Lysozym
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- Glykosidase
- Lebensmittelkonservierungsstoff
- Arzneistoff
- Erbkrankheit-assoziiertes Protein
Lysozym C (Gallus gallus) | ||
---|---|---|
Struktur von Lysozym nach PDB 132L | ||
Vorhandene Strukturdaten: siehe UniProt | ||
Masse/Länge Primärstruktur | 14,3 kDa / 129 Aminosäuren | |
Sekundär- bis Quartärstruktur | (β)αα(β)βββαα, Lysozym-ähnlich | |
Bezeichner | ||
Gen-Name(n) | LYZ | |
Externe IDs | UniProt: P00698 CAS-Nummer: 9001-63-2 12650-88-3 | |
Arzneistoffangaben | ||
ATC-Code | D06BB07 J05AX02 | |
Enzymklassifikation | ||
EC, Kategorie | 3.2.1.17 Glykosidase | |
Reaktionsart | Hydrolyse β-1,4-glykosidischer Bindungen zwischen NAM und NAG | |
Substrat | Peptidoglycan | |
Produkte | Spaltprodukte | |
Vorkommen | ||
Homologie-Familie | Lactalbumin/Lysozym | |
Übergeordnetes Taxon | Schleimpilze, Schwämme, Bilateria, Pilze, Bakterien, Phagen |
Lysozym (auch Muramidase) ist ein Enzym, das β-1,4-glykosidische Bindungen zwischen N-Acetylmuraminsäure- (NAM) und N-Acetylglucosaminresten (NAG) in Peptidoglykanen, aus Zuckerderivaten und Peptiden aufgebauten Makromolekülen, hydrolysiert. Lysozyme kommen als Teil des angeborenen Immunsystems bei Tieren vor und können außerdem in Pflanzen, Pilzen, Bakterien und bei Bakteriophagen gefunden werden. Beim Menschen führen Mutationen im LYZ-Gen zu einer seltenen erblichen Form der Amyloidose.[1]
Geschichte
Zu Lysozymen gibt es mehrere tausend wissenschaftliche Publikationen. Hier wird auf einige der ersten Veröffentlichungen und auf solche, die über den Forschungsbereich Lysozyme hinaus von Bedeutung sind, kurz eingegangen.
Die antibakterielle Eigenschaft von Hühnereiklar, die auf Lysozym zurückzuführen ist, wurde erstmals 1909 von Laschtschenko beschrieben.[2] Der Begriff „Lysozym“ wurde allerdings erst 1922 durch Alexander Fleming (1881–1955) eingeführt, der damit dem Enzym den Namen gab.[3] Er beobachtete die antibakterielle Wirkung von Lysozym im Nasenschleim auf das Bakterium Micrococcus lysodeikticus und konnte diese Wirkung auch bei weiteren humanen Sekreten und Geweben feststellen.[3]
Das Lysozym aus Hühnereiklar war das erste vollständig sequenzierte Enzym, das alle kanonischen Aminosäurereste enthielt.[4] Die mit Röntgenstrukturanlyse bestimmte dreidimensionale Struktur von Lysozym aus Hühnereiklar (HEWL) wurde 1965 von David Chilton Phillips (1924–1999) erstmals beschrieben.[5][6] Es war die zweite Struktur eines Proteins, sowie die erste eines Enzyms, die durch Röntgenstreuung bestimmt werden konnte. Lysozym war auch das erste Enzym, anhand dessen Struktur[7][8] ein für das Enzym spezifischer und detaillierter Katalysemechanismus vorgeschlagen wurde.[9] Diese Arbeit lieferte eine Erklärung, wie Enzyme durch ihre Struktur die Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion erhöhen. Der von Phillips vorgeschlagene Mechanismus wurde lange Zeit durch experimentelle Befunde gestützt und wurde erst 2001 auf Grund neuer Erkenntnisse überarbeitet.[10]
Klassifizierung
Die Zuordnung der Lysozyme zu den verschiedenen Typen erfolgt anhand ihrer Aminosäuresequenz, sowie aufgrund ihrer biochemischen und enzymatischen Eigenschaften. In der Klassifikation nach Henrissat[11][12][13][14][15] gehören Lysozyme zu den der Glykosidase Familien 22 bis 25 und lytische Transglykosidasen zu den Glykosidase Familien 23, 102, 103 und 104.
