Tetonius (Omomyidae)



Tetonius ist eine Primatengattung innerhalb der Familie Omomyidae, deren 5 Mitglieder ab dem frühen Paläogen (Eozän) im Ypresium lebten, das vor ungefähr 56 Millionen Jahren begann und bis vor 47,8 Millionen Jahren andauerte. Viele Überreste wurden in Vereinigte Staaten von Amerika (USA) gefunden.

Tetonius ist der Gattungsname von vier ausgestorbenen Primatenarten aus der Familie Omomyidae (Tribus Tentoniina innerhalb der Unterfamilie Anaptomorphinae), die im Eozän in Nordamerika verbreitet waren.

Die Funde stammen aus Wyoming und Colorado und sind zwischen 55,8 und 48,6 Millionen Jahre alt.

Fundorte

Augenhöhlen und Aktivitätsmuster

Das auffälligste Merkmal am Schädel von Tetonius sind seine großen Augenhöhlen, wie Cope selbst schon bei der ersten Untersuchung des Exemplars erkannte. Bezogen auf die Länge des Schädels sind die Augenhöhlen von Tetonius größer als die heute lebendender, tagaktiver Primaten. Tetonius gleicht in dieser Hinsicht kleinen nachtaktiven Primaten wie Buschbabys, was bedeuten könnte, dass Tetonius ebenfalls vor allem nachts aktiv war. Oberkieferfragmente von anderen Mitgliedern der Familie Omomyidae, bei denen zusätzlich der untere Rand der Augenhöhle erhalten ist, geben einen Hinweis auf die Größe der Orbita über ein breiteres Spektrum von Omomyidae. Obwohl diese Beweise weniger zwingend sind als im Fall von Tetonius, so scheinen vergrößerte Orbita auch diese Arten zu charakterisieren. Die meisten, wenn nicht alle nordamerikanischen Omomyidae scheinen daher vor allem nachts aktiv gewesen zu sein. Ein ähnliches Aktivitätsmuster charakterisiert heute lebende Koboldmakis, Loris, Bushbabys und viele Lemuren. Bei den höheren Primaten zeigen nur die südamerikanischen Nachtaffen (Aotus) eine ähnliche Präferenz.

Steckbrief
Die Welt zur Zeit von Tetonius
Landmassenverteilung im Eozän
Ernährung/Lebensraum
Basierend auf den Fossilien glaubt man, dass die Primatengattung Tetonius Insektenfresser (folivore) waren. Ihr Leben verbrachen die Tiere vermutlich in den Bäumen (arboreal), wo sie auch ihre Nahrung fanden.
* Daten nach Hill et al., 2000
Geographie, Epoche
Lebte im:
System: Paläogen
Serie: Eozän
Stufe: Ypresium
Verbreitung:
Nordamerika
Vereinigte Staaten von Amerika (USA)
Physiologie
Gewicht: ?
Schwestertaxa

Die Sinne

Auf der Grundlage des natürlichen Gehirnabdrucks bei Wortman`s Schädel kann man die sensorischen Anpassungen von Tetonius rekonstruieren. Da der Schädel auf das frühe Eozän (vor ungefähr 54 Millionen Jahren) datiert werden kann, liefert Tetonius die frühesten Belege der Gehirnanatomie der ersten Primaten. Bereits zu diesem frühen Zeitpunkt zeigt das Gehirn von Tetonius einige erweiterte Funktionen, die ihn von anderen, zeitgleich lebenden Säugetieren abgrenzt. Bei Tetonius ist der zerebrale Cortex in den hinteren und schläfenseitigen Regionen des Gehirns erweitert. Dies sind Bereiche, die mit dem Seh- und Hörvermögen in Zusammenhang stehen. Gleichzeitig ist der Riechkolben des Gehirns im Vergleich zu zeitgleich lebenden Säugetieren reduziert, jedoch nach den Maßstäben heute lebender Primaten immer noch groß, vor allem im Vergleich mit den kleinen Riechkolben heute lebender Koboldmakis. Die absolute Größe des Gehirns von Tetonius ist wirklich nicht beeindruckend - es ereichte ein mageres Volumen von nur 1,5 Kubikzentimeter. Auch wenn man sich daran erinnert, dass Tetonius nur etwas mehr als neunzig Gramm wog, liegt das Verhältnis von Gehirngröße zu Körpergröße unterhalb heute lebender Primaten.

