Schweinsaffe
Der Schweinsaffe (Macaca nemestrina), auch Schweinsschwanzaffe oder Lapunder ist auf der malaiischen Halbinsel, auf Borneo, Sumatra und Süd-Thailand verbreitet.
Kleinere, eingeführte Populationen leben in Singapur und auf den Natuna Inseln [3].
Die genaue geografische Grenze zwischen dem Schweinsaffen und seinem engen Verwandten, dem Nördlichen Schweinsaffen (Macaca leonina), ist nicht gut definiert. So überlappen sich Populationen auf beiden Seiten der Ausbreitungsgrenze, die im Bereich des Isthmus von Kra verläuft. Viele dieser Populationen sind Nachfahren von freigelassenen Affen und in einem kleinen Gebiet im Süden Thailands sowie auf den Inseln Phuket und Yao Yai hybridisieren die beiden Arten[3].
Lebensraum
Schweinsaffen (Macaca nemestrina) leben in Höhenlagen ab Meeresspiegelniveau bis über 2000 m. Sie leben meistens in Regenwäldern und Sümpfen, wobei sie dichte, feuchte Regenwalder mit Niederschlagsmengen von mehr als 250 cm pro Jahr bevorzugen. In ihren Lebensräumen herrschen Temperaturen zwischen 18 - 30° Celsius, die sich saisonal ändern und regional unterschiedlich sind [2].
Schweinsaffen (Macaca nemestrina) sind tagaktive Primaten. Sie verbringen die meiste Zeit in den Bäumen und nur 8,4% ihrer Zeit auf dem Boden. Eine Studie ergab, dass sie etwa 47,4 in den mittleren Baumschichten verbringen, gefolgt vom Unterholz mit 33,8 % und den oberen Baumschichten mit 10,4 % [10]. Schweinsaffen (Macaca nemestrina) wurden in einigen Regionen der malaiischen Halbinsel darauf trainiert, Kokosnüsse und andere Früchte von den Bäumen zu holen [2][6].
Aussehen
Schweinsaffen (Macaca nemestrina) haben ihren Namen von einem einzigartigen Merkmal ihrer Morphologie: ihre kurzen Schwänze, die sie halb aufgerichtet tragen - den Schwänzen von Schweinen nicht unähnlich. Die Schwänze haben sehr wenig Haare oder sind sogar nackt [2]. Die Schwanzlänge bei Weibchen variiert zwischen 13,0 und 25,3 cm, bei Männchen zwischen 16,0 und 24,5 cm [2][10].
Schweinsaffen (Macaca nemestrina) sind sexuell dimorph, was sich u.a. durch die unterschiedliche Körpergröße der Geschlechter bemerkbar macht. Männchen erreichen eine Körperlänge (einschließlich Kopf) von 49,5 cm - 56,4 cm, dabei werden sie zwischen 6,2 - 14,5 kg schwer. Weibchen sind etwa halb so groß wie Männchen. Sie erreichen eine Körperlänge von 46,7 - 56,4 cm und ihr Gewicht variiert zwischen 4,7 kg und 10,9 kg [2][10]. Männchen haben auch die größeren Eckzähne mit einer durchschnittlichen Länge von 1,2 cm, die der Weibchen erreichen eine Länge von rund 0,73 cm [2][10].
Schweinsaffen (Macaca nemestrina) haben ein hellbraunes Körperfell, wobei die Bauchseite weiß ist. Das Haar an der Oberseite des Kopfes ist entweder dunkelbraun oder schwarz und wächst so, dass es aussieht, als hätten sie eine Einbuchtung auf dem Kopf [2]. Erwachsenen Männchen haben um das Gesicht herum eine Mähne aus Haaren, die Schnauze ist haarlos. Der Nachwuchs der Schweinsaffen (Macaca nemestrina) wird schwarz geboren und nimmt erst später im Alter von etwa 2 Jahren die Färbung der Erwachsenen an [2].
Ernährung
Schweinsaffen (Macaca nemestrina) ernähren sich in erster Linie von Früchten, aber sie fressen auch Insekten, Samen, Blätter und Pilze [2]. Gelegentlich erweitern sie ihren Speisezettel mit Vogelküken, Termiteneiern, Larven und Flusskrebsen [10]. Studien über die Ernährungsgewohnheiten von Schweinsaffen (Macaca nemestrina) in Gefangenschaft haben ergeben, dass sie Mango und Ananas am liebsten mögen, Karotten scheinen ihnen dagegen am wenigsten zu schmecken [5]. Schweinsaffen (Macaca nemestrina) gehen auf dem Boden auf Nahrungssuche. Dabei teilen sie sich in Untergruppen von 2 - 6 Affen auf, die aber immer durch Rufe in Kontakt bleiben. Sie sind bekannt dafür, landwirtschaftliche Anbauflächen zu plündern - dafür haben sie sogar spezielle Wachposten, die Alarm schlagen, wenn die Bauern anrücken um ihre Ernte zu schützen [2][10].