Neben Lysozymen und lytischen Transglykosidasen gibt es weitere Peptidoglykan abbauende Enzyme, wie N-Acetyl-β-D-glucosaminidasen, N-Acetylmuramyl-L-alaninamidasen und verschiedene Endopeptidasen.[16]
Bei Tieren wurden drei sich voneinander unterscheidende Haupttypen von Lysozymen identifiziert, die gewöhnlich als c-Typ (chicken- oder conventional-type), g-Typ (goose-type) und als i-Typ (invertebrate-type) bezeichnet werden.[17] Daneben gibt es noch Lysozyme, die sich keinem der zuvor genannten Typen zuordnen lassen, wie beispielsweise die von Dictyostelium discoideum (UniProt Q8T1G4)[18] oder des Schwamms Suberites domuncula (UniProt Q50JA0)[19] Virale Lysozyme werde in v-Typ, λ-Typ, g-Typ und CH-Typ eingeteilt.[20] Einige virale Enzyme werden aus historischen Gründen noch als Lysozyme bezeichnet, obwohl diese keine β-1,4-N-Acetylmuramidasen sind. Die bei Pflanzen entdeckten Lysoyzme haben alle eine Chitinase-Aktivität, aber nicht alle Chitinasen können Peptidoglykane hydrolysieren. Sie werden in h-Typ und g-Typ Chitinasen/Lysozyme eingeteilt. Bei vielen pflanzlichen Chitinasen wurde die Lysozym-Aktivität noch nicht untersucht und einige können aufgrund fehlender Sequenzinformationen nicht zugeordnet werden.[21] Lysozyme bei Bakterien werden funktionell in β-1,4-N-Acetylmuramidasen und in β-1,4-N,6-O-Diacetylmuramidasen unterschieden.[22]
Vorkommen
Lysozyme bei Tieren
c-Typ Lysozyme
Der Mensch (UniProt P61626, PDB 1LZS), Säugetiere, Vögel (z. B. Huhn: UniProt P00698, PDB 1LZC), Reptilien, Amphibien und Fische produzieren Lysozyme vom c-Typ oder haben zumindest entsprechende Gene in ihrem Genom. Zu Reptilien und Amphibien liegen bisher aber kaum Informationen vor. Unter den bis 2009 vollständig sequenzierten Wirbellosen konnten nur bei einem Lanzettfischchen (Branchiostoma belcheri tsingtauense) sowie bei Gliederfüßern c-Typ Lysozym kodierende Gene identifiziert werden. Bei Schmetterlingen, Zweiflüglern, Termiten und Schnabelkerfen aus der Klasse der Insekten sowie bei Spinnentieren und Krebstieren wurden c-Typ Lysozyme gefunden und in allen bisher vollständig sequenzierten Insektengenomen konnte zumindest ein Gen gefunden werden, das homolog zu c-Typ Lysozymen ist.[17] Eine Untergruppe bilden die Calcium-Ionen-bindenden Lysozyme, zu denen beispielsweise das Lysozym aus Stutenmilch (UniProt P11376, PDB 2EQL) gehört. Diese Untergruppe ist vor allem bei der Diskussion um die evolutionäre Entstehung von α-Lactalbuminen von Interesse.[23] Bei einer Suche nach c-Typ Lyszym-ähnlichen Genen im humanen Genom können neun Gene gefunden werden, von denen eins für Lysozym C und eins für α-Lactalbumin kodiert. Vier andere werden überwiegend im Hoden exprimiert und scheinen bei der Fortpflanzung eine Rolle zu spielen. Für zwei dieser Gene konnte dies bei Mäusen gezeigt werden. Die anderen vier Gene wurden noch nicht charakterisiert.[24] Auch bei anderen Säugetieren können mehrere c-Typ Lyszym-ähnlichen Gene gefunden werden. Für die unterschiedlichen humanen Gene konnten mögliche orthologe Gene in den meisten Säugetiergenomen gefunden werden.[24]
g-Typ Lysozyme
Lysozyme vom g-Typ verdanken ihren Namen der erstmaligen Entdeckung im Eiklar der Emder Gans. Seit dem wurde es für mehrere Vogelarten, wie Huhn, Trauerschwan, afrikanischer Strauß, Nandu und Kasuar charakterisiert. (Struktur eines g-Typ Lysozyms einer Graugans: UniProt P00718, PDB 154L). Bei Hühnervögeln dominiert das c-Typ Lysozym im Eiklar. Bei Gänsevögeln können abhängig von der Art im Eiklar c-Typ, g-Typ oder beide Typen von Lysozym vorkommen. Erst 2001 wurde gezeigt, dass g-Typ Lysozyme außerhalb der Klasse der Vögel vorkommen. Bei einer Datenbanksuche (NCBI; Dezember 2009) konnten homologe Proteine beim Menschen, Säugetieren, Fischen (z. B. Kabeljau: UniProt B9TU22, PDB 3gxr) und Amphibien gefunden werden. Auch bei Wirbellosen, wie Jakobsmuschel, Auster und einigen Manteltieren wurden funktionelle Proteine gefunden. In den Genomen von Anopheles gambiae, Apis mellifera, Drosophila melanogaster, Drosophila pseudoobscura, Caenorhabditis briggsae und Caenorhabditis elegans existieren keine g-Typ Lysozyme.[17] Eins der beiden zu g-Typ Lysozym homologen Proteine des Menschen wird in der Niere exprimiert. Das andere wird in der Tränendrüse und in geringen Maß im Hoden exprimiert und ist aktiv.[25]
