Primaten: Vom Aussterben bedroht


Die Primaten sind stärker vom Aussterben bedroht als viele andere Säugetiere. Derzeit gelten fast die Hälfte der Arten als gefährdet, darunter alle großen Menschenaffen, die meisten Lemuren und viele Neuweltaffen, insbesondere alle vier Arten der Löwenäffchen (Leontopithecus).

In Madagaskar sind im Verlauf der letzten 1.000 Jahre 15 Feuchnasenprimaten aus acht Gattungen infolge menschlicher Einwirkungen ausgestorben. Die Hauptursachen für den drastischen Rückgang der Primatenarten werden von zwei Faktoren geprägt: Zerstörung des Lebensraums und Bejagung. Besonders Land- und Forstwirtschaft verändern oder vernichten viele Lebensräume.

Die bei weitem größte Gefahr geht von der Vernichtung der Lebensräume aus, so wurden zwischen 1981 und 1990 schätzungsweise 8 % der weltweit noch verbliebenen Regenwälder zersört. Damit Primatenpopulationen die Veränderung oder Fragmentierung ihrer Lebensräume verkraften können, müssen bestimmte Elemente darin erhalten bleiben. Dazu gehören Fruchtbäume und bewaldete Korridore, die die verbliebenen Waldinseln miteinander verbinden und so gewährleisten, dass sich die Populationen weiterhin vermischen können und Inzucht vermieden wird. Wie stark die Zerstörung eines Habitats eine Primatenart beeinträchtigt, ist auch eine Frage ihrer Biologie. Kleine Generalisten, wie wie einige Meerkatzen, haben sich als widerstandsfähiger erwiesen als andere, da sie beim Wegfall einer Nahrungsart in der Lage sind, auf andere Nahrungsquellen auszuweichen. Die geringe Körpergröße einiger Arten, die in Verbindung mit einer höheren Geburtenrate steht, wirkt sich ebenfalls günstig aus, da ihre Populationen größere Verluste rascher ausgleichen können.


Schimpanse, Portrait von Tambako the Jaguar / Flickr
Sein Überleben in den Regenwäldern ist stark gefährdet: der Schimpanse.
Das Löwenäffchen (Leontopithecus rosalia) im Osten Brasiliens ist vom Aussterben bedroht.
Das Löwenäffchen (Leontopithecus rosalia) im Osten Brasiliens ist vom Aussterben bedroht.
Das Löwenäffchen (Leontopithecus rosalia) im Osten Brasiliens ist vom Aussterben bedroht.
Der rote Vari lebt auf Madagaskar und ist vom Aussterben bedroht.

Bejagung

Primaten werden von Menschen in erster Linie wegen ihres Fleisches gejagt, so sind in einigen Regionen indigene Völker natürliche Feinde der Primaten. Der Jagddruck, der von ihnen ausgeht, ist in vielen Fällen kaum der Rede wert. Zur ernsten Bedrohung für Primaten wird die Jagd spätestens dann, wenn sie kommerziellen Charakter annimmt. In Afrika bedroht der illegale Handel mit Wildfleisch derzeit viele Primatenpopulationen. Selbst Arten, die in einer intakten Umgebung leben, können dadurch ausgerottet werden, wobei die Zerstörung des Habitats die Auswirkungen der Jagd noch verschärft. Wenn Wälder ausgedünnt und Forststraßen angelegt werden, ist es für Jäger ein leichtes, in die bis dahin unberührten Waldgebiete vorzudringen. Besonders die großen und auffälligen Arten, wie Drille und Gorillas, sind Ziel der illegalen Jäger, weil sie einerseits viel Fleisch liefern und andererseits leicht zu entdecken sind. In den meisten Fällen sind die Verluste so hoch, dass sie nicht durch Neugeburten ausgeglichen werden können, was viele Tiere, nicht nur Primaten, an den Rand des Aussterbens manövriert hat.

Viele Primaten werden auch lebend gefangen und an Versuchslabore verkauft. Nicht wenige werden wegen ihrer Organe und Knochen getötet, die in der ostasiatischen Medizin zur Anwendung kommen.

