besteht aus der Blütenhülle (a) (Perigon), die ist zu einem dichten Haarkranz reduziert und einem gestielten Fruchtknoten (c) mit spatelförmiger Narbe (d). Die auf einem Stiel sitzenden zwei bis fünf Staubblätter (b) der einzelnen männlichen Blüten sind von wenigen Hüllborsten (a) umgeben. Die Blütezeit der Rohrkolben erstreckt sich von Mai bis August.
Die Verbreitungseinheit (Diaspore) wird aus der Achäne, eine einsamige Nussfrucht und den Perigonhaaren gebildet.
Ökologie
Die Typha-Arten werden durch den Wind bestäubt (Anemogamie).
Die Ausbreitung der Diasporen erfolgt durch den Wind (Anemochorie) und durch Wasser (Hydrochorie). Dabei dienen die feinen Perigonhaare als Flug- oder Schwimmorgane. Bei den meisten Arten verlassen die Samen die Fruchthülle bei längerem Kontakt mit dem Wasser, sinken ab und keimen unter Wasser (anaerob). Bei einigen Arten verbleiben sie in der Fruchthülle und keimen an der Luft unter aeroben Bedingungen.
Die vegetative Ausbreitung erfolgt über Rhizome. Die Typha-Arten können an geeigneten Standorten dichte artenarme Bestände, sogenannte Röhrichte entwickeln. Die Typha-Arten sind an feuchte bis nasse, zum Teil brackige und zeitweise überflutete Lebensräume angepasst. Sie besiedeln Gewässerufer, Sümpfe und Moore.
Verbreitung
Typha-Arten sind weltweit von den gemäßigten Zonen bis in die Tropen verbreitet (kosmopolitisch) und häufig. Die Typha-Arten sind unterschiedlich verbreitet. Eine weite Verbreitung hat beispielsweise der Breitblättrige Rohrkolben (Typha latifolia). Er kommt in den gemäßigten Zonen der Nordhalbkugel bis nach Südamerika sowie in Teilen Afrikas vor. Andere Typha-Arten besiedeln nur ein eingeschränktes Areal. T. capensis beschränkt sich ausschließlich auf ein Gebiet von Uganda bis Südafrika oder Typha davidiana nur auf China.
Systematik
Der Gattungsname Typha leitet sich vom Griechischen Wort týphos für Rauch ab. Es wird damit auf die braune rauchähnliche Farbe der Fruchtkolben Bezug genommen.
Die genaue Platzierung der Gattung innerhalb der Ordnung Poales war lange umstritten. So wurde von einigen Autoren die Gattung Igelkolben in die Familie der Rohrkolbengewächse aufgrund ihrer morphologischen Ähnlichkeit mit aufgenommen, von anderen Autoren wurde die Beibehaltung eigenständiger, monogenerischer Familien (Typhaceae und Sparganiaceae) vorgezogen. Nach der strikt phylogenetisch orientierten APG III sind die Igelkolben jedoch Teil der Rohrkolbengewächse. [1]
Arten
Die Gattung Typha umfasst je nach Autor 16 bis 27 Arten[2]:
- Typha albida Riedl
- Typha alekseevii Mavrodiev
- Schmalblättriger Rohrkolben (Typha angustifolia L.), kommt in Europa, Asien, Nordamerika und Australien vor
- Typha azerbaijanensis Hamdi & Assadi
- Typha capensis (Rohrb.) N.E.Br.
- Typha caspica Pobed.
- Typha changbaiensis M.Jiang Wu & Y.T.Zhao
- Typha davidiana (Kronf.) Hand.-Mazz.
- Typha domingensis Pers., ist fast weltweit auf allen Kontinenten verbreitet, kommt aber in Europa nur im Süden vor
- Typha elephantina Roxb.
- Typha grossheimii Pobed.