i-Typ Lysozyme
Bisher konnten i-Typ Lysozyme in den Stämmen Weichtiere (z. B. bei einer Venusmuschel: UniProt Q8IU26, PDB 2DQA), Ringelwürmer, Stachelhäuter, Fadenwürmer und Gliederfüßer gefunden werden. In allen verfügbaren Genomen von Wirbeltieren fehlen sie.[17]
Virale Lysozyme
v-Typ Lysozyme
Bis 1996 wurden 13 Bakteriophagen mit Lysozymen vom v-Typ beschrieben. Sieben der Bakteriophagen infizierten gramnegative Bakterien, die sechs anderen grampositive Bakterien. Im T4-Phagen sind beispielsweise drei Lysozyme codiert, von denen das Produkt des Gens e, das am besten untersuchte Phagen-Lysozym ist (UniProt P00720, PDB 148L). Das etwa 18 kDa große Lysozym zerstört die Zellwand von Escherichia coli am Ende des Infektionszyklus, nachdem die innere Membran durch ein anderes Phagenprotein modifiziert wurde. Das Lysozym hydrolysiert die glykosidische Bindung hinter N-Acetylmuraminsäureresten, die mit einer Peptid-Seitenkette modifiziert sind. Die N-Acetamido-Gruppe ist für die Aktivität des Lysozyms ebenfalls erforderlich.[20] Eine Struktur von T4-Lysozym mit Substrat wurde von R. Kuroki veröffentlicht.[26] Ein Überblick über die Studien mit T4-Lysozym wird im Review von W. A. Baase et. al.[27] gegeben. Die zahlreichen Studien an T4-Lysozym geben Einblicke in Faltung und Stabilität von Proteinen im Allgemeinen und T4-Lysozym im Speziellen.[27]
λ-Typ Lysozyme
Die λ-Typ Lysozyme sind nach dem Lysozym des λ-Phagen benannt (UniProt P03706,PDB 3D3D). Das Lysozym des λ-Phagen ist keine Hydrolase sondern eine lytische Transglykosidase.[28]
g-Typ Lysozyme
Virale g-Typ Lysozyme, wie beispielsweise das des Enterobacteria Phagen PRD1 (UniProt P13559) sind in ihrer Sequenz teilweise ähnlich zu tierischen g-Typ Lysozymen.[20]
Lysozyme bei Pflanzen
h-Typ Chitinasen/Lysozyme
Die Bezeichnung dieses Typs geht auf zwei als Hevamine bezeichnete Enzyme zurück (UniProt P23472, PDB 1HVQ), die in speziellen Vakuolen des Kautschukbaums Hevea brasiliensis und im Naturkautschuk vorkommen und bereits 1976 isoliert wurden. Für diese Enzyme wurde 1983 eine Lysozymaktivität und 1990 eine Chitinaseaktivität nachgewiesen. Homologe Chitinasen wurden inzwischen bei z. B. bei Acker-Schmalwand Arabidopsis thaliana, Gurke, Tabak, sowie bei dem Hefepilz Saccharomyces cerevisiae und anderen Pilzen im Genom nachgewiesen. Für die Chitinase aus der Gurke konnte jedoch keine Lysozymaktivität festgestellt werden.[21] Die h-Typ Chitinasen werden anhand der Sequenz in Klasse III und Klasse V Chitinasen unterschieden. In der Klassifikation nach Henrissat gehören h-Typ Chitinasen zur Glykosidase Familie 18 (GH18), die weit verbreitet bei Archaeen, Prokaryoten und Eukaryoten vorkommt.[29]
b-Typ Chitinasen/Lysozyme
Diese Chitinasen weisen in ihrer Aminosäuresequenz keine Ähnlichkeiten zu h-Typ Chitinasen auf. Sie können anhand ihrer Aminosäuresequenz in drei Klassen eingeteilt werden (I, II und IV). Die Bezeichnung geht auf eine Klasse I Chitinase aus Gerste (englisch barley) zurück (UniProt P23951, PDB 2BAA). Für diese und einige andere Klasse I Chitinasen wurde eine Lysozymaktivität nachgewiesen. Die spezifische Lysozymaktivität ist jedoch deutlich geringer als bei aktiven h-Typ Chitinasen oder HEWL. Bei anderen Klasse I und Klasse II Chitinasen war die spezifische Lysozymaktivität etwa vier Größenordnungen geringer als bei HEWL oder konnte nicht festgestellt werden. Zur Lysozymaktivität von Klasse IV Chitinasen wurden noch keine Daten veröffentlicht.[21] Das "Lysozym" aus Papaya(PDB 3CQL) hat spezifische Lysozymaktivität von 35 % im Vergleich zu HEWL.[21] In der Klassifikation nach Henrissat gehören b-Typ Chitinasen zur Glykosidase Familie 19 (GH19), die außer bei Pflanzen nur bei Actinobacteria, grünen Nichtschwefelbakterien, Purpurbakterien, einigen Gliederfüßern und Fadenwürmern zu finden ist.[30]
Weitere Chitinasen/Lysozyme aus Pflanzen
Für das "Lysozym" des Amate-Feigenbaums Ficus glabrata (spezifische Lysozymaktivität 85 % im Vergleich zu HEWL) liegt zwar detaillierte Beschreibungen der enzymatischen Eigenschaften vor, aufgrund der fehlenden Aminosäuresequenz ist eine Zuordnung jedoch noch nicht möglich.[21]
CH-Typ Lysozyme
