Altweltmäuse


Altweltmäuse

Waldmaus (Apodemus sylvaticus)

Systematik
Ordnung: Nagetiere (Rodentia)
Unterordnung: Mäuseverwandte (Myomorpha)
Überfamilie: Mäuseartige (Muroidea)
Eumuroida
Familie: Langschwanzmäuse (Muridae)
Unterfamilie: Altweltmäuse
Wissenschaftlicher Name
Murinae
Illiger, 1811

Die Altweltmäuse (Murinae) sind eine Unterfamilie der Langschwanzmäuse (Muridae). Zu dieser Gruppe werden an die 600 Arten gezählt, die bekanntesten Gattungen sind die Mäuse (Mus) und die Ratten (Rattus).

Merkmale

Altweltmäuse variieren erheblich in ihrem Äußeren. Während die Riesenborkenratten und die Riesenbaumratten eine Kopfrumpflänge von bis zu 48 Zentimetern – mit einem beinahe ebenso langem Schwanz – und ein Gewicht von 1,5 bis 2 Kilogramm erreichen können, erreicht die Zwergmaus nur maximal 7,5 Zentimeter Kopfrumpflänge und ein Gewicht von 5 bis 7 Gramm. Die Fellfärbung und -konsistenz, die Schwanzlänge und der Körperbau unterscheiden sich je nach Lebensweise beträchtlich. Die beiden Schneidezähne sind wie bei allen Nagetieren zu Nagezähnen umgebildet, dahinter klafft eine als Diastema bezeichnete Lücke. Eckzähne und Prämolaren fehlen stets, und pro Kieferhälfte haben sie nicht mehr als drei Molaren, manchmal jedoch nur mehr einen oder zwei. Die Vorderpfoten tragen vier mit Krallen versehene Zehen, der Daumen ist mit einem Nagel ausgestattet und sehr klein. Die Hinterpfoten haben meist fünf mit Krallen versehene Zehen.

Verbreitung und Lebensraum

Das natürliche Verbreitungsgebiet der Altweltmäuse umfasst Eurasien, Afrika und Australien. Damit sind sie die einzigen landgebundenen Höheren Säugetiere, die vor der Besiedlung durch den Menschen in Australien und Neuguinea heimisch waren. Sie haben diese Länder sogar in zwei Radiationen besiedelt, zum einen die Ratten und zum zweiten die Hydromyini. Die größte Artenvielfalt herrscht in den tropischen Regionen Afrikas, in Südostasien und in Neuguinea.

Auf dem amerikanischen Doppelkontinent gibt es von Natur aus keine Altweltmäuse - sie sind dort durch die Neuweltmäuse vertreten. Drei Arten, die Hausmaus, die Hausratte und die Wanderratte haben mittlerweile im Gefolge des Menschen eine weltweite Verbreitung erreicht. Auch einige andere kulturfolgende Arten haben ihren Lebensraum ausdehnen können.

Altweltmäuse bewohnen verschiedenste Lebensräume, sie sind in Wäldern ebenso zu finden wie in Savannen und Grasländern, in Gebirgsregionen und in Trockengebieten.

Lebensweise

Auch in Bezug auf die Lebensweise gibt es eine große Vielfalt. So gibt es neben Bodenbewohnern auch baumbewohnende Arten, neben tagaktiven auch nachtaktive und neben einzelgängerischen auch Arten, die in großen Gruppen leben.

Die Nahrung variiert ebenfalls, viele Arten sind jedoch vorwiegend Pflanzenfresser, die sich von Gräsern, Samen, Knollen und anderem pflanzlichem Material ernähren. Einige Arten fressen zusätzlich oder fast ausschließlich Insekten und andere Kleintiere oder sogar kleine Wirbeltiere.

Die Fortpflanzung der Altweltmäuse ist generell durch eine hohe Fruchtbarkeit, eine kurze Trächtigkeitsdauer und eine geringe Lebenserwartung charakterisiert.

Systematik

Die Riesenborkenratten sind die größten Altweltmäuse
Die Australischen Mäuse (Pseudomys) zählen zu den Gattungen, die Australien besiedelt haben
Die Zwergmaus ist eine der kleinsten Arten
Die Streifengrasmäuse sind durch ihr gestreiftes Fell charakterisiert
Die Wanderratte hat eine weltweite Verbreitung erlangt
Die Lamellenzahnratten wurden früher als eigene Unterfamilie geführt, sind aber mittlerweile als Teil der Altweltmäuse anerkannt
Die Hausmaus ist weltweit verbreitet

Die Altweltmäuse umfassen knapp 600 Arten in rund 130 Gattungen. Auch aufgrund der großen Anzahl von Taxa ist die innere Systematik noch vielfach ungeklärt.

