Rochen



Rochen

Blaupunktrochen (Taeniura lymma)

Systematik
Überklasse: Kiefermäuler (Gnathostomata)
Klasse: Knorpelfische (Chondrichthyes)
Unterklasse: Plattenkiemer (Elasmobranchii)
Teilklasse: Euselachii
ohne Rang: Neoselachii
ohne Rang: Rochen
Wissenschaftlicher Name
Batoidea

Rochen (Batoidea, Syn.: Rajomorphii) ist eine Überordnung von Fischen aus der Klasse der Knorpelfische. Mit über 500 Arten stellen sie mehr als die Hälfte der Knorpelfischarten.

Rochen leben weltweit, in allen Meeren, einige Arten auch in der Tiefsee. Echte Rochen (Rajidae) und Zitterrochen sind in gemäßigten Meeren artenreicher, die übrigen Familien in tropischen. Wenige Arten aus der Familie der Stechrochen (Dasyatidae) gehen auch in Brack- und Süßwasser. In Südamerika leben die Potamotrygonidae ausschließlich in den großen Strömen und Flüssen des Kontinents.

In der Nordsee kommen vor allem Angehörige der Echten Rochen (Rajidae) vor, so der Nagelrochen (Raja clavata), der Sternrochen (Raja radiata), der Glattrochen (Dipturus batis) und der Kuckucksrochen (Raja naevus)[1]. Weitere europäische Arten sind der Stechrochen (Dasyatis pastinaca), der Marmor-Zitterrochen (Torpedo marmorata) und der Atlantische Zitterrochen (Torpedo nobiliana).

Kalifornischer Zitterrochen (Torpedo californica)

Merkmale

Rochen besitzen einen stark abgeplatteten Körper und große Brustflossen, die mit dem Kopf verwachsen sind. Der Schultergürtel ist ringförmig und fest oder gelenkig mit der Wirbelsäule verbunden. Einige Wirbel sind zu einer Synarcualia verwachsen. Das Maul, die Nasenlöcher, sowie fünf Kiemenspaltenpaare befinden sich auf der abgeflachten meist hellen Unterseite. Auf der Oberseite befinden sich Augen und die mit einem Ventil versehenen Spritzlöcher, durch die das Wasser zum Atmen eindringt. Das obere Augenlid ist fest mit dem Augapfel verwachsen. Die Oberseite ist dem jeweiligen Lebensraum des Rochens angepasst, kann also von sandfarben gesprenkelt bis schwarz reichen. Der Oberkiefer, das Palatoquadratum, ist nicht mit dem Neurocranium verbunden, sondern wird nur vom großen Hyomandibulare gestützt.

Die meisten Rochen ernähren sich von hartschaligen Wirbellosen wie Muscheln, Krebsen und Stachelhäutern.

Fortbewegung

Die primitiven Geigenrochen, sowie die Sägerochen und die Zitterrochenartigen, bewegen sich, wie die meisten Haie, durch Stammschlängeln des Körpers und der Schwanzflosse fort. Echte Rochen bewegen ihre großen Brustflossen wellenförmig und Adlerrochen schlagen sie wie Flügel.

Fortpflanzung

Alle Rochen, mit Ausnahme der Echten Rochen, die kapselartige Eier legen, sind ovovivipar, d.h. die Jungtiere schlüpfen noch im Körper des Muttertieres bzw. kurz nach der Eiablage.

Stammesgeschichte

Libanopristis hiram

Rochen aus der als ursprünglich geltenden Familie der Geigenrochen (Rhinobatidae) tauchen im Oberjura in der fossilen Überlieferung auf. Die Gattungen Aellopos und Asterodermus sind aus dem Solnhofener Plattenkalk bekannt. Ein weiterer Geigenrochen ist Rhombopterygia aus der Oberkreide des Libanon. Die rezenten Geigenrochengattungen Rhinobatos, Trygonorrhina und Zapteryx sind seit der Unterkreide bzw. dem Eozän fossil überliefert.[2]

Äußere Systematik

Amblyraja badia

Die Rochen wurden traditionell als mit den Haien gleichrangiges Taxon der Knorpelfische angesehen. 1996 wurden die Neoselachii (ein Taxon, das die modernen Haie und die Rochen umfasst) von de Carvalho und Shirai unabhängig voneinander nach morphologischen Merkmalen in zwei monophyletische Taxa gegliedert, die Galeomorphii (Galea bei Shirai), zu denen vor allem große, das Freiwasser bewohnende Haie gehören und die Squalea, zu denen viele bodenbewohnende sowie Tiefseehaie und auch die Rochen gehören. Die Haie wären demnach paraphyletisch und damit ein Formtaxon, die Rochen nur eine Untergruppe der squalomorphen Haie.[3][4]