Das Lysozym des Pilzes Chalaropsis sp. (UniProt P00721) ist eine β-1,4-N,6-O-Diacetylmuramidase, die auch O-acetyliertes Peptidoglykan hydrolysieren kann. Verwandte Lysozyme wurden bei einigen Streptomyces-Arten (UniProt P25310, PDB 1JFX), bei Lactobacillus acidophilus und bei Clostridium acetobutylicum (UniProt P34020) und mehreren Bakteriophagen (z. B. Lactobacillus Phage MV1: UniProt P33486 und Streptococcus Phage Cp-1: UniProt P15057) gefunden.[20][22]
Biologische Bedeutung
Funktion der Lysozyme bei Tieren und Menschen
Bei Säugetieren und Menschen kommt Lysozym in vielen Sekreten, wie Tränenflüssigkeit, Speichel, den Sekreten des Atemtrakts, im Blutserum, in der Zerebrospinalflüssigkeit, im Fruchtwasser, im Zervixschleim und in der Milch vor. Es wird in den Geweben des Atemtrakts, in den Nieren und in der Darmschleimhaut sowie von neutrophilen Granulozyten und Makrophagen produziert.[17][31] Unter physiologischen Bedingungen sind etwa 80 % des Lysozyms im Blutplasma auf den Abbau von neutrophilen Granulozyten zurückzuführen.[32] Monozyten und Makrophagen können Lysozym aktiv sezernieren. Lysozym ist ein Bestandteil des angeborenen Immunsystems und dient der Abwehr von Bakterien. Die Peptidoglykanzellwand gram-positiver Bakterien kann durch Lysozym direkt angegriffen werden. Bei gram-negativen Bakterien kann die äußere Membran durch weitere Komponenten des angeborenen Immunsystems, wie Lactoferrin, Defensine und Cathelicidine durchlässig gemacht werden, so dass diese auch durch Lysozym angegriffen werden können. Neben der direkten antibakteriellen Wirkung führt die Freisetzung von Peptidoglykanfragmenten zu einer Modulation des Immunsystems über Peptidoglykan-erkennende-Rezeptoren. Über die Funktion von g-Typ-Lysozymen bei Säugetieren liegen bisher keine experimentellen Studien vor.[17] Lysozyme bei Vögeln werden überwiegend in den Eiern gefunden. Für Hühner konnte zwar die Expression verschiedener Lysozyme in Darmepithelzellen nachgewiesen werden, so dass eine Schutzwirkung gegen pathogene Bakterien im Darm vermutet werden kann. Ein direkter Nachweis dieser Funktion liegt jedoch noch nicht vor.[17] Bei Fischen konnte Lysozym-Aktivität in der Kopfniere, dem Schlüsselorgan des Fischimmunsystems, der Milz, den Kiemen, im Blut, der Haut, dem Verdauungstrakt und in Fischeiern nachgewiesen werden. Für mehrere c- und g-Typ-Lysozyme konnte eine antibakterielle Wirkung gegen gram-positive und gram-negative Bakterien gezeigt werden. Vor allem die hohe Expression von g-Typ-Lysozymen in der Haut, den Kiemen und dem Darmepithel sprechen für eine Abwehrfunktion.[17] Lysozym konnte zwar aus dem Eiklar von Reptilieneiern isoliert werden. Darüber hinaus liegen aber keine Informationen über Vorkommen und Funktion vor.[17] Insekten haben eine effektive induzierbare Immunabwehr. Sind sie Bakterien ausgesetzt, produzieren sie in der Hämolymphe eine Reihe antibakterieller Peptide und Proteine, zu denen auch Lysozyme gehören.[17]
Bei einigen Tieren hat sich aus Lysozym ein Verdauungsenzym gebildet, um Bakterien als Nahrungsquelle zu nutzen. Diese zeigen zum Teil eine erhöhte Resistenz gegenüber Proteasen und ein pH-Optimum im sauren Bereich. Exemplarisch wird die adaptive Evolution bei Wiederkäuern, bei Languren, beim Hoatzin und bei der Taufliege Drosophila melanogaster durch E. M. Prager diskutiert.[33] Die Struktur und Eigenschaften des im Kuhmagen produzierten Lysozyms wurde von Nonaka et al. untersucht.[34]
Funktion der Lysozyme bei Pflanzen
Da bisher alle pflanzlichen "Lysozyme" auch eine Chitinase-Aktivität aufweisen, diese ein breiteres pH-Optimum aufweist und Lysozym-Aktivität zum Teil deutlich geringer ist oder ganz fehlt, sind diese Proteine möglicherweise zur Abwehr von Pilzen gedacht.
Funktion der Lysozyme bei Bakteriophagen
