Bartaffe oder Wanderu



Der Bartaffe oder Wanderu (Macaca silenus) ist ein baumlebender, tagaktiver Primat aus der Gruppe der Altweltaffen (Catarrhini).

Er ist endemisch in den Westghats im Südwesten Indiens. Obwohl die Art eine relativ weite Ausbreitung hat, sind die Lebensräume klein und stark fragmentiert. Sie leben in immergrünen und halb-immergrünen Regen- und Monsunwäldern. Ihr Lebensraum sind typischerweise Laubwälder in Höhenlagen von 100 bis 1.500 m [7][6].

Verbreitung

Lebensraum

Bartaffen (Macaca silenus) sind hauptsächlich Baumbewohner, sie kommen daher selten auf den Boden herab und bevorzugen die oberen Stockwerke des primären, tropischen Regenwalds. Man kann sie aber auch in Monsunwäldern des Berglands antreffen, sowie in sekundären, gestörten Wäldern. Darüber hinaus leben sie in der Nähe von gepflanzten Obstbäumen wie etwa Jackfrucht, Guave, Passionsfrucht und anderen [6].

Steckbrief

Aussehen

Bartaffen (Macaca silenus) erreichen eine Körperlänge von 40 bis 61 cm, hinzu kommt der Schwanz mit 24 bis 38 cm. Es herrscht sexueller Dimorphismus vor, was sich u.a. im Körpergewicht bemerkmar macht: Männchen wiegen normalerweise zwischen 5 und 10 kg, die kleineren Weibchen erreichen nur 3 - 6 kg.

Der Körper ist mit schwarzem Fell bedeckt. Der Schwanz ist lang, dünn und nackt, mit einem Büschel schwarzer Haare an der Spitze. Sowohl Männchen als auch Weibchen haben eine graue Mähne, die das Gesicht einrahmt. Das Gesicht selbst ist kahl und schwarz.

Ernährung

Bartaffen (Macaca silenus) haben zwei Schneidezähne, einen Eckzahn, drei Prämolaren und zwei Molaren in jedem Quadranten der Kiefer [5]. Sie sind Allesfresser, jedoch besteht ihre Nahrung hauptsächlich aus Früchten. Darüber hinaus ernähren sie sich aber noch von einer Vielzahl anderer Pflanzenteile wie Blätter, Stängel, Blüten und Knospen. Auch Pilze gehören zu ihrem Speiseplan, den sie gelegentlich auch mit Fleisch erweitern. Sie machen Jagd auf Eidechsen, Frösche und kleine Säugetiere, sowie auf Insekten.

Portrait Bartaffe oder Wanderu (Macaca silenus)
Bartaffe (Macaca silenus) im Abendlicht

Bartaffen (Macaca silenus) suchen sich ihre Nahrung aus Furcht vor Raubtieren schnell zusammen. Dabei helfen ihnen die Backentaschen, die neben den unteren Zähnen an den Seiten des Halses verlaufen. Wenn diese gefüllt sind - und übrigens dem Volumen des Magens entsprechen können - ziehen sich die Affen aus Gefahrenzonen zurück und verzehren die Nahrung an sicheren Stellen [1]. Bartaffen (Macaca silenus) sind von früh bis spät auf der Suche nach Nahrung, im Allgemeinen entfernen sie sich dabei nicht sehr weit von ihren Schlafplätzen [7]. Ihren Wasserbedarf können sie durch Ablecken des Taus von den Blättern decken [1][7].

Bartaffe oder Wanderu (Macaca silenus)
Bartaffe (Macaca silenus) im Zoo Leipzig

Gruppenleben

Gruppen der Bartaffen (Macaca silenus) sind polygyn geprägt. Weibchen verbleiben in ihrer Geburtsgruppe, während Männchen nach Erreichen der Geschlechtsreife abwandern und sich nomadisierenden Junggesellengruppen anschließen. Diese Männergruppen verlassen sie erst, wenn sie in der Lage sind, einen eigenen Harem zu führen. Manchmal übernehmen sie Gruppen von alten oder verletzten Männchen. Die Gruppen bestehen in der Regel aus einem Männchen und mehreren Weibchen plus Nachwuchs [7] und können 4 - 30 Individuen zählen. Bei der Nahrungssuche teilen sich die Gruppen in kleinere Untergruppen von 10 - 20 Individuen auf. Die Reviere umfassen zwischen 100 und 500 ha [9], die von den Männchen verteidigt werden. Bei der Nahrungssuche legen die Bartaffen täglich zwischen 750 und 2.500 m zurück, manchmal bis zu 4.000 m. Die Männchen der Bartaffen (Macaca silenus) sind die einzigen Makaken, die ihre Reviere durch laute Rufe abgrenzen - dadurch wissen andere Gruppen, dass sich in einem Gebiet bereits eine andere Gruppe befindet. Treffen zwei Gruppen aufeinander, so zieht sich die zahlenmäßig unterlegene Gruppe ohne offene Aggression zurück [1][7].