Das Gebiss

Die frühesten und primitivsten Fossilien von Tetonius aus dem Bighorn Basin gehören zu einer Spezies namens Tetonius matthewi. Diese kleinen Primaten haben verlängerte Unterkiefer, bei denen die Frontzähne (von vorne nach hinten, zwei Schneidezähne, abgekürzt I1 und I2, ein Eckzahn und drei Prämolare, abgekürzt als P2, P3 und P4 bezeichnet) im Verhältnis zueinander sehr primitiven Verhältnissen entsprechen. Insbesondere ist bei Tetonius matthewi der I1 ziemlich klein, die Eckzähne sind größer als I2, P2 ist vorhanden und P3 unterstützen zwei verschiedene Wurzeln. Im Laufe der nächsten 2 Millionen Jahre unterlagen diese primitiven Zahn- und Kieferstrukturen aufeinander folgend mehreren Veränderungen. Der gesamte Unterkiefer wurde von vorne nach hinten kürzer und im Bereich des Kinns tiefer. Diese starke Verkürzung des Kiefers hat eine Verdichtung der Anordnung der unteren Zähne zur Folge. Einer der Prämolaren (P2) ging beispielsweise völlig verloren. Die weit gespreizten Wurzeln eines anderen Prämolaren (P3) wurden zuerst komprimiert und dann verschmolzen sie zu einer einzigen Wurzel, die eine viel kleinere Zahnkronen unterstützt. Die Eckzäne wurden ebenfalls reduziert, so dass sie schließlich in Größe und Form ähnlich wie einer der beiden Schneidezähne (I2) aussehen. Gleichzeitig wurde der andere untere Schneidezahn (I1) hypertroph und zunehmend meißelförmig. Die jüngsten Exemplare der Tetonius-Linie im Bighorn Basin unterscheiden sich so grundlegend von Tetonius matthewi, dass man sie in eine separate Gattung und Art stellte, die als Pseudotetonius ambiguus bezeichnet wird.

Tetonius homunculus

Das Typusexemplar mit der Bezeichnung AMNH 4194 ist ein fast kompletter Schädel mit rechten und linken Prämolaren und Molaren sowie einem linken Eckzahn.


Der Schädel wurde vor über 100 Jahren entdeckt. Er hat eine kurze Schnauze, große Orbita und eine relativ kugelige Hirnschale. Leider ist die Gehörregion stark beschädigt. Die Zähne von Tetonius homunculus legen nahe, dass sich der kleine Primat weitgehend von Insekten ernährte. Die Orbita sind ähnlich groß wie bei heute lebenden Mitgliedern der Familie Cheirogaleus oder bei einem kleinen Galago. Dies deutet darauf hin, dass oder eine kleine galago, was darauf hindeutet, dass Tetonius homunculus während der Nacht aktiv war. Da die Orbita relativ kleiner als bei Tarsius sind, scheint es wahrscheinlich, dass Tetonius homunculus ein Tapetum lucidum hatte, wie es heute lebende Feuchtnasenaffen (Strepsirrhini) haben.

Tetonius matthewi

Das Typusexemplar mit der Bezeichnung CM 12190 ist ein Unterkiefer mit fast komplettem linkem Gebiss. Der Fund stammt aus der Willwood Formation (Big Horn County, Wyoming) und ist zwischen 55,4 und 50,3 Millionen Jahre alt.

In der Paleobiology Database gibts zu Tetonius matthewi folgenden Eintrag:
Sammlung Epoche, Alter Geologie, Formation Kommentar zur Sammlung
East Alheit Pocket Wasatch UCMP V-5356B-C
Museum Kommentar z. Taxonomie
UCMP 392 m level in local section according to Hill et al. 2000

Tetonius mckennai

Das Typusexemplar mit der Bezeichnung UCMP 46192 ist ein linker Unterkiefer mit beiden Schneidezähnen, dem Eckzahn, Prämolaren und Molaren (P3-M2) sowie dem Alveolus für P2. Der Fund ist zwischen 55,4 und 50,3 Millionen Jahre alt.

In der Paleobiology Database gibts zu Tetonius mckennai folgenden Eintrag:
Sammlung Epoche, Alter
Above Alheit Pocket
Kommentar z. Taxonomie
509 m level in local section
exact locality name is not given by the authors

Systematik


Literatur

T. M. Bown 1974, Notes on some Early Eocene anaptomorphine primates. Contributions to Geology, University of Wyoming. 13:1, p. 9 - 26
T. M. Bown, K. D. Rose 1987, Patterns of Dental Evolution in Early Eocene Anaptomorphine Primates (Omomyidae) from the Bighorn Basin, Wyoming. Paleontological Society Memoir. 23:1, p. 1 - 162
W. C. Clyde, K. D. Rose 1997, Stratigraphy and mammalian paleontology of the McCullough Peaks, northern Bighorn Basin, Wyoming: Implications for biochronology, basin development, and community reorganization across the Paleocene-Eocene boundary. PhD Thesis, University of Michigan. :1, p. - 162
R. V. Hill, J. G. Honey, M. A. O'Leary 2000, New fossils from the early Eocene Four Mile Area and improved relative dating of vertebrate localities. Journal of Vertebrate Paleontology. 20:3, p. 48A - 162
B. D. Rankin, P. A. Holroyd, M. A. O'Leary 2014, Aceroryctes dulcis, a new palaeoryctid (Mammalia, Eutheria) from the early Eocene of the Wasatch Formation of southwestern Wyoming, USA. Canadian Journal of Earth Sciences. 51:3, p. 919 - 926, DOI: 10.1139/cjes-2014-0101
D. M. Boyer, S. A. Maiolino, P. A. Holroyd, P. E. Morse, J. I. Bloch 2018, Oldest evidence for grooming claws in euprimates. Journal of Human Evolution. 122:3, p. 1 - 22, DOI: 10.1016/j.jhevol.2018.03.010