Für die Infektion von Bakterien hat sich bei Bakteriophagen eine Vielzahl von Methoden entwickelt. In einigen Fällen sind daran auch Lysozyme beteiligt, die durch einen lokal begrenzen Abbau des Peptidoglykans eine Infektion ermöglichen. Mit einem großen Überschuss an Phagenpartikeln konnte in diesen Fällen auch eine "Lyse von Außen" beobachtet werden. Für die Freisetzung von Phagenpartikeln am Ende eines Infektionszyklus sind zwei Strategien bekannt. Eine ohne Lysozyme, bei denen durch ein Porin Löcher in der Membran gebildet werden, über die die Phagenpartikel austreten können. Dies ist beispielsweise bei den E. coli Phagen MS2 und фX174 der Fall. Bei der zweiten Strategie, die bei größeren Phagen wie beispielsweise T4-, T7- oder λ-Phagen zum Einsatz kommt, werden neben dem Porin noch Lysozyme und/oder Amidasen produziert, die entweder die Polysaccharide oder die quervernetzenden Peptide im Peptidoglykan hydrolysieren. Die Endolysine können im Cytoplasma gelöst vorliegen, wie beim T4- oder λ-Phagen. Es gibt auch Phagen, wie den Enterobakteria Phagen P1, bei denen das Endolysin (UniProt Q37875) über das Sec-System des Wirts in das Periplasma transportiert wird und in inaktivierter Form (PDB 1XJU) an die Membran gebunden vorliegt. Eine Depolarisation der Membran durch ein Holin führt zu einer Aktivierung des Endolysins (PDB 1XJT) und zur Zelllyse.[35]
Funktion der Lysozyme bei Bakterien
Für Wachstum und Teilung von Bakterienzellen sind nicht nur Enzyme erforderlich, die das Peptidoglykan aufbauen, sondern auch welche, die dieses lokal wieder abbauen können. Diese müssen gut kontrollierbar und in ihrer Aktivität regulierbar sein. Aufgrund ihrer potentiellen Gefährlichkeit für die bakterielle Zelle werden sie als Autolysine bezeichnet. Dazu gehören auch einige bakterielle Lysozyme, beispielsweise das Streptomyces-Lysozym.[36] Arbeiten an der lytischen Transglykosylase "Slt35" (UniProt P41052, PDB 1d0k) von E. coli [37] und den N-Acetylglucosaminidasen von Enterococcus hirae (UniProt P39046) und Listeria monocytogenes (UniProt Q8Y842, PDB 3fi7)[38], die strukturell Lysozymen ähneln geben einen Einblick in die Regulation und Funktion bakterieller Peptidoglykan-Hydrolasen. Einen Überblick gibt der Review von S. Layec.[39] Lytische Transglycosylasen scheinen eine bedeutende Gruppe bakterieller Autolysine zu sein. Sie kommen ubiquitär in Eubakterien, mit Ausnahme der Mykoplasmen, vor. Anhand von Sequenz und Konsensusmotiven werden vier Familien unterschieden, die für unterschiedliche Funktionen benötigt werden. Soweit bekannt ist haben bakterielle lytische Transglycosylasen eine exo-Aktivität, d.h. sie spalten Disaccharidanhydromuropeptide von reduzierenden oder nichtreduzierenden Enden des Peptidoglykans ab. Sie sind am Zellwachstum und an der Zellteilung beteiligt. Sie ermöglichen den Einbau von Proteinkomplexen wie Flagellen und Pili, die in die Peptidoglykanzellwand integriert werden.[40]
Funktion der Lysozyme bei Pilzen
Da das Lysozym des Pilzes Chalaropsis sp. als extrazelluläres bakteriolytisches Enzym produziert wird,[1] ist eine Wirkung als Bakteriocin wahrscheinlich.
Aktivitätsbestimmung
Das natürliche Substrat von Lysozymen ist ein unlösliches Peptidoglykanpolymer mit einer hohen molaren Masse, das meist die Zellwand von Bakterien verstärkt, damit diese dem hohen Zellinnendruck widerstehen. Zur Messung der Lysozymaktivität wird häufig dieses große Biopolymer eingesetzt. Dazu werden beispielsweise getrocknete und UV-inaktivierte Zellen von Micrococcus luteus eingesetzt. Aufgrund der Unlöslichkeit und Komplexität des Substrats können die Reaktionskinetiken nicht als Michealis-Menten Kinetik beschrieben werden.
Für spezifische Messungen der Lysozymaktivität müssen entweder spezielle Substrate eingesetzt oder die Produkte untersucht werden. Um Probleme mit der Unlöslichkeit und Heterogenität des Substrats bei Zellen oder Zellwandpräparationen zu umgehen, werden auch lösliche Oligosaccharide und Muropeptide eingesetzt.[41]
Gewöhnlich wird eine der folgenden drei unspezifische Methoden eingesetzt.[41]
Trübungsmessung (Lichtstreuung)
Die Abnahme der optischen Dichte einer trüben Zellsuspension wird photometrisch bei 650, 520 oder 450 nm verfolgt.[41]
Viskositätsmessung
Die Zunahme der Viskosität infolge der Depolymerisation der unlöslichen Peptidoglykane in lösliche Glykopeptide wird verfolgt.[41]
Lysoplate Assay
Abgetötete Bakterienzellen werden zu einer einprozentigen Agarlösung gegeben und diese in Petrischalen ausplattiert. Nach dem Erstarren der Agarlösung werden Vertiefungen in den Agar gedrückt und in diese die Enzymproben gegeben. Infolge der Enzymwirkung bilden sich um die Vertiefung transparente Zonen in dem zuvor trüben Agar. Der Durchmesser dieser Zonen wird bestimmt.[41]
Weitere Methoden
Analog zu den Trübungsmessungen gibt es Messungen mit radioaktiven oder farbmarkierten Substraten.[41] Diese sind auch unspezifisch.
