Plesiosaurier



Plesiosaurier

Künstlerische Lebenddarstellung von Plesiosaurus

Zeitliches Auftreten
Rhaetium (Obertrias) bis Maastrichtium (Oberkreide)
203,6 bis 65,5 Mio. Jahre
Fundorte
  • Weltweit
Systematik
Landwirbeltiere (Tetrapoda)
Reptilien (Reptilia)
Diapsida
Lepidosauromorpha
Sauropterygia
Plesiosaurier
Wissenschaftlicher Name
Plesiosauria
de Blainville, 1835

Die Plesiosaurier (Griechisch: plesio - „fast, benachbart“; saurus - „Echse“: Fast-Echsen) sind eine Gruppe von ausgestorbenen Meeresreptilien, die von der späten Obertrias bis zum Ende der Kreide gelebt haben und gleichzeitig mit den Dinosauriern ausgestorben sind.

Sie haben einen länglichen Körper, einen langgestreckten Hals und vier paddelförmige Flossen. Sie gehörten wie die heutigen Echsen und Schlangen zu den Lepidosauromorpha und werden in zwei deutlich verschiedene Taxa unterteilt, die langhalsigen und kleinköpfigen eigentlichen Plesiosaurier (Plesiosauroidea) und die Pliosaurier (Pliosauroidea), für die ein kurzer, kräftiger Hals und ein großer Kopf mit langer Schnauze charakteristisch ist.

Beschreibung

Plesiosaurier-Skelett, im Museum am Löwentor (Stuttgart)

Plesiosaurier wurden 3 bis 15 Meter lang, es gibt jedoch auch bisher unbeschriebene Fossilien, die eine Maximallänge von mehr als 20 Metern vermuten lassen („Monster von Aramberri“). Alle Plesiosaurier hatten einen kurzen Körper in Form einer abgeflachten Spindel und einen verhältnismäßig kurzen Schwanz, der zur Steuerung mit einer Schwanzflosse versehen sein konnte. Der Hals der echten Plesiosaurier war stark verlängert (bis zu 72 Wirbel) und beweglich, der Kopf war sehr klein und die Bezahnung homodont (gleichförmig). Die Pliosaurier haben im Gegensatz dazu einen kurzen Hals (maximal 13 Wirbel) und einen sehr großen Kopf (bis 4 Meter), ihr Gebiss war heterodont, bestand also aus unterschiedlich geformten Zähnen. Die Beine waren zu paddelförmigen Flossen umgewandelt.

Wie die Ichthyosaurier und Mosasaurier sollen die Plesiosaurier in der Lage gewesen sein, ihre Körpertemperatur auf einem konstant hohen, gleichwarmen Niveau von 35 bis 39 °C zu halten (Endothermie)[1].

Lebensweise

Fortbewegung

Rekonstruierter Kopf von Kaiwhekea katiki aus der Oberkreide von Neuseeland

Früher wurde angenommen, dass Plesiosaurier mit ihren Flossen gerudert haben. Rudern ist eine Fortbewegungsmethode, die darauf beruht, dass der Wasserwiderstand benutzt wird, um sich quasi im Wasser vorwärts zu schieben. Dafür müssen die Beine einerseits vergrößerte Fläche haben (was bei Plesiosauriern so ist), andererseits sind gerade Kanten und Ecken günstig, denn sie erzeugen Wasserwirbel, die den Wasserwiderstand erhöhen. Ein gutes Beispiel für eine Ruder-Extremität sind Entenfüße, die durch die Schwimmhäute vergrößert sind und zudem noch Krallen haben. Die Flossen der Plesiosaurier dagegen haben eine Form, die eher einem Flügel ähnelt, sie laufen am Ende spitz zusammen und haben einen tropfenförmigen Querschnitt. Außerdem haben Plesiosaurier stark vergrößerte Brust- und Beckenknochen, an denen große Muskel angesetzt haben. Dies zusammen deutet stark darauf hin, dass Plesiosaurier den Unterwasser-Flug praktiziert haben. Diese Fortbewegung wird heute von Pinguinen, Meeresschildkröten und Ottern benutzt und funktioniert im Prinzip wie das Fliegen in der Luft. Durch die Form der Paddel werden unterschiedliche Druckverhältnisse unter- und oberhalb des Paddels erzeugt, die zur Fortbewegung benutzt werden. Die Bewegung der Paddel im Wasser kostet viel Kraft, daher die großen Muskeln.