Inzwischen gibt es allerdings mehrere molekularbiologische Untersuchungen, die eine basale Dichotomie von Haien und Rochen bestätigen. Die morphologischen Übereinstimmungen der squalomorphen Haie mit den Rochen sind danach konvergent entstanden. Da sich die Rochen, genau so wie die modernen Haie, schon seit dem frühen Jura in der fossilen Überlieferung nachweisen lassen, wird eine Abstammung der Rochen am Endpunkt einer langen Evolutionslinie der Squalea auch nicht von paläontologischen Daten gestützt.[5][6] [7][4]

Innere Systematik

Auch die innere Systematik der Rochen ist stark umstritten und es existieren mehrere Vorschläge. Wikipedia folgt hier McEachran & Aschliman, die einen phylogenetisch ausgerichteten Ansatz verfolgen und annehmen, das aus den primitiven, geigenrochenartigen Vorfahren zwei Linien „moderner“ Rochen entstanden sind, die Rajiformes, die sich durch eine wellenförmige Undulation ihrer Brustflossen fortbewegen, und die Myliobatiformes, die durch gleichmäßige Schläge ihrer flügelartigen Brustflossen gleichsam durchs Wasser fliegen. Dementsprechend werden die Geigenrochenartigen nicht mehr in eine einzige Familie gestellt, da ursprüngliche Merkmale (Plesiomorphieen) keine Verwandtschaft begründen können.[8]

Innere Systematik der Rochen nach McEachran & Aschliman, 2004
  Rochen  
  Torpediniformes  


 Schläferrochen (Narkinae)


   

 Narcininae



   

 Birnen-Zitterrochen (Hypninae)


   

 Zitterrochen (Torpedininae)




   

 Sägerochen (Pristiformes)


   
  Rajiformes  

 Rundkopf-Geigenrochen (Rhinidae)


   

 Rhynchobatidae


   

 Geigenrochen (Rhinobatidae)


   

 Echte Rochen (Rajidae)





  Myliobatiformes  

 Dornrücken-Gitarrenrochen (Platyrhinidae)


   

 Zanobatidae


  Myliobatoidei  

 Sechskiemen-Stachelrochen (Hexatrygonidae)


   

 Rundstechrochen (Urolophidae)


   

 Amerikanische Rundstechrochen (Urotrygonidae)


  Dasyatoidea  

 Stechrochen (Dasyatidae)


   

 Süßwasserstechrochen (Potamotrygonidae)


   

 Schmetterlingsrochen (Gymnuridae)


   

 Adlerrochen (Myliobatidae)



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Phylogenetischer Baum der Rochen.

Dieses Konzept über die Verwandtschaft innerhalb der Rochen gibt die folgende Systematik wieder:

Literatur

  • Joseph S. Nelson: Fishes of the World, John Wiley & Sons, 4. Auflage, 2006, ISBN 0-471-25031-7
  • Wilfried Westheide & Reinhard Rieger: Spezielle Zoologie Teil 2: Wirbel und Schädeltiere, 1. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg • Berlin, 2004, ISBN 3-8274-0307-3

Einzelnachweise

  1. Bent J. Muus: Die Meeresfische Europas. In Nordsee, Ostsee und Atlantik. Franckh-Kosmos Verlag, ISBN 3-440-07804-3
  2. K. A. Frickinger: Fossilien Atlas Fische, Mergus-Verlag, Melle, 1999, ISBN 3-88244-018-X
  3. Alfred Goldschmid: Chondrichthyes. in: W. Westheide und R. Rieger: Spezielle Zoologie. Teil 2. Wirbel- oder Schädeltiere. Spektrum, München 2004. ISBN 3-8274-0307-3
  4. 4,0 4,1 Joseph S. Nelson: Fishes of the World, John Wiley & Sons, 2006, ISBN 0-471-25031-7
  5. Christophe J. Douady, Miné Dosay, Mahmood S. Shivji & Michael J. Stanhop: Molecular phylogenetic evidence refuting the hypothesis of Batoidea (rays and skates) as derived sharks. Molecular Phylogenetics and Evolution, Volume 26, Issue 2, February 2003, Pages 215-221 doi:10.1016/S1055-7903(02)00333-0
  6. C. J. Winchell, A. P. Martin, J. Mallatt: Phylogeny of elasmobranchs based on LSU and SSU ribosomal RNA genes. Molecular Phylogenetics and Evolution, Volume 31, Issue 1, April 2004, Pages 214-224 Abstract
  7. C. J. Underwood: Diversification of the Neoselachii (Chondrichthyes) during the Jurassic and Cretaceous. Paleobiology, 32 (2) (2006). pp. 215-235. PDF
  8. John D. McEachran & Neil Aschliman: Phylogeny of Batoidea. in Jeffrey C. Carrier, John A. Musick, Michael R. Heithaus: Biology of sharks and their relatives. ISBN 0-8493-1514-X Google Books

Weblinks

Commons: Rochen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Rochen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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