Resistenzmechanismen
N-Deacetylierung und O-Acetylierung sind häufige Modifizierungen von Peptidoglykan bei pathogenen Bakterien, die zumindest bei Listeria monocytogenes und Staphylococcus aureus zur Lysozymresistenz beitragen. Eine weitere Strategie ist die Produktion von Lysozym-Inhibitoren, wie im Periplasma von E. coli (UniProt P0AD59, PDB 1GPQ) oder an die äußere Membran gebunden wie bei Pseudomonas aeruginosa (UniProt Q9I574, PDB 3F6Z).[17]
Inhibitoren
Imidazol, Indole, NAG, (NAG)2, (NAG)3
Eigenschaften
Tierische Lysozyme sind globuläre Proteine, die durch eine große Substratbindungsspalte in zwei Domänen geteilt sind, eine größere α-helikale Domäne, in der sich Amino- und Carboxyterminus des Proteins befinden, und eine kleinere β-Faltblatt-Domäne. Diese Art gemischter α+β-Faltung wird als Lysozym-ähnliche Faltung bezeichnet.[42]. In c-Typ-Lysozymen befinden sich acht konservierte Cysteinreste, die vier Disulfidbrücken ausbilden. In g-Typ-Lysozymen bei Säugetieren und Vögeln befinden sich vier bis sieben Cysteinreste, bei einigen Fischen jedoch nur ein bzw. kein Cysteinrest, und bei Wirbellosen sechs bis dreizehn Cysteinreste, von denen jedoch keiner denen bei Säugetieren und Vögeln entspricht. Über die Gegenwart und Lage von Disulfidbrücken bei g-Typ-Lysozymen von Wirbellosen ist noch nichts bekannt. Ein hoher Anteil von Cysteinresten scheint bei i-Typ-Lysozymen typisch zu sein. Im Lysozym der Venusmuschel Venerupis philippinarum bilden beispielsweise alle 14 Cysteinreste Disulfidbrücken aus.[43] Die tierischen c- und i-Typ-Lysozyme sind etwa 11 bis 15 kDa groß, g-Typ-Lysozyme etwa 20 bis 22 kDa. Die anhand der Sequenz berechneten isoelektrischen Punkte der c- und g-Typ-Lysozyme liegen im basischen Bereich, der der i-Typ-Lysozyme sind variabler. An der Verdauung beteiligte c- und i-Typ-Lysozyme haben meist einen pI im neutralen oder sauren Bereich.
CH-Typ-Lysozyme und h-Typ-Chitinasen haben Strukturen eines α/β-Hydrolase-Faltungstyps[44], der der TIM-barrel-Faltung[45] zugeordnet werden kann. Sie sind etwa 22 bis 40 kDa groß, wobei die größeren neben der Lysozym-Domäne auch mehrere unabhängig faltende Domänen besitzen, die eine Substrat-bindende Funktion haben, wie beispielsweise beim Streptococcus-Phagen Cp-1. Modulare Proteine können auch bei Bakterien gefunden werden.
Die viralen v-, λ- und g-Typ-Lysozyme sind häufig etwa 17 bis 19 kDa groß. Es gibt auch größere an Viruspartikel gebundene Lysozyme, die an der Infektion beteiligt sind.
Reaktionsmechanismen
Muramidase-Aktivität am Beispiel von HEWL
HEWL ist eine Endoglykosidase, die in Peptidoglykan β-1,4-glykosidische Bindungen zwischen NAM- und NAG-Resten hydrolysiert, wobei die anomere Konfiguration am C1 des NAM-Restes erhalten bleibt. Peptidoglykan wird in der Bindungsspalte zwischen α-helikaler und β-Faltblatt-Domäne gebunden, die sechs Saccharideinheiten lang ist. Die Bindungsstellen der einzelnen Zuckerreste werden mit A(-4), B(-3), C(-2), D(-1), E(+1) und F(+2) bezeichnet. Aus sterischen Gründen passt in die Bindungsstelle C(-2) kein N-Acetymuraminsäurerest, so dass sich die NAM-Reste bei der Bindung an Peptidoglykan in den Positionen B(-3), D(-1) und F(+2) befinden müssen. Infolge der Bindung entsteht ein Knick in der Polysaccharidkette, wodurch wahrscheinlich die Konformation des NAM-Restes in Position D(-1) in eine Halbsessel-Konformation gezwungen wird. Das Enzym hydrolysiert die β-1,4-glykosidische Bindung zwischen Position D(-1) und E(+1). Im ersten Schritt wird durch den Glutaminsäurerest Glu35 des HEWL der Sauerstoff der glykosidischen Bindung protoniert und der in den Positionen E(+1) und F(+2) gebundene Teil des Substrates könnte sich lösen und weg diffundieren.
Nach dem von David C. Phillips postulierten Mechanismus würde dabei als Intermediat aus dem NAM-Rest ein Glykosyloxocarbenium-Ion entstehen, dessen α-Seite durch den Aspartatrest Asp52 des HEWL abgeschirmt und stabilisiert wird. In einem zweiten Schritt würde einem Wassermolekül, durch den jetzt vorliegenden Glutamatrest Glu35 ein Proton entzogen und das entstehende Hydroxidion das C1-Atom des NAM-Restes von der β-Seite nukleophil angreifen. Das zweite Hydrolyseprodukt würde entstehen, wobei die Konfiguration des anomeren Zentrums am C1 des NAM-Restes erhalten blieb.[9]
Durch neuere Arbeiten konnte gezeigt werden, dass das Oxocarbenium-Ion kein Intermediat, sondern den Übergangszustand hin zu einem kovalent über den Aspartatrest Asp52 gebundenen Intermediat darstellt. Dieses kovalent gebundene Intermediat wird analog zum ursprünglich formulierten Reaktionsmechanismus von einem Hydroxidion von der β-Seite am C1-Atom nukleophil angegriffen. Die ursprüngliche Konfiguration des anomeren Zentrums am C1 des NAM-Restes wird durch Bildung des zweiten Hydrolyseproduktes wiederhergestellt.[10]
Muramidase-Aktivität bei g-Typ Lysozymen und T4-Lysozym
Im Gegensatz zur Hydrolysereaktion durch HEWL geht die Hydrolyse bei g-Typ-Lysozymen von Gans (GEWL) und Kabeljau (gLYS) mit einer Inversion des anomeren Zentrums am C1-Atom des N-Acetylmuraminsäurerest einher. Analog zum Glu35 (HEWL) ist der Glutaminsäurerest Glu73 (GEWL&gLYS) essentiell für die Hydrolyse, ein zweiter saurer Aminosäurerest wie Asp52 (HEWL) in der Nähe des C1-Atoms des NAM-Restes in Position D(-1) fehlt jedoch bei den beiden g-Typ Lysozymen. Statt dessen wird wahrscheinlich durch zwei Aspartatreste(Asp86/97 in GEWL; Asp90/101 in gLYS) ein Wassermolekül in der Nähe des C1-Atoms positioniert, das die Funktion des Asp52 (HEWL) übernimmt.[46] Bei T4L ist Glu11 der essentielle Glutaminsäurerest, der Aspartatrest Asp20 und der Threoninrest Thr26 binden ein Wassermolekül in der Nähe des C1-Atoms, das dieses angreifen kann.[47]
Transglykosilierungsaktivität
Bei HEWL kann das kovalent gebundene Intermediat anstatt mit Wasser auch mit Sacchariden reagieren, so dass es an Stelle einer Hydrolyse zu einer Transglykosylierung kommt.[10] Durch einen Austausch des Threoninrestes Thr26 zu einem Histidinrest im T4-Lysozym wird dieses von einer invertierenden Muramidase in eine Transglykosidase umgewandelt.[47]
Lytische Transglycosylase
Lytische Transglycosylasen spalten die gleiche Bindung wie N-Acetylmuramidasen, bilden 1,6-anhydro-N-Acetylmuraminsäure als Produkt.[28] Strukturen, die einen Einblick in den Reaktionsmechanismus geben, liegen zum Beispiel für gp144[48] und Slt35[37] vor.