Fortpflanzung
Schweinsaffen (Macaca nemestrina) sind nicht monogam, so paaren sich die Weibchen im Laufe ihres Lebens mit vielen Männchen. Bei der Partnerwahl machen sie zwischen jugendlichen und erwachsenen Männchen keinen Unterschied. Solange nur ein paar wenige Weibchen im Östrus sind, können sie vom ranghöchsten Männchen im Auge behalten werden, was bedeutet, dass niedrigrangigere Männchen und empfängnisbereite Weibchen oft aggressiv von der Paarung abgehalten werden. Wenn jedoch mehr als nur ein paar Weibchen im Östrus sind, können sie vom dominanten Männchen nicht mehr wirksam kontrolliert werden und Männchen mit niedrigerem Rang bekommen ihre Chance zu kopulieren [2].
Schweinsaffen (Macaca nemestrina) paaren sich das ganze Jahr über, obwohl es einen leichten Anstieg in den Monaten Januar bis Mai zu geben scheint. Der Sexualzyklus der Weibchen dauert etwa 30 bis 35 Tage, während dieser Zeit tritt eine große, lila-pink farbene Schwellung im perinealen Bereich auf. Nach einer Tragzeit zwischen 162 und 186 Tagen kommt ein einzelnes Junges zur Welt, das für 8 - 12 Monate gesäugt wird. Weibliche Schweinsaffen (Macaca nemestrina) werden im Alter von 3 Jahren geschlechtsreif, Männchen mit etwa 4½ Jahren. Letztere verlassen ihre Geburtsgruppe und suchen bei einer anderen Gruppe Anschluß oder werden zu Einzelgängern, die aber immer in der Nähe der Gruppen bleiben. Weibchen bleiben in der Regel ein Leben lang in ihrer Geburtsgruppe. [2][6].
Der Großteil der Jungenaufzucht ist bei Schweinsaffen (Macaca nemestrina) wie bei vielen anderen Primaten Sache der Weibchen. Während des ersten Lebensjahres tragen sie die Säuglinge herum, schützen und pflegen sie. Aber auch nach diesem ersten Jahr helfen sie ihrem Nachwuchs, besonders den Töchtern, indem sie sie pflegen und sozial unterstützen. Diese Mutter-Kind-Bindung kann ein ganzes Leben anhalten oder - wenn es sich um einen Sohn handelt - solange, bis dieser die Geburtsgruppe verläßt [2].
Im ersten Lebensmonat sind die Säuglinge kaum von der Mutter getrennt, nach der fünften Woche fangen die Jungen jedoch an, ihre Umgebung zu erkunden. Dies kann zu Problemen führen, weil das Junge Gefahr läuft, von anderen Weibchen entführt zu werden. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn höherrangige Weibchen sich des Nachwuchses untergeordneter Weibchen bemächtigen. Wenn der Säugling zu lange von seiner Mutter getrennt wird, ist es mehr als wahrscheinlich dass er verhungert oder verdurstet [2].
Gruppenleben
In der Regel dominieren Männchen die Weibchen. Allerdings können sich Weibchen zu einer Gruppen formieren und gemeinsam ein aggressives Männchen angreifen. Wenn es um Nahrungsressourcen geht, attackieren Weibchen mit Hilfe ihrer Verwandtschaft auch schon mal Männchen mit niedrigem Rang. Praktisch an der Tagesordnung sind Aggressionen zwischen höherrangigen Männchen und untergeordneten Männchen. Besonders heftig fallen diese aus, wenn einzelgängerische Männchen versuchen, sich der Gruppe anzuschließen [2].
Nach feindseligen Ausseinandersetzungen gibt es verschiedene Formen der Versöhnung - je nach Geschlecht und Rang. Weibchen können einander nach einer aggressiven Begegnung aufreiten, wobei das dominierende Weibchen das untergeordnete besteigt. Bei Männchen ist es umgekehrt. Das dominante Männchen wird vom untergeordneten bestiegen und zeigt damit, dass es das untergeordnete Männchen toleriert. Auch dominante Weibchen zeigen ihre Toleranz den untergeordneten Weibchen, indem sie sie küssen [10]
Schweinsaffen (Macaca nemestrina) leben in Gruppen mit mehreren Männchen und Weibchen und bestehen aus durchschnittlich 15 - 40 Individuen. Die größte Gruppe, die bislang beobachtet wurde, umfasste 81 Affen. Schweinsaffen (Macaca nemestrina) legen bei der Nahrungssuche weite Strecken zurück. Ihre Reviere umfassen 0,6 bis 8,28 km² innerhalb deren Grenzen sie täglich 825 und 2.964 m zurücklegen. In der Regel überschneiden sich die Reviere mit denen anderer Gruppen und es gibt kaum Anzeichen für Territorialität, da die Reviere gegen Artgenossen nicht verteidigt werden. Trotzdem kann es vorkommen, dass größere Gruppen kleinere vertreiben [10].
Kommunikation
Einige Forscher beschreiben Schweinsaffen (Macaca nemestrina) als stille Primaten, weil sie sehr leise zu sein scheinen. Wenn sie nach einem Ernteüberfall flüchten, sind die Tiere fast völlig lautlos. Diese "stille Taktik" ist nicht darauf beschränkt, wenn sie die Ernte der Menschen plündern, sondern zeigt sich auch immer dann, wenn Schweinsaffen (Macaca nemestrina) aus einem bestimmten Gebiet fliehen müssen, aus welchen Gründen auch immer [2].