Nach Carleton & Musser

Carleton & Musser (2005) teilen sie in rund 30 Gattungsgruppen (divisions), die hier in alphabetischer Reihenfolge wiedergegeben werden:

Nach Lecompte et al.

Lecompte et al. (2008) teilen nach genetischen Untersuchungen die Altweltmäuse in 10 Tribus:

  • Die Phloemyini entsprechen der Phloeomys-Gruppe von Carleton und Musser. Es handelt sich um eine urtümliche, auf den Philippinen lebende Radiation, die die Schwestergruppe aller übrigen Altweltmäuse bildet.
  • Die Rattini sind eine in Südostasien, Neuguinea und Australien verbreitete Gruppe, die nach den Ratten benannt ist. Diese Tribus umfasst in etwa die Crunomys-, Dacnomys-, Maxomys-, Melasmothrix-, Micromys- und die Rattus-Gruppe aus obiger Liste. Die Eurasische Zwergmaus nimmt innerhalb der Rattini eine basale Stellung ein und ist das Schwestertaxon aller untersuchten Arten.
  • Die Hydromyini sind ebenfalls in Südostasien, Neuguinea und Australien verbreitet und damit die zweite Gruppe neben den Ratten, die Australien besiedeln konnte. Diese Tribus umfasst vereinfachend die Chrotomys-, Hydromys-, Lorentzimys-, Pogonomys-, Pseudomys, Uromys- und die Xeromys-Gruppe aus obiger Liste.
  • Die Murini umfassen nur die Gattung der Mäuse, die demnach eine eigene Tribus bilden.
  • Die Praomyini stellen eine afrikanische Radiation dar, diese Tribus umfasst Tiere aus der Colomys- und der Stenocephalemys-Gruppe.
  • Die Malacomyini setzen sich nur aus den afrikanischen Großohr-Sumpfratten (Malacomys) zusammen, die schon bei Carleton & Musser eine isolierte Position einnehmen.
  • Die Apodemini bilden eine eurasische Tribus. Sie setzen sich wie die Apodemus-Gruppe zusammen.
  • Die Millardini umfassen die beiden untersuchten Gattungen der Millardia-Gruppe, Millardia und Cremnomys, und bilden demnach eine vorwiegend in Indien verbreitete Gruppe.
  • Die Otomyini umfassen die früher als Otomyinae als eigenständige Unterfamilie geführten Lamellenzahnratten und Verwandte, deren Zugehörigkeit zu den Altweltmäusen mittlerweile genetisch abgesichert ist.
  • Die Arvicanthini bilden eine vorwiegend in Afrika verbreitete Tribus. Sie setzen sich aus Arten der Aethomys-, der Arvicanthis-, der Dasymys-, der Golunda-, der Hybomys und der Oenomys-Gruppe zusammen.

Ein mögliches Kladogramm der Altweltmäuse nach Lecompte et al. sieht folgendermaßen aus:

 Altweltmäuse (Murinae)  
  N.N.  

 Rattini


  N.N.  

 Hydromyini


  „Klade C“  
  „Klade A“  
  N.N.  

 Murini


   

 Praomyini



  N.N.  

 Malacomyini


   

 Apodemini




  „Klade B“  

 Millardini


  N.N.  

 Otomyini


   

 Arvicanthini







   

 Phloeomyini



Literatur

  • Ronald M. Nowak: Walker's Mammals of the World. Johns Hopkins University Press, 1999 ISBN 0-8018-5789-9
  • Michael D. Carleton, Guy G. Musser: Order Rodentia. In: Don E. Wilson, DeeAnn M. Reeder (Hrsg.): Mammal Species of the World. 3. Ausgabe. The Johns Hopkins University Press, Baltimore 2005, S. 745–752, ISBN 0-8018-8221-4.
  • S. A. Jansa und M. Weksler: Phylogeny of muroid rodents: relationships within and among major lineages as determined by IRBP gene sequences. In: Molecular Phylogenetics and Evolution, 31 (2004), S.256-276.#
  • Emilie Lecompte, Ken Aplin, Christiane Denys, François Catzeflis, Marion Chades und Pascale Chevret: Phylogeny and biogeography of African Murinae based on mitochondrial and nuclear gene sequences, with a new tribal classification of the subfamily. In: BMC Evol. Biol. 8:199 (2008), S. 1-21. Fulltext

Weblinks

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