Chitinase-Aktivität von HEWL
HEWL kann, wie eine Reihe anderer Lysozyme auch, die β-1,4-glykosidischen Bindungen in Chitin und in den aus Chitin hergestellten wasserlöslichen Oligosacchariden (Chitodextrinen) hydrolysieren.
Weitere Funktionen
Neben der Lysozym-Aktivität konnte bei einigen i-Typ Lysozymen eine Isopeptidase-Aktivität festgestellt werden. Sie hydrolysieren die Isopeptidbindungen, die zwischen der γ-Carboxamidgruppe eines Glutaminrestes und der ε-Aminogruppe eines Lysinrestes gebildet wurde. Diese werden zum Beispiel zwischen Fibrin-Molekülen durch den Fibrinstabilisierender Faktor gebildet. Diese Aktivität wurde beispielsweise beim Blutegel nachgewiesen und verhindert, dass das Blut koaguliert. Ob diese Funktion auch bei anderen Wirbellosen von Bedeutung ist oder sogar die Isopeptidbindungen einiger Peptidoglykane gespaltet wird, ist noch unklar.[17]
Gewinnung
HEWL wird aus dem Eiklar von Hühnereiern gewonnen und gefriergetrocknet gehandelt. Mehr als 100 t werden jährlich produziert. Auch das Lysozym von Streptomyces coelicolor wird durch Submersfermentation in größeren Mengen gewonnen und in den Handel gebracht (Cellosyl ®). Humanes Lysozym wird aus neutrophilen Granulozyten, aus Milch und rekombinant, beispielsweise aus gentechnisch verändertem Reis, gewonnen. Auch die Gewinnung vom humanem Lysozym C aus der Milch von Kühen ist inzwischen möglich.[49]
Verwendung
In der Lebensmittelindustrie wird Lysozym zur Konservierung oder beispielsweise in der Weinbereitung zu Kontrolle des biologischen Säureabbaus (Malolaktische Gärung) eingesetzt. Als Konservierungsmittel ist es in der EU als Lebensmittelzusatzstoff der Nummer E 1105 ausschließlich für gereiften Käse zugelassen, um die Rissbildung in der Käsekrume (sog. Spätblähung) durch Clostridium tyrobutyricum oder Clostridium botulinum zu verhindern.[50][51] Ein in der Entwicklung befindlicher Anwendungsbereich ist der Einsatz von HEWL in sogenannten „aktiven“ Lebensmittelverpackungen um die Haltbarkeit bestimmter Lebensmittel zu verlängern.[16] Es gibt transgene Ziegen, Schweine[52] und Rinder[49], die humanes Lysozym in ihrer Milch produzieren und von denen man sich eine verbesserte Tiergesundheit, eine erhöhte Lebensmittelsicherheit und Haltbarkeit verspricht.[16]
Lysozym wird zum Aufschluss von Bakterienzellen eingesetzt. Zum Aufschluss gram-negativer Bakterien mit HEWL kann EDTA zur Permeabilisierung der Außenmembran hinzugegeben werden.
Klinische Bedeutung
Es wird ein Zusammenhang zwischen reduzierter Lysozymaktivität und bronchopulmonaler Dysplasie bei Neugeborenen vermutet.[53] Kleinkindern, in deren Nahrung Lysozym fehlt, erkranken häufiger an Durchfallerkrankungen.[54] Defensine und Lysozym schützen die Bindehaut des Auges vor Bakterien, so dass Defizite zu Bindehautentzündungen führen können. Mutationen am LYZ-Gen können zur sehr seltenen familiären Amyloidose führen.