Auch wenn einige heute lebende Tiere unter Wasser fliegen, sind sie nur begrenzt mit den Plesiosauriern vergleichbar, denn sie benutzen immer nur die Vorderextremitäten. Bei den Plesiosauriern sind dagegen Vorder- wie Hinterextremitäten gut entwickelt und wurden höchstwahrscheinlich auch beide benutzt. Die genaue Koordination der Beine – also ob alle vier gleichzeitig bewegt wurden, oder abwechselnd vorne, dann hinten, oder aber auch links vorne gleichzeitig mit rechts hinten und umgekehrt – ist nicht bekannt. Wahrscheinlich ist auch, dass der Modus von der Geschwindigkeit abhing.

Plesiosaurier und Pliosaurier unterscheiden sich ein wenig in der Form und relativen Größe der Paddel, was darauf hindeutet, dass sie sich unterschiedlich fortbewegt haben. Ursprünglich wurde angenommen, dass Pliosaurier als Lauerjäger zu kurzen, kräftigen und schnellen Beschleunigungen fähig waren, während die Plesiosaurier sich eher mit gemäßigter Geschwindigkeit bewegt hatten, dafür aber sehr ausdauernd waren. Neuere Vergleiche von Plesiosaurier-Flossen mit Vogel-Flügeln lassen vermuten, dass es eher umgekehrt war. Allerdings ist der Vergleich von Flossen mit Flügeln in der Wissenschaft nicht ganz unumstritten.

Ernährung

Plesiosaurier hatten vermutlich eine große Bandbreite an Nahrung. Gemeinsam ist allen, dass es Fleischfresser waren – die Zähne von Plesiosauriern deuten nicht auf Pflanzennahrung hin. Viele Plesiosaurier waren wahrscheinlich Fischfresser, die größeren Pliosaurier haben dagegen vermutlich vielseitiger auch Tintenfische, Ammoniten, Haie, Ichthyosaurier und kleinere Plesiosaurier gejagt. Im Magen von Plesiosauriern wurden Tintenfischreste gefunden, und an Beinknochen von kleineren Plesiosauriern finden sich Bissspuren, die zu Pliosauriern gehören könnten. Plesiosaurier wurden aber auch selber gejagt, in einem sehr großen Mosasaurier aus der Kreide von Nordamerika wurden die Reste eines Plesiosauriers gefunden.

Magensteine, ausgestellt im Museum of Northern Arizona in Flagstaff.

Der lange Hals der Plesiosaurier hat bei der Nahrungsaufnahme bestimmt eine große Rolle gespielt. Der Hals ist nicht so beweglich, wie es den Anschein hat. Bewegungen nach oben waren nur sehr begrenzt möglich, ebenso zu den Seiten, am besten war die Beweglichkeit nach unten. Plesiosaurier konnten ihren Hals nicht zu einem „S“ krümmen, wie es oft dargestellt wird. Die gute Beweglichkeit nach unten könnte bedeuten, dass Plesiosaurier nicht nur gejagt, sondern außerdem Nahrung wie Ammoniten, Muscheln, Krebse und andere kleinere Tiere vom Meeresboden aufgelesen haben.

Viele Plesiosaurier wurden mit Magensteinen gefunden. Einige Vögel haben ebenfalls Magensteine, welche die Nahrung im Magen zerreiben. Vögel haben keine Zähne und können daher nicht so gut wie Säugetiere kauen. Eine ähnliche Funktion wird von den Magensteinen der Dinosaurier angenommen. Bei Plesiosauriern – wie bei Krokodilen, die ebenfalls Magensteine besitzen – ist es nicht sicher, ob diese zur Nahrungszerkleinerung dienten oder als Ausgleich für den Auftrieb der mit Luft gefüllten Lunge benutzt wurden.

Auf der Basis von 2008 auf der norwegischen Arktis-Insel Spitzbergen durch den Paläontologen Jørn Hurum entdeckten Fossilien des 15 Metern langen Plesiosauriers Predator X („Monster von Spitzbergen“) wurde eine Beißkraft von 147 Kilonewton errechnet. Dies ist eine der höchsten Kieferkräfte im Tierreich.[2]

Fortpflanzung

Polycotylus-Weibchen gebiert ein Jungtier, zeichnerische Rekonstruktion.