Allerdings verfügen Schweinsaffen (Macaca nemestrina) über eine Reihe von Lauten, die sie zur Kommunikation einsetzen. Die am häufigsten verwendete Vokalisation - wenn sie sich durch die mittleren und oberen Baumkronen der Regenwälder bewegen - ist "coo". Dieser Ruf wird allgemein während der Futtersuche verwendet - er kann entweder kurz oder lang sein, abhängig von den Informationen, die ausgetauscht werden. Andere Laute kann man vernehmen, wenn sie sich bedroht fühlen, besonders bei aggressiven Auseinandersetzungen mit Artgenossen. Diese anderen Laute bestehen aus Quietschen, Schreien, Knurren, Bellen und Kreischen [2].
Schweinsaffen (Macaca nemestrina) nutzen auch andere Formen der Kommunikation, wie etwa visuelle Signale und bestimmte Körperhaltungen. Männchen spitzen ihre Lippen, was vermutlich auf empfängnisbereite Weibchen anziehend wirkt, denn in der Regel folgt direkt auf diese Kommunikationsform die Paarung. Doch dieser Gesichtsausdruck wird auch direkt an andere Männchen gerichtet. In diesem Fall will sich in der Regel ein untergeordnetes Männchen der Begegnung mit einem dominanten Männchen entziehen. Eine weiterere Möglichkeit, wie sich Männchen drohen, ist das kräftige Schütteln von Ästen und Zweigen, was wiederum auch angewendet wird, um Weibchen zu imponieren und sie zur Paarung anzulocken. Ein anderer Gesichtsausdruck, den Schweinsaffen (Macaca nemestrina) sehr häufig verwenden, ist das Fletschen der Zähne bei gleichzeitigem Stillhalten. Anders als das Spitzen der Lippen ist dieses Signal von untergeordneten Männchen an dominante Männchen gerichtet. Weibchen haben ihre eigene Form der visuellen Kommunikation. Wenn sie paarungsbereit sind, bekommen sie große, lila bis rosa Schwellungen im Bereich ihrer Genitalien. Damit zeigen sie den Männchen, dass sie bereit zur Paarung sind. Wie bei anderen Primaten, spielen wahrscheinlich auch Berührungen und chemische Signale eine Rolle bei der sozialen Kommunikation [2].
Gefahren
Wenn sie den Zeitpunkt der Geschlechtsreife überleben, haben Schweinsaffen (Macaca nemestrina) in freier Wildbahn eine Lebenserwartung von etwa 26 Jahren. Tiere in Gefangenschaft können bis zu 35 Jahre alt werden [1]. Der größte Feind der Affen ist der Mensch. Er jagt sie wegen ihres Fleisches, tötet sie für "medizinische Zwecke" und führt in Laboren Versuche an ihnen durch. Besonders in der Aids-Forschung finden Schweinsaffen Verwendung [6]. Über Natürliche Feinde gibt es keine Berichte, jedoch dürften sie großen Katzen und Schlangen zum Opfer fallen [2].
Schweinsaffen (Macaca nemestrina) kommen bei der Nahrungssuche oft in die Nähe von Weißhandgibbons (Hylobates lar), mit denen sie um Nahrung konkurrieren und die daher oft ein Ärgernis für die Makaken sind [10]. Doch diese Abneigung beruht auf Gegenseitigkeit - sind Schweinsaffen in der Nähe, reduziert sich auch das Nahrungsangebot für die Gibbons [12].
Bei einer Studie über eine Schweinsaffenkolonie in Gefangenschaft stellte sich heraus, dass sie Zwischenwirte des Dreigliedrigen Hundebandwurms (Echinococcus granulosus) sind. Schweinsaffen (Macaca nemestrina) können sich infizieren, indem sie mit dem Kot von Caniden die Eier dieses Parasiten aufnehmen. Caniden sind die Endwirte dieses Parasiten [7]. Etwa 90 % aller Makaken und Altweltaffen, so auch die Schweinsaffen, sind mit Milben infiziert, die die Atemwege befallen [4].
Schweinsaffen (Macaca nemestrina) sind durch Lebensraumverlust in vielen Regionen ihres Verbreitungsgebietes ernsthaft bedroht. In Malaysia und Indonesien gehen Tieflandwälder verloren, um Palmölplantagen Platz zu machen, aber auch Holzfällungen und die Ausbreitung der Landwirtschaft sind in diesen Ländern eine Bedrohung. Da sich die Art häufig an der Ernte der Menschen gütlich tut, werden viele Affen erschossen. Gejagt werden sie auch ihres Fleisches wegen [8].
Die Weltnaturschutzunion stuft Schweinsaffen (Macaca nemestrina) als gefährdet ein (Vulnerable), da es Grund zu der Annahme gibt, dass die Populationen in den letzten 30 - 36 Jahren (=drei Generationen) vor allem durch Jagd und Lebensraumverlust um mindestens 30% zurückgegangen sind [8].