Erhöhte Lysozymkonzentrationen im Blutserum treten bei chronischen bakteriellen Infektionen, wie zum Beispiel Tuberkulose[55], bei Sarkoidose[56], Morbus Crohn[57], AIDS[58], rheumatoider Arthritis[59] sowie bei monocytischer und monomyelocytischer Leukämie[60] auf. Bei Harnwegsinfektionen, bestimmten Nierenschäden und bei exzessiver endogener Lysozymproduktion, die die Reabsorptionskapazität des proximalen Tubulus überschreitet sind erhöhte Lysozymwerte im Harn nachweisbar. Bei bakterielle Meningitis und bei Tumoren des zentralen Nervensystems können erhöhte Werte in der Zerebrospinalflüssigkeit nachgewiesen werden. Bei bakterieller Meningitis sind beispielsweise 5- bis 400-fach erhöhte Werte feststellbar.[57] Bei entzündlichen Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts, wie beispielsweise Morbus Crohn, bei Gastroenteritis durch bakterielle oder Rotavirusinfektionen und bei Darmkrebs wurden erhöhte Lysozymmengen in Kot nachgewiesen. Auch im Speichel kann die Lysozymkonzentration erhöht sein.[61] Die Lysozymkonzentration bzw. -menge kann in diesen Fällen als Marker dienen, um den Krankheitsverlauf zu verfolgen, den Therapieerfolg zu beurteilen und Rückfälle festzustellen.
In den Publikationen von Brouwer et al. (1984)[62] und Porstmann et al. (1989)[57] wurden für Lysozym folgende Referenzbereiche angegeben.
Serum
- Neugeborene 800-4600 µg/l
- Erwachsene(18-40 Jahre) 450-2950 µg/l
- Erwachsene(41-70 Jahre) 1100-2900 µg/l
- Erwachsene(18-60 Jahre) 950-2450 µg/l
Urin
- Frauen 0,45-20,1 µg/l
- Männer 0,33-6,4 µg/l
- 1,7-123 µg/l
Zerebrospinalflüssigkeit
- 17,6-118 µg/l
Kot
- 0,04-1,5 µg/g
Die therapeutische Wirksamkeit von Lysozym (HEWL) beruht einerseits auf seiner enzymatischen Aktivität, die es erlaubt, das Wachstum empfindlicher Bakterien zu kontrollieren. Darüber hinaus moduliert Lysozym die Immunantwort bei Infektionen, stimuliert das Immunsystem und wirkt entzündungshemmend. Dadurch wirkt es gegen virale Infektionen, verstärkt die Wirkung von Antibiotika und kann bei der Krebsbehandlung und bei einem geschwächten Immunsystem eingesetzt werden. Lysozym wird meist oral verabreicht.[63]
Lysozym ist in manchen Halsschmerztabletten enthalten. Allerdings fehlt hier ein echter Wirknachweis.[64]
Lysozym aus Hühnereiern kann bei bestehender Hühnereiweißallergie eine Reaktion auslösen. [65]
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- ↑ Per Venge, Tony Foucard, Jörn Henriksen, Lena Håkansson and Anders Kreuger: Serum-levels of lactoferrin, lysozyme and myeloperoxidase in normal, infection-prone and leukemic children. In: Clinica Chimica Acta. 136. Jahrgang, Nr. 2-3, 31. Januar 1984, ISSN 0009-8981, S. 121–130, doi:10.1016/0009-8981(84)90283-3 (elsevier.com).
- ↑ J. W. Jenzano, S. L. Hogan und R. L. Lundblad: Factors influencing measurement of human salivary lysozyme in lysoplate and turbidimetric assays. In: Journal of clinical microbiology. 24. Jahrgang, Nr. 6, Dezember 1986, ISSN 0095-1137, S. 963–967, PMID 3782460.PMC 269079 (freier Volltext)
- ↑ Johan Brouwer, Trudi van Leeuwen-Herberts und Marjo Otting-van de Ruit: Determination of lysozyme in serum, urine, cerebrospinal fluid and feces by enzyme immunoassay. In: Clinica Chimica Acta. 142. Jahrgang, Nr. 1, 15. September 1984, ISSN 0009-8981, S. 21–30, doi:10.1016/0009-8981(84)90097-4 (elsevier.com).
- ↑ G. Sava: Pharmacological aspects and therapeutic applications of lysozyme. In: EXS (Lysozymes: Model Enzymes in Biochemistry and Biology). 75. Jahrgang, 1996, ISSN 1023-294X, S. 434–449, PMID 8765312.
- ↑ fehlender Einzelnachweis
- ↑ Gutachten des Wissenschaftlichen Gremiums für diätetische Produkte, Ernährung und Allergien (NDA) auf Ersuchen der Kommission bezüglich einer Mitteilung durch AMAFE betreffend Ei-Lysozym als Lebensmittelzusatzstoff gemäß Artikel 6 Absatz 11 der Richtlinie 2000/13/EG. In: The EFSA Journal 186, 2005, S. 1–5.
Literatur
- Lysozymes: Model Enzymes in Biochemistry and Biology In: Experientia Supplementum (EXS), Vol. 75, Editor: P. Jollès, 1996, Birkhäuser, Basel/Boston/Berlin, ISBN 978-3-7643-5121-2 (Beinhaltet folgende Reviews: PMID 8765291, PMID 8765292, PMID 8765293, PMID 8765294, PMID 8765295, PMID 8765296, PMID 8765297, PMID 8765298, PMID 8765299, PMID 8765300, PMID 8765301, PMID 8765302, PMID 8765303, PMID 8765304, PMID 8765305, PMID 8765306, PMID 8765307, PMID 8765308, PMID 8765309, PMID 8765310, PMID 8765311, PMID 8765312)