Die Fortpflanzung der Plesiosaurier war lange Zeit nur ungenügend bekannt. Da es sich um Reptilien handelt, war es naheliegend anzunehmen, dass diese Tiere Eier legten. Reptilieneier müssen aber an Land gelegt werden, wie z. B. bei Schildkröten, und die Plesiosaurier waren so stark an das Leben im Meer angepasst, dass es unklar ist, ob sie jemals in die Nähe von Land kamen oder dazu überhaupt fähig waren. Gestrandete Wale sterben, weil ihr Skelett sie ohne den Auftrieb im Wasser nicht mehr ausreichend stützt, wodurch die Lunge zusammengedrückt wird und die Tiere ersticken. Da sich auch bei Plesiosauriern das Skelett an die Verhältnisse im Wasser angepasst hat, ist es denkbar, dass es ihnen bei einem Landgang ähnlich erging.

Es gibt Funde von Ichthyosauriern und Mosasauriern, deren Föten im Mutterleib erhalten sind, was direkt beweist, dass auch diese Tiere lebendgebärend waren. Ähnliches ist von Keichousaurus, Lariosaurus und Neusticosaurus,[3] entfernten Verwandten der Plesiosaurier, und seit 2011 auch von einem Plesiosaurier bekannt[4]: Das im Bauchraum eines 78 Millionen Jahre alten Fossils von Polycotylus latippinus entdeckte Skelett eines noch nicht ausgereiften Jungtiers war mit einer Länge von 1,5 m schon ein Drittel so groß wie seine 4,70 m lange Mutter. Wahrscheinlich gebaren Plesiosaurier daher nur ein einzelnes relativ großes Jungtier, für das sie Brutfürsorge betrieben, ähnlich wie heute die Wale. Sehr große Arten wie Kronosaurus, Elasmosaurus oder Liopleurodon waren schon aufgrund ihrer enormen Masse sicherlich unfähig, an Land zu kommen, um dort ihre Eier abzulegen, was wiederum die Geburt lebender Junge zwangsläufig bedingte.

Systematische Übersicht

Plesiosaurier erscheinen in der obersten Trias. Zu den ersten Gattungen gehören Thalassiodracon, Macroplata und Microcleidus, die letzten beiden aus dem Rhaetium (Thalassiodracon) und Hettangium Großbritanniens. Sie gehören zu einer Gruppe von Schwimmsauriern, den Sauropterygiern, die seit der Untertrias bekannt ist.

Unter den Sauropterygiern gibt es viele verschiedene Formen: einige sind sehr klein, andere größer und lebten vermutlich ähnlich wie Krokodile, wiederum andere hatten sich auf Muscheln als Nahrung spezialisiert. Alle diese Formen lebten in der Nähe der Küste und waren nicht so stark an das Leben im offenen Ozean angepasst wie die Plesiosaurier. Die Verwandtschaftsverhältnisse der Sauropterygier zu anderen Reptilien sind unklar, ebenso die genauen Vorfahren der Plesiosaurier innerhalb der Sauropterygier. Als nächster Verwandter werden Pistosaurus und verwandte Formen angesehen, die aus der oberen Trias von Europa und Nordamerika bekannt sind.

Die Plesiosaurier selber werden in zwei große Gruppen unterteilt:

Die Pliosaurier
Die Vertreter dieser Gruppe sind groß und massiv gebaut, der Hals ist relativ kurz und der Schädel groß. Die Zähne sind kräftig und konisch. Zu ihnen gehören die größten bekannten Plesiosaurier wie z. B. Liopleurodon. Sie lebten vom unteren Jura bis zur frühen oberen Kreide. Die letzten nachgewiesenen Gattungen sind Brachauchenius und Polyptychodon aus Nordamerika.
Die Plesiosaurier im engeren Sinne
Dies sind schlanke Formen mit sehr kleinem Kopf und langem Hals. Die Zähne sind meistens dünn und relativ lang. Die primitivste Familie ist die der Plesiosauridae, deren Mitglieder mit zwei bis drei Metern relativ klein sind und die einen flachen Schädel haben. Sie lebten im Jura. Ebenfalls aus dem Jura stammen die Cryptoclididae, die einen etwas kürzeren Hals und höhere Schädel als die Plesiosauridae haben. Die Elasmosauridae lebten im oberen Jura und in der Kreide, und haben sehr stark verlängert Hälse. Die Polycotylidae lebten ausschließlich in der Kreide, dadurch dass sie einen verkürzten Hals und einen sehr großen Schädel haben, sehen sie wie Pliosaurier aus und wurden auch lange Zeit dieser Gruppe zugeordnet.