Vorteile des Artenschutzes

Häufig vergessen die Menschen, dass Artenschutz viele Vorteile bringt, so spielen Primaten eine wichtige Rolle in ihrem Ökosystem, da sie Pflanzensamen verbreiten. So verbreiten Primaten im Kibale Forest in Uganda die Samen von über eimem Drittel aller Baumarten. Von diesen sind immehin 42 % für die Einheimischen von Bedeutung, weil ihr Holz als Brennstoff und für die Möbelherstellung verwendet wird. Viele Pflanzenteile dienen als Nahrung, Heilmittel oder Viehfutter. Sterben die Primaten aus, so verschwinden auch diese Pflanzen - und mit ihnen vielleicht der gesamte Wald.

Die Tabellen unten listen Primaten auf, die wir schon fast verloren haben. Sie haben das 20. Jahrhundert nur knapp überlebt und werden - ohne unsere unmittelbare Intervention - im 21. Jahrhundert aussterben, soviel ist sicher.

Jede der Spezies unten ist einzigartig in Aussehen und Gestalt, jeder Name steht für eine ehemals zahlreiche Art, die heute längst zersplittert und verstreut in kleinen Habitaten leben - und ihre Zahl nimmt weiter ab. Diese Handvoll Überlebender ist alles, was von einer unbekannten Geschichte geblieben ist, eine Geschichte, die noch zu Zeiten der Dinosaurier begann und nun mit ihnen enden könnte. Jede Art ist ein wichtiger Teil im Gewebe unserer lebendigen Welt.

Doch ihre Zukunft wird zunichte gemacht, während wir aus einiger Entfernung nur zuschauen. Diese Primaten sind alle unmittelbar vom Aussterben bedroht. Viel zu wenig ist bekannt über sie, außer dass ihre Populationen dezimiert und ihre Lebensräume verbrannt und vernichtet wurden. Ohne unsere Bemühungen werden sie in ein paar Jahren verloren sein.

Die großen Menschenaffen

Die großen Menschenaffen sind vielfältiger und bedrohter als man bislang glaubte. Primatologen erkennen derzeit mindestens 14 Arten an: fünf Taxa von Gorillas, vier Schimpansenarten und den Bonobo - sie alle leben in Zentral- und Westafrika. Insgesamt sind Gorillas, Bonobos und Schimpansen auf 21 afrikanische Nationen verteilt.

Hinzu kommen die Orang-Utans des tropischen Asien - eine Art ist im äußersten Norden Sumatras von Mensch und Industrie eingekeilt, die anderen drei Unterarten haben bislang auf der Insel Borneo überlebt.

Zusammen mit allen anderen Primaten werden die großen Menschenaffen in der „IUCN Red List” geführt, eine Liste, die einen umfassenden Überblick über Bedrohungen unserer weltweiten Biodiversität liefert. Wissenschaftler schätzen dort die Bedrohungen einer Vielzahl von Arten ein - und sie sehen die Populationen der großen Menschenaffen auf einem nahezu universellen Abwärtstrend. Nur die Populationen der Berggorillas sind bestenfalls als stabil zu bezeichnen, doch wegen der geringen Anzahl an Individuen werden selbst sie als stark gefährdet eingestuft. Die restlichen vier Arten der Menschenaffen werden als vom Aussterben bedroht klassifiziert: die Cross-River-Gorillas mit vielleicht 280 überlebenden Tieren, die Virunga-Berggorillas zählen nicht über 380 Tiere, von den Bwindi Gorillas sind noch rund 320 am Leben, und schließlich die Sumatra Orang-Utans, die alle zusammen vielleicht 7.500 Köpfe zählen, und deren Populationen sich derzeit in einem katastrophalen Zusammenbruch befinden.

Jede dieser Arten in den Tabellen unten ist fast verloren - Es sind Individuen mit ihren Eigenheiten, ihren eigenen Gedanken und Geschichten, gefangen in immer kleiner werdenden Rückzugsgebieten, ohne Reue ausgebeutet von unserer eigenen Art, dem Homo sapiens. Jeder Name steht für Familien und deren Verwandte, Sippen und Populationen, die weit mehr sind, als nur enge genetische Verwandte - jede einzelne Art ist eine verfolgte Nation, Flüchtlinge im eigenen Land, vergessen im Licht der Weltwirtschaft.

Ihre Leben sind unbezahlbar, ihr Verlust würde uns ewig brandmarken - da wir so viel von ihnen wussten und es trotzdem versäumten, ihnen das Aussterben zu ersparen.

Bonobo (Zwergschimpanse) Pan paniscus Demokratische Republik Kongo
Endangered, stark gefährdet
Zentralafrikanischer Schimpanse Pan troglodytes troglodytes Angola, Kamerun, Zentralafrikanische Republik, Demokratische Republik Kongo, Äquatorial Guinea, Gabun, Volksrepublik Kongo
Endangered, stark gefährdet
Östlicher Schimpanse Pan troglodytes schweinfurthii Burundi, Zentralafrikanische Republik, Demokratische Republik Kongo, Rwanda, Sudan, Tansania, Uganda
Endangered, stark gefährdet
Nigeria-Schimpanse Pan troglodytes vellerosus Kamerun, Nigeria
Endangered, stark gefährdet
Westlicher Schimpanse Pan troglodytes verus Burkina Faso, Elfenbeinküste, Ghana, Guinea, Guinea-Bissau, Liberia, Mali, Senegal, Sierra Leone (possibly Nigeria; extinct in Benin, Gambia, Togo)
Endangered, stark gefährdet
Bwindi Gorilla Gorilla beringei ssp. Uganda
Critically Endangered, vom Aussterben bedroht
Cross River Gorilla Gorilla gorilla diehli Kamerun, Nigeria
Critically Endangered, vom Aussterben bedroht
Grauer's Gorilla Gorilla beringei graueri Demokratische Republik Kongo
Endangered, stark gefährdet
Virunga Berggorilla Gorilla beringei beringei Demokratische Republik Kongo, Rwanda, Uganda
Critically Endangered, vom Aussterben bedroht
Westlicher Flachlandgorilla Gorilla gorilla gorilla Angola, Kamerun, Zentralafrikanische Republik, Demokratische Republik Kongo, Äquatorial Guinea, Gabun, Volksrepublik Kongo
Endangered, stark gefährdet

Sumatra Orang-Utan Pongo abelii Indonesien (Sumatra)
Critically Endangered, vom Aussterben bedroht
Östlicher Borneo Orang-Utan Pongo pygmaeus morio Indonesien, Malaysia
Endangered, stark gefährdet
Südlicher Borneo Orang-Utan Pongo pygmaeus wurmbii Indonesien
Endangered, stark gefährdet
Westlicher Borneo Orang-Utan Pongo pygmaeus pygmaeus Indonesien, Malaysia
Endangered, stark gefährdet