Weiblicher Bartaffe (Macaca silenus)
Weiblicher Bartaffe (Macaca silenus) im im Howlets Zoo

Fortpflanzung

Die Weibchen der Bartaffen (Macaca silenus) werden mit etwa 5 Jahren geschlechtsreif, Männchen erheblich später im Alter von 8 Jahren [7]. Bartaffen (Macaca silenus) kennen keine spezifische Paarungszeit. Wenn ein Weibchen im Sexualzyklus ist, schwillt der perineale Bereich an und es gibt Paarungsrufe von sich, um dem Männchen so seine Paarungsbereitschaft mitzuteilen [7]. Das Männchen umwirbt das Weibchen, indem es ihre Genitalien beschnuppert, dann entfernen sich beide von der Truppe und kopulieren. Nach der Paarung bleibt das Paar nicht - wie bei einigen Primaten üblich - noch für eine gewisse Zeit zusammen, sondern trennt sich sofort wieder.

Junge Weibchen gebären erstmals im Alter von 5 Jahren. Nach einer Tragzeit von ca. 6 Monaten bringen die Weibchen in der Regel ein einzelnes Junges zur Welt [1]. Obwohl Paarungen während des ganzen Jahres auftreten, fallen die meisten Geburten mit dem Höhepunkt der Regenzeit zusammen, wenn Nahrungsresourcen reichlich sind. Sind die Bedingungen gut, so gebären die Weibchen jährlich.

Neugeborene haben ein weiches, braunes Fell, das sich im Alter von etwa 2 Monaten verändert und dem Fell der erwachsen Affen immer ähnlicher wird [1], ihr Gesicht ist pinkfarben [9]. Die Säuglinge wiegen bei der Geburt zwischen 400 und 500 g und klammern sich an den Bauch der Weibchen, um sich herumtragen zu lassen [7]. Sie werden im Alter zwischen 1 und 1½ Jahren entwöhnt [9].

Gefahren

Es ist wahrscheinlich, dass Bartaffen (Macaca silenus) größeren Fleischfressern, wie etwa Schlangen und Greifvögeln zum Opfer fallen. Ihre durchschnittlige Lebenserwartung liegt in freier Wildbahn bei rund 20 Jahren, in Gefangenschaft können die Primaten schon mal bis zu 38 Jahre alt werden [7].

Die größte Bedrohung für Bartaffen (Macaca silenus) ist heute die Fragmentierung ihres Lebensraums, der in der Vergangenheit durch den Anbau von Tee, Kaffee und Eukalyptus, aber auch durch die Holzindustrie immer weiter zurückging. So scheint im indischen Bundesstaat Kerala die Verschlechterung der Lebensbedinungen das größte Hindernis bei der Erhaltung der Art zu sein [2].

Die Jagd ist eine zweite große Bedrohung - in bestimmten Regionen ihres Verbreitungsgebietes gilt ihr Fleisch als Delikatesse und so stehen diese Primaten unter einem enormen Jagddruck [4]. Manchmal werden sie für den Haustierhandel gefangen [6], und in Coorg wurden sie in der Vergangenheit häufig gejagt, um für "medizinische Zwecke" verwendet zu werden [8].

Die Weltnaturschutzunion stuft Bartaffen (Macaca silenus) als stark gefährdet (Endangered) ein. Der Gesamtbestand wird auf weniger als 2.500 geschlechtsreife Tiere geschätzt, wobei die einzelnen Populationen aus kaum mehr als 250 geschlechtsreifen Individuen bestehen dürften. Schätzungen zufolge werden die Populationen in den nächsten 25 Jahren um weitere 20% zurückgehen, hauptsächlich wegen Jagd und Lebensraumverlust [3].

Systematik


Literatur

[1] Burton, 1995; [2] Easa et al., 1997; [3] Kumar, A., Singh, M. & Molur, S. 2008. Bartaffen (Macaca silenus)us. In: IUCN 2010. IUCN Red List of Threatened Species. Version 2010.1. <www.iucnredlist.org>. Downloaded on 30 April 2010; [4] Kumara und Singh, 2004; [5] Lawlor, 1979b; [6] Molur et al., 2003; [7] Nowak, 1999; [8] Singh et al., 2006; [9] Rowe, 1996