Die innere Systematik der Plesiosaurier wird im Folgenden dargestellt[5]:

Der Pliosauride Kronosaurus (künstlerische Darstellung)
Schädel des Pliosauriden Liopleurodon
Rekonstruiertes Skelett des Rhomaleosauriden Rhomaleosaurus
Rekonstruiertes Skelett von Thalassomedon im American Museum of Natural History
Skelett des Polycotyliden Trinacromerum im Royal Ontario Museum in Toronto.
  • Plesiosauria
    • Pliosauroidea
    • Plesiosauroidea
      • Plesiosauridae
        • ? Attenborosaurus
        • ? Hydrorion
        • Plesiosaurus
        • ? Thalassiodracon
      • Euplesiosauria
        • Elasmosauridae
          • Albertonectes
          • „Alzadasaurus“
          • Callawayasaurus
          • Elasmosaurus
          • Eretmosaurus
          • Futabasaurus
          • Hydralmosaurus
          • Hydrotherosaurus
          • Libonectes
          • Microcleidus
          • Muraenosaurus
          • Occitanosaurus
          • Styxosaurus
          • Terminonatator
          • Thalassomedon
          • Turangisaurus
          • „Woolungasaurus“
        • Cryptoclididae
          • Cryptoclididae
            • Aristonectes
            • Cryptoclidus
            • Kaiwhekea
            • Kimmerosaurus
            • Muraenosaurus
            • Pantasaurus
            • Tatenectes
            • Tricleidus
            • Vinialesaurus
          • Tricleidia
            • Cimoliasauridae
              • Kimmerosaurus
              • Cimoliasaurus
            • Polycotylidae
              • Dolichorhynchops
              • Edgarosaurus
              • Polycotylus
              • Thililua
              • Trinacromerum

Literatur

  • Robert L. Carroll: Paläontologie und Evolution der Wirbeltiere. Thieme-Verlag, Stuttgart 1993, ISBN 3-13-774401-6.

Einzelnachweise

  1. A. Bernard, C. Lecuyer, P. Vincent, R. Amiot, N. Bardet, E. Buffetaut, G. Cuny, F. Fourel, F. Martineau, J.-M. Mazin, A. Prieur. Regulation of Body Temperature by Some Mesozoic Marine Reptiles. Science, 2010; 328 (5984): 1379 doi:10.1126/science.1187443
  2. Naturhistorisk Museum, Universitetet i Oslo: PREDATOR X The most significant Jurassic discovery made in the Arctic
  3. Silvio Renesto, Cristina Lombardo, Andrea Tintori & Gianluca Danini: Nothosauroid Embryos from the Middle Triassic of Northern Italy: An Insight into the Viviparity of Nothosaurs ? Journal of Vertebrate Paleontology December 2003 : Vol. 23, Issue 4, S. 957–960.
  4. F. R. O'Keefe, L. M. Chiappe: Viviparity and K-Selected Life History in a Mesozoic Marine Plesiosaur (Reptilia, Sauropterygia). Science, 2011; 333 (6044): 870-873 doi:10.1126/science.1205689
  5. The Plesiosaur Directory von Adam Stuart Smith Classification
  6. Hilary F. Ketchum & Roger B. J. Benson (2011): A new pliosaurid (Sauropterygia, Plesiosauria) from the Oxford Clay Formation (Middle Jurassic, Callovian) of England: evidence for a gracile, longirostrine grade of Early-Middle Jurassic pliosaurid. Special Papers in Palaeontology 86: 109-129. doi:10.1111/j.1475-4983.2011.01083.x

Weblinks

Commons: Plesiosauria – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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