- Typha joannis Mavrodiev
- Typha kalatensis Assadi & Hamdi
- Breitblättriger Rohrkolben (Typha latifolia L.), kommt in Europa, Asien und Nordamerika vor
- Laxmanns Rohrkolben (Typha laxmannii Lepech.), kommt in Europa und Asien vor
- Französischer Rohrkolben (Typha lugdunensis P.Chabert), kommt in Frankreich, Deutschland und in der Schweiz vor
- Zwerg-Rohrkolben (Typha minima Funck ex Hoppe), kommt in Europa und Asien vor
- Typha orientalis C.Presl
- Typha persica Ghahr. & Sanei
- Typha przewalskii Skvortsov
- Shuttleworths Rohrkolben (Typha shuttleworthii W.D.J.Koch & Sond.), kommt in Europa und in der Türkei vor
- Typha sistanica De Marco & Dinelli
- Typha subulata Crespo & Pérez-Mor.
- Typha tichomirovii Mavrodiev
- Typha turcomanica Pobed.
- Typha tzvelevii Mavrodiev
- Typha valentinii Mavrodiev
Verwendung
Rohrkolben werden zur Reinigung von Abwässern in Kläranlagen eingesetzt und zur Entgiftung von Böden und Schlämmen. Diese naturnahen Verfahren werden unter dem Fachbegriff „Phytosanierung“ zusammengefasst, bei denen die komplexen Fähigkeiten von Pflanzen und der mit ihnen im Wurzelraum vergesellschafteten Mikroorganismen genutzt werden. Rohrkolben qualifizierten sich wegen ihrer hohen Primärproduktion zur Kultivierung. Sie gewinnen an Bedeutung als nachwachsender Rohstoff zum Beispiel für Dämmmaterial, als Torfersatz oder Bau- und Heizmaterial.
Rohrkolben-Arten werden als dekorative Bepflanzung von Teichen in Parks und Gärten eingesetzt. Die getrockneten Blütenstände werden in der Floristik verwendet.
Alle Pflanzenteile sind essbar. Besonders die stärkereichen Rhizome können wie Gemüse gekocht werden.
Quellen
- Kun Sun & David A. Simpson: Typhaceae: Typha, S. 160-162 - textgleich wie gedrucktes Werk online, In: Wu Zheng-yi, Peter H. Raven, Deyuan Hong (Hrsg.): Flora of China, Volume 23: Acoraceae through Cyperaceae. Science Press und Missouri Botanical Garden Press, Beijing und St. Louis, 20. August 2010, ISBN 978-1-930723-99-3. (Abschnitt Beschreibung, Verbreitung und Systematik)
- Die Gattung Typha in der Flora of North America. (Abschnitt Beschreibung)
- Die Familie Typhaceae mit der einzigen Gattung Typha bei DELTA. (Abschnitt Beschreibung)
- Walter Erhardt u. a.: Der große Zander. Enzyklopädie der Pflanzennamen. Band 2. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2008. ISBN 978-3-8001-5406-7
Einzelnachweise
- ↑ Angiosperm Phylogeny Group: An update of the Angiosperm Phylogeny Group classification for the orders and families of flowering plants: APG III In: Botanical Journal of the Linnean Society, 161:2, 2009, S. 105-121
- ↑ nach Govaerts, R. (2004). World Checklist of Monocotyledons Database in ACCESS: 1-54382. The Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew. online in Royal Botanic Gardens KEW
Weiterführende Literatur
- R. Kiffmann: Sauergräser, Binsengewächse und sonstige Grasartige Pflanzen, Selbstverlag: Rudolf Kiffmann, CH 6994 Aranno/Ti (Schweiz), 1991.
- R. Schätzl, F. Schmitt, U. Wild & H. Hoffmann: Gewässerschutz und Landnutzung durch Rohrkolbenbestände., In: WasserWirtschaft, 11, 2006 , S. 24−27.
- U. Wild, T. Kamp, A. Lenz, S. Heinz & J. Pfadenhauer: Cultivation of Thypa spp. in constructed wetlands for peatland restoration., In: Ecological engineering, 17, 2001, S. 49−54.