Rothand-Brüllaffe Alouatta belzebul ululata Brasilien Lebensraumverlust
Nördlicher Brauner Brüllaffe Alouatta guariba guariba Brasilien Lebensraumverlust
Mexikanischer Mantelbrüllaffe Alouatta palliata mexicana Mexiko Lebensraumverlust
Azuero Brüllaffe Alouatta palliata trabeata Panama
Azuero Klammeraffe Ateles geoffroyi azuerensis Panama
Braunkopf-Klammeraffe Ateles geoffroyi fusciceps Ecuador
Mexikanischer Klammeraffe Ateles geoffroyi vellerosus El Salvador, Guatemala, Honduras, Mexiko Lebensraumverlust, Jagd
Brauner Klammeraffe Ateles hybridus brunneus Kolumbien Lebensraumverlust, Jagd
Brauner Klammeraffe Ateles hybridus hybridus Kolumbien, Venezuela Lebensraumverlust, Jagd
Nördlicher Spinnenaffe Brachyteles hypoxanthus Brasilien Lebensraumverlust, Jagd
Nordbahia-Springaffe Callicebus barbarabrownae Brasilien Lebensraumverlust, restricted range
Coimbra-Springaffe Callicebus coimbrai Brasilien Lebensraumverlust
Trinidad Weißstirnkapuziner Cebus albifrons trinitatis Trinidad und Tobago
Margarita Island Kapuziner Cebus apella margaritae Venezuela
Gelbbrust-Kapuziner Cebus xanthosternos Brasilien Lebensraumverlust, Jagd
Rußmangabe Cercocebus atys lunulatus Elfenbeinküste, Ghana Lebensraumverlust, Jagd
Tana-Mangabe Cercocebus galeritus galeritus Kenia Lebensraumverlust, Jagd, dams
Roloway Guenon Cercopithecus diana roloway Elfenbeinküste, Ghana Lebensraumverlust, Jagd
Große Weißnasenmeerkatze Cercopithecus nictitans stampflii Elfenbeinküste, Liberia Lebensraumverlust, Jagd
Weißkragenmaki Eulemur fulvus albocollaris Madagaskar Lebensraumverlust, Jagd
Blauaugenmaki Eulemur macaco flavifrons Madagaskar Lebensraumverlust, Jagd
Berggorilla Gorilla beringei beringei Demokratische Republik Kongo, Rwanda, Uganda Lebensraumverlust, Jagd, tourism
Cross River Gorilla Gorilla gorilla diehli Cameroon, Nigeria Lebensraumverlust, Jagd, Siedlungen
Goldener Halbmaki Hapalemur aureus Madagaskar Lebensraumverlust
Grauer Halbmaki Hapalemur griseus alaotrensis Madagaskar Lebensraumverlust, Jagd, Brandrodung
Breitschnauzenhalbmaki Hapalemur simus Madagaskar Lebensraumverlust
Weißhandgibbon Hylobates lar yunnanensis China
Silbergibbon Hylobates moloch moloch Indonesien
Silbergibbon Hylobates moloch pongoalsoni Java
Schwarzkopflöwenäffchen Leontopithecus caissara Brasilien Lebensraumverlust
Goldsteißlöwenäffchen Leontopithecus chrysopygus Brasilien Lebensraumverlust
Pagai Makak Macaca pagensis pagensis Indonesien
Siberut Makak Macaca pagensis siberu Indonesien
West Yunnan Schopfgibbon Nomascus concolor furvogaster China
Zentral Yunnan Schopfgibbon Nomascus concolor jingdongensis China
Hainan Schopfgibbon Nomascus nasutus hainanus China Lebensraumverlust, Jagd
Cao-Vit Schopfgibbon Nomascus nasutus nasutus Vietnam Lebensraumverlust, Jagd
Gelbschwanz-Wollaffe Oreonax flavicauda Peru Lebensraumverlust, Jagd
Sumatra Orang-Utan Pongo abelii Indonesien Lebensraumverlust, Jagd
Miss Waldron's Stummelaffe Procolobus badius waldroni Elfenbeinküste, Ghana Lebensraumverlust, Jagd, Siedlungen
Bouvier's Stummelaffe Procolobus pennantii bouvieri Kongo Lebensraumverlust, Jagd, Siedlungen
Tana River Stummelaffe Procolobus rufomitratus Kenia Lebensraumverlust, Jagd, Siedlungen
Diadem-Sifaka Propithecus diadema candidus Madagaskar Lebensraumverlust, Jagd
Diadem-Sifaka Propithecus diadema diadema Madagaskar Lebensraumverlust, Jagd
Perrier's Sifaka Propithecus diadema perrieri Madagaskar Lebensraumverlust, Jagd, Brandrodung
Tattersalls Sifaka Propithecus tattersalli Madagaskar Lebensraumverlust, Jagd
Larvensifaka Propithecus verreauxi coronatus Madagaskar Lebensraumverlust
Tonkinstumpfnase Rhinopithecus avunculus Vietnam Lebensraumverlust, Jagd
Zweifarbentamarin Saguinus bicolor Brasilien Lebensraumverlust, restricted range
Rotrücken-Totenkopfaffe Saimiri oerstedii citrinellus Costa Rica Lebensraumverlust
Bengalischer Hanuman-Langur Semnopithecus entellus ajax Indien, Nepal Lebensraumverlust, Siedlungen, Brandrodung
Delacour's Langur Trachypithecus delacouri Vietnam Lebensraumverlust, Jagd
Weißkopflangur Trachypithecus p. leucocephalus China
Goldkopf- oder Cat-Ba-Langur Trachypithecus p. poliocephalus Vietnam Lebensraumverlust, Jagd
Westlicher Weißbartlangur Trachypithecus vetulus nestor Sri Lanka Lebensraumverlust, Jagd, Siedlungen
Roter Vari Varecia variegata rubra Madagaskar

Literatur

Quelle: IUCN Primate